Henderson bei Deutschlands   Henker

Tragischer Zwiespalt um den internationalen Sozialistenführer

Der frühere britische Außenminister und jetzige Präsident der Abrüffungskonferenz Arthur Hen­ derson   ist führendes Mitglied der Sozialistischen Internationale. Es hat einiges Aufsehen erregt, daß Henderson in den Tagen, in denen auf Hitlers   Befehl barbarische blutige Unterdrückungsmaßnahmen gegen die deutschen   Sozialdemokraten vorgenommen wurden, diesem Hifler eiren Besuch abstattete. Es war allerdings ein Besuch, der dem Flottmachen der festgefahrenen Abrüstungskonferenz galt. Die vom Sekretariat der Sozialistischen Arbeiter- Interationale herausgegebene Internationale Infor­mation schreibt uns zu dem Besuche Hendersons in München  :

Die Arbeiter in allen Ländern, die die Gefühle der britischen Arbeiter gegenüber den Hitler  - Banditen teilen, wurden durch die Nachricht, daß Artur Henderson   am 20. b. M. nach München   gekommen ist, um Adolf Hitler  d. zu besuchen, in tiefste Bestürzung versetzt.

Wir wissen, daß Henderson   nicht als Sekretär der Labour Party  , sondern als Präsident der Ab. rüstungskonferenz seine Reise unternommen hat. Wir wissen, daß ihm in dieser Funktion nicht grausen darf vor dem Umgang mit Ranaillen aller Art und daß er in diesem Pflichtbewußtsein zu Mussolini   und schließlich sogar zu Hitler   gereist ist. Wir kennen die persönlichen Gefühle Artur Hendersons gegenüber den Diktaturen, wir wissen, mit welcher Energie er zur Zeit, als er Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiter- Internationale war, gegen die Berfolgung in Horthy  - Ungarn  , in Pilsudski  - Polen   und in anderen Ländern der Knechtschaft protestiert hat, wir er innern uns an die zahlreichen Rundgebungen gegen das Unterdrückungssystem Mussolinis und nicht zuletzt an seine eindrucksvolle Rede bei der Enthüllung des Denkmals Matteottis in Brüssel  . Wir wissen, daß er noch kurz vor dem Antritt seiner Rundreise durch eine namhafte persön liche Spende an den Matteotti- Fonds mit der ausdrück lichen Widmung für Deutschlands   Arbeiterklasse seinen Gefühlen für die Opfer des Hitlertums offenen Ausdruck gegeben hat. Wir wissen, das alles, was Henderson tut, aus kristallklarem Gewissen entspringt, daß er bei seiner Reife einzig und allein das Motiv hatte, der Sache des Friedens zu dienen aber obwohl wir dies alles wissen, bleibt die tiefe, schmerzliche Erschütterung nicht nur der unmittelbaren Opfer des deutschen   Faschismus, sondern aller, die sich mit ihnen solidarisch fühlen.

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Für uns ist es kein Trost, daß die Kommunisten als Beherrscher Sowjetrußlands noch Aergeres getan haben, daß sie sich über die Gefühle ihrer in den deutschen   Kerkern schmachtenden Genossen hinweggesetzt und mit dem Hitler. Regiment den Friedens- und Freundschaftsvertrag er neuert haben, daß sie im Interesse der Handelspolitik Sowjetrußlands ihre Anhänger in allen Ländern davon

Ein englisches Urtell

Die ,, Times" über Hitlers   Memoiren

Die deutsche   Preffe hat einen ungeheuren Lärm geschlagen, als ihr die freudige Nachricht zuging, die" Times" werde einige Stüde   aus Hitlers   Buch Mein Kampf  " abdrucken. Nachdem das Londoner   Blatt in vier Fortsetzungen Bei­spiele der Hitlerschen ungelenken Schreibkunst und primi­tiven Denkungsart gegeben hat, bespricht sie in einem Leit­artikel, der überschrieben ist Herrn Hitlers Verantwortlich­keit" diese Publikation. Das Londoner   Blatt stellt fest, daß englische Leser diesen 800 Seiten langen Band nicht lesen können. Vieles darin sei reiner Humbug. Viele Roheiten des Ausdrucks seien auf Englisch   nicht wiederzugeben und dazu seien viele von Hitlers   historischen Schlußfolgerungen außerordentlich schlecht verdaute Berallgemeinerungen pseudowissenschaftlicher Art".

Die vorher so außerordentlich begeisterten deutschen   Zei tungen werden vermutlich diese Kritik nicht wiedergeben, nachdem sie in die Welt auspofaunt haben, die Times" drucke Hitlers   Auslassungen aus purer Begeisterung für diesen großen Mann.

P

Scheldemann erklärt!

Die grundlose Verhaftung seiner Verwandten Philipp Scheidemann   schreibt dem Vorstand der So­Bialdemokratischen Partei Deutschlands   in Prag  :

Am 15. Juli wurde von Berlin   aus offiziell mitgeteilt, baß auf Veranlassung des Geheimen Staatspolizeiamtes in Preußen fünf meiner Verwandten verhaftet und in ein Konzentrationslager überge­führt wurden. Als Grund der Festnahme wurde ein Ar­tikel angeführt, den ich für die Neuyork Times" ge= schrieben haben sollte. Schon lange vorher hatte ich, durch Telegramme aufmerksam gemacht, festgestellt, daß ich für die Neuyork Times" einen Artikel überhaupt niemals

geschrieben habe und daß ein als für mich besonders belastend zitierter Saz   genau das Gegenteil von dem sagte, was ich in einem Artikel für ein schweizerisches Blatt tatsächlich geschrieben hatte. Es konnte sich demnach nur um die ohne mein Zutun erfolgte Uebernahme meines Artikels durch die Neuyork Times" handeln und um eine entweder böswillig gefälschte oder tatsächlich irrtüm­liche Uebersetzung des mir so schwer angekreideten Sazes. Diesen Tatbestand habe ich am 17. Juli der Geheimen Staatspolizei in Berlin   mitgeteilt und die Entlassung der Geiseln beantragt. Auf jeden Fall bat ich um Angabe der Namen und des Aufenthaltes der Festgenommenen, damit ich ihnen sofort schreiben könne. Noch bevor ich auf diesen Brief eine Antwort erhalten habe, ist mir am 25. Juli durch einen europäischen   Vertreter der Neuvork Times" mitge­teilt worden, sein Chefredakteur habe ihm aus Newyork gefa belt,

er möge mir das aufrichtige Bedauern der Redaktion für alle Ungelegenheiten aussprechen, die mir dadurch ent:

abhalten, sich an der Baykottbewegung gegen Hitler Deutschland zu beteiligen.

Alle Mächte der Welt sind gezwungen, es in den Kauf zu nehmen, daß Hitler heute Deutschland   repräsentiert. zu nehmen, daß Hitler heute Deutschland   repräsentiert. Hitler   zeichnet den Viermächtepakt neben Frankreich   und England, Hitler   schließt das Konkordat mit dem Papst, Hitler   erneuert den Friedens- und Freundschaftsvertrag mit Sowjetrußland, die Gesandten aller Länder der Erde sind in Berlin   und verkehren nach allen Regeln der Diplo matie mit Hitler  , trotz allem Haß und aller Berachtung, die das Schandregime der Barbarei allen zivilisierten Menschen einflößt.

Das, was die Kommunisten im Interesse der Handels­politik Sowjetrußlands tun, das glaubt Henderson im Interesse des Gelingens der Abrüstung tun zu müssen. Er sieht nur die eine große Aufgabe, die ihm heute als Präfi­bent der Abrüstungskonferenz auferlegt ist, er sieht nicht den Widerspruch, in den er gerät zu den elementarsten Ge­fühlen der Arbeiter aller Länder.

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Wir haben einen ähnlichen Fall vor fünf Jahren erlebt, als der seither verstorbene Albert Thomas   als Direktor des Internationalen Arbeitsamtes nach Rom   zu Mussolini  reiste und an dem Kongreß der faschistischen Gewerk­schaftsverfälscher teilnahm. Damals wurden die Aus­schaftsverfälscher teilnahm. Damals wurden die Aus­einandersetzungen abgeschloffen mit folgender Resolution, die das Büro der Sozialistischen Arbeiter- Internationale in seiner Sizung am 4. Juni 1928 in Brüssel   unter dem Vorsitz Artur Hendersons beschloß:

Das Büro stellt mit Bedauern fest, daß der Sozialist Albert Thomas   dadurch, daß er anläßlich seiner Reise nach Italien   die Einladung, auf dem Kongreß der faschistischen Gewerkschaften zu erscheinen und vor diesem zu sprechen, angenommen hat, zu tendenziösen Entstellungen, die er voraussehen konnte und mußte, Anlaß gegeben hat und daß seine Anwesenheit tiefe und berechtigte Miß­stimmung nicht nur bei den italienischen Sozialisten, den Opfern der faschistischen Diktatur, sondern in der inter­nationalen Arbeiterklasse hervorgerufen hat. Das Büro ist der Ansicht, daß der in der Presse durch den internationalen Sekretär Friedrich Adler   erhobene Protest durch die Um­stände vollkommen gerechtfertigt ist.

Damit ist die ganze Angelegenheit restlos aufgeklärt, so­weit ich in Betracht komme.

Außer Scheidemanns völlig unbeteiligten Verwandten, die als Strafe" für den angeblichen Artikel in Wahrheit für den Uebersetzungsfehler ins Konzentrationslager gesteckt worden sind, wurden auch noch mehrere Bekannte Scheide­manns verhaftet. Werden sie jest freigelaffen werden?

Eine Freveltat

Und doch freigesprochen

Das Kölner   Naziblatt berichtet eine schreckliche Geschichte: Vor Gericht stand ein 38jähriger Ingenieur, der ausgerech­& eichen angetan, den jüdischen Mezgerladen von Katz- Rosenthal in der Gürzenichstraße betreten hatte, ohne

überhaupt Mitglied der Partei zu sein.

Der Fall ist sicherlich nicht ganz identisch. Der Fall Thomas war weit schlimmer, weil sein Auftreten in Rom  für ihre Zwecke ausgenügt werden konnte, während wir von den Feinden des Prinzips der Gewerkschaftsfreiheit alle ausnahmslos überzeugt sind, daß Henderson seinen Besuch in München   einzig und allein gemacht hat, um der Sache der Abrüstung und des Friedens, die unser aller Sache ist, zu dienen. Der Fall Thomas war weniger schlimm, weil er sich damals vollständig als Diktator des ziehungen zur sozialistischen   Bewegung auf die Aufrecht­Internationalen Arbeitsamtes fühlte und seine Bes erhaltung der Parteimitgliedschaft beschränkt war. Hender­son ist zwar zum Präsidenten der Abrüstungskonferenz in einer Zeit gewählt worden, als er als Minister von seiner Stelle als Sekretär der Labour Party   beurlaubt war, und

die Beurlaubung wurde, als er tatsächlich als Präsident der Abrüstungskonferenz zu fungieren begann, wieder die ganze Welt der verantwortliche Führer der britischen erneuert, aber er bleibt trotz dieser formalen Entlastung für Arbeiterpartei. Und wenn, als Albert Thomas Mussolini begrüßte, immerhin vier Jahre seit der Ermordnung Matteottis verflossen waren, so waren es keine vierzehn Tage, seit man den bis zur Unkenntlichkeit verstümmelten Leichnam Johannes Stellings in einen Sack vernäht aus dem Wasser zog als Artur Hederson mit dem für diese Untat Verantwortlichen zusammentraf.

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In diesem Deutschland   des Grauens, wo die Barbaref Anverwandte als Geiseln auszuheben, in diesem Deutsch­auf die Spize getrieben wird durch das System, schuldlose land, das durchbebt ist von den blutigen Schauern des Terrors, von den sinnlosen Massenschlächtereien, wie sie Braunschweig   stattfanden, in diesem Deutschland   gibt es unmittelbar vor Hendersons Eintreffen in Köpenick   und für Vertreter der Arbeiterklasse keine Hoffnung auf die Möglichkeit der Bekehrung Hitlers  , sondern ist einzig wahr, was das Manifest des Vereinigten Nationalrates der britischen Arbeiterbewegung fagt:" Diese aller Gefühls. kämpft werden. regungen bare Tyrannei muß mit andern Waffen be

Niemand zweifelt an Hendersons gutem Glauben, nie­mand darf seine Motive, der Abrüstung und dem Frieden Arbeiterbewegung Großbritanniens   und der ganzen Welt zu dienen, in Frage stellen. Aber jeder, der weiß, was die dem Lebenswerk Artur Hendersons verdankt, wird es auf das schmerzlichste empfinden, daß er nun in den tragischen Konflikt gerät, sich mit den unmittelbarsten Gefühlen, die heute die antifaschistische Welt erfüllen, in Widerspruch zu setzen. A 510

Beobachter". Da in den letzten Tagen an der Technischen Hochschule mehrfach Exemplare der kommunistischen Roten Fahne" verteilt wurden, hat der Rektor der Tech­nischen Hochschule angeordnet, eine Durchsuchungsaktion durchzuführen. Er beauftragte den Führer der Studenten­schaft mit dieser Untersuchung. Die Studentenschaft führte diese Aktion mit Hilfe des nationalsozialistischen Studenten­bundes und des Stahlhelm- Studentenrings durch. Unifor­mierte Studenten wurden planmäßig über die Schule ver­teilt und auf ein Signal hin ertönten überall Kommandos. Dann wurden die Studenten einzeln untersucht auf ihre Ausweise und auf das Mitführen von etwaigen staatsfeind­lichen Schriften. Es wurden zunächst 12 Studenten festge­nommen. Einige konnten aber wieder entlassen werden, da die Angelegenheit sich klärte. Zwei Studenten wurden der Polizei übergeben.

Ob sich niemand unter Hochschullehrern und Studenten dieser Jagd auf Kommilitonen schämt?

beweisen, daß er das Geschäft des Juden in seiner Der Angeklagte konnte aber durch Unterlagen dem Gericht beruflichen Eigenschaft als Vertreter und im Auftrage seines Wertes als Kundschaftsbesuch be- Konzentrationslager

treten und deswegen noch nicht Mitglied der Partei geworden hatte. Er entschuldigte sich damit, daß er fälschlich angenommen habe, mit der Anmeldung auch schon Mitglied geworden zu fein.

war, weil er seine Aufnahmegebühr nicht entrichtet

Nach Anregung des Verteidigers verstand sich der Staats­anwalt und das Gericht zu einer Einstellung des Verfahrens nach§ 153, wegen Geringfügigkeit, weil selbst die Kreis­leitung an einer weiteren Strafverfolgung kein Interesse mehr hatte.

Aber als eine bodenlose Leichtfertigkeit, wenn wir uns nicht schärfer ausdrücken wollen, muß es doch bezeichnet werden, daß ein gebildeter Mensch einen Judenladen mit dem Partei­abzeichen betritt, obschon er auch wissen mußte, daß er nicht einmal Mitglied der Partei war, sagt das Naziblatt. Wir müssen auch sagen: Es passieren furchtbare, Mißver­ständnisse im Dritten Reich  .

Deutsche   Rechtsprechung Dafür gibt es lange Gefängnisstrafen

Das Sondergericht Berlin   verurteilte den 28jährigen Kaufmann Herbert Brauner wegen unberechtigten Tra­gens des Abzeichens der NSDAP  . zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten. Der Angeklagte, der als Reisender ein Buch vertrieb, gab sich auf seiner Tour als Mitglied der NSDAP  . aus, um besseren Absatz zu finden.- 3u dret Monaten Gefängnis wurde der 28jährige Kaufmann Lud­wig Sein well aus Hamburg   verurteilt. Der Angeklagte hatte auf dem Rückwege von Berlin   auf der Landstraße eine Autopanne. Zwei anderen Automobilisten, die ihm bei Ve hebung des Schadens behilflich waren, erzählte er im Laufe des Gesprächs, in Berlin   sei einem Juden der Bart ausge­rissen worden.

ſtanden feien, daß ein ſonft abfolut zuverlässiger Mann Student oder Polizeihund?

der Neuyork Times" leider falsch übersetzt habe." Es sei richtig, daß in meinem Originalartikel der Schluß­fab gelautet habe: Daß dabei nicht an blutigen Krieg ge= dacht wird, ist selbstverständlich."

Das ist hier die Frage

Ueber eine Durchsuchung aller Studenten der Tech nischen Hochschule Berlin   berichtet der Völkische

für Sittlichkeitsverbrecher Und Röhm? Und Heines?

on­

Die Hamburger Polizeibehörde hat angeordnet, daß alle rechtskräftig verurteilten gemeingefährlichen Sittlichkeitsverbrecher bei ihrer Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft zu nehmen sind in ein aentrationslager zu überführen sind. Die Schuzhaft können sie vermeiden, wenn sie nach Anhörung beamteter ärztlicher Sachverständiger in der Strafhaft oder unmittel­bar danach in einer staatlichen Krankenanstalt sich freiwillig einer Kastration unterziehen.

Und wann werden Röhm und Heines kastriert?

Krieg ist das Losungswort

Revolution nach außen

Fememörder Heines, wie er sich selbst nennt, hielt in Bress Ian, wo er jegt Polizeipräsident ist, eine Rede, in der er betonte, er sei seit 1914 Soldat. Die Revolution nach innen sei jetzt abgeschlossen, jegt müsse die Revolution nach außen organisiert werden gegen alle die, welche Deutschland   als Nation zweiten Ranges behandeln wollen.

Die Times" kommentiert diese Rede wie folgt: Seine Rede enthüllt deutlich die Philosophie der Leute, welche die Nazibewegung aufgebaut haben: der Krieg ist nicht verloren worden, er ist noch nicht vorüber und die innere Revolution" Vorbereitung für die Revolution nach außen", die Abrech der letzten Zeit ist lediglich die unentbehrliche Klärung und nung mit dem äußeren Feind."

Billige Arbeitskräfte

Zweihunderttausend unbezahlte Landarbeiter

Die Münchener Neuesten Nachrichten" teilen mit, daß die Zahl der für Großagrarier kostenlos vermittelten Arbeits­dienstfreiwilligen, die bereits 120 000 erreicht hat, demnächst 200 000 überschreiten soll.