Dr. Richard Kern

Das planwirtschaftliche

Experiment Nordamerikas

Die Unmöglichkeit der kapitalistischen Versuche zur Lösung der Weltkrise

100 mo

Riesenbankrott

Die größte Weltkonferenz aller Zeiten hat den größten Bankrott aller Zeiten erlebt

das ist das Wort, das man der Londoner Wirtschaftskonferenz nachrufen muß. Und dieser Zusammenbruch ist von historischer Bedeutung. Stellte sie doch den Versuch der Regierungen dar, die kapitalistische Krise, die durch ihre eigene Politik immer aufs neue ver­schärft und verlängert worden war, mit kapitalistischen und bürgerlichen Mitteln zu lösen. Ihr völliges Scheitern ver­schärft die Krise aufs neue und beweist zugleich die völlige Unmöglichkeit der bürgerlichen Lösungsversuche.

Das Paradore, Widerspruchsvolle der Situation bestand von allem Anfang an darin, daß die Aufgabe vom bürger­lichen Standpunkte aus klar und eindeutig gegeben war: Herstellung des Vertrauens, des politischen Vertrauens zu nächst durch Sicherung des Friedens.

Aber die resultatlose Vertagung der Genfer Abrüstungs: Konferenz beweist das Utopische der Friedensbemühungen in einer Zeit, da die Diktaturen durch Uebersteigerung des Nationalismus und durch Aechtung des Pazifismus nene Kriegsgefahr hervorgerufen haben und die Lehre: Jedes Bolk ist des anderen Volkes Feind! in die Gehirne ihrer Jugend hämmern.

Die politische Spannung, die Furcht vor neuem Krieg war nie größer als zur Zeit, da die Londoner Konferenz begann. Die Sachverständigen in Genf hatten das wirtschaftliche

Programm und die Lösung weitgehend vorbereitet. Sunächst

endgültige Erledigung der politischen Schulden. durch die die Krise ohnehin bereits den Strich gemacht hatte. Aber die amerikanischen Steuerzahler, die selbst von der Strife so schwer getroffen sind, verhinderten den Präsidenten der Vereinigten Staaten , auch nur die Diskussion der Schul­denzahlungen Englands, Frankreichs , Italiens , Belgiens und der kleinen Staaten zuzulassen, obwohl diese durch die Streichung der ihnen zufallenden deutschen Reparations­zahlungen bereits eine fertige Tatsache geschaffen hatte. In einem politisch und wirtschaftlich gleich wichtigen Punkte war die Konferenz schon vor ihrem Zusammentreten lahmgelegt.

Englands

Währungspolitik

Entscheidend für ihr Schicksal wurde aber das Verhalten Amerikas zu dem anderen Problem, von dessen Lösung nun in der Tat alle anderen Versuche abhingen, der Krise Herr zu werden, zu dem Problem der Währungsfrage. England war im September 1981 im Verlauf der ungeheuren Erschütterung, die den ganzen Geld- und Kreditverkehr der kapitalistischen Welt ins Stocken zu bringen drohte, durch die panifartige Zurückziehung der kurzfristigen Guthaben zum Verlassen der Goldwährung gezwungen gewesen. Es hatte dann zwar eine dreißigprozentige Entwertung des Gold­pfundes hinnehmen müssen, aber versucht, eine Preissteige­rung zu verhindern. Dies gelang in hohem Maß, da infolge der Krise die Preise der wichtigsten Rohstoffe weiter sanken. Im Innern wurde durch weitgehende Sparmaßnahmen, die

der Goldwährung war in keiner Weise durch ökonomische Gründe erzwungen, sondern ein politischer Entschluß. Wie in Deutschland , so hat auch in Amerika die Krise zu einer Rebellion der Mittelschichten gegen den Kapitalismus geführt. Stürmisch verlangten vor allem die überschuldeten Farmer, die im Westen und Mittelwesten genau so wie in Schleswig­ Holstein gewaltsam die Versteigerungen zu verhindern be­gannen, Schuldenherabsetzung und vor allem Preissteigerung. In dem Gebiet der großen agrarischen Ueberschüsse sind aber die protektionistischen Maßnahmen, Zölle, Kontingente, Ein­suhrverbote, wirkungslos und die Stüßungsversuche endeten mit folossalen Verlusten der Staatskaffe.

So blieb als einziges Mittel die Preissteigerung durch Geldentwertung, die Inflation.

Mit dem Interesse der Farmer verbündeten sich die Inter­essen der Regierung, die einem 4- Milliardendefizit gegenüber­steht, dessen wenigstens teilweise Deckung durch direkte oder indirekte Inanspruchnahme der Notenpresse den politisch be­quemsten Weg darstellt.

Die widerstrebenden Interessen der großen Banken und eines Teils der Industrie wurde um so leichter überrannt, als in dem Lande ohne selbständige politische Arbeiterbewe­gung und ohne staatliche Sozialpolitik die mittelständlerische Rebellion fich viel ausschließlicher gegen die bisherige groß­kapitalistische Alleinherrschaft richtete als etwa in Deutschland .

Planwirtschaft

Ausgesprochenes Ziel der amerikanischen Politik war im krise als Preissturz erscheint, so wollen wir hohe Preise her­Gegensatz zu England Preissteigerung. Da die Wirtschafts­frise als Preisstura erscheint, so wollen wir hohe Preise her­Preise in Wirklichkeit durch bloße Aenderung des Preismaß­stellen und die Prosperität ist sicher da. Daß diese hohen" sachen der Krise gar nicht berühren können, bleibt dabei auch stabes herbeigeführt sind und die viel tiefer liegenden Ur­den Befürwortern der Inflation nicht ganz verborgen.

Daher die Ergänzung des Inflationsprogramms durch ein planwirtschaftliches Experiment allergrößten Umfanges. In dem Lande des ausgeprägtesten Manchesterliberalis mus, in dem die Trustgesetzgebung allerdings mit geringem, Erfolg die Freiheit der Konkurrenz gegen die kapitalistischen Monopoltendenzen zu schützen trachtete, in denen das be­scheidenste soziale Versicherungsgeseß als verwerflicher So­zialismus, als Frevel gegen das heilige Gebot der Selbstver antwortung galt, in dem das Dogma der Nichteinmischung des Staates in die Wirtschaft unerschütterlich schien, erhält der Präsident vom Parlament, das bis dahin am eifersüchtig­sten von allen seine Rechte gegenüber der Exekution wahrge­

ihre Wirkung ausgeübt. Eine fessellose Spekulation ist ent­standen, die die Preise der Rohstoffe und die Aktienkurse weit über die Dollarentwertung hinaus in die Höhe getrieben hat, gestützt durch die Flucht in die Sachwerte und begleitet von einer zunehmenden Kapitalflucht.

Diese spekulative Preissteigerung hat aber bereits in ihren Anfängen die Londoner Konferenz gesprengt. So lange der Dollar unbekannten Schwankungen ausgesetzt ist, ist nicht nur der internationale Kreditverkehr mit dem wichtigsten Gläu bigerland unterbrochen, es ist überhaupt jede sichere Beur­teilung der Konkurrenzverhältnisse auf dem Weltmarkte un­möglich.

Die Gefahr des Valutadumpings erhebt sich, obwohl vers mindert durch die spezifische Form der amerikanischen Ins flation mit ihrer Tendenz, die Preise noch über die Dollars entwertung hinaus zu erhöhen. Daher das Verlangen aller Länder an die Vereinigten Staaten nach einer Stabilisies rung des Dollars, wenigstens einer vorläufigen, während der Dauer der Konferenz.

Aber die bloße Erwägung einer Stabilisierung bewirkte so­fort einen starken Rückgang der Preise und Aktienkurse. Roosevelt , der nach seinen eigenen Worten ursprünglich in der Stabilisierung der Währungen eine Hauptaufgabe der Kon ferenz erblickt hatte, konnte politisch diesen Standpunkt nicht mehr festhalten. In schroffster Form lehnte er jede Stabili sierung ab. Die Engländer, schon durch ihre Dominions auf das engste mit dem amerikanischen Wirtschaftsleben verbun den, konnten angesichts dieses Verhaltens sich auf eine Bin­bung ihrer Währungspolitik nicht einlassen. Statt mit der Stabilisierung, mit einer Festigung des internationalen Kre­dit, Geld- und Preismechanismus, endet die Konferenz mit neuer Unsicherheit und den Gefahren neuer schwerer Erschüt= terungen.

Denn die Ablehnung der Neuordnung der Währungen be deutete zugleich das Scheitern eines dritten entscheidenden Problems der Konferenz, der

Berständigung über die Handelspolitik.

über die Einschränkung der Handelshemmungen und der Autarkietendenzen. Die Schutzzollinteressenten beriefen sich auf die Gefahren des neuen Valutadumpings und die Be­ratungen gegen die fortschreitende Zerschlagung der Welt­wirtschaft tamen gar nicht erst in Gang. Aber auch die Be­strebungen, über die Anpassung der Produktion der wichtigsten Rohstoffe an den Bedarf zu Vereinbarungen zu kommen, litten unter der verstärkten Unsicherheit und haben nur zu i unverbindlichen Empfehlungen geführt.

nommen hatte, Ermächtigungsgesetze, die ihn zum unum Ausweglos

schränktn Wirtschaftsdiktator erheben. Es ist in einer ganz furzen Zeitspanne eine völlige Revolution der bisher herr­schenden Ideologie durch die Veränderung der ökonomischen Verhältnisse einer der eklatantesten Beweise der Nichtig keit der margistischen Geschichtsauffassung.

auch die Sozialausgaben empfindlich verringerten, das Löhne und Preise

Budget ins Gleichgewicht gebracht, während die Bank von England eine einschränkende Kreditpolitik betrieb und so ihrerseits jede inflatorische Wirkung zu hemmen trachtete. Zugleich ging England in Ottawa zur Schutzzollpolitik über und schränkte die Einfuhr in sein Weltreich zugunsten der eigenen Industrien und der Agrarproduktion seiner Kolos nien ein.

Als Wirkung blieb im wesentlichen, daß die englischen Lohn kosten auf dem Weltmarkt um 30 Prozent verringert waren, während im Innern die Schuldenlasten der Produktion sich ebenfalls verringerten. Dies alles bewirkte eine gewisse Milderung der englischen Krise, natürlich auf Kosten der mit England konkurrierenden Länder, soweit sie am Goldstan bard festhielten. Auf der anderen Seite erfuhren die eng­lischen Auslandsanlagen, besonders die festverzinslichen, eine der Geldentwertung entsprechende Wertminderung und die City verlor zunächst die Stellung als internationaler Banfier. Die Engländer blieben sich dabei der Gefahren der Inflation durchaus bewußt und schon vor Eröffnung der Konferenz hatte sich eine Politik der tatsächlichen Stabilisierung des Pfundes mit Hilfe eines großen Stüßungsfonds durchgesetzt.

Die amerikanische

Währungspolitik

Im schroffsten Gegensatz zur englischen stand von Anfang an die amerikanische Währungspolitik. Amerikas Preisgabe

Katastrophal zurück'

Der Export der deutschen Linoleumindustrie

Nach der Baseler National- Zeitung" ergibt die Entwick­lung der deutschen Linoleumerporte nach einigen Absaz­Iänbern folgendes Bild( alles in Doppelzentner):

Erstes Halbjahr

Schweiz Schweden Holland Desterreich

1930 6.955 14 292

1932

1983

4 480

4 844

6 106 3168

6.758 2.000 2 186

3 783

8 161 701

Bei der Betrachtung der Exportentwicklung nach Absatz­ländern muß berücksichtigt werden, daß die Continentale Linoleum- Union in Zürich , also der auch die deutschen Vinoleum- Werte umfassende europäische Linoleum- Trust, in einer ganzen Reihe dieser Länder durch eigene Fabri­fate bzw. Untergesellschaften vertreten ist. Es sind dies Schweden und die Schweiz , ferner seit 1929 Holland sowie seit 1980 Frankreich und Desterreich also alles Länder, die für die deutsche Linoleumindustrie als Exportmärkte von großer Bedeutung sind. Die Ausfuhr nach diesen Ländern wird daher

Die Krise soll also ohne Sozialismus, aber durch weit­gehendste Eingriffe der Staatsmacht überwunden werden. Der Staat will den Landwirten 8 Prozent ihres Bodens ab= pachten, um sie brachzulegen, und so die Ueberproduktion be­seitigen. Industrie und Eisenbahnen sollen neu organisiert werden. Zwangskartelle sollen geschaffen werden, um die Produktion zu regulieren und die Preise zu erhöhen. Aber diese Preiserhöhung soll nicht auf Kosten der Arbeiter er­folgen.

In den vom Staate regulierten Industrien soll die Arbeits­zeit für Arbeiter auf 40, für Angestellte auf 35 Stunden herabgesetzt, es sollen Minimallöhne eingeführt, das Lohns niveau allgemein ber Dollarentwertung, die iegt etwa 30 Prozent beträgt, angepaßt werden.

Gleichzeitig sollen in größtem Maßstabe öffentliche Arbeiten unternommen werden, für die die Notenbank bis zu drei Mil­liarden Dollar Kredite( d. h. Noten) zur Verfügung stellen soll. Während aber die Einschränkung der Agrarproduktion auf den Widerstand der Bauern stößt in dem Moment, in dem die Preise rasch ansteigen; während die Industrtepläne erft ein­geleitet werden und Arbeitszeitverkürzung, Lohnerhöhung und Neueinstellungen dem Widerstreben der Unternehmer be­gegnen, hat die Inflation, die ja im Gegensatz zur englischen Währungspolitik die rasche Preissteigerung anstrebt, sofort

nach beiden Richtungen hin teilweise wohl auch Ein­flüssen unterliegen, die außerhalb freier Wettbewerbsverhältnisse stehen. Man braucht, wenn man sich vergegenwärtigen will, wie weit diese Ein­flüsse unter Umständen reichen können, zum Beispiel bloß die Entwicklung des deutsch - holländischen Linoleumhandels zu betrachten. Im ersten Halbjahr 1929 belief sich die Linoleum­einfuhr Deutschlands aus Holland bei scharfer gegenseitiger Konkurrenz auf 12 885 Dz., in der ersten Hälfte des folgenden Jahres in Auswirkung der Einbeziehung der nieder ländischen Linoleumfabrit Krommenie" in die Continentale Union dagegen nur noch auf 160 Dz. Ebenso ist auf der anderen Seite auch die deutsche Linoleumausfuhr nach Holland von 9088 Dz. im ersten Semester 1929 auf 6106 D8.

Die Konferenz wird am 27. Juli vertagt die Fortsehung bleibt ungewiß,- eingroßer Aufwand ward schmählich vertan.

Die weitere Entwicklung aber hängt vom Verlauf des ame­ rikanischen Experiments ab. Hier hat aber die Inflation be­reits zur ersten Krise geführt.

Am 20. und 21. Juli erfolgte zunächst ein Preisstura auf dem Weizenmarkt, auf dem über die Hälfte der Steigerung in dem letzten Vierteljahr verloren ging. Ihm folgte der urseinbruch auf dem Aktienmarft auf dem Fuße. Die Panik wird als die ärgste seit 1929 be­zeichnet.

Amerika steht eben in kürzester Zeit vor dem unausweich lichen Dilemma jeder Inflation; solange ihre Fortsegung erwartet wird, erfolgt die Flucht in die Sachwerte,

ste führt zu einer vorübergehenden Belebung der Produktion und treibt die Preise über die Geldentwertung hinaus; wird der weiteren Entwertung Einhalt getan, dann stürzen die überhöhten Preise zusammen, die Produktion stockt, die Sta­bilisierungs- und Deflationskrise ist da und in der jetzigen Zeit mitten in der fortdauernden Krise- kann sie diese nur verschärfen. In Amerika bedroht das Inflationserperi­ment zugleich auch die planwirtschaftlichen Maßnahmen, vor allem die Arbeitsbeschaffung, während es die Unsicherheit in der übrigen Welt des Kapitalismus aufs neue gesteigert und die Krise verschärft hat. Der Einfluß des rebellierenden Mit­telstandes auf die Wirtschaftspolitik erweist sich so als zer­störendes und zerseßendes Element, geeignet, die Wider­sprüche des Kapitalismus auf das Unerträglichste zu steigern, ohne imftande zu sein, sie zu lösen. Aber das Scheitern auch dieser Versuche wird die Bahn frei machen für die Ueberwin­dung des kapitalistischen Systems durch den Sozialismus der Arbeiterklasse.

den im Tiefbau beschäftigt, und zwar mit den Säßen der Wohlfahrtsunterstüßung, mit einem Teller Suppe als Bet­gabe. 25 Mark monatlich in Gutscheinen werden für Ab­nubung an Kleidung und Schuhwerk gegeben. Diese Gut­scheine sind nur bei privilegierten Händlern einzulösen, welche Schund liefern. Rechnet man zusammen, was die etwa 400 000 Wohlfahrts- Kurzarbeiter auf diese Art verdienen, so erhält man 16 Mt. pro Woche, weniger, als früher die Ar­beitslosenunterstützung betrug. Da der Durchschnitts- Tarif­wochenlohn nicht ganz 27 Mr. betragen sollte, sind hier die Löhne um fast 40 Prozent gesenkt.

im ersten Halbjahr 1930 und 2563 Dz. im ersten Halbjahr 1981 Die billige Produktion

gesunken.

Hunger!

Löhne in Deutschland

Berlin , 31. Juli. ( Inpreß.) Die bet öffentlichen Arbeiten eingesetzten Arbeitsdienstfreiwilligen, erhalten Löhne, die nur zum Lohndruck zu gebrauchen sind. Etwa 400 000 Mann wer­

Japanische Kunstseide in Deutschland

Die Steigerung der Einfuhr japanischer Kunstseide nach Deutschland ist beträchtlich. Während 1930 nur 800 Atlo­gramm im Werte von etwa 4000 Mt. eingeführt wurden und 1982 bereits über 50 000 Kilogramm, sind im ersten Quartal 1988 bereits 25 500 Kilogramm eingeführt worden. Die Eine fuhr steigt von Monat zu Monat.

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