Daniel Guerin , ein Berichterstatter des Populaire", der tezt in Deutschland reist, erzählt unter anderem:
Wie klar sehen? Ich habe gesucht, mich vorsichtig vorgetastet. Schließlich tam mir ein Zufall zuhilfe. Als ich durch die Straßen einer großen Stadt schlenderte, sah ich plötzlich in der Auslage einer Buchhandlung, wie eine verlorene Insel, ein Buch von Romain Rolland .
Freudiges Erstaunen. Ich trete in den Laden. Auf den Tischen sozialistische Broschüren; in den Regalen Werke von Marg und Engels. Ich glaube zu träumen. Ein Verkäufer naht sich, finster, mißtrauisch. Aber als er mich als franzöſi schen Genossen erkannt hat, sagt er:
" Siehst du, wenn du morgen gekommen wärst, hättest du nichts mehr gefunden. Sie schließen das Lokal, wie sie schon im oberen Stock die Redaktion geschlossen haben. Alle marristischen Bücher sind konfisztert, verbrannt..."
Ich betrachte ein letztes Mal diese schönen Ausgaben, den Stolz der Buchhandlung und des deutschen Sozialismus. Man möchte alles wegtragen, der Wut der Henker entreißen. Da tritt ein alter Geschäftsführer hinter den Regalen hervor, mit furchtsamen Schritten und stammelt, während seine Hände zittern:
Vierzig Jahre habe ich gekämpft... Dreißig Jahre bin ich da... Man hätte sich einigen sollen... Das Proletariat hätte sich einigen sollen..."
Der junge Mann drückt meine Hand mit unbeschreiblicher Traurigkeit: Versuch', ins Parteilokal zu gehen, vielleicht ist noch jemand da..."
Und ich finde wirklich in einem leeren Büro einen einzigen Sekretär mit hängenden Armen, niedergebrochen:
" Diesen Morgen sind sie gekommen und haben das ganze Eigentum der Partei beschlagnahmt. Ich erwarte von Minute zu Minute, daß man mich arretiert... Wir sind bankrott geworden... Man müßte ohne Verzug, wir selbst müßten es, die Partei auflösen und die Arbeit auf ganz neuer Grundlage aufnehmen, mit ganz neuen Leuten..
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Ja, aber die Meinung des Genossen er wurde am nächften Tag verhaftet hat nicht obsiegt. Die Parteileitung hat gezögert, Ausflüchte gesucht, und das durch Wochen; anstatt sich tapfer in die illegale Arbeit zu stürzen, hat sie versucht, sich mit dem Gegner auszugleichen. Und, während langer Wochen, blieben die führenden Genossen abwartend, untätig, schließlich waren sie entrüstet:
" Die Abstimmung im Reichstag am 17. Mai war der Gnadenstoß," versicherte mir ein Genosse mit energischen Zügen, früherer Unterführer des Reichsbanners.
Er sagte das mit der gebrochenen Stimme eines, der lange Beit, trotz allem, vertrauen, hoffen, warten wollte: „ Wir haben den Kelch bis zur Neige geleert." Und nach einem Moment düsteren Nachdenkens: ,, Wenn du eine Ahnung hättest! Ich werde niemals die Nacht vom 5. zum 6. März vergessen, in der wir aus dem ganzen Reich nach Berlin gekommen waren, spontan, um die Order zum Kampf entgegenzunehmen..
Was hat man euch geantwortet?" Rube! Ruhe! Nur fein Blutvergießen!"
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Damit eine Zusammenballung von Menschen den Titel Partei verdient, ist zumindest nötig, daß die Mitglieder ihre
Beiträge zahlen, sich zaghaft oder auch nicht zaghaft vereinigen und die Anweisungen der Führung entgegennehmen.
„ Man zahlt nicht mehr... man kommt nicht mehr zusammen. Die Führer bleiben zu Hause, neigen die Köpfe unter dem Sturm oder sind im Gefängnis..." erklärt mir ein alter sozialistischer Wirt und setzt fort:
" Im übrigen ist es ganz gut, daß sich die„ Gewesenen" vom Schauplatz zurückziehen. Sie haben nicht mehr unser Vertrauen.. nur noch die Jungen könnten etwas erreichen..." „ Und du selbst?"
Er seufzt:
" Ich habe zwei Kinder zu ernähren. Die Nazi haben mir gesagt:„ Wenn du in der Herberge bleiben willst, tritt in unsere Partei ein." Ich habe die ganze Nacht geweint. Ich hätte ihnen gesagt, daß man nicht so das Herz eines Sozialisten ändert... Aber meine Frau hat gedrängt mein Gott, zu allem übrigen müssen wir auch noch gegen unsere Frauen fämpfen und ich habe nachgeben müssen..." Auch in Lübeck schildert mir ein braver Genosse seine VerTegenheit:
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Ich sage dir, ich weiß nicht mehr, was ich tun soll... wir sind verlassen von unseren Führern... ohne Zeitungen. ohne Parolen... Und um das Unglück zu vollenden, sind gute Genossen besonders Reichsbannermitglieder- die die Situation hätten klären können, zu Hunderten in den Stahlhelm eingetreten... in der Absicht, die Gegensätze zwischen Deutschnationalen und Nazi zu vergrößern und Waffen in die Hand zu bekommen... vielleicht war das richtig... ich glaube, daß es nur den Wirrwarr aufgezeigt hat. Man weiß heute nicht mehr, wo die Freunde, wo die Gegner stehen..."
Auf dem Tisch bemerke ich zu meinem Erstaunen ein Eremplar des„ Volksboten", der früheren Parteizeitung dieser
Stadt.
Wie? Er erscheint wieder?"
Dia, aber unter der Kontrolle der Nazi! Und mit einem Chefredakteur, der ein bekannter Genosse in Lübeck war! Du wirst zugeben, daß ihre Taktik recht geschickt ist! Die Arbeiter können glauben, daß sie ihr altes Blatt lesen..."
" Dieser„ Genosse" ist natürlich ein Verräter?"
" Die einen sagen es, die anderen wieder, daß es gut sei, Leute von uns dem Blatt zu erhalten... aber was ist die Wahrheit? Man weiß heute nicht mehr, ob man den Mitfämpfern von gestern noch die Hand geben kann!" Und er hebt entmutigt die Hände zum Himmel.
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Weshalb widerstehen? Wie oft im Leben stößt hier das Gute an das Schlimme. Auf der einen Seite der Medaille der furchtbare Zusammenbruch, die Desertion, der Selbstmord. Auf der anderen die unerschütterliche Treue, die Jugend, der Glaube. Wenden wir uns zu denen, die die Zufunft in sich tragen.
Ich habe im vergangenen Jahre in Draveil einen jungen Kinderfreundefunktionär gekannt. Das Arbeitsamt hat ihm jede Hilfe verweigert und ihn als Knecht auf das Land arbeiten geschickt; zu geizigen und hartherzigen Bauern, die bis zur Hysterie nationalsozialistisch waren, die ihn beargwöhnten und aushorchten.
Deutsches Tischgebet
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UND HALTE
KOMM HERR HITLER/ SEI UNSER GAST WAS DU UNS VERSPROCHEN HAST!
Ich finde ihn im Bett in seiner niedrigen Kammer. Er hat sich bei der Arbeit verlegt und fiebert. Ich habe die Türe plötzlich geöffnet und er mußte fich die Augen reiben, um sich zu versichern, daß er nicht träume. " Du?"
Und gleich darauf erflärt er mir:
„ Ich bin hier seit einem Jahr. Sie haben mir gesagt:„ Du hast die Wahl zwischen dem Gefängnis und dem Arbeitsvertrag." So habe ich unterschrieben. Ich bin ganz allein, ohne Freund, ohne Buch. Man hat mir meine Broschüren beschlagnahmt. Rings um mich nichts als beschränkte und haßerfüllte Menschen." Er blickt mir in die Augen.
„ Aber ich bin geblieben das, was ich war, daß, als was du mich kanntest."
Er spricht von der französischen Bewegung mit einer Art Zärtlichkeit, wie von einer Sache, die die seine ist. Und in dem Augenblick, in dem ihn der einzige Genosse, den er im Laufe von zwölf langen Monaten gesehen hat, verläßt, murmelt er, im Tiefsten bewegt:„ Ich beklage mich nicht. Ich bin 18 Jahre alt. Ich werde den Triumph des Sozialismus erleben."
Ein Mann mit grauen Haaren, ein alter Vorkämpfer der proletarischen Freidenkerbewegung, hat sich an seinem Lebensabend dieselbe Gewißheit bewahrt.„ Ich selbst," sagt er mir, werde das vielleicht nicht mehr sehen. Aber ihr anderen! Unsere Generation hat ihre Aufgabe nicht erfüllt. Siehst du, ich glaube an das Entstehen einer ganz neuen Bewegung, die aufsteigen wird aus den Tiefen der Arbeiterklasse."
Er zuckert seinen Kaffee, lächelt und betrachtet mich aus seinen blauen Augen von durchsichtiger Reinheit:„ Denn im Schoß dieser Masse, in dieser Jugend, die noch nicht ihr Wort gesprochen hat, gibt es wundervolle Reserven, eine jungfräuliche Erde."
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Und schon, überall ein wenig: in Berlin , in Leipzig , in anderen Städten, tauchen Gruppen junger Leute unter dreißig Jahren" auf, durch das Neue angeregt. Die SAJ. ist die Hefe des Teiges. Diese Gruppen werden durch die Begier, etwas zu tun, umhergetrieben, verteilen Zeitungen, suchen die Verbindung mit anderen revolutionären Zellen, gleich, welcher Richtung.
Um einen Tisch, beim Schein einer Lampe, ein Dußend junger Köpfe. Es gibt darunter junge, geschickte Burschen, die ich noch vor einem Jahre als ängstliche Knaben gekannt habe. Die erklären fröhlich, daß sie heute ganz andere Kerle sind. Sicherlich gibt es bei ihnen noch einige Hemmungen: fie alle müssen erst den illegalen Kampf lernen; einige stehen den Kommunisten noch mißtrauisch gegenüber. Andere wiederum sind der Meinung, man müsse, bevor man zur Tat schreite, erst noch zu den Quellen des Marxismus hinabsteigen...
Aber alle wollen kämpfen und versichern wie aus einem Munde mit jugendlicher Energie:
„ Wir haben zu sehr an die Tugenden der Demokratie geglaubt! Ohne in das entgegengesetzte Extrem zu verfallen, den Putsch, kennen wir nur eine Parole, die von Mary: die Diktatur des Proletariats!"
Gegen die Flüchtlinge!
Ein Protest der Handelskammer in Metz
Die Handelskammer in Meß erhebt in einem Schreiben an den Generaldirektor für elsaß - lothringische Angelegenheiten im Ministerpräsidium Iebhaften Protest gegen die Ansiedlung in Lothringen von zah!= reichen Flüchtlingen aus Deutschland , die, mit reichen finanziellen Mitteln ausgestattet, den franzöfischen Unternehmern schwerste Konkurrenz machen. Aus der Statistik der Handelskammer gehe außerdem hervor, daß im Jahre 1932 61 v. H. aller Bankerotte auf das Schuldkonto der Ausländer gesezt werden müßten. Es wäre eine Ungerechtigkeit, so heißt es in dem Schreiben, wenn die französische Regierung eine weitere Ansiedlung von Ausländern in Lothringen dulden werde. Diesen Ausländern dürfe nur vorläufig Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, damit ihnen von vornherein die Möglichkeit genommen sei, fich endgültig anzusiedeln.
Die
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Alles an die Front
Der Reichsluftschuß stellt fest, auch der junge Mensch soll
Unruhe in der SA.
Von der Besatzung des Dresdener Volkshauses, unter der
nicht meinen, der Luftschus ginge ihn nichts an". Beispiels schon seit langem Unzufriedenheit und Unruhe herrscht, find Die einzige unabhängige
weise:„ Die Kinder können, wenn die Männer von anderen Pflichten fern gehalten werden, sich durch Handreichungen nüzlich machen".
Und nur der Säugling in der Wiege darf ruhig sterben.
fürzlich 150 SA.- Leute in das Konzentrationslager Königsbrück geschafft worden. Im Arbeitslager Hohnstein
SA