Presse muß parieren Letzte Warnung!

Das ist erlaubt das ist verboten: befiehlt Göbbels

Wir sind in der Lage, eine ziemlich vollständige Lifte jener Bensurvorschriften wiederzugeben, die die gleichgeschaltete deutsche Presse in der zweiten Junihälfte vom Propaganda. ministerium des Dr. Göbbels erhielt:

18. Juni: Den Zeitungen wird verboten, das Interview wiederzugeben, das Dr. Hugenberg, damals noch Reichss minister , dem Vertreter seiner Telegraphen- Union" in London gegeben hatte.

20. Juni: In der deutschen Presse dürfen künftig Ans fündigungen über Reisen des Reichskanzlers nicht mehr gebracht werden.

21. Juni: Verschiedene Vorkommnisse der abgelaufenen Woche geben Anlaß zu erklären, daß keine Berichte über die Teilnahme des Reichskanzlers an Festlichkeiten mehr veröffentlicht werden dürfen."

Die Veröffentlichung von Urteilen in Spionagefachen wird gewünscht, weil hiervon abschreckende Wirkung ers wartet werden kann. Aber weder Name noch die Tätigkeit der Verurteilten sind genauer zu bezeichnen. 23. Juni: Der Abdruck eines amtlich verfaßten Kommen tars zu dem angeblichen Fliegerüberfall auf Berlin wird angeordnet.

24. Juni: Den Zeitungen wird je eine Liste von Publis tationsmustern übermittelt: Erwünschte und nichter: wünschte Nachrichten.

Nicht erwünscht find Nachrichten über:

1. Interviews mit dem Reichskanzler, wenn vom Propa gandaministerium nicht ausdrücklich ihre Verbreitung angeordnet wird.

2. Erklärungen von gewisser Seite über die deutschnatio: nalen Kampfstaffeln und alles, was mit ihnen in Vers bindung gebracht wird.

8. den Arbeitsdienst, soweit solche Nachrichten Fragen der Landesverteidigung" berühren. Die Redaks tionen werden gehalten, alles zu streichen, was auf Waffenhandel, Wehrsport" usw. Bezug hat. Solche Berichte dürfen auch dann nicht veröffentlicht werden, wenn sie von seiten der Polizei ausgegeben worden sind.

24. Juni: Nicht erwünscht sind ferner Nachrichten folgender Art:

5. Das Wort deutsch - österreichischer Anschluß" darf nicht mehr gebraucht werden.

6. Ankündigungen von Kabinettssigungen und Veröffent lichungen über den Inhalt von Kabinettsberatungen dürfen nicht mehr gebracht werden, wenn sie nicht amt= lich bekanntgegeben sind.

7. Die Frage der Uniform des Arbeitsdienstes ist noch nicht gelöst. Besprechungen hierüber sind nicht erwünscht."

8. Ueber Berseßungen bei der Reichswehr und der Polizei darf nichts mehr prbliziert werden. Erwünscht sind dagegen Nachrichten über 1. Die Arbeitsbeschaffung und über die Arbeitsspende". Darüber soll möglichst ausführlich berichtet werden. 2. das Luftschiff Graf Zeppelin ". Durch französische Tendenzberichte" sei eine gewisse Unsicherheit über die Reise des Luftschiffs nach Amerika entstanden. An der Sicherheit und Pünktlichkeit des Schiffes werde vielfach gezweifelt. Im Interesse des Ansehens der deutschen Luftschiffahrt sei, als geschickte Gegenmaßregel, dringend erwünscht, daß die Zeitungen über die künftigen Süd: ameritafahrten des Luftschiffs, mehr Positionsberichte brächten, um das Vertrauen in die Pünktlichkeit des Luftschiffdienstes zu betonen.

25. Juni: Aus Anlaß des bevorstehenden Jahrestages des Friedensschlusses von Versailles empfingen die Re daktionen genaue Instruktionen.

28. Juni: Die Rede des Reichskanzlers vor dem Verein Deutscher Zeitungsverleger soll nicht veröffentlicht werden.

An das polnische See- fest" follen feine Kommentare geknüpft werden, die die im Gang befindlichen Verhandlungen zwischen Danzig und Polen stören könnten. Ueber Fliegernnfälle foll in Zukunft nicht mehr selbständig berichtet werden.

Aufschrei ciner Verkäuferin

Chase Herende en, Verkäuferin in der Abend­fleiderabteilung eines Nobelwarenhauses in der Fünften Avenue, Newyork, schreibt fühl und kurz über das Martyrium, eine Dienerin der

Mode auf der andern Front, nämlich hinter

dem Ladentisch zu sein.

Jch sollte natürlich mit einer Hymne auf die Arbeits­freude beginnen und beschreiben, wie die Freude an der eigenen Leistung schmerzende Beine und gequälte Nerven hundertmal aufwiegt. Leider empfinde ich es aber nicht so. Unter den vielen hunderten Verkäuferinnen, die mir in den beiden großen Warenhäusern, in denen ich gearbeitet habe, begegneten, waren nur drei, die ihr Beruf wirklich befriedigt hat. Eine von ihnen erlitt einen Nervenzufam menbruch, die zweite starb an Mumps und die dritte brachte es bis zur stellvertretenden Einkäuferin ihrer Firma mit dem Resultat, daß sie bei gleichem Gehalt länger schuften mußte.

Gute Kunden wissen von vornherein, was sie was sie wollen, oder haben den Verstand, es zu erkennen, wenn man die Stücke vor sie hinlegt. Sie sind menschlich und höflich und quälen uns selten mit der unglückseligen Pro­zedur eines Umtausches. Die Verhandlungen mit einer guten Rundin enden gewöhnlich im Probierzimmer, wo einige Aenderungen vereinbart werden. Sobald dies ge­schehen ist, beginnen alle Spottvögel im Kleiderwald zu trillern, denn jetzt kann die Ware nicht mehr zurück­genommen werden.

Die Käuferinnen der Klasse B sind die unentschlof fenen, hilflosen, pathetischen. Sie haben nicht die min deste Ahnung von dem, was sie eigentlich wollen und warum sie überhaupt in das Geschäft gekommen sind. Manchmal wollen sie offensichtlich Dinge kaufen, die sie sich nicht leisten können. Man sollte meinen, das müsse unser bestes Wild sein; aber meist ist unter ihrer Unents schlossenheit eine richtige Dickköpfigkeit verborgen. Alle unentschlossenen Kunden und viele andre dazu verlangen eine größere Nummer, als sie wirklich tragen können; denn jede Frau will die ersehnten Worte hören: Viel zu weit! Sie können ruhig eine kleinere Nummer tragen." Eine Marter für sich sind die arroganten Kunden. Sobald sich einer der Arroganten aus dem Aufzug hervor­drängt, wissen wir schon, was uns bevorsteht, und wapp­nen uns. So eine Dame beginnt damit, uns Hallo" zu

nennen.

Keine Kollegin tritt vor. Jede von uns wartet darauf, daß die andre bedient. Und so entsteht eine Verlegen. heitspause, in der die Dame neuerlich, nun noch arrogan­ter ruft: Hallo, hallo, ist denn niemand da, der mich be­bient?"

Die vornehme Abart dieser Arroganten setzt sich( mit Borliebe auf einen andern Stuhl, als den, den man ihr zurechtgerückt hat) nieder, preßt die Lippen zusammen, steckt das Lorgnon an und fordert alle Angestellten der Welt heraus, ihr ein Kleid zu zeigen, in dem sich auch eine tote Razze sehen lassen könnte. Die arroganten Damen, die außerdem unerzogen sind, schleichen herum, be­rühren, machen Schleifen und Schulterspangen auf, er­wischen falsche Nummern und lassen es jeden fühlen, daß eigentlich sie, die Käuferinnen, die ganze Arbeit verrich­ten, während die Verkäuferinnen, die doch dafür bezahlt bekäme, nicht genug Verstand im Kopfe hat. Eine solche Kundin wird oft schweigsam und mißmutig dasizzen und sich ein Kleid nach dem andern bringen lassen, ohne eine Bemerkung zu machen. Stumm, kalt, fast grausam, sich an unserer Müdigkeit weidend. Oder, wenn sie eine Freun din mithat, wird sie an jedem Stück etwas aussetzen. Am Ende, bereits im Fortgehen, liegt dann das ganze Waren­lager chaotisch auf den Pulten. Natürlich kauft sie fast

niemals etwas, und tut sie es doch, so dürfen wir uns keine Hoffnungen auf die dem Verkäufer zustehenden Prozente machen. Denn das Kleid kommt tobsicher retour.

Junge Mädchen, die allein kaufen gehen, sind nicht

schlimm. Rur haben sie leider nicht bas legte Wort zu

reden. Sie türmen Schulden bis zur Höhe eines mittleren Wolkenkrazzers auf. Manchmal müssen wir sie sanft fragen: Gnädiges Fräulein, werden Ihre Eltern wirk­lich dafür sein, daß Sie gleich drei rote Abendkleider be­stellen?" Sonst müßten wir manchmal alle unsere Mo­stellen?" Sonst müßten wir manchmal alle unsere Mo­delle aus dem Hause schicken, um sie ein paar Tage später schmutzig und zerdrückt zurückzubekommen.

Mütter mit jungen Töchtern sind sehr unter­haltend. Mütter wollen dann gewöhnlich ihren jungen Töchtern einfache Kleider kaufen, die sich leicht reinigen lassen und nicht sofort aus der Mode kommen. Die Töch­ter aber möchten aussehen wie Greta Garbo oder Marlene Dietrich . Und die Mütter wissen von Anfang an, daß sie den kürzeren ziehen werden.

Warum wird keine Schule für Käuferinnen errichtet? Die Damen müßten dort lernen, wie man eine Verkäufe­rin anspricht, wie man seine Wünsche präzise ausdrückt, wie man den Rat eines geschulten Verkäufers anhört und wie man das Lokal verläßt, ohne Notizbücher und kleine Pakete liegenzulassen, um die dann später ein großes Getue sein wird. Man könnte ihnen auch klar­machen, was ein freundliches Gesicht wert ist und wie dankbar wir dafür sind. Das spornt uns an, uns die größte Mühe zu geben, während eine mürrische Miene uns un­willkürlich die Worte entlockt: Ich kann Ihnen sonst nichts mehr zeigen."

Jede Dame, die kurz vor Ladenschluß kommt, gehört ausnahmslos zu den Hassenswerten. Nach 17.15 gehört ausnahmslos zu den Hassenswerten. Nach 17.15 Uhr könnte die liebenswürdigste Käuferin der Welt kom­men, bereit sein, in derselben Minute für das zunächst liegende Kleid tausend Dollar auszugeben- trotzdem trotzdem würde jede von uns lieber nach Hause gehen, ein Bad nehmen und sich niederlegen. Diese Leute wissen, daß sie Unrecht tun, und wollen es gutmachen; mit der verzwei­felten Ausrede, daß sie unbedingt für heute abend ein neues Kleid brauchen. Aber zu dieser Stunde nutzt nicht einmal mehr der Appell an unser schwesterliches Mit gefühl. Da sind wir Menschen, müde, ausgepreßt, Frauen, die keine andere Sehnsucht kennen als die Ruhe.

( Aus dem Amerikanischen übersetzt von Gertrude 3.) Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz: Inserate Otto Kuhn, beide in Saarbrücken . Druck und Verlag: ,, Volksstimme" G. m. b. H., Saarbrücken , Schüßenstraße 5.

In Sorge um die Abstimmung

Die Regierungskommission gebiets stellt fest:

des Saara

Das Saargebiet ist ein Abstimmungsgebiet. Die Bes völkerung des Saargebietes ist berufen, durch Abstimmung ihren Willen über drei durch den Friedensvertrag näher bes zeichnete Fragen zu äußern. Die Abstimmung hat frei ohne jeden 3wang zu erfolgen, woraus sich ergibt, daß jeders mann das Recht hat, für seine Ueberzeugung einzutreten und für sie zu werben. Es ist somit selbstverständlich, daß jede politische Betätigung im Saargebiet, welche sich im Rahmen der Geseze mit der einen oder der anderen der durch den Friedensvertrag vorgesehenen Lösungen befaßt, gleichmäßig gestattet ist und unter dem Schuße der Staatsgewalt steht.

Es darf daher in dieser Hinsicht nicht zu unzulässigen Rampfmitteln gegriffen werden, wie z. B. Verrufs oder Aechtungserklärungen, Ehrverlegungen, und vor allem Drohungen. Es ist unstatthast, daß jemand 3. B. als Verräter" gebrandmarkt wird, weil er im Hinblick auf die Volksabstimmung die eine oder andere poli­tische Auffassung vertritt. Die Regierungskommission, als Vertreterin des Völkerbundes, greift weder zugunsten der einen noch der anderen Partei in den politischen Kampf ein, ebenso müssen die Richter und sonstigen mittels baren und unmittelbaren Staatsbeamten im Dienste dieselbe Neutralitätgewissenhaftbe= achten. Die Regierungskommission ist somit verpflichtet, dann einzugreifen, wenn die durch den Friedensvertrag ge= währleisteten Rechte bedroht erscheinen, und sie ist auch entschlossen, in dieser Hinsicht alle erforder= lichen Maßnahmen zu treffen."

*

Diese Erklärung der Regierungskommission ist ange sichts des sich täglich steigernden versteckten und offenen Terrors der Nationalsozialisten notwendig geworden. Die Regierungskommission wird alle nicht­gleichgeschalteten Bürger des Saargebietes ebenso wie den Völkerbund und die seinen Jdealen aufrichtig anhängen den Mächte hinter sich haben, wenn sie dieser feier­lichen Feststellung Taten folgen läßt, die die vertraglich garantierten Grundlagen der Demokratie, der Gleichberechtigung und der Freiheit der Bewohner des Saarges bietes garantieren.

Roub

an den Hausgehilfinnen Sozialabbau im Dritten Reich

"

Unter dem schamhaften Titel Gesetzliche Neuerungen" bringt die Arbeiterwohlfahrt", die Halbmonatsschrift des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt( eine Grün­dung unserer Genossinnen, jetzt aber unter der Fuchtel der Nazis, in der Nummer vom 15. Mai( Heft 10) folgende Nachricht:

Die Arbeitslosenversicherung für Hausangestellte ist aufgehoben worden. Die Bedeutung dieser Maßnahme hat start an Gewicht verloren, seitdem die Arbeitslosenversiche­rung nur noch sechs Wochen gezahlt wird, dann die Für­sorge eintritt. Immerhin verlieren die Hausangestellten nach langjähriger Bezahlung der Arbeitslosenversicherung nun auch den Rechtsanspruch auf Arbeitslosenunterstützung während dieser sechs Wochen. Die Reichssteuer zur Ar­beitslosenhilfe besteht fort. Für die Hausfrauen bedeutet die Regelung eine besondere Erleichterung, da sie anders wie andere Arbeitgeber in der Regel die Beiträge ganz selbst getragen haben. Der Fürsorge entstehen durch die neue Regelung besondere Aufgaben, da die Haus­angestellten, die ohnehin schon immer den Gefahren der Prostitution besonders ausgesetzt waren, bei eintretender Arbeitslosigkeit nicht nur ihre Arbeit, sondern auch woh­nung und Verpflegung und gewohnte Umgebung ver­lieren. Es wäre wünschenswert, daß die Fürsorge sich der arbeitslosen Hausgehilfen besonders annimmt."

Die Frankfurter Zeitung " bringt diese Meldung mit einem Artikel unter der bezeichnenden. Ueberschrift: ,, Appell an die Hausfrauen". Darin wird natürlich die ganze Sache nur als ein Geschenk an die Hausfrauen dar­gestellt, die nun die Versicherungsbeiträge für die Haus­gehilfinnen ersparen. Die Hälfte des Beitrages durfte ohnedies vom Lohn abgezogen werden, nur gab es tat­sächlich eine große Zahl von Hausfrauen, die sich einer solchen Kleinlichkeit schämten.

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Nun sind aber die Hausgehilfinnen, die mit dem Ar­beitsplatz zum Unterschied von den Industriearbeiterin­nen oder Angestellten auch gleich das Obdach verlieren, durch den Raub der Arbeitslosenversicherung auch in ihrem Dienstverhältnis selbst schwer geschädigt. Denn das Bewußtsein, wenigstens eine armselige Unterstützung zu erhalten, verleiht dem Arbeitnehmer einen moralischen Rückhalt. Nun werden die Hausgehilfinnen in der Furcht vor der völligen Hilflosigkeit wieder der Willkür und Ausbeutung viel mehr preisgegeben sein. Und das sind fast ausnahmslos arische deutsche Volksgenossinnen, ar­beitende Frauen, von denen nicht wenige Hitler gewählt haben werden...

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Zu vermerken ift bei jeder Zahlung: Für Deutfche Freiheit! Bank: Deutfche Bank und Disconto- Gefellfchaft, Filiale Saarbrücken Poftfcheck: Saarbrücken 619( Verlag der Volksftimme G. m. b. H.)