Der Nazi- Ueberfall an der Saargrenze

Nach einem genau vorbereiteten Plan

flp. Saarbrücken , 24. Juli. ( Eig. Information). Zu bem Ueberfall auf ein Haus nahe der deutschen Grenze ers fahren wir noch einige Einzelheiten, die zeigen, daß es fich vermutlich um einen wohlorganisierten Plan gehandelt hat, der bis ins kleinste durchorganisiert worden sein muß.

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Der Vorfall hat sich, wie wir aus zuverlässiger Quelle er fahren, so abgespielt, daß gegen 9.30 Uhr Samstag abend plöglich ein Auto aus Richtung der deutschen Grenze vor dem Häuschen der Frau Kennel vorfuhr, dem eine größere Zahl nichtuniformierter Männer entstieg. Ihre Zahl konnte noch nicht genau bestimmt werden: die Angaben schwanken Bibischen 10-15 Personen.

Mit vorgehaltenem Revolver stürzten die Burschen in das Haus mit dem Ruf: Hände hoch! Nicht schreien!" Den vollkommen überraschten Bewohnern blieb nichts übrig, als angesichts der bewaffneten Uebermacht dem Befehl nach­zukommen, woraufhin die Burschen sich an Frau Lutz( Elsäs­serin) mit der Frage wandten, ob sie Frau Luz sei. Ebenso wurde die Identität des Sohnes der Frau Luzz, Ferdinand, festgestellt, woraufhin, beide Personen und der Kommunist Hans Jenne, nach dem man zuerst nicht gefragt hatte, ge­waltsam mitgeschleppt wurden.

Der Schwiegertochter der entführten Frau gelang es zu entkommen. Ebenso wurde die Besizerin des Häuschens, Frau Kennel, nicht mitgenommen! Die Zurückgebliebenen hörten kurze Zeit nach der Entführung, die sich blißartig

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raich abſpielte, aus Richtung der deutschen Grense Silferufe Und damit, meine Herrschaften, ist die Revolution beender"

und Schreie!

Was diesen Vorfall so besonders interessant macht und es den beteiligten nationalsozialistischen Kreisen sehr erschwe­ren wird, den Fall wieder auf unbefugte und untergeord­nete Organe abzuschieben, ist die Tatsache, daß zwei Söhne der jetzt entführten Frau Luzz bereits vor einiger Zeit von der amtlichen deutschen Behörde verhaftet wurden. Außer­dem ist bekanntgeworden, daß dem jetzt entführten Sohn Ferdinand der Frau Luz von reichsdeutscher nationalsozia listischer Seite vorgeworfen wird, an der Mißhandlung sweier SS. - Männer im Reich beteiligt gewesen zu sein.

Die Untersuchung, die sofort eingeleitet worden ist und mit höchstem Nachdruck betrieben wird, erstreckt sich auch auf die Frage, ob etwa Saarländer an diesem Attentat be­teiligt waren.

Bemerkenswert ist, daß die großen Blätter des Caar: gebiets, die Saarbrüder Zeitung" und die Saarbrüder Landeszeitung", den Vorgang vollkommen verschweigen, obs wohl er vielleicht zu sehr einschneidenden Maßnahmen führen tönnte...

Zeitungsverbote im Saargebiet Unter ihnen der ,, Völkische Beobachter"

Saarbrücken , 24. Juli. Die Regierungskommiffion hat den Völkischen Beobach­ter" für das Saargebiet auf Grund der Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit verboten. Desgleichen ist die Berliner illustrierte Nachtausgabe für das Saargebiet verboten worden.

Auf eine Woche

Die Regierungskommission hat das Dillinger Tageblatt", die Dudweiler Zeitung", die Homburger Neuesten Nach­richten", die Neunkirchener Volkszeitung", die Saarzei tung", die Saar- und Blieszeitung", die" Sulzbacher Volfs­zeitung" und die Westpfälzische Zeitung" auf die Dauer von einer Woche verboten. Wegen Veröffentlichung von Artikeln, die den Tatbestand des§ 3 der Verordnung vom 18. Juni 1933 erfüllen.

Der St. Ingberter Anzeiger" wurde auf die Dauer von einem Monat verboten.

Sache der Menschheit

' Aufsehenerregende Rede eines Amerikaners in Berlin

In der Karl- Schurz- Vereinigung hielt Dr. Sherwood Eddy eine Rede, die außerordentliches Aufsehen erregte. Eddy, der seit vielen Jahren als Freund Deutschlands gilt und gegen den Versailler Vertrag auftrat, bemerkte, er müsse mit Beunruhigung die Aufhebung der Pressefreiheit, der Gleichheit vor dem Gesez, der Gewissensfreiheit und der anderen bürgerlichen Freiheiten in Deutschland feststellen. Gerade als aufrichtiger Freund Deutschlands müsse er fragen, wo es denn in Deutschland noch Recht gäbe für Juden, Sozialisten, Kommunisten, Liberale und Pazifisten? Sie werden sagen, das ist unsere Angelegenheit. Das ist nicht wahr, es ist die Angelegenheit der ganzen Menschheit." Eddy betonte, daß man in Deutschland nichts mehr von dem erfährt, was in der ganzen Welt vorgeht. Die Rede wurde angehört, dem Redner ist nichts geschehen.

Opfer

Schwere Kerkerstrafen für illegale Literatur Vor dem Schnellschöffengericht in Berlin hatten fich in zwei Prozessen mehrere Angeklagte wegen Verbreitung unerlaubter Druckschriften fommunistischen Inhalts zu verantworten.

Der erste Angeklagte, der 19jährige Lehrling Gerhard Rosenberg, wurde wegen Verbreitung einer Flugschrift zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, wobei in der Urteilsbegründung betont wurde, daß der Angeklagte diese " milde" Strafe nur seinem jugendlichen Alter zu verdanken habe.

Der nächste Angeklagte, der 41jährige Glaser Rudolf Degener, ein früheres Mitglied der Kommunistischen Partei, wurde dementsprechend mit einer wesentlich empfind­licheren Strafe belegt. Er wurde beschuldigt, eine Drucks schrift mit dem Titel Solidarität" weitergegeben zu haben, die zu gewaltsamem Kampf gegen die Reichsregierung und zu Hochverrat aufforderte. Zu seiner Verteidigung gab er an, daß er von nichts wisse. Die Flugschrift habe er von seinem Mitangeklagten, der mangels Beweises freigesprochen wurde, erhalten und in den Papierforb geworfen. Die Beweisaufnahme ergab demgegenüber, daß Degener das Flugblatt weiterverbreitet hatte, indem er es einer dritten Person zur Lektüre übergab. Das Schnellschöffen­gericht erkannte auf eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren.

Sterne- Schnüre- Litzen

Aus der großen deutschen Kaserne

In der deutschen Presse wird eine Bekanntmachung veröffentlicht als Ergänzung der Rangabzeichen". Wir drucken sie wörtlich ab, weil sie uns besser als vieles andere Aufschluß über das neue Deutschland geben kann: Das Anwachsen der SA. hat auch die Einfügung von neuen Dienstgraden in den bisherigen Aufbau not­wendig gemacht, weil z. B. für die stellvertretenden Führer von Formationen irgendwelche Dienstgrade nicht vorhanden waren: Der Aufbau ist jetzt folgendermaßen:

SA. - Anwärter( Rekrut), der nach sechs Monaten SA. - Mann wird. Nach dem SA. - Mann kommt der Sturmmann, dann der Rottenführer und dann der Scharführer, bisher der unterste Dienstgrad. Es fommt dann neu der Oberscharführer, nach dem Truppführer neu der Obertruppführer und nach dem Sturmführer neu der Obersturmführer und Sturm= hauptführer, nach dem Sturmbannführer neu der Obersturmbannführer, nach dem Standartenführer und Oberführer neu der Brigadeführer. Ferner er­halten die Fahnenträger der Stürme und die Standarten­träger die Bezeichnung Kornett neben ihrem sonstigen Dienstgrad.

Dementsprechend sind auch die Rangabzeichen er gänzt worden. Der SA. -Anwärter trägt keine Spiegel, sondern nur die Kragenschnur in der Farbe der Gruppe. Der SA.- Mann trägt dann außer der Gruppen­schnur Spiegel in der Farbe der Gruppe, auf dem rechten Spiegel die Angabe seiner Formation, während der linke Spiegel freibleibt. Der Sturmmann trägt auf dem linken Spiegel eine 5 Millimeter breite Liße, deren Mittel­faden in der Farbe des Spiegels gehalten ist. Der Rotten­führer trägt zwei Lizen auf dem linken Spiegel, der

Scharführer wie bisher einen Stern, der Oberschar­führer außer dem Stern noch eine Liße, der Truppführer wie bisher zwei Sterne, der Obertruppführer außer den zwei Sternen eine Liße, der Sturmführer wie bisher drei Sterne, der Obersturmführer dazu eine Liße und der Sturmhauptführer dazu zwei Lizen.

Außerdem sind Spiegel und oberer Müßenrand der letzten Dienstgrade mit der Zweifarbenschnur der Gruppe um­randet.

Der Sturmbannführer trägt wie bisher vier Sterne. Ferner sind Kragen, Müßenrand und Spiegel mit Silberschnur umrandet. Der Obersturmbannführer trägt zu den vier Sternen noch eine Lize. Vom Standarten­führer ab wird das Rangabzeichen auf beiden Spiegeln ge­tragen und keine Angabe der Formation mehr. Der Standartenführer trägt wie bisher auf beiden Spiegeln ein Eichenblatt. Ferner sind Kragen, Spiegel und oberer Müßenrand mit Silberschnur und der Mützen­aufschlag mit der Zweifarbenschnur der Gruppe umrandet. Der Oberführer trägt die gleichen Abzeichen und ein aweiblättriges Eichenblatt, der Brigadeführer zu dem zweiblättrigen Eichenblatt noch einen Stern auf dem Spiegel. Der Gruppenführer trägt außer der Silberschnur am Kragen Spiegel, Müßendeckel und Müßenaufschlag, ein drei­blättriges Eichenblatt auf beiden Spiegeln.

Der Oberführer trägt statt der Silberschnur eine Goldschnur auf den Spiegeln, ein dreiblättriges Eichenlaub und einen Stern. Es kommt dann noch der Chef des Stabes, der eine goldene Schnur am Kragen, Spiegel, Müzendecke und Müßenaufschlag trägt, sowie auf beiden Spiegeln einen Eichenlaubkranz mit einem Stern.

Sozialdemokratie und

Geheime Staatspolizei

Eine Erklärung der Parteileitung in Prag

Die Geheime Staatspolizei in Berlin hat fürz­lich mitgeteilt, es seien große Teile des früheren sozialde mokratischen Vermögens teils ins Ausland, teils ins Inland verschoben, um es dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Dazu teilt der Vorstand der Sozialdemokra tischen Partei Deutschlands , Sizz Prag, mit: Hätte die Sozialdemokratie ihr Vermögen dem Zugriff der Nationalsozialisten entzogen, so wäre das berech=

Braune Sadisten

Juden gegen Juden

tigte Notwehr. Niemand ist verpflichtet, einem Räuber freiwillig sein Eigentum auszuliefern. Leider aber ist es der Sozialdemokratie nicht gelungen, ihr Vermögen dem ge­waltsamen Zugriff zu entziehen, da ihre Organisationen und ihre Unternehmungen den wenig elastischen Erforder­nissen des Rechtsstaates angepaẞt waren.

Bei der Beschlagnahme des Vermögens der Sozialdemo­kratischen Partei allein- ohne Reichsbanner, Gewerkschaf ten, Sportorganisationen, Kulturorganisationen usw.sind den Nationalsozialisten mehr als 40 Millionen Mark in die Hände gefallen.

Die Sozialdemokratische Partei besaß 160 3eitungen, die in 102 eigenen Druckereien und Gebäuden her­gestellt wurden. Die Unternehmungen präsentieren einen

Sadismus und Nationalsozialismus find zwei Dinge, Wert von etwa 40 Millionen Mark. Bei der Beschlagnahme

die miteinander identisch sind.

Selten wohl hat eine politische Bewegung die Skala menschlicher Niedertracht so virtuos beherrscht wie die braune Gegenrevolution.

Von Spießrutenlaufen, schußhaft" konzentrierter Gegner durch ein prügelndes SA. - Spalier bis zum wollüstigen Aus­peitschen in den SA. - Kasernen ist nur ein einziger, sehr konsequenter Schritt.

Was soll man dazu sagen, wenn die jüdischen Inhaber des Damenkaufhauses Poppel und Goldschmidt in Düsseldorf von ihrem diktatorisch vorgehenden Nazi­Betriebsrat gezwungen werden, einen Anschlag anzubringen, auf dem zu lesen steht:

" Sämtlichen Angestellten ist nach Geschäftsschluß der Verkehr mit Juden verboten. Zuwiderhand­Jungen werden mit fristloser Entlassung bestraft." Bestialität und Perversität, das sind die beiden mar­kanten" Eckpfeiler der nationalsozialistischen Erneuerung". Es ist die schauerliche Psychologie des Lustmörders, die hier wütet.

find auch erhebliche Barbeträge weggenommen worden. Fest­gestellt ist, daß allein in 12 Unternehmungen eine Mil­lion Mark in bar beschlagnahmt wurde. Der Gesamt­betrag ist viel höher. In den 33 Bezirksorganisationen sind, soweit bisher festgestellt werden konnte, weitere 300 000 mt. beschlagnahmt worden. Auch hier sind die wirklichen Be­träge wesentlich höher. Dasselbe gilt von den örtlichen Organisationen. In der Zentraltasse war allerdings die Ausbeute geringer. Auf 6 Konten konnte man nur 2600 Mart beschlagnahmen.

Jahrelange Arbeitslosigkeit der opferwilligen Anhänger, vierzehn Wahlkämpfe im Jahre 1932, große Aufwendungen für die Opfer des Kampfes gegen den Faschismus hatten die Leistungsfähigkeit der Kassen erschöpft. Es bestand also gare nicht die Möglichkeit, Millionen zu verschieben". Die An­gabe der Geheimen Staatspolizei, daß sozialdemokratisches Vermögen versteckt und verschoben sei, soll nur vertuschen, daß sich die Nationalsozialisten bereits in den Besitz von mehr als vierzig Millionen Mark fremden Eigentums ge­setzt haben, über dessen Verbleib und Verwen bung sie niemand Rechenschaft ablegen