Nach 17 Jahren...

[ Spaten

d

Um die Lorettohöhe graben sie Tag und Nacht.mise Kriegstote werden gesammelt und sorgsam in Gräber gebracht. Un tausend Arbeiter schuften, ein schaufelndes Heer; Aber der Toten sind vierhunderttausend und mehr. Früh stehn die Arbeiter auf und gehn mit geschultertem Die braunen Feldwege hin neben zartgrünen Wintersaaten. Sie niden dem Bauern zu, des Pflugschar die Scholle bricht, Auftauend die Erde dem Frost und letztem herbstlichem Licht. Aber dann stehn sie auf Feldern, die gliedert kein Furchenzug. Löcher riß auf und Hügel warf hoch ein andrer Pflug. Der Stich des Spaten zerschneidet fein feimendes Korn. Gasig schwelt es herauf, Stelett an Stelett liegt verworr'n: Bierhunderttausend, und liegen seit Sechzehn hier, Wangen und Augen und Herzen zerfraß Getter; Durch der Monturen Gemürb, durch der Rippen Gitter­[ gequer

Bielen die schimmernden Knöpfe nach innen und schimmern

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[ nicht mehr.

Aber die Arbeiter graben und neulich fanden sie acht, Mitsammen geschlagen vom Tode im ausbetonierten Schacht, Noch jeder die Handgranate in seiner vermoderten Hand, Noch jeder die knöchernen Finger um Stiel und Abzug [ gespannt.

So traf fie der Tod, so findet der Mann sie noch, Der hinab zu ihnen ins Grauen des Bunkers froch. Acht Handgranaten warten noch immer auf Funken und Blut, Aus sechzehn Augenhöhlen starrt dunkel die alte Wut. Sie starben vor siebzehn Jahren und wissen es nicht, Daß siebzehnmal wechselten Saat und Ernte und tausend­

[ mal Nacht und Licht,

Daß der Mann hier im Bunker schuftet um Tageslohn Und nicht mehr um Leben und Sieg der Nation. Und wie er dem ersten entzieht die Granate mit sanftestem [ Druck, Tut doch der beinerne Finger des Toten am Abzug den [ winzigen Rud,

Bündet der Funke im Pulver! Tobt hoch der Tod... und Springt... I

[ schlingt...

Speit acht weiße Gerippe fohlend auf in die Luft, Wühlt des Lebendigen blutenden Leib in die Gruft Wirft den Vierhunderttausend den einen, Letzten noch zu, Geht zwischen Moder und Mord gesättigt zur Ruh.

Um die Lorettohöhe graben sie Tag und Nacht.

Aber sie haben einem ein eigenes Grab gemacht:

Zum Gedenken dem Tod, der noch immer im Graben faß, Zum Gedenken dem Krieg, der einen noch fand und fraß Nach fiebzehn Jahren.

Gerhart Hermann Most a r.

Torglers Verteidiger

Ein gehemmter Mann

Es ist einem der führenden Mitglieder der Labour Party , Sir Stafford Cripps , gelungen, den Berliner Rechtsanwalt Dr. Ehlers zur Uebernahme der Vertet­bigung Zorgler's zu bestimmen. Es wird aus diesem Erfolg in der englischen Presse sehr viel Wesens gemacht. Wie uns scheint, wird dabet des Guten zuviel getan.

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Dr. Ehlers, der wenigstens als Strafverteidiger faum be­fannt ist, gehörte früher dem Auswärtigen Amt an, und er stand politisch etwa auf dem Boden der Deutschen Volks­partei. Er hat jetzt wir folgen den Mitteilungen der eng­lischen Preffe die Verteidigung erst übernommen, nach­dem er sich der Zustimmung Hitlers und des preußischen Justisministers versichert hatte. Daß er, wie die Dinge liegen, wesentliches zur Feststellung der Wahrheit beitragen wird und beitragen kann, darf be­aweifelt werden.

Das große Schweigen. Die Stimmung in den Betrieben

Ein in einem Berliner Großbetrieb beschäftig ter Arbeiter schreibt uns:

Die fortgesetzten Preissteigerungen für die wichtigsten Lebensmittel, haben unter den Arbeitern eine sehr unzu­friedene Stimmung hervorgerufen, die ganz allgemein ist. Trozdem wagt niemand im Betriebe diese Unzufriedenheit zu äußern, weil die Nazis durch ihr Spizelsystem und ihren Terror den Zustand herbeigeführt haben, daß einer dem anderen nicht mehr traut. Besonders schlimm ist das nach ber Schwenkung Hitlers zum Kapitalismus geworden. Vor­her haben die Vertreter der NSBO. noch im Betriebe eine Lippe riskiert und radikale Reden vom Weitertreiben der Revolution und der Inbesißnahme der Betriebe durch die Arbeiter gehalten. Da war es leichter möglich, sich in die Diskussion einzumischen und aufklärend zu wirken. Jezt aber haben die Mitglieder der NSBO., so weit sie ihre früheren radikalen Reden überhaupt ernst gemeint haben, mehr Angst vor Denunziationen, als alle anderen und sagen

überhaupt nichts mehr. Da jeder, der nur zweimal mit einem Arbeitskollegen spricht, sich verdächtig macht, spricht teiner im Betrieb mit dem nächsten und man hat den Eindruck, daß alle Arbeiter stumm geworden sind. Hinter diesem düsteren Schweigen aber versteckt sich die Unzufriedenheit.

Der Marxismus lebt

Nach einem Bericht der christlich- sozialen Reichspost" in Wien , führte der stellvertretende Berliner nationalsozia listische Betriebsorganisations- Leiter Spangenberg auf einer Tagung der Nazi- Betriebsfunktionäre unter anderem aus: " In den nächsten Wochen und Monaten haben wir mit schweren Kämpfen zu rechnen. Der Marxismus hat die ersten Schläge überwunden und versteht es, seine Position wieder auszubauen. Der Marrismus versucht, in den Betrieben durch Aufstellen von Forderungen die Arbeitermassen auf­zuheben. Deshalb muß die NSBO. den marxistischen Hezern das Handwerk legen. Wenn die Butter und die Mar­

Herr Ministerpräsident, bitte!".

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Wie der Abgeordnete Stelling zu Tode geprügelt wurde) 219

Vor fünf Wochen sind in dem Berliner Vorort Köpenick grausamste Mißhandlungen durch die SA. begangen worden, bei denen der Gewerkschaftsangestellte Schmaus, der Reichstagsabgeordnete Stelling , der Reichsbanner­führer van Essen und noch weitere etwa 12 Personen ermordet wurden. Der Neue Vorwärts" in Karlsbad vers öffentlicht jetzt eine erschütternde Schilderung eines Ars beiters, deffen Körper ebenfalls noch heute sichtbare Spuren der damals erlittenen grausamen Mißhandlungen trägt: Gegen 2 oder 2.30 Uhr nachts wurde aus dem Keller der alte Gewerkschaftssekretär Schmaus und ein zweiter Mann gebracht, der so zerschlagen war, daß ich ihn nicht erkennen fonnte. Der Mund war ihm eingerissen, die Haare waren ihm abgeschoren, im Kopf befanden sich mehrere blutende Löcher. Das ganze Gesicht war blan verschwollen. Der Truppführer trat nun vor, hielt eine Ansprache für die toten SA.- Leute und erklärte: Herr Ministerpräsident Stelling, bitte!", darauf erhob sich neben mir der Mann, den ich wegen seiner schweren Verlegungen nicht wieder erkennen konnte. Es war der Genosse Johannes Stelling . Der Unglücks liche, der sich kaum noch bewegen konnte, wurde aufgefordert, die Hosen herunterzulassen. Dann wurde er über den Tisch gelegt und mit einer anderthalb Meter langen und zwei bis drei Zentimeter breiten Latte geschlagen. Weitere Schläge wurden mit Schleppfäbel, Rohrstöden und dünnen Baums äften auf Oberschenkel, Gesäß und Rüden geführt. Während

Stellings Schmerzensschreie in ein Wimmern übergingen, wurde er mit denselben Werkzeugen über den Kopf gehauen.

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Dann verlor er das Bewußtsein. Vier Mann faßten ihn an und warfen ihn in den Garten. Ich habe Stelling nicht mehr zu sehen bekommen.

Darauf wurde der alte Schmaus vorgeführt. Er wurde genau wie Stelling geschlagen, allerdings nicht über ben Kopf, dann wurde er wieder hingesetzt.

Später wurde das 19jährige Mädchen herans geschleppt. Mit den Worten:" Du margistische Hure, Du Sau!" Ihr wurden die Kleider vom Leibe gerissen, daß sie nur Schuhe und Strümpfe an hatte. Dann wurde sie erst über Rücken und Gesäß, darauf umgedreht und mit Rohrs stöcken über Leib und Brüste geschlagen. Nun wurde sie aufs gesetzt und bis zum Zusammenbrechen über den Kopf ges schlagen, wonach man sie hinaustrug.

Nach einer Schilderung der eigenen Mißhandlungen heißt es: Inzwischen kam meine Frau, die vor Schrecken über mein Aussehen in Schreien ausbrach. Dafür wurde meine Frau selber geschlagen. Sie brach zusammen. Bei den Schlägereien, die unter Leitung des Sturmbannführers Geride aus Köpenick stattfanden, war ich Augenzeuge, wie zwei Jnhaftierten die Beine auseinandergerissen und sie auf die Geschlechtsteile geschlagen wurden.

Der Zeuge nennt außerdem den Sturmtruppführer Ploenzke, Uhlenhorst, Eichenallee 17, als den Leiter dieser grausamen, mit dem Tode von Johannes Stelling , van

Essen und vielen anderen Sozialdemokraten endenden Miß­handlungen.

Und Sie nennen uns Wilde?

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Jewish Daily( New York ).

,, Deutschfie Freiheit"

NSBO. zu bilden. Auch Forderungen in den Betrieben sollen aufgestellt werden. Es ist nicht die Aufgabe der Die NSBO., Lohnforderungen aufzustellen, sondern sie hat für die Idee zu kämpfen. Die Kommunisten warten nur auf den Moment, wo sie uns die Faust ins Gesicht sehen können. Viele, die heute so national tun, werden uns in diesem Moment entgegentreten und sagen: Auf diesen Mo ment habe ich gewartet, du Aas!", aber wir dür­sen diesen Moment nicht kommen lassen.

Stolz weht die Flagge"

Schwarzweißrote Fahnen beinahe ein Staatsver­brechen

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muß man regelmäßig fesen Abonnieren Sie sofort!

Besteffschein:

Ich ersuche um regelmäßige Zusendung der ,, Deutsche Freiheit"

Der Kreisleiter der NSDAP. in Stuttgart , Maier, droht in einer Anordnung denen, welche schwarz- weißrote Fahnen wehen lassen. Nachdem er festgestellt hat, daß in vielen Straßenzügen Stuttgarts die alte Reichsflagge schwarz­wiegt, daß der Eindruck politischer Rückständigkeit entstehen weißrot gegenüber der Hakenkreuzfahne in einem Maße über. Genaue Adresse: kann, erklärt er, alle Nazis und alle Mitglieder der Neben­organisationen seien verpflichtet, die Geschäftsleute nach­drücklichst zur Aenderung ihrer politischen Haltung zu ver­anlassen." Er schließt mit der Bemerkung über die kombi­nierte schwarzweißrote hakenkreuzverzierte Fahne: So, wie es uns gelungen ist. die umgestaltete Kombinationsfahne in furzer Zeit nahezu auszurotten, müssen wir der Hakenkreuz­fahne den ihr gebührenden Platz verschaffen."

Barine teurer werben, darf man nicht get Hakenkreuzfahne eingezogen!

Schimpfen. Disziplin ist die erste Aufgabe. Auch in der nächsten Zeit werden wir noch auf einiges verzichten müssen, was wir gern durchführen möchten."

Nach ihm erklärte der Leiter der Berliner NSBO., Engel: Ich habe hier ein Rundschreiben der KPD. - Leitung Neu­tölln, in dem sie ihre Mitglieder auffordert, Zellen in der

Unterschrift:

Das deutsche Schiff Frigga" lief mit der Hakenkreuzfahne Die einzige unabhängige

im Amsterdamer Hafen ein, worauf die für die Löschung die­

ses Schiffes vermittelten Arbeiter sofort in den Streif

traten. Der Kapitän beeilte sich darauf, die Hakenkreuzfahne Tageszeitung Deutschlands

einzuziehen.