zu welchen Arbeitsverhältnissen die Neuein­stellungen erfolgt sind. Die nordwestliche Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustriellen hat be­schlossen, die vorhandene Arbeit auf eine größer Zahl von Arbeitern zu verteilen, also die Arbeit zu strechen. Die Schwerindustrie empfiehlt die 40- Stundenwoche. Das ist bekanntlich eine von den Gewerkschaften seit Jahren er­hobene Forderung. Sie ist arbeitsethisch von hoher Be­beutung, schafft aber keine zusätzliche Kaufkraft. Es wäre wichtig, zu erfahren, ob der behauptete starke Rückgang Der Arbeitslosigkeit in Deutschland das Gesamtein. kommen der Arbeiter und Angestellten er. höht und damit den Verbrauch allgemein belebt hat. Auf diese Frage schweigt aber die Reichs regierung und ihre Presse beharrlich. Man muß sich also schon an private Angaben halten. Die aber verstärken den 3weifel an den Siegesberichten aus der Arbeitsschlacht, denn nicht nur die durch Boykott und Judenhaß geschun denen Warenhäuser, sondern auch der fachliche Einzel­handel stellt einen Rückgangderumsäße fest. Man muß also bis auf weiteres annehmen, daß die Kauf­kraft nicht gehoben wurde, sondern viel leicht noch gesunken ist, und das versalzt leider den dicken süßen Siegesbrei.

Bleibt also die Frage der Kaufkraft sehr im Dunkel, so ist der kapitalistische Wille zu Preissteigerungen sehr licht und klar. Der Lebenshaltungsindex steigt zwar langsam, aber sicher. Die so stark genährte Hoffnung auf konjunkturelle Belebung wird durch Preiserhöhungen und durch die Wiedererrichtung in der Krise zusammengebro­chener Kartelle finanziell zu realisieren versucht. Trotz der wirtschaftlich in einer kapitalistischen Ordnung stets ver­logenen Phrase Gemeinnuz geht vor Eigennut"! Noch immer rauchen die Schornsteine durch Profit und nicht durch das Feuer von Hitlerreden. Eine Reihe von Textil­kartellen ist wieder belebt worden und sofort er­höhten sie die Preise für Baumwoll- und Kunstseiden­erzeugnisse. Das deutsche 3 ellstofffyndikat hat die Breise erhöht und zwingt die Außenseiter zum Beitritt. Auch in der Papierindustrie sind starke Preiser­höhungen vorgenommen worden. Buntfarben- und 3ementindustrie, Porzellanfabriken und Fahrradindustrie bemühen sich um Preiskonven­tionen. Die Baustoffpreise sind meist sprunghaft teurer geworden. Die Holzpreise ziehen an. Daß wesentliche Teile der Lebensmittel, so vor allem Fett und Del, sehr beträchtliche Preissteigerungen erfahren haben, ist allgemein bekannt.

Das Schlachtfeld, auf dem die deutsche Wirtschaft gegen bie Krise ringt, sieht also doch wesentlich anders aus, als es in den Heeresberichten des deutschen Propaganda­ministeriums gezeichnet wird. Die Meister der Reklame für sich selbst, die das deutsche Bolk bearbeiten, scheinen sich die deutsche Berichterstattung im Weltkriege zum Muster zu nehmen. Sie kannte nur Siege, höchstens ein­mal ein unbedeutendes Zurücknehmen der Front. Nieder­lagen wurden nicht gemeldet, aber sie waren trotzdem da. Der Hunger wurde durch Reden und Schriften gegen die Miesmacher" und durch Kochrezepte von Damen be kämpft, die wir jetzt in der nationalsozialistischen Frauen­front führend wiederfinden.

Arbeitsschlachten aber so gut wie Feldschlachten, haben bas unangenehme, daß schließlich Realitäten, wie Men­fchen und Munition, Proviant und Finanzen entscheiden und nicht nur die mehr oder minder funkelnden Genie­blige großer und kleinerer Feldherren. Der Blick auf die deutsche Arbeitsschlacht ist zwar nicht durch Pulverdampf, aber durch dichte Propagandanebel behindert, die nur mit Mühe zu durchdringen sind. Wo man diese Vergasung burchbricht, sieht man, daß der Kampf gegen die Krise so schwer ist wie je, und sein Ausgang unentschieden.

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Noch ein Sieg"

Aus Harburg a. d. Elbe erhalten wir den folgenden, für die deutschen Verhältnisse sehr be­zeichnenden Brief:

In einem Teil der deutschen Preffe ist die Meldung ver­breitet worden, daß Harburg frei von Erwerbslosen sei und bie letzten Erwerbslosen, 2000 an der Zahl, von der Del­industrie eingestellt seien. An dieser Meldung ist leider nichts Wahres. Die Erwerbslosigkeit nimmt im Gegenteil Immer größeren Umfang an.

Harburg besitzt bekanntlich die größte Delmühle des Kon­tinents, in der noch etwa 1000 Arbeiter beschäftigt waren. In letter Zeit find 150 Arbeiter entlassen worden; außer dem werden jetzt in jeder Woche weitere Arbeiter, vor allem frühere Funktionäre, wegen sogenannter Staatsfeindlichkeit entlaffen. Die Arbeitszeit ist seit der Fettverordnung von 40,1 Stunden im Durchschnitt auf 28,8 Stunden wöchentlich zurückgegangen! Also ein ungeheurer Lohnausfall für die Arbeiter.

Nach der letzten Statistik haben wir am Ort( knapp 70 000 Einwohner) allein 7000 unterstützte Wohlfahrtserwerbslose gegen 6600 im Dezember 1982. So sieht es bei uns mit der Beseitigung der Arbeitslosigkeit" aus! Wir nehmen danach an, daß die Berichte aus anderen Bezirken ebenso wahr beitsgemäß" find.

noa in C

Görreshausprozeß

Sehr hohe Strafen beantragt

Köln , 11. August 1933. Im Görreshausprozeß stellte heute der Staatsanwalt fol: gende Strafanträge: gegen Generalkonsul Mans eine Ge fängnisstrafe von fünf Jahren und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre; gegen Verleger Konsul Stody von vier Jahren, außerdem fünf Jahre Ehrverlust; außerdem gegen Justizrat Moennig eine Gesamt- Gefängnisstrafe von zwei Jahren; gegen Bankdirektor a. D. Dr. Brüning eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren und Aberkennung der Ehrenrechte auf fünf Jahre; gegen Prokurist Conrad eine Gefängnisstrafe von zehn Monaten.

Trotzki dementiert

Paris , 12. Ang. Leon Trotki hat der Preffe folgende Erklärung zugehen lassen: Seit meiner Ankunft in Frank reich hat die Presse mehr als einmal von angeblichen Vers

handlungen mit Litwinow und anderen Vertretern der Sow fetregierung, die ohne Ergebnis verlaufen feien, gesprochen. Alle diese Informationen find falsch von Anfang bis Ende. Es liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor, der auch nur indirekt diese Erfindungen rechtfertigen könnte

Atmosphäre der Emser Depesche"

Die Stimmung in der französischen Hauptstadt

Die Pariser Presse beschäftigt sich eingehend mit der euro­ päischen Lage. Uebereinstimmend wird festgestellt, daß Deutschland nunmehr den letzten Beweis dafür erbracht habe, daß den Schwüren seines Kanzlers nicht der ge­ringste Wert beigemessen werden darf. Jeder Glaube an Hitlersche Beteuerungen sei Selbstbetrug, sei Betrug am eigenen Volk. Ohne Ausnahme fordern die großen Pas riser Zeitungen rücksichtsloses Vorgehen gegen Deutsch­ land . Jm einzelnen schreiben:

Le Journal des Débats":

Wenn man jetzt Herrn Hitler gewähren läßt, dann ist in wenigen Monaten schon die Atmosphäre der Emser De peiche" gekommen! Sollte es möglich sein, daß die heutige französische Regierung überhaupt nichts gelernt hat aus den Fehlern, die im zweiten Kaiserreich begangen worden find? An den akuten Tatsachen darf man nicht mehr vor: beisehen. Jegt ist es Zeit zum Handeln, Jegt und keine Stunde später! ,, L'Echo de Paris":

Ein einziger Weg steht und offen. Daß wir diesen Weg bes schreiten, haben wir zu beschließen. Wir, sonst niemand. Wir haben Herrn Hitler sofort und kategorisch zu ers flären, daß wir notfalls mit Waffengewalt jede Gebietserweiterung des dritten Reiches zu verhindern wissen werben. Deutschland soll wissen, daß Europa bereit ist, seinen Frie den mit allen Mitteln zu verteidigen. ,, Le Rempart":

Bergeblich hat man der französischen Oeffentlichkeit vors tänschen wollen, daß die Antwort des Herrn Hitler auf die Note des Quai d'Orsay nur in der Form frech ist. Vergeb=

lich hat man sich selbst dahin zu täuschen versucht, daß die deutschen Ueberfälle auf Desterreich nunmehr unterbleiben werden. Als Antwort hat gestern abend einer der engsten Bertrauten Hitlers durch den Rundfunk versichert, daß man in Berlin die franzöfifche Intervention gebührend zus rückgewiesen habe und daß der Nationalsozialismus trob alledem über den Terroristen und Verräter" Dollfuß triumphieren werde. Die französische Regierung wird sich hoffentlich inzwischen darüberklar geworden sein, daß ihre bisherigen Mes thoden lächerlich geworden sind!

L'Ere Nouvelle":

Die Italiener haben ihren Sieg in die Welt hinauspofaunt, als sie von Herrn Hitler die Versicherung erhalten hatten, daß Deutschland sich fortab korrekt benehmen und die Vers träge achten wolle. Doch heute müssen sie selbst zugeben, daß sie betrogen worden sind!

,, L'Action française":

Soll man den Schwindel glauben, als ob es einen Unters schied gebe zwischen der amtlichen Propaganda Deutsch­ lands und der der Hitlerpartei? Jegt hat es gar keinen Zwed mehr zu warten, ob etwa Italien sauer reagieren wird auf den neuen Vorstoß des Reiches. Man muß handeln! Zu dreien oder zu zweien. Notfalls allein!

,, Paris- Midi":

Angesichts des Verhaltens Deutschlands haben die am Frieden Europas interessierten Staaten sofort ihre Grenzen zu verstärken und den Stand ihrer Rüstungen zu erhöhen!

Frankreich wird in London vorstellig

Unzufriedenheit und abwartende Haltung in England

London , den 12. Auguft 1938. Der Botschafter Frankreichs , Corbin, hat im Answär: tigen Amt mit dem Händigen Unterstaatssekretär eine lange Unterredung über die österreichische Frage.

In englischen diplomatischen Kreisen ist man über den neuen Zwischenfall( Nede Habichts) sehr unzufrieden, wie auch über den Zwischenfall an der schweizerischen Grenze,

Neuer englischer Schritt?

In der Morning Post" schreibt heute beren diplos

matischer Redakteur, der über engste Verbindungen zu Dows ning Street verfügt:

Es ist nicht mehr anzunehmen, daß man in den Kreisen ber englischen Regierung heute noch damit rechnet, daß die Nationalsozialisten ihren Feldzug gegen Oesterreich abbla­sen werden, selbst dann nicht, wenn Hitler es befehlen sollte. Man besitzt sichere Anhaltspunkte da­für, daß England und Frankreich neue und geeignetere Demarchen in Berlin unternehmen werden; der plöglich erfolgte Besuch des Lord Tyrell beim Chef der franzöfifchen Regierung dürfte diese Annahme noch unterstreichen.

London , 12. August 1933.( Eig. Ber.)

! Die Rede, die der deutsche Agitator Habicht vorgestern abend vom Münchener Sender aus gegen Desterreich gehalten hat, hat in London einen äußerst peinlichen Eindruck hinterlassen, insbesondere nach den Versicherungen, die die Reichsregie: rung den italienischen Vertretern gegeben hatte. Man macht wohl offiziell geltend, daß die Reichsregierung vielleicht noch nicht Zeit hatte, dem Münchener Sender alle erwünschten Instruktionen zu geben und daß dieser Zwischenfall der letzte einer Reihe von Manifestationen sein könnte, denen die deutschen Behörden jezt ein Ende bereiten werden. Man gibt gleichfalls an, daß für den Fall, daß diese Vermutung nicht begründet sei, der Verstoß gegen die ab= gegebenen Versprechungen hauptsächlich Jta:

lien angehen würde, da die franko- britischen Demarchen nur noch den Charakter einer prinzipiellen Intervention hatten nach den Demarchen der Regierung von Rom . Aber diese Bemerkungen scheinen nur oberflächlichen Wert zn haben; denn in Wirklichkeit kann die offizielle Stellungnahme wie folgt zusammengefaßt werden:

1. Man ist der Ansicht, daß, nachdem eine Attion, gestützt auf den Viererpakt, wirkungslos geblieben ist, man sich dazu entschließen muß, in diesem Text nur ein hinfälliges Dotus ment zu sehen.

2. Wenn es sich erweist, daß die Versprechungen des Reiches

Von Breslau nach Osnabrück Ein Konzentrationslager wird verlegt

das Konzentrationslager in Breslau - Dürgoy aufgelöst wor­Das nazioffiziöse Wolff- Büro bringt eine Meldung, daß den sei. Man habe die 343 Lagerinsassen nach Osnabrück

überführt.

Unter diesen Lagerinsassen" befinden sich, wie man weiß, Paul Löbe , der frühere schlesische Oberpräsident Lüde= mann und seine Frau, eine große Anzahl höherer Beamter und zahlreiche Funktionäre der Sozialdemokratischen und Kommunistischen Partei. Die Gefangenen kommen aus der Gewalt des berüchtigten Fememörders Heines, des Diftators von Schlesien aber in welche neue geraten ste? Wir haben Grund, dieser Ueberführung" mit größter Be­sorgnis entgegenzusehen.

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Wasserflugzeug abgestürzt! Der italienische Generalstabschef verletzt

Valencia , 12. Aug. Das italienische Wasserflugzeug Rata stürzte gestern abend drei Meilen von Nazareth ents

nicht gehalten worden sind und daß die deutschen Behörden feinerlei Anstalten getroffen haben, um der Propagandas attion gegen Desterreich Einhalt zu gebieten, wird den Regies rungen Frankreichs und Großbritanniens nur noch eine Intervention übrig bleiben, die den Versailler Vertrag zur Basis nimmt, oder eine Berufung an den Völkerbund auf Grund des Artikels 11 des Völkerbundspaktes.

Man gewinnt deutlich den Eindruck, daß, wenn das Reich nicht auf seine Agitation verzichtet, Großbritannien nicht zögern wird, zu handeln.

,, Konzert" auf der Zugspitze hüben und drüben München , 12. Aug.( Eig. Meld.) Als bekannt wurde, daß

die

Deutschmeisterkapelle auf der Zugspitze spielen werde, beschloß die SA. Sturmbannkapelle Garmisch , wie der Völkische Beobachter" meldet, das gleiche zu tun und durch kostenlose Beförderung der baye rischen Zugspitzbahn waren die SA.- Männer zahlreich oben auf dem Berge. Dort stiegen sie vom Ostgipfel der Zugspitze zum Zugspibgrat, der etwa 50 Meter über der Bergstation der österreichischen Zugspizbahn liegt, auf deren Terrasse das Standkonzert der Deutschmeisterkapelle stattfand, ab, und die Sturmbannkapelle Garmisch und die SA.- Abordnung mit ihren Fahnen nahmen dort Aufstellung. Bei dem auf der österreichischen Seite anwesenden Publikum machte sich große Nervosität bemerkbar.

Die Deutschmeisterkapelle wurde mit deutschen Märschen empfangen. Der Bitte des Bezirkskommissars von Reutte , das Konzert der Deutschmeisterkapelle nicht zu stören, wurde gern entsprochen, aber erklärt, daß bei einer evtl. Rundfunk­übertragung des Konzerts auch das Konzert der SA.- Sturm­Kapelle übertragen werden müsse, was aber abgelehnt wurde, so daß eine Rundfunkübertragung ganz unterbleibt. Darauf spielte die SA- Kapelle nach jedem Stück der Deutschmeister deutsche Märsche und gegenseitig zollten sich die Musiker Bet­fall, ohne daß das Publikum daran Anteil nahm. Sodann intonierte die SA- Kapelle das Horst- Wessel- Lied.

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Polen als Sieger doll Der deutsche Export nach Oesterreich

Warschau, den 11. August 1983. Seit Beginn ber Spannung zwischen Deutschland und Desterreich kauft dieses die Kohle polnischer Bergwerke, wäh rend es früher seinen Bedarf hauptsächlich in Deutschland deckte. Infolgedessen hat der polnische Export von Kohle nach Desterreich im Monat Juli 29 000 Tonnen erreicht, d. h. das Doppelte des Durchschnitts von 1932.

fernt ab. Die fiebenköpfige Befagung, darunter der italie nische Generalstabschef Valle, find verlegt worden. Das Flugzeug kam von Lissabon , wohin es dem Balbogeschwader entgegen geflogen war. Der Apparat arbeitete seit längerer Zeit mit nur einem Motor und hatte versucht, den Hafen von Valencia zu erreichen. Ein Motorboot ist unverzüglich zur Hilfeleistung abgegangen. Sämtliche Mitglieder der Bes fagung des Apparats, der schnell verfant, konnten an Land gebracht werden.

Das Balbogeschwader ist von Lissabon nach Rom gestartet.

Die Humanite berichtet, daß bei Marschübungen des Reservelagers Larzac, die mit kriegsmäßiger Belastung bei größter Hize durchgeführt wurden, 21 Reservisten vom Sigschlag getroffen wurden und zusammenbrachen. Drei find nach dem Blatte gestorben.

Ein Sergeant der Versailler Garnison , der fich zu Besuch in Nizza aufhielt und einen Ausflug auf ita­lienisches Gebiet machte, ist seit einem Monat nicht zurücks gekehrt. Die Angehörigen nehmen an, baß er unter Spios nageverba cht in diesem Grenzbefestigungsgebiet vom italienischen Militär verhaftet wurde der franzöfifche Außenminister wurde benachrichtigt