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Die letzten Siegel unter die furchtbare außenpolitische Niederlage Alles verständigt sich gegen Deutschland , sogar Rußland mit Frankreich , Rußland mit Polen- Herriot reist nach Konstantinopel Fränzchen reist!
Eine Hiobspoft auf außenpolitischem Gebiet folgt der andern. Immer schärfer wird die Sprache der englischen Oeffentlichkeit gegen Hitler- Deutschland. Aus Frankreich kommt das Echo:« Wir lassen uns nicht täuschen!" immer laufer. Im Zeichen der deutschen Gefahr" verständigen sich erbitterte Gegner auf dem Felde der europäischen Diplomatie. Durch die Reise Litwinows nach Frankreich ist, wie die französische Presse mit Genugtuung feststellt, eine französisch- russische Beziehung von einer Freundschaftlichkeit gesichert worden, wie sie seit dem Siege des Bolschewismus noch nie bestanden hat. Radek wurde in Polen als Abgesandter der Sowjet- Union mit besonderer Herzlichkeit empfangen. Die Lage zwischen Hitler- Deutschland und Oesterreich ist unverändert...
Selbst in den verhängnisvollsten Jahren der Vorkriegszeit war Deutschland nicht so eingekreift und isoliert wie heute!
Keine Zusammenkunft
Hitler- Daladier
Deutschland wird von der Rüstungsindustrie bestimmt...
In einem offenbar offiziösen Artikel schreibt„ Ere Rouvelle":" Rein, Herr Henderson, wir wollen teine Zus sammenfunst Daladiers mit Hitler! Man komme nicht, um mit uns die angeblichen Pläne und legten Absichten dieses Herrn Hitler zu reden. Welcher Art diese seine Pläne und Absichten auch sein mögen, das interessiert uns nicht; denn dieser Herr Hitler ist heute schon ausgestochen durch seine Soldaten und ist der Gefangene der Ultra- Radikalen, die ihm zur Macht verholfen haben. Die gegenwärtige Lage in Deutschland , die völlig von den überspannten Chauvinisten und von der Rüstungsindustrie bestimmt wird, rechtfertigt weder, noch auch gestattet sie nur den Gedanken einer Aus: sprache zwischen Daladier und Hitler . Es wird das beste sein, wenn Herr Henderson nach England zurückkehrt und seine eigenartigen Pläne und seine Jülufionen mit sich nimmt!"
Görings Luftpläne Scharfe Absage aus England
London , 27. Juli 1933,( Eig. Ber.) Bei einer kürzlichen Zusammenkunft Görings mit dem bris tischen Militärattachee in Berlin war der deutsche Lufts minister geschmacklos genug, die Wiener Regierung zu des nunzieren, in England eine Anzahl von Militärflugzeugen gekauft zu haben und diese scheinbar" zu politischen Zweden zu verwenden. Hierbei versuchte Herr Göring in Erfahrung zu bringen, welche Haltung die englische Regie: rung wohl einnehmen werde, wenn Deutsch : land entsprechend verfahre und der Londoner Flugzeugindustrie einen Auftrag erteile
Sente ist die Antwort der britischen Regierung eingetroffen. Zunächst wird erklärt, daß die Denunziation, die Göring Defterreich gegenüber beliebt habe, völlig unbegründet ist; die Wiener Regierung habe nicht ein einziges Flugzeug ans England bezogen. Hinsichtlich des Plans wegen der deutschen Polizei- Flugzeuge" aber sagt die Londoner Regierung, daß fie niemals gestatten werde, daß Dentich land sich über das Pariser Abkommen vom Jahre 1926 hinwegiege. Dieses Abkommen, das Deutschland freiwillig unterzeichnet unterzeichnet habe, verbiete ausdrücklich die Existenz einer deutschen Flugpolizei. An diesem Abkommen halte die britische Regierung fest und sie werde dem Abkommen nötigenfalls die ges bührende Geltung zu verschaffen wissen.
Die Pariser Tageszeitung„ L'Oeuvre" schreibt über die Lage in Deutschland folgendes:
Die Behauptungen und die Dementis des Herrn Göring bedeuten gar nichts! Man bes hauptet, Herr Hitler sei ein Diktator; aber das ist nicht wahr! Mussolini ist ein Diktator und Lenin war ein Diktator. Aber Hitler? Er hat durch Demagogie die Massen bezaubert. Und deshalb bleibt er den Massen unterworfen. 3u täuschen und getäuscht zu werden das ist Hitlers Schidial!"
Hitler- Phantom einer Macht
Paris , 27. Juli 1988. Ueber die derzeitige gespannte. Lage in Neudeutschland schreibt der Figaro" unter anderem:
Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die Hitlersche Revolution endgültig beendet ist. Denn heute schon ist der„ Führer" und find die anderen Leiter der nationalsozialistischen Partei nur noch die Gefangenen jener dunklen Kräfte, die sie entfesselt haben, um überhaupt zur Macht zu kommen. Hitler kann nichts anderes mehr, als jenen Leuten, die er bisher zu führen wähnte, Gehorsam zu erweisen.
Das ist der fundamentale Unterschied zwischen dem Hitles rismus und dem Faschismus: Mussolini ergriff die Macht und stützte sich hierbei auf eine relativ fleine Partei in einem Augenblick, als das Land in Gefahr stand, dem Schatten des Bolschewismus zu verfallen; die Massen aber kamen erst langsam zu ihm, als sie die Wohltaten des Faschismus am eigenen Leibe spürten.
Bei Hitler war es umgekehrt. Als er zur Macht kam, war ganz Deutschland bereits hitlerisiert. Seit Jahren hatte er den Massen Versprechungen über Bersprechungen gemacht, um fie einzufangen; und jeder„ Nationalsozialist" fagte fich: " Wenn wir erst zur Macht kommen, dann..."
Und aus diesen Gründen ist Herr Mussolini hente der wahre Gebieter Italiens , während Herr Sitler doch nur das Phantom eines Führers" i ft.
nach Konstantinopel Und dann nach Rußland und Polen !
Paris , 27. Juli. Matin kündigt an, daß Edouard Herriot in Begleitung des Senators Serlin und des Abgeordneten Bastid am 3. August nach Konstantinopel reisen, sich von dort nach Rußland begeben und wahrscheinlich über Polen nach Frankreich zurüdkehren werden,
Zwischen den Zeilen!
Das Hitlerregime favorisiert schnellwechselnd bald diesen, bald jenen außenpolitischen„ Verbündeten" mehr oder weniger arischer Stammeszugehörigkeit und zweit
oder drittklassiger Weltgeltung.
So hat es sich zuerst in einer Würdelosigkeit sondergleichen dem keineswegs germanischen und letzten Endes von Frankreich und England abhängigen Herrn Mussolini an den Hals geworfen. Der hat es so lange zum Abtrocknen seiner schmutzigen Hände benutzt, bis er sein Schäfchen im Trockenen hatte und dann über den
Viererpakt mit Frankreich ein Techtelmechtel begonnen, nachdem er noch zuvor Herrn Hitler den Weg nach Desterreich versperrt hatte.
Dann fraternisierte der große Adolf mit dem kleinen Gömbös aus Ungarn , einem nichtarischen und nach seiner Weltgeltung fünf- oder sechsklassigen Dikta turstaate, der obendrein von der Finanzgnade Frank reichs abhängt. Herr Gömbös trägt eine schöne und auf fallend prächtige Uniform und trinkt feurigen Ungarwein
aber auch ihm schlägt, wie Mussolini unter dem Schwarzhemd, ein treuloses Herz unter der tressenreichen Schnürbruſt des ungarischen Magnaten: Nachdem er von Hitler das Versprechen hatte, daß die ungarische Weizen ernte eine besondere Abnahme in Deutschland finden sollte, fuhr er flugs zu Herrn Hitlers Todfeind" Dollfuß nach Desterreich, um das gestörte Gleichgewicht der ungarischen Beziehungen wieder herzustellen.
Aber sein schwarzes nichtarisches Herz hat jetzt offen den Dolchstoß gezückt gegen Hitlers Schüßlinge in Ungarn . In Ungarn gibt es eine von dem Abgeordneten 3 oltan Metz ko( man stelle sich den Arier hinter diesem Namen vor!) geleitete Partei der Nationalsozialisten unb ein von ihm herausgegebenes nationalsozialistisches Haupt. organ„ Nemzet Szava "( Stimme der Nation). Gömbös hat jezt dieses Blatt für sechs Wochen verboten und ihm für drei Monate, nämlich bis zum 30. November, das Kolpor tagerecht entzogen.
Man denke: Hitlers Freund Gömbös gegen Hitlers ungarische Nationalsozialisten! Wie ist das möglich? Nun, ungarische Nationalsozialisten! Wie ist das möglich? Nun, das ist nur zwischen den 3eilen zu lesen: Die Be gründung des Verbots lautet, daß die Artikel des ungarischen nationalsozialistischen Hauptorgans über den ungarischen Weizenegport" Erregung und Unruhe hervorzurufen geeignet seien und daß es deshalb verboten werde. Dahinter aber steckt nicht mehr und
nicht weniger, als daß Herr Hitler wieder einmal sein
Versprechen nicht gehalten und den zugesagten ungarischen Weizenexport nicht bewerkstelligt hat worauf ihm nun Herr Gömbös nach dem Sprichwort " Haust du meinen Juden, hau ich deinen!" sein Haupt organ verboten hat.
Nunmehr hat sich Herr Hitler grollend wie Wotan und tief enttäuscht über den bösen Loki ganz auf seine„ verwandten Empfindungen"( wie das Hitlers außenpolitischer Schriftsteller von Leers ausdrückt) für die Mongolen des fernsten Ostens, für die J a paner, die nicht nur als schlitzöhrig gelten, sondern auch schlitz nicht nur als schligöhrig gelten, sondern auch schlitzäugig sind, zurückgezogen.
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Es ist einsamer um Hitler , als selbst die stärksten Reiche der Weltgeschichte auszuhalten vermochten ge. schweige das über sich selbst herfallende amoklaufende Dritte Reich!
Der polnische General Sikorski hat in einem Parifer Blatt Mitteilungen über ungeheure Kriegs. rüstungen Hitlers veröffentlicht: Tanks, schwere Artillerie, Minenwerfer, Flugzeuge, Giftgafe usw.
An der Richtigkeit dieser Meldung ist ebenso wenig zu zweifeln, wie an der Behauptung, daß in Deutschland eine Kriegsmaschinerie aufgebaut wird, die an Furchtbarkeit deshalb nicht ihresgleichen hat, weil die NaziDespotie mit unbeschränkter Gewalt über 66 Millionen Staatssklaven verfügt. Schule, Presse, Film, Kanzel über alle diese Waffen der geistigen Beherr schung verfügt allein das Diktaturregiment des National sozialismus und der Verdacht einer Friedensgesinnung genügt zur Reife fürs Konzentrationslager.
Sikorski sieht den besonderen Charakter dieser Rüstungen vor allem darin, daß sie in der ausdrücklichen Absicht nicht der Verteidigung, sondern des Angriffs, des Ueberfalls und der Revanche getroffen werden. Als das Ziel Nazi- Deutschlands bezeichnet er die Absicht, mit Blut und Eisen ein gewaltiges Jmperium aufzurichten und den Versuch von 1914, dem 10 Millionen Menschen geopfert wurden, in größerem Maßstabe zu wiederholen
Die Pariser Deutsche Botschaft verschickt Einladungss schreiben zu einem am 28. Juli stattfindenden Festessen zu Ehren des Vizekanzlers Franz von Papen .
Papen, der in den letzten Wochen auf jede Art Beschäftis gung im Ausland sucht, besucht wie wir bereits gemeldet
haben- Paris in einer„ delitaten" Mission: er soll die allgemeine unfreundliche Stimmung für Deutschland ins Ge= genteil umwandeln und mit seiner bekannten diplomatischen Fertigkeit, die er während des Weltkrieges so glänzend bes wiesen hat, dem Quai d' Orsay die Vorteile eines innigen Berhältnisses zu Hitler- Deutschland eindringlich zu Gemüte führen.
Richtig ist zweifellos, daß das oberste Ziel der gesamten sogenannten„ nationalen Erhebung" und der sogenannten nationalsozialistischen Revolution" kein anderes als die Wiederaufrichtung eines imperialistisch- anektionistischen Militarismus ist; das haben inzwischen zu ihrem Leidwesen nach der erneuten Jnthroni fierung von Rüstungsindustrie und Großagrariertum auch die betrogenen SA.- Leute, die Kleinbauern, die kleinen Gewerbetreibenden und alle übrigen Hitlergläubigen einsehen müssen. Worauf hinaus aber der polnische General
mit seinem Artikel will, das ist auch wieder zwischen den Zeilen zu finden: Die Nachbarn Deutschlands bangen um Frieden und unversehrtheit ihrer Grenzen. Die Generalstäbler von Frankreich und Polen sind mit denen der kleinen Entente und der Randstaaten einig in folgender Ueberlegung: Will man Europa davor be wahren, ein einziger großer Totenack er zu werden, dann sind Präventivmaßnahmen unerläßlich. Ob man das„ Sanktionen" oder„ Präventiv Krieg" nennen will, ist unbedeutend; bedeutsam ist nur, daß man in Hitler - Deutschlands Nachbarstaaten ausnahmslos die Meinung hat, daß Präventivmaßnahmendas Mindestmaß an Opfern für eine neue Be friedung Europas bedeuten.
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Wir haben gestern von Herrn Radeks festlichem Empfang in Pilsudski- Polen berichtet- der Ring ist lückenlos geschlossen und wahrscheinlich unter Verstärkung durch Mussolini wie Gömbös .
Der letzte Freund Deutschlands will sich mit Oesterreich einigen
M. B.
präsidenten Gömbös in Rom sagt der dortige Times- Korre London , 27. Juli. Zum Besuch des ungarischen Ministers fpondent u. a., es bestätige sich, daß die Herstellung engerer wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Un= garuund Oesterreich das Haupthema der Erörterungen haben. Es werde eingesehen, daß das Verhältnis zwischen bilden werde. Aber dabei werde es nicht sein Bewenden Ungarn und der Kleinen Entente und besonders zwischen Ungarn und der Tschechoslowakei nicht so fortdauern könne wie bisher. Desterreich und Ungarn würden, wenn sie eins ander wirtschaftlich näher rückten und vielleicht zu einer engeren politischen Verständigung fämen, bei Verhandlungen mit der Kleinen Entente in einer stärkeren Stellung sein.
Simon an der Saargrenze Er will ,, reinigen" und ,, säubern" erkennung für uns...
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Eine n-
flp. Saarbrücken, 26. Juli. Speben liegt der Text jener Rede vor, die der nationalsozialistische Koblenzer Gauleiter Staatsrat Simon auf der Saarfundgebung in Leitersweiler, dicht an der Saargrenze, gehalten hat. Der Inhalt dieser Rede ist um so ungeheuerlicher, als nach amtlichen Verlautbarungen der„ Staatsrat die höchste Autorität des Staates in seinem Bezirt" ist, der lediglich nur den Minister über sich hat. Die Rede dieses höchsten preußischen Staatsvertreters vor den in Leitersweiler versammelten saarländischen Nationalsozialisten ist eine einzige Aufforderung zum Terror. Sie zeigt darüber hinaus fraß die beliebte Methode des Ge sinnungsterrors gegen die Saarländer, die bisher ihr Haupt noch nicht unter das gleichgeschaltete Joch gebeugt haben.
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Staatsrat Simon führte aus: wir beschweren uns nur, daß wir zu gnädig gewesen sind. Der einzige Bor wurf, den uns die Geschichte machen kann, wird der sein, daß wir nicht alle Volfsverräter an die Wand gestellt haben. Noch zu feiner Zeit war ein Sieger so großmütig wie Adolf Hitler und seine Bewegung. Diese Großmut wird allerdings einmal ein Ende nehmen. Er wird nicht ausgedehnt werden auf jene, die Deutschland verlassen haben, im Saargebiet gestohlene Gewerkschaftsgelder ver= praffen, neue Zeitungen gründen und Lügennachrichten im Ausland verbreiten. Die Herren aber( es folgt einer der beliebten Kraftausdrücke), die drüben sitzen, werden nach zwei Jahren, weil ihre Arbeit erfolglos blieb, feine Rüds augsmöglichkeit mehr haben. Und diesmal wollen wir nicht gnädig sein, wollen niemals vergessen, wenn sich jemand am deutschen Gedanken verging, wir wollen das Saar= gebiet reinigen und säubern.
Das ist offener Gesinnungsterror. Alle die, die an der Saar nicht die geringste Lust verspüren, sich gleichschalten zu lassen, werden hier in aller Offenheit von einem an höchster Stelle stehenden preußischen Staatsbeamten in unerhörter Weise für die Zeit nach 1985( wie die Nationalsozialisten sie sich vorstellen) bedroht. Kürzlich hat der deutsche Regierungsvertreter beim Völkerbund der Erklärung aller Völker zugestimmt, die sich scharf gegen jeden Gesinnungsterror ausspricht. Heute erfahren wir die Anwendung in der Praxis. Auf den sonstigen Inhalt der Staatsratsrede wollen wir nicht eingehen. Die bekannten Phrasen von„ gestohlenen Gewerkschaftsgeldern" usw. usw. locken feinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Die ohnmächtige Wut der National sozialisten gegen die Deutsche Freiheit" wie gegen die " Boltsstimme" hat den Herrn Staatsrat mit dem urdeutschen Namen Simon zur Unvorsichtigkeit verleitet,