Deutsche   Stimmen

Feuilletonbeilage der Deutschen Freiheit"

Ereignisse und Geschichten

A

Neue deutsche   Kunde

Ein Gedicht für die ,, Deutsche Freiheit" Braune Jacken, Litzen, Bänder, Uniformen- Kleiderständer i mai ins herrschen über deutsches Land. Ueberall die Kakerlaken! Kriechen auf gebeugte Nacken aus dem Wald und aus dem Sand.

Seht die Führer auf den Hügeln! können Bestien nicht mehr zügeln, die man von der Kette ließ. Menschheit, ach, sie seufzt in Schande! Blut versickert bis zum Rande, weil die Wahrheit man verstieß. Wehrlos sind die Aetherwellen! Stehen heut mit hartem Bellen stramm vor brauner Prominenz! Auch die Sonne, gleichgeschaltet wird vom Kommissar verwaltet kraft rein arischer Potenz.

Sie drehen Horst Wessel  

SA.  - Männer stellen Kommunisten dar

Die nationalsozialistische Zeitung NS.- Kurier" be­schreibt die Arbeiten, die zur Herstellung des natio­nalen Films Horst Wessel  " im Gange sind, wie folgt: Rabel liegen auf dem Boden, Scheinwerfer leuchten auf, trockene Hiße lastet im ganzen Raum, Spielleiter geben An­weisungen, der Tonmeister sitt in seiner Zelle, die Kopf­hörer an den Ohren. Menschen hocken auf der Galerie und unten im Saal. Szenen für den Horst- Wessel  - Film der Volksdeutschen Filmgesellschaft in den Jofa- Ateliers in Berlin- Johannisthal   werden geprobt und gedreht. Die Statisten sind diesmal besonders echt und doch wieder nicht. Alles SA.  - Männer, die jetzt zum Teil Kommunisten dar stellen, irgendwo in einer Versammlung zur Zeit Horst Wessels. Echte" Typen sieht man in dem wirklich klas­

fisch ausgestalteten Saal einer Kommunekneipe. Längst ver geffene Symbole, wie Sichel und Hammer, und Plakate mit den bekannten üblen Wünschen schmücken den Saal. Oben at auf der Rednertribüne probt ein Darsteller. Kleiner, alter jüdischer Hezer, lebenswahr dargestellt, wie er den lauschen­den Männern und Frauen das Gift des Klaffenkampfes in die Gehirngänge injiziert. Wieder ein freches Wort gegen die Braunhemden, die rote Meute johlt und tobt. Fast könnte man glauben, die Zeiten von 1925 bis Januar 1933 feien wiedergekommen.

Atme! Lächle! Schreite! Schneuze! Strecke dich am Hakenkreuze, Deutscher   Bürger, frisch, fromm, warm! Turne, laufe, boxe, springe

und vom Wessel- Horsten singe selbst im sanftem Liebesarm.

Einmal hat sichs ausgesungen! Einmal rufts mit tausend Zungen: Fort mit S. und fort mit A,

und dann rächen und vergelten- bis zum Bau der jungen Welten Deutsche Freiheit, du uns nah!

Ariost  .

Mit leichtem neigen des Kopfes

Einen Horst- Wessel  - Film zu drehen, bedeutet ein Wagnis. Aber es ist der Wunsch des Führers, durch künstlerische Ge­staltung dem Volke das Schicksal seiner Helden nahe zu bringen. Es wird also in diesem Film noch einmal das ganze Schicksal dieses deutschen   Helden abrollen in ganzer Natürlichkeit..."

Leider fehlen an diesem Heldenfilm fene Szenen, in denen sich Horst Weffel in die Abhängigkeit einer Prostituierten begibt. Auf Scheinwerfer wird mehr Wert gelegt als auf geschichtliche Wahrheit. Nur eins begreifen wir durchaus: daß viele SA.  - Leute Kommunisten gut darstellen können.

+ isola ditu

Die fächsische Landeskirche hat verordnet, daß bei ihr mit Auch Du, Paul Wegener  !

dem Hitlergruß gegrüßt wird. Geistliche im Talar und mit Barett grüßen nach wie vor mit leichtem Reigen des Kopfes."

Der

pasib

In Berlin- Johannisthal   durfte die Presse die erste Vor­führung des beinahe fertiggedrehten Horst Wessel  Films sehen. In diesem Film spielt Paul Wegener  ,

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mali nou

,, Oberbandit von Berlin"

Dec sanfte Blauweiglein Jungnickel bestaunt Göbbels

Mar Jungnidel bringt im NS.- Kurier" einen Ar: fifel Es spricht der Oberbandit von Berlin  ", dem wir wörtlich folgendes entnehmen:

Ein SA.- Mann ruff: Der Oberbandit von Berlin  , Dr. Göbbels  , hat das Wort!" Ein Lachsturm durch­jagt den Saal... Langsam legt er sich. Der Saal schweigt wie mit angehaltenem Atem. Göbbels   spricht. Er fängt leise, etwas eulenspiegelnd an. Kleine, tronische, bos­hafte Lichter blinken in seiner Rede. Sein rechter Zeige­finger begleitet stechend seine Worte. Und nun sprengt er, wie ein Beelzebub, mit Brechstangen und Knüppel, die Pan­dorabüchse des Systems auf. Seine Rede wird nun ein raffelnder pfeifender Strich eines Herenbesens, der die Scherben und die Lumpen dieses Systems beiseite wirft. Ein

Körner Heimaterde umklammert, die er vor einigen Jahren in der Tasche rieseln ließ.

Also Max Jungnickel  . Er war einmal der Sanfteften einer, ging, wenn er dichtete, auf die Wiese, um Gelbveiglein zu suchen und den Morgentan von den Blättern zu küssen. Dann reimte er zu jeder Strophe die zartesten Seelenträume. Hente? Er figt vor Göbbels   und bewundert, unter Berufung auf Eichendorff   und Beethoven  , den auf einem Hegenbesen fizenden Kobold der Weltgeschichte..

Kurz, der schneeflaumige Lyriker von einst steht hente an dächtig vor der kalten, trockenen, unerbittlichen Guillotine!"

wütender Bildersturm beginnt. Furienhaft. Jedes Wort fist. Nieder der Geist!

Fressendes Pathos. Und nun rast die Rede einen Epilog der Barrikade. Ein katilinarischer Hezer? Er reißt die heim­liche, unheimliche Macht des Kapitalismus aus ihrer Ano­nymität. Jetzt macht er sie sichtbar, frauenhaft sichtbar. Mit einem einzigen Zucken seines Mundwinkels kann er eine politische Tagesberühmtheit aufs tiefste demütigen.

Der Saal tobt. Er streicht um das Haus dieses Systems wie eine Krähe um ein Aas. Ein Mahr und ein Kobold der Geschichte. Und nun wird seine Rede zur falten, trockenen, unerbittlichen Guillotine. Einer, der die Neugestaltung des deutschen   Menschen von innen heraus will, der vom Ich zum Wir das Volk erziehen will. Der von Volksgemeinschaft spricht, vom fühnen Schicksal, vom Opfer. Nur solange ist der Mensch frei, solange er bereit ist, den höchsten Einsat zu wagen. Er legt die ewigen Geseze und Wahrheiten der

Goethe ein Nichts!

11a din zion ,, Vielleicht erinnert sich der und jener, daß er einmal, in Dreck und Blut, an Goethe dachte, und wie dieser Olym­pier, den das Bürgertum mit Posaunen verkündet, plößlich wie ein Nichts aus dem Gehirne schwand. Das Bild aber eines großen Soldaten stand wie eine Vision aus Tod und Untergang vor ihm, oder er wurde in die mythischen Zeilen der Edda   gezogen wie in einen Quell."

May Jungnickel im SA.- Mann" vom 22. Juli.

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Man sieht ,, echte Typen".

der unter Reinhardt bessere Zeiten gesehen hat, einen russischen Funktionär", wie ihn sich der kleine Moritz vor­stellt. Es wird eine Saalschlacht zwischen Kommunisten und Horst- Wessel  - Sturm vorgeführt und außerdem die Säbel= mensur teutscher Studenten gezeigt, mit allem, was dazu ge­hört, auseinandergehackten Kälberfressen, dem Nähen der zerpaukten Studentenvisagen und dem feierlichen Aussaufen großer Töpfe schlechten Berliner   Biers. Die deutsche Kultur, wie sie in der ganzen Welt vorgeführt werden sollte...

Ethos mit Blut

Spekulation auf die Instinkte des Spießers

Das ist aber noch nicht alles! Um einen scharfen Trennungsstrich zwischen diesem Erzeugnis und den Studentenfilmen der früheren Jahre zu ziehen, wird eine Mensur, die in dem Film vorkommt, nicht gestellt", wie das einst üblich war, sondern von den Mitgliedern zweier Studentenverbindungen tatsächlich und ernstlich vor der Kamera ausgefochten. Im Filmatelier fließt zum erstenmal wirkliches Blut; auf dieser Sensation" ist die Reklame für den Horst- Wessel  "-Kitsch aufgebaut. Selbst der gerissenste und bedenkenloseste Berliner   Filmgeschäftemacher aus der Zeit vor der Gleichschaltung" hätte es nicht gewagt, so offen auf die sadistischen Gelüste des Kinopublikums zu speku lieren; es mußte erst eine gründliche Erneuerung des Ethos" des deutschen   Films und seine Umschaltung auf die Ideale des dritten Reiches" erfolgen, ehe der Appell an die brutalsten Instinkte des Provinzspießers zu einer filmischen Großtat, zu einer Meisterleistung neudeutscher Filmregie erhoben werden konnte.

Ein Anti- Hitler- Film

Der Produktionsleiter der RAD.  - Radio in Hollywood  , Sam Jaffe  , stellt derzeit einen Anti- Hitler Film her, der in den Kreisen der amerikanischen   Bevölkerung mit großer Spannung erwartet wird. Der deutsche Gesandte in Washington   hat gegen seine Erzeugung bei der amerika­ nischen   Regierung protestiert, freilich ohne jeden Erfolg.

Tänze auf beaunem Parkett In Doppelreihe, lustig, kurzfigurig

Das offiziöse deutsche   Contibitro meldet:

In der ersten Sizung der Reichsfachschaft deutscher  Tanzlehrer wurden nach Wahl des Reichsausschusses für den deutschen Tanz in der Reichsfachschaft folgende Tänze als deutsche Tänze anerkannt. In der Gruppe allge­meiner Tanz: 1. der Marschtanz; 2. der Rheinländer in alter und neuer Form; 3. der Walzer in alter und neuer Form; 4. der langsame Walzer; 5. an Stelle der For­trotts der Wechselschrittler", ein Tanz im Vierviertel­taft; 6. der Galopp. In der Gruppe Gesellschaftstana soll 1. ein Begrüßungsreigen, 2. ein lustiger furzfiguriger Ge­sellschaftstanz, der Friedrichsheimer", 3. ein aus dem Volkstanz übernommener Gleichschrittler, eine ganz neue Tanzform, statt der früheren Quadrille der sogenannte Achter getanzt werden. Durch diese neugeschaffenen Tanz­formen sollen der Fortrott, der Onestep und der Tango von der Tanz- und Bildfläche verdrängt werden.

Dank den reichsfachschäftlichen Bemühungen ist also jetzt auch die Tanz- und Bildfläche des Dritten Reiches   gleich­schrittlich gleichgeschaltet. Die im Marschtanz aufmarschieren­den Doppelreihen der SA.   werden durch die Wechselschrittler. vom Stahlhelm aufgefüllt, fie umtänzeln im Begrüßungs­reigen die O- und sonstigen Safe und im lustigen kurz­figurigen Gesellschaftstanz trampeln sie auf den Gesichtern der Schutzgefangenen herum. So toben sie sich in alter und neuer Form aus, bis sie eines Tages merken werden, daß fie auf einem ulfan tanzen und das erwachende deutsche. Volt ihnen zum Tanz aufspielt.

Preisfrage: Wie fann Goethe aus Hirnen schwinden, Kipling läßt das

in denen er nie gewesen ist?

Geschichte bloß. Und die Golbaten aus dem großen Striege ,, Das Land zittert".

verlassen ihre verwehten Gräber. Die Gesichter derer von Langemarck   tauchen auf. Jungengesichter unter dem Helm. Noch gelöst, noch von der weichen Hand der Kindheit berührt. Und in diese Gesichter fährt, wie ein Bliß, der Schrecken, brennt wie eine Fackel der Mut. Etwas Wildes, Atemloses im Gesicht des Kämpfers von Langemarck  . Stählerne Roman­tif zeichnet Göbbels   um dieses Gesicht, umloht von rotem Mohn, umhagelt von Pfeilen, wie aus der Edda   geschleudert. Man fühlt auf einmal, hier steht einer, der mit dem A- Moll- Quartett Beethovens die Existenz Gottes beweisen fann. Ein künstlerischer Mensch, der vom Blut und vom Boden spricht. Heiter tut er das. Mit barocken Schnörkeln. Eine Zeile von Eichendorff   grünt auf im verschatteten Licht des Saales. Und dann versenkt er beide Hände in die Rocktasche und lächelt. So unbefangen, so kindhaft, so nahe, als hätten seine Hände plötzlich in der Rodtasche einige

Das Land zittert unter der Erregung, wie es noch nie gezittert hat. Aber es ist still... Die Regierung hat der Presse Schweigen über den Mord geboten. Sie will ohne Störung ihre Untersuchungen führen, sie fürchtet die bitteren Folgen einer politischen Auswertung der Tat, von welcher Seite sie auch vollbracht sein möge. Die Presse hält das Schweigen." Was ist das? Der Bericht eines Berliner  Blattes, der Jüdischen Rundschau  ", über einen Mord. Allerdings über den Mord an dem Zionistenführer Chajim Arlosoroff in Tel- Awino in Palästina.

von meiner Mutter Themis  , die des ewigen Rechts Urweise Göttin   ist, vernahm ich längst den Spruch, Daß einst Gewalt erliegt und Weisheit fiegt.

Aischylos  .

Hakenkreuz entfernen

( Inpreß.) Rudyard Kipling   hat seinen Verleger an­gewiesen, das altindische Zeichen des Hafenkreuzes, daß seit mehr als 30 Jahren auf dem Schußumschlag aller seiner Werke angebracht war, zu entfernen. Sicher eine sehr an­gebrachte Ehrenrettung für die alten Indier.

Im Dunkel

Adolf Hitler   ging eines Abends unbekannt und ohne Be­gleitung in ein Berliner   Kino. Das Kino ist halbleer, ein paar Liebespaare sißen in den Logen, ein Dußend SA.  ­Leute steht als Saalschuß" in den Seitengängen. Als die Usa  - Wochenschau das Bild des Herrn Reichskanzlers bringt, steht alles auf, nur Hitler   allein bleibt in edler Selbst­bescheidenheit fißen. Da flüstert es hinter ihm: Mensch steh doch auf, die SA  . schlagt dir sonst dot."