Eberts Schwiegersohn

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# 15

Die Massendeportierung ins Konzentrationslager

Berlin , den 12. August 1938.( Eig. Drahtb.) Der Schwiegersohn des früheren Reichspräsidenten Ebert, der ehemalige Landrat Jänne de, ist verhaftet und ins Konzentrationslager eingeliefert worden.

Berlin , den 11. August 1938. Heute vormittag wurden von Beamten des Geheimen Staatspolizeiamtes in Oberschöneweide 30 Kommu nisten festgenommen, nachdem bekannt geworden war, daß in Oberschöneweide die Kommunisten ihr alte Tätig: teit wieder aufgenommen hatten.

400 Polizeibeamte, 500 SS. - Männer, das Fahndungs: tommando der Staatspolizei und das Kommando z. b. V. nahmen in der vergangenen Nacht in der Horner Marsch eine Durchsuchung vor. Es erfolgten 28 Festnahmen von polizeilich gesuchten Personen, ührern des Rotfront­fämpferbundes, der Roten Marine und anderer marristi­scher Organisationen.

Stuttgart , den 11. August 1933. Den Versuchen der Kommunisten, ihre illegale Tätigkeit wieder aufzunehmen, wurde jetzt durch die politische Polizei fchlagartig ein Ende gemacht. Ein Funktionär, der in Cannstatt ein umfangreiches Büro eingerichtet hatte, und 40 andere Personen wurden festgenommen. Im weiteren Verlauf der Bekämpfung der kommunistischen Wühlarbeit wurde vor einigen Tagen die gesamte kommunistische Lei: tung für Würtemberg überrascht und festgenommen, als fie in den Wilhelmina- Gewächshäusern zu einer Beratung zusammenkommen wollte.(???)

Danzig , den 11. August 1933.

In den Ortschaften Käsemart und Lekkan( Kr. Danziger Niederung) wurde eine Razzia durch das Kommando der Landjägerei durchgeführt. Festgenommen worden sind insgesamt 20 Personen, die dem Polizeigefängniß zus geführt wurden.

Christliche Geheimnisse"

Auf einer Rundgebung der Deutschen Christen " in Schließwerder verkündete der nationalsozialistische Pfarrer Peter folgendes Evangelium:

" Man muß innerhalb des Kirchenvolfes die vier Ge: heimnisse des deutschen Volkes achten: das Geheimnis des Blutes, das Geheimnis der Sprache, das Geheimnis der gemeinsamen Geschichte und das Geheimnis des Bodens." Da hat sich dieser Gottesmann in der Tat mit einem geheimnisvollen Dreh um alles herumgewunden, was mit Christentum auch nur entfernt verwandt ist. Eines aber ist sicher: wenn die zweifelhaften Geheimnisse vom arischen Blut und vom ostelbischen Boden längst gelöst sein werden, dann wird immer noch das große Geheimnis bestehen bleiben: wie die Apostel des Nationalsozialismus, dieser

August Bebel

gestorben am 13. August 1913

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In memoriam

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Ihr Halben und ihr Lanen, kommt heran! In diesem Grabe ruht ein ganzer Mann. Maulchriften, betet! Dieser Atheist- Beftaunt das Wunder! war ein echter Christ.

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Ihr Patrioten, wenn's noch welche gibt, Wer hat wie er sein Vaterland geliebt? Staatsmänner, lernt, wie einer neuen Welt Umsonst die Dummheit sich entgegenstellt! Ihr Generale, zieht den Federhut! Der Marschall Vorwärts watet nicht im Blut Gekrönte Häupter, jagt mir, wessen Reich Auf dieser Erde wohl dem seinen gleich! Du aber, Menschheit, hebe stolz das Haupt! Denn der hier ruht, er hat an dich geglaubt.

Oberleutnant Wendt ermordet

Oberleutnant Wendt, der Mitglied der Otto- Straf. ser- Gruppe und ein Kamerad des bekannten kommuni­ stischen Leutnants Scheringer war, wurde Ende März von der Polizeidirektion München in Schutzhaft genommen. Wendt schrieb aus dem Gefängnis einen Brief an Hitler mit der Anschrift: An meinen Führer" und bat um seine Frei­lassung. Darauf bekam die Polizeidirektion ein Telegramm des Stellvertreters von Hitler , He ß, mit dem Befehl, Wendt freizulassen. Von diesem Tage anwar Wendt ver= schollen. Kurze Zeit nach dem Eintreffen des Telegramms wurde seinen Eltern von einem Kriminalkommissar mitge­teilt, daß ihr Sohn in der Nähe der Festung Landsberg am Lech auf der Flucht" erschossen wurde. Unsere Ermittlungen haben ergeben, daß in der Nähe von Lands­ berg eine unbekannte Leiche auf freiem Felde gefunden wurde, die erst später, als die Leiche Wendt identifiziert wurde. Nach den Schußverlegungen zu urteilen, ist Wendt ermordet worden.

Der Jungdeutsche Mahraun

Wie wir erfahren, leidet Arthur Mahraun , der Führer des aufgelösten Jungdeutschen Ordens, noch immer schwer unter den Folgen der furchtbaren Mißhandlungen, die er nach seiner Verhaftung in der SA.- Hölle General­Pape- Straße durchmachen mußte. Zur Zeit befindet sich Mahraun im Strafgefängnis Plößensee, doch ist mit seiner unmittelbar bevorstehenden Verschickung in ein Konzen­trationslager zu rechnen.

Lehre von Mord, Haß, Meineid und Gemeinheit, es jemals wagen konnten, sich Christen zu nennen.

Uebrigens scheint auch vielen evangelisch- lutherischen Kirchenmitgliedern die Schändung ihres Glaubens rach gerade zu bunt zu werden. Die gleichgeschalteten Bres­lauer Neuesten Nachrichten" fühlen sich veranlaßt, folgen­den Notschrei auszustoßen:

Angesichts des klaren kirchlichen Aufbauwillens der " Deutschen Christen " werden die mancherlei dunklen Ber: dächtigungsversuche, die sich in den typisch- anonymen Maffenzuschriften an die Pfarrer in diesen Tagen äußern, Stück für Stück zurückweichen und wie Seifenblasen zers plazen."

Wenn schon die deutsche Presse, der doch eigentlich die Aufgabe zufällt, die unerschütterliche Einigkeit glaubhaft zu machen, mit der angeblich ganz Deutschland hinter dem Hakenkreuz marschiert, wenn schon diese verlogene schön­

Besuch bei Bebel

Von R. Heinisch

Nun ist er zwanzig Jahre tot.

Hellmuth von Gerlach hat vor Jahrzehnten seine fleine Bebelbiographie mit dem Sazze geschlossen Niemand wird von so vielen so sehr geliebt wie er". Das ist nicht übertrie­ben. Wir, die sozialdemokratische Jugend um die Jahrhun­dertwende, haben den revolutionären Volkstribunen, der uns politisch erweckt hat und immer wieder begeisterte, nicht nur bewundert, wir haben ihn geliebt.

Zweimal habe ich ihn öffentlich sprechen hören. Einmal im Jahre 1903 in einer alten baufälligen Halle am Rhein und rier Jahre später auf dem Parteitag zu Essen . Uniformen, Ausmarsch, Musik, Sprechchöre gab es nicht. Die Bebelver­sammlungen waren äußerlich nüchtern wie alle sozialdemo­kratischen Kundgebungen jener Jahre. Dennoch: welch eine Flamme der Begeisterung zwischen Redner und Masse. Welch ein Glaube an den Mann, an den Feuergeist in schneeweißem Haar, der als die fleischgewordene Geschichte des Arbeiter­kampfes eines halben Jahrhunderts vor uns stand! Wir gehörten ihm und seiner Partei. Das ist keine Phrase. Wir wußten, daß unser Bekenntnis die Gefahr der Aechtung im Berufe, der Vernichtung der Eristenz in sich schloß. Aber auch bei einem Entweder- Oder: Bebelversammlung oder Ent­lassung wären wir ohne Besinnen zu Bebel gegangen und zu seiner Sozialdemokratie.

Einmal war ich mit dem schon müde gewordenen 71jähri­gen Parteiführer einen langen Abend zusammen. Er sprach, und wir Jüngeren hörten zu. Ich erinnere mich, daß er ein kurz vorher erschienenes Buch über den Preußischen Kom­miß" lobte. Es stammte von August Winnig , der jetzt weit auf der Rechten steht, und brachte scharf gezeichnete Skizzen aus den preußischen Kasernen. Bebel, der alte Unteroffizier­sohn, der hart ablehnend, aber ohne Gehässigkeit über den preußischen Militarismus sprach, ermunterte uns, in der Winnigschen Art den Militarismus zu bekämpfen. Es müß­ten, meinte er, viel mehr ehemalige Soldaten ihre Erleb­nisse plastisch niederschreiben.

Dann hörte ich Bebels noch immer metallisch tönende, aber schon mit der Atemnot ringende Stimme auf dem Inter­nationalen sozialistischen Antikriegskongreß im Herbst 1912 zu Basel . Noch sehe ich den greisen Atheisten im Münster zu Basel sizen, einsam in dem noch leeren Kirchenschiff, ehe die große sozialistische Prozession gegen den Krieg das Gottes­haus füllte und die roten Fahnen der Internationale sich um den Altar aufbauten.

Zum letzten Male sah ich den nun gebeugten Mann, der schon immer von kleiner Statur gewesen war, in einer Kon­ferenz im Reichstag. Es war im Frühling 1913, und die Kriegsgefahr war nahe. Er sprach nur kurz zu uns. Es waren ruhige warnende Worte über die Situation beim Ausbruch eines großen Krieges. Die Rede war ohne Jllusion und sollte wohl Illusionen zerstören. Erst Anfang August 1914 habe ich sie ganz begriffen.

Dann kam der 13. August 1913. Jn London überbrachte mir ein Freund das Zeitungsblatt mit der Nachricht von Bebels Tod. In der Hauptstadt des britischen Weltreiches erlebte ich, was der große Internationale auch den Sozialisten Eng­lands war.

Lange nach dem Kriege wanderte ich in Graubünden . Als Edgar Steiger , ich an einem Herbstabend in Chur die Karte studierte, stiek

färbende Presse Massenschmähschriften an die Pfarrer zu­gibt wie hoch müssen dann die Wogen der Entrüstung im kirchlichen Lager schlagen!

Das evangelische Kirchenvolk trägt schwere Mitschuld am Emporwachsen der braunen Mörderpartei in Deutsch­ land . Das evangelische Kirchenvolk hat sich selbst dem Hakenkreuzteufel verschrieben jetzt wundert es sich, daß dieser Teufel die christliche Seele frißt.

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Der Landesbischof

Nur einer ist Führer ,,, Christus"!

Berlin , 11. Aug. Landesbischof Müller hat seine Amt3. geschäfte im Evangelischen Oberkirchenrat übernommen. Dr. Werner und Oberkonsistorialrat Rapman richteten herzlich gehaltene Worte des Willkommens an den neuen Landes­bischof, auf die dieser dankend antwortete.

Landesbischof Müller hat anläßlich seiner Berufung zum preußischen Landesbischof Grußworte an die Gemeinden der altpreußischen Landeskirche gerichtet. Dabei sagte er u. a.: Ich bin mir der großen Verantwortung bewußt, die ich mit meiner Arbeit übernommen habe. Aus diesem Verantwor= tungsbewußtsein heraus will ich mit fröhlichem Gottver­trauen an die Arbeit gehen.

Der Zustand der Zerrissenheit, der Unruhe, des Mißver­stehens und des Mißtrauens muß beendet werden. Wir müssen uns darauf besinnen, daß nur einer unser Meister und Führer ist, Christus, der Herr und Heiland. Im Ge­horsam gegen ihn und seine ewigen Wahrheiten wollen wir uns die Hände reichen, treu arbeiten, einander brüderlich zu verstehen suchen und die frohe Botschaft verkünden, die uns anvertraut ist.

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Es wäre von jedem Gesichtspunkt aus erfreulich, wenn diesem Bekenntnis zur Führerschaft Jesu Christi , also nicht zu der Hitlers, christliche Taten folgen würden. Solange der Landesbischof Müller schweigt zu den Morden und Räube­reien, die im Namen seines irdischen Herrn und Meisters Hitler noch für Tag für Tag geschehen, empfinden wir sein Bekenntnis zu dem Großen der Bergpredigt nur als Phrase und nicht als religiöse Kraft. Solange wird auch das in der evangelischen Kirche bleiben, was der Landesbischof 3er­rissenheit, Unruhe und Mißtrauen" nennt. Wäre es anders, könnte die evangelische Kirche zwar noch politisches Propa­gandainstitut der faschistischen Barbarei, nicht aber als Quelle religiöser Seelenkräfte bestehen.

Neue Stammrollen

Das wiederauferstandene Bezirkskommando

Düsseldorf , 11. Aug.( Inpreß). Alle Arbeiter in Düsseldorf erhalten an ihrer Arbeitsstelle Fragebogen, die nichts an­deres sind, als Enquetescheine zur Herstellung neuer Stamm= rollen eines illegalen Bezirkskommandos. Die Angaben müssen sehr ausführlich sein und beziehen sich ausschließlich auf militärische Fragen( Teilnahme am Kriege, Truppenteil, Gefechte, Ausbildung, Auszeichnungen, gegenwärtige Ver­wendungsfähigkeit u. a.

ich auf den Ortsnamen Passugg. Das Wort mußte mir schon einmal nahe gegangen sein, aber es dauerte Stunden, bis.es in meinem Gedächtnis aufbliẞte: da ist Bebel gestorben. Am andern Morgen führte mich eine junge schweizer Genossin nach Passugg hinauf. Dort im Kurhause hat Bebel mit sei= ner Tochter, die Aerztin war, und seinem Enkel die letzten Tage seines Lebens verbracht.

Der Leiter des Kurhauses sagte mir, daß in all den Jahren nur ein Russe und jetzt ich das Sterbezimmer August Bebels gesucht haben. Er führte mich hinauf in den ersten Stock des sehr einfachen Hauses. Der erste Agitator und Führer der größten internationalen Massenbewegung hatte nur ein ganz bescheidenes Schlafzimmerchen inne. Im Nebenzimmer schlief seine Tochter. Beide Stuben fast ohne jede Bequemlichkeit, spartanisch schlicht. Bebels letzte Lagerstatt stand noch da. Verstohlen glitt meine Hand über das Holz des Bettes, auf dem sich Bebel zum Tode ausgestreckt hat.

Um seine letzten Stunden sind viele Legenden gesponnen worden. Der Kurdirektor erzählte mir, daß der herzleidende Bebel sanft und schmerzlos gestorben ist. Seine Tochter hat troß geöffneter Tür zum Schlafzimmer ihres Vaters nichts von einem Todeskampfe, nichts von einem letzten Röcheln gehört. Als sie morgens an sein Bett trat, war Bebel tot. Er lag wie schlafend mit friedlichen Gesichtszügen da. Der Tod war dem unermüdlichen harten Kämpfer zart und sanft genaht.

Lange saßen wir noch mit dem alten Freunde Bebels auf der Bank im Kurgarten zusammen, von der des Kur­Hauses berühmtester Gast oft in die Schlucht mit dem rauschenden Gebirgsbach in der Tiefe hinabgeschaut hat. Mit­ten in unseren politischen Gesprächen, als wir erörterten, wie der große Revolutionär auch immer ein großer Frauenlob gewesen ist, warf die junge Genossin neben mir einen Strauß roter Rosen in die wilde Rabiusa hinab, die unserem Bebel in seiner letzten Nacht ein brausendes Sterbelied gesungen hat.

Zwei Tage später stand ich an seinem Grab auf dem Fried­hof in Zürich . Es ist schwer zu finden in den langen Gräber­reihen und unterscheidet sich in nichts von den vielen Grab­stätten rings umher. An jenem Augustsonntag aber 1913, als Bebels Leib der Flamme übergeben wurde, drängten sich Zehntausende zur Trauerfeier. Zürichs Arbeiterfänger hul­digten dem hingeschiedenen Arbeiterführer mit dem Hutten­liede Gottfried Kellers , das Bebel sich als Grabgesang ge­wünscht hat:

Nun weht sein Schatten um uns her Nun ruft sein Geist uns zu: Ich war ein Schiff auf wildem Meer, Ich kannte keine Ruh;

Ihr wißt, was ich gestritten hab' Und was gelitten auch;

Doch stieg ich nochmals aus dem Grab, Uebt ich den gleichen Brauch!"

Du lichter Schatten habe Dank, Gut sprach dein kühner Mund!

Und wem der Sinn von Zweifeln krank, Der wird an dir gesund! Wie diese lustige Silberflut Dein Grab so hell umfließt, So uns dein nie geschwundner Mut Das frohe Hera erschließt!