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Panipare

Nummer 34-1. Jahrgang

Fretheil

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

100 000 Franken Prämie

wird die ,, Deutsche Frei­heit" in ihrer morgigen Aus­gabe für eine wichtige politische Ermittelung

aussetzen.

Saarbrücken , Samstag, den 29. Juli 1933

Chefredakteur: M. Braun

300000 Mann Reichswehr !

Hitlers Vorschlag an Frankreich

und SS.

Vermehrung der Reichswehr um 200 000 Mann SA. Papens hoffnungslose Reise

Eisige Ablehnung in Paris und in Prag Paris , 28. Juli. ( Eigener Draht.) Aus unterrichteten Kreisen wird über die Vorschläge Hit: lers, die Henderson überbrachte, berichtet:

Herr Hitler bietet den alsbaldigen Umbau der Reichswehr an in Verbindung mit seinem bekannten Vorschlag über die Zukunft der SA. und SS., womit er die erstere endlich in seine Hand zu bringen hofft und die letztere ebenso nüglich für sich umgestalten könnte. Die nene Reichswehr soll danach eine ein jährige Dienstzeit erhalten, im Verlauf von 5 Jahren relativ aufrüsten dürfen und sich der internatio= nalen Kontrolle unterstellen. Als Höchstgrenze verlangt man 300 000 Mann Reichswehr .

Herr Henderson fonnte aus Rom eine 90prozentige Zus stimmung" dazu melden, ans Prag jedoch brachte er eine ebenio hohe Ablehnung mit. Paris hat sich noch nicht dazu geäußert, es erwartet noch die Erklärungen seines Berliner Botschafters, der diese persönlich seiner Regierung abgeben

wird.

Zur Begründung seines Vorschlages führt Herr Hitler n. a. an: Nachdem er den Bolschewismus in Deutschland nie. dergerungen habe(??), wolle er ihn auch außenpolitisch über­winden, wozu er die wirtschaftliche Unterstützung der ganzen nichtbolschewistischen Welt" erbittet. Er habe deshalb schon alles Nötige getan, radikalistische Quertreiber, die sich in die nationalsozialistische Bewegung eingeschlichen hätten, und zwar auf Order von Moskan, mit den schärfsten Mitteln

auszumerzen.

Die französische Regierung mißtrant noch vollkommen dieser neuesten Entwicklung. Ganz Osteuropa schließt sich noch diesen Reserven an, besonders auch Polen , auf das Herr Hitler vergeblich einzuwirken suchte. Auch England ver: langt erst überzeugende Beweise für Hitlers guten Willen! In dieser Hinsicht gibt Herr Hitler die Versicherung, daß er die jüngsten Judenverfolgungen mißbillige,

die auch nur durch bolschewistische Provokateure und einige Irrtümer untergeordneter Stellen entstanden seien. Sogar Herr Henderson, der sein Genfer Prestige unbedingt retten möchte, hat in Paris seinem Zweifel an der Richtigkeit der Münchener Mitteilungen Hitlers Ausdruck gegeben; London erwartet klarere Tatsachen von Berlin .

Bezüglich der Haltung Italiens überbrachte Henderson römische Meinungen über das Flottenverhältnis im Mittel­ meer . Paris lehnt aber die französch- italienische Flotten: gleichheit", wenn auch nicht so entschieden wie bisher, ab, und

verlangt vorher eine allgemeine Flottenabrüstung, die aber an den angelsächsischen Flottenplänen scheitern muß. Im übrigen verweist Paris darauf, daß Frankreich einen be= deutenden Schritt der Herriotschen Verständigungspolitik mit Italien erfüllt sieht.

Alles in allem: Herrn Hitlers neueste Politik sieht man ges schlossen als nicht Vertrauen erweckend an, mit welchen Eins drücken Herr Henderson nunmehr in London eintraf.

Auf dieselben Eindrüde wird Herr von Papen in Paris stoßen.

Polizeiaktion verraten!

Vollendeter Mißerfolg des Sturms auf alle Verkehrsmittel Der Rittergutsbesitzer liest die Deutsche Freiheit"-Zahlreiche Juden verhaftet ser geheime Runderlaßwaruns schon am 23. Juli bekannt, sowie der Tag und die Stundenangabe, der am 24. Juli erst den nachgeordneten Stellen bekanntge­nachgeordneten geben worden ist.

Nachdem für unsere Gewährsmänner keine Gefahr mehr besteht, erklärt heute die Deutsche Freiheit":

Am 22. Juli 1933 hat die Geheime Staatspolizei Berlin an sämtliche Polizeipräsidenten, Regierungs­präsidenten und Landratsämter im Reiche eine geheime Verfügung erlassen, nach welcher am Tage r und um die Stunde y eine allgemeine Fahndungsaktion und Säuberungsaktion im ganzen Reiche stattfinden sollte. Der Zweck dieser Aktion war das Ausfindigmachen der Kuriere der SPD. und der KPD . Zwei Tage später am 24. Juli hat das Geheime Staatspolizei - Amt sämtliche Behörden benachrichtigt, daß der Tag r der 25. Juli 1933 sein soll und die Stunde y 12 Uhr. Die

Hitler für Tietz!

14,5 Millionen Mark Reichsgelder für das Warenhaus Tietz Der Mittelstand guckt in den Mond Das Naziprogramm vergessen Das Naziprogramm vergessen

Berlin , 27. Juli.

Der Kampf gegen die Warenhäuser war die zugkräftigste Mittelstandsagitationsparole der Nationalsozialisten. Und der Boykott der Warenhäuser war die erste wirtschaftliche Großtat" der nationalsozialistischen Volkswirtschaftler". Die Boykottbewegung fügte den Warenhäusern großen Schaden zu und heute ist das Reich bereit, für die Er= haltung der Warenhäuser Millionen Mart zur Verfügung zu stellen. So erhält die Firma Hermann Tiek einen Ueberbrückungskredit von 14,5 Mil: lionen Reichsmart. Die Schulden des Unternehmens- Tiez ist das größte Warenhausunternehmen Deutschlands - be: laufen sich auf ungefähr 100 Millionen Reichsmart. Durch die Boykottbewegung geriet das Unternehmen in Zahlungs : schwierigkeiten. Bei den Verhandlungen wurde festgestellt, daß die Hypothekengläubiger im Falle einer Schließung der Betriebe ungeheure Verluste erleiden würden, die sich auf breite Wirtschaftskreise auswirken müßten.

Nach den Angaben des Deutschen Volkswirt" betrug der Umsag des Warenhauses Tiez im Jahre 1982 rund 300 Mil­lionen Reichsmart. Das Unternehmen kaufte 1932 101 000 Schweine, 32 000 Stälber, 15 000 Rinder, 13 000 Hammel, ge: waltige Mengen Gemüse, Obst, Eier und Käse. Die Gesamt: Summe des Einkaufs der landwirtschaftlichen Produkte allein betrug 40 Millionen Reichsmart. Tietz beschäftigte 17 500 Pers

.

fonen, hinzu kommen 60 000, die mittelbar durch Aufträge be= schäftigt wurden. An Steuern zahlte das Unternehmen 12,4 Millionen Reichsmark, an Sozialleistungen 2,5 Mil­lionen Reichsmart. Der Schaden, der bei einer Schließung dieses Riesenbetriebes der deutschen Volkswirtschaft entstanden wäre, war so gewaltig, daß die nationalsozialis sierten Minister unter Außerachtlassung ihrer Agitationsphrasen bereit sind, Mil­lionenbeträge für die Aufrechterhaltung des Unternehmens zur Verfügung zu stellen.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß im faschistischen Italien die Warenhäuser sich der besonderen Fürsorge des Staates erfreuen. Der italienische Staat zahlt seit Jahren dem größten Warenhause Italiens , La Rinaszente", Subventionen zur Deckung seiner Fehlbeträge. Während in Deutschland den Beamten und allen öffentlichen Arbeitnehmern die Mitgliedschaft in Konsumvereinen unter: sagt wird, bestehen in Italien Konsumvereine für die Beamten und eingetragenen Faschisten.

Nach der Auflösung der Kampfausschüsse des deutschen Mittelstandes folgt nun die Sanierung der Warenhäuser durch Reichsgelder. Wie fagte die Deutsche Allgemeine Reitung" im Februar dieses Jahres?:" Seine Gegner ( Hitlers ) werden es nicht leicht haben, seinen Ans hängern werden die Augen übergehen."

Daß die Aktion auch nicht einen Schuß Pulver werk war, wurde von uns sofort mitgeteilt.

Berlin , 28. Juli( Eigener Draht).

Die im ganzen sich unter Mobilisierung von über hun. derttausend Polizeitruppen, Hilfspolizei, SA. und SS. durchgeführte Aktion gegen die" Illegalen" hat in Berlin , wo man geglaubt hat, rund zwanzigtausend Mann einsetzen zu müssen, einen vollendeten Mißerfolg gebracht. Es wurden zwar einige hundert Personen festgenommen, verbotenes Material aber fand man nur in einem einzigen Falle bei der Durchsuchung eines Kraftwagens. Es handelte sich um ein paar Exemplare der Roten Fahne" und der Deutschen Freiheit". Der Besitzer des Kraftwagens wurde verhaftet, konnte sich jedoch auf dem Polizeipräsidium legitimieren als Mitglied der Nationalsozialistischen Partei und Ritters gutsbesiger in Pommern . Er wurde darauf wieder freige­lassen und konnte die Heimreise ungestört fortsetzen; er bes hauptet, die Zeitungen lediglich zu seiner Information mit­genommen zu haben. Außerdem wurden zwei gestohlene Kraftwagen fonfisziert, fünf Kraftwagen wegen nicht bezahl­ter Steuer, elf Kraftwagen, weil die Führer nicht im Besitz eines ordnungsmäßigen Führerscheins waren. Die Verhaf­teten sollen zum weitaus größten Teil Juden sein; bestimmte Beschuldigungen werden bisher gegen sie nicht erhoben.

In Polizeitreisen nimmt man an, daß die Aktion vor= zeitig verraten worden ist und die Gegner des Systems imstande waren, Gegenmaßnahmen zu treffen.

Da weder die Polizeitruppen, noch Silfspolizei, SA. oder SS. vorher über den Zweck der Aktion unterrichtet worden waren, man vielmehr in der Absicht, jeden Verdacht abzu­lenken, für eine angebliche Felddienstübung antreten ließ, ist man zur Annahme gezwungen, daß die Verräter ent­weder im Ministerium des Herrn Göring oder in der oberen Beamtenschaft der Geheimen Staatspolizei zu suchen sind. Andere Stellen waren in den Plan nicht eingeweiht. Tat­Sache ist jedenfalls, daß die Aktion in allen ihren Einzel­heiten bereits in den frühesten Morgenstunden den maß­gebenden Personen, gegen die sie sich richten sollte, bekannt war und eine Ueberraschung somit nicht gebracht hat.

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Die Aktion in Berlin wurde übrigens durch Herrn Göring höchstselbst geleitet, der zur Feier des Tages und zum ersten Male seine sich selbst verliehene Uniform eines Polizei­offiziers mit Generalabzeichen spazieren führte.