DAS BUNTE BLATT

TAGLICHE UNTERHALTUNGS- BEILAGE

Die Räuber" gefährden

Brief nach der Scheidung

Von Erich Kästner

die öffentliche Sicherheit arbin qu

Ein unbekanntes Gutachten des größten deutschien Juristen

Bor kurzem war der 100. Todestag von Anfelm Ritter von Feuerbach. Durch seine Arbeit er: fahren Strafrecht und Strafprozeß einen bedeutsamen Fortschritt. Ihm verdankt Deutschland die Beseitis gung der Folter und durch seine Schriften über Deffentlichkeit und Mündlichkeit gerichtlicher Berhands Inngen hat er ben Sieg dieser Grundregeln einer mos bernen Rechtspflege herbeigeführt. Auch die gerade neuerdings wieder zu Ehren gekommene Abs fchredungstheorie ist auf seine Arbeit zurücks

zuführen.

Nachstehend geben wir einen Beitrag zu Feuers bachs Stellung zu den Räubern", die für feine Auffassung vom Wesen der Strafrechtspflege tennzeichnend ist.

Es war die Zeit, da in Bayern Beamte und Professoren an Galatagen und bei Staatsvifiten noch ihre Zöpflein tru gen, ba flatterte auf den Tisch des allgewaltigen Minister präsidenten Graf Montgelas ein Schreiben seines Kollegen, des Justizministers Graf Reigersberg, datiert vom 14. April 1811, das noch fünf Jahre später Montgelas den Anlaß gab, Schillers Räuber" von den Münchner staatlichen Bühnen zu verbannen.

Das Bürgertum bevorzugte die melodiöfen Wiener Luft­Spiele und die augkräftigen Boltsstücke der Ritter- und Räu­berromantik. Den Winterspielplan 1810/11 beherrschte der Räuber allerkühnster, Rinaldo Rinaldini. Zu den Besuchern zählte fein Geringerer als Johann Paul Anselm von Feuerbach , der Schöpfer und Begründer der neuen deutschen Strafrechtslehre und Vater der Rechtsphilosophie. Die Erbitterung darüber, daß auf der Bühne das Verbre then über die Gerechtigkeit triumphiert und der Bösewicht be­mitleidet wird, fraß sich in Feuerbachs empfindliches Juri­stenhers. Den großen Kriminalpsychologen verlegte es bis ins Innerfte, daß Recht und Wahrheit sich zu einem Räuber flüchten mußten, der allein noch wagt, Schirmer der Armen und Unterdrückten, Rächer der Frevler und Verfechter der Wahrheit zu sein. Eine Kampf­natur, immer ursprünglich und anregend, warf Feuerbach am 26. Jänner 1811 mit hinreißendem Schwung ein Gutach- ten an den Justisminister Reigersberg hin. Dieses für die Theatergeschichte denkwürdige Gutachten über das genialfte Kardinalstück der Sturm- und Drangperiode ist der Feuerbach- Forschung bisher entgangen:

" Als Schillers berühmtes Schauspiel Die Räuber in Deutschland Epoche machte, sahen fast alle Regierungen sich veranlaßt, die Aufführung dieses ebenso geistvollen als fit tengefährlichen Stückes zu verbieten. Nicht übertriebene Aengftlichkeit, nicht mönchische Engbrünstigkeit, sondern die Erfahrung selbst nötigte zu dieser Maßregel. Junge Leute, getrieben von einer regen Phantasie, gewannen mit dem edelmütigen Räuberhelden das Leben der Freiheit in den Wäldern lieb und meinten, durch ein so glänzendes Bei­spiel belehrt, daß es eine Art Verdienst, eine nur von gemeinen Seelen verbannte Tugend sei, durch Diebstahl und Raub die Ungleichheit des ungerecht austeilenden Glückes, soviel an ihnen, in ein gerechtes Ebenmaß zu bringen. In Sachsen hatten Räuberbanden diesem Trauerfpiel ihre Entstehung zu ver­banten und noch jetzt darf in den allerwenigsten Staaten Deutschlands diese Jugendarbeit unseres größten Schau­spieldichters aufgeführt werden. Dies geschieht in allen Ländern, wo man weiß, was zur Polizei ge­

Hinter den Filmkulissen

Wieviel Herzen geraten täglich in Wallung, wenn sie ihren Liebling auf der Leinwand erscheinen sehen! Die tägliche Rorrespondenz eines Filmstars, die der eines vielbeschäftig­ten Kaufmanns an Umfang nicht nachsteht, gibt davon ein überraschendes Bild. Es wäre recht heilsam für manchen Schwärmer, wenn er einmal einen Blick hinter die Kulissen des Filmlebens werfen könnte, selbst auf die Gefahr hin, baß ihm eine entgötterte Welt zurückbleibt. Eine der ver­führerischsten Persönlichkeiten des Films ist zweifellos Men­fou, der Mann mit den verbindlichen Umgangsformen und dem berückenden Lächeln. Die Filmschauspielerin Katherine Carver, seine Gattin, stellt ihm jedoch tein besonders gün­ftiges Zeugnis aus. In ihrer Scheidungsklage wirft fie ihm ein jähzorniges und wütendes Temperament vor, das zu furchtbaren Zornesausbrüchen führe. Der auf der Leinwand so zarte Liebhaber soll seine Frau in der Wut mit dem Re­volver bedroht und beständig mit ihr gesanft haben. Oft sei er betrunken gewesen. Dieses Charakterbild wird wohl etwas übertrieben sein. Recht zweideutig mutet es an, wenn die Filmdiva ihrem früheren Geliebten auch Steuerhinter­ziehung vorwirft. Menjou selbst bestreitet energisch die histo­rische Treue dieser Charakterschilderung und gibt lediglich zu, aufbrausend und launenhaft zu sein.

Doppelselbstmord, der keiner war

Die bulgarische Oeffentlichkeit erlebt wieder einmal eine fener für das Land so charakteristischen romantischen Lte­besgeschichten, die sämtliche sonstigen Tagesfragen in den Hintergrund stellen.

Vor etwa zehn Tagen entdeckte man im Rotaliansti- Klo­ster, daß die Tür des jungen Mönchs Antoni verschlossen war und er selbst auch nicht erschien. Als man eindrang, fand man zwei leblose Körper auf dem Lager vor, den Mönch, und neben ihm ein blutjunges Mädchen, eine Schüt lerin aus einem Gymnasium in Sofia . Beide hatten sich mit Salzsäure vergiftet, da, wie sie in einem hinterlassenen Briefe schrieben, ihre Bereinigung unmöglich war. Das junge Mädchen, namens Mitschon, war tot, während der Mönch

hört, und wo die Sittenpolizei für einen wesente is lichen Bestandteil der Sicherungspolizei gehalten wird. Schon lange wollte ich Eure Exzellenz auf einen unerhör­ten Unfug aufmerksam machen, der in dieser Hinsicht in hie­figer Residenzstadt unter den Augen der freilich wa chend schlafenden Polizei" getrieben wird..

Seit mehreren Monaten wird fast alle Wochen in dem Weinmüllerschen Theater vor dem Isartor das Leben des berühmten Räuberhauptmannes Rinaldo Rinaldini, bei vollem Hause, vor Alten und Jungen aufgeführt. In diesem Stück, dem ich selbst beigewohnt habe, werden alle Diebsstreiche, die greulichsten Räuberszenen, die verruchtesten Banditenstreiche, so recht son amore auf die anlockendste Weise auf der Szene dargestellt... Schil Iers Räuber find gefährlich und waren es; aber sie sind doch das Werk eines großen Genies und sagen nicht jedem zu, sind nur den Gebildeten verständlich, nur dem genialen Feuerkopf gefährlich. Aber dieser Rinaldo Rinaldini, ein dramatisierter elender Roman des Bibliothekars Pulpius, hat ein weit größeres Publikum, weil er platter, gemeiner und daher auch dem Ungebildeten verständlicher ist.... Die Polizei, welche die Aufführung solcher Stücke erlaubt, macht fich zum allerwenigsten der Jugendverführung schuldig und wird der Verbrechen teilhaftig, zu welchen aus solcher Ver­anlassung die Gedanken in jungen unschuldigen Gemütern entstehen müssen. Wie ich aus nicht unsicherer Hand in Er­fahrung gebracht, haben mehrere Knaben der hiesigen öf­fentlichen Schulanstalten sich auf gegenwärtigem Jahr­markt zur Verübung mehrerer Diebstähle vereinigt. Wie dem auch sein mag, so bin ich doch überzeugt, daß Eure Er zellenz als Justizminister, dem die Respizierung des Kri­minalwesens obliegt, fich veranlaßt fühlen dürfen, an das Ministerium des Innern das Anfinnen zu stellen, daß solche fittenverderbende Stücke, welche geradezu und unmit telbar zu den größten Verbrechen Anleitung geben und dazu unter dem Scheine der Tugend und des Edelfinns auffordern, von Polizei wegen streng verboten werden." Auf Grund dieses Feuerbachschen Gutachtens wurde mit Billigung des bayerischen Königs Rinaldo Rinaldini" und kurz darauf auch der Banditenhauptmann Carlo Caro­Iini" vom Spielplan verbannt.

Am 2. Mai 1816 wurden am Königlichen Theater am Isar­tor zum erstenmal Schillers Räuber" gegeben, am 4. und 5. Mai wiederholt. Die zeitgenössische Theaterkri­tit nannte diese Erstaufführung der Räuber" feit langem eine der merkwürdigsten Erscheinungen auf dieser Bühne. Der vortragende geheime Rat in Juftisfachen J. A. P. von Feuerbach, der unbequeme Eiferer der wieder auffom­menden fatalen Deutschheit" war schon seit zwei Jahren durch die Versetzung in die Provinz nach Ansbach unschädlich ge­macht. Aber vielleicht hatte der Justizminister selbst an der Ankündigung von Schillers Räubern" Anstoß genommen; denn schon am Tage der Erstaufführung brachte er Feuer­bachs Gedankengänge beim Ministerpräsidenten in Erinne­rung. Der Ministerpräsident seinerseits sah sich durch die wie­derholten Aufführungen von Schillers Räubern" bewogen, dem Hoftheaterintendanten Delamotte das Verbot des Jah­res 1811 wieder einzuschärfen.

So ward unter dem aufgeklärtesten aller bayerischen Mini­ster das Freiheitsdrama des deutschen Lieblingsdichters noch Jahre nach seinem Tode auf Grund des Gutachtens eines an­deren großen deutschen Freiheitskämpfers verboten. Von der Polizei wegen Gefährdung der öffentlichen Sicher­beit verboten!

fich rasch erholte. Wie die Untersuchung herausstellte, hatte er nur sehr wenig Salzsäure zu sich genommen.

Die weiteren Umstände ergaben, daß der Fall anders lag

Nun bist du fort. Schon seit Sonnabend abend. Merkwürdig, wenn man so alleine ist und die Erinnerung an Dich begrabend, empfind ich, wie lebendig Du noch bist.

Der Rater Pünktchen spielt mit seinem Ball und gudt manchmal, als ob er Dich vermißt. Und Kunz, der Dackel, sucht Dich überall. Wie soll man ihm erklären, wo Du bist?

Ich bin allein und troßdem unzufrieden. Ich bin allein und doch noch Peffimift. Mein Wunsch hat sich erfüllt. Wir sind geschieden. Ich wüßte gern, ob Du mir böse bist. Die Sache mit Katinka ist zu Ende. Wie eilig unsereins so was vergißt! Nun siz ich hier und zähle die vier Wände und frag mich, ob auch Du so einsam bist. Erft feit Du fort bist, wurdest Du mir wichtig. Ich sage das, obwohl es tindisch ist. Erft feit Du fort bist, liebe ich Dich richtig. Und schreibe bald, ob Du gut angefommen bift.

Die Stufenpyramide von Sakkaro

Die Stufenpyramide von Sattara ist die älteste ber uns befannten. ägyptischen Pyramiden und Königsgräber, das Wahrzeichen des berühmten Pyramidenfeldes von Sab fara, der Stätte des alten Memphis am Westufer des Nils etwas stromaufwärts von Kairo . Die Pyramide, die aus sechs stufenförmigen Stockwerken besteht, ist das Grabmal des Begründers der dritten Dynastie, der vor beinahe 5000 Jahren als Pharao Zoser die Residenz Aegyptens von Ober. ägypten nach Memphis verlegt hat. Das Innere der Pyra­mide war bereits seit 110 Jahren bekannt, aber erst in diesem Jahre gelangen wichtige neue Feststellungen. Im Jahre 1928 hatte die archäologische Verwaltung der ägyp­tischen Regierung eine Reihe von Grabkammern gefunden, die mit blauen Fayencen ausgeschmückt waren. Im Fuß­boden einer dieser Kammern war ein von Räubern gegra benes Loch gefunden worden, das in tiefer gelegene Ram­mern und Gänge führte, die 32 Meter tief unter dem Erda boden verliefen. In diesem Frühjahr sind nach längeren Be­mühungen diese Gänge durchforscht worden. Sie sind teil­weise mit Holz ausgelegt, eine im alten Aegypten seltene Ausschmückung. Am Ende des 30 Meter langen Ganges fand man zwei schöne Alabaster- Sarkophage, von denen der eine leer war, der zweite aber einen hölzernen Sarg und die Ge beine eines zwölfjährigen Mädchens, wahrscheinlich der Tochter Zosers, enthielt. Dieser Fund ist von doppelter Be deutung. Er weist darauf hin, daß in dieser ältesten Zeit die Pyramiden nicht wie bisher ausnahmslos Begräbnisstätten einzelner föniglicher Persönlichkeiten, sondern einer ganzen töniglichen Familie gewesen sind, eine Annahme, die noch dadurch bestärkt wird, daß man am Ende anderer, wie die ganze Pyramide, viel geplünderter Gänge Bruchstücke wei­terer Alabasterfärge fand. Daneben ist auch die für das alte Reich unvermutete Vollendung der Holzarbeit des Holz­farges von Bedeutung. Der Sarg bestand von allen Seiten aus kunstvoll zusammengeschlossenen sechs Schichten von Ze dernholz, die mit einer Goldplatte bedeckt waren, die an den Ecken mit Hunderten kleiner goldener Nadeln befestigt war, die man noch heute dort findet, da die Räuber sie nicht ent­fernen konnten. Neben diesen Ergebnissen treten die Funde einiger großer Alabastervasen an Bedeutung weit zurüd.

als beim ersten Augenschein. Der Mönch hatte, um der Liebe Lachen nicht verfernen

des Mädchens zu entgehen, den Plan des gemeinsamen scheinbaren Selbstmordes ausgedacht, der ihm auch geglückt war. Die Behörden verhafteten ihn, die orthodore Kirche for­derte ihn jedoch für ihre Gerichtsbarkeit. Der Mönch Antoni warf daraufhin seine Stutte ab, und gegen Hinterlegung einer Garantie von 5000 Lewa entging er sogar der Inhaf­tierung.

Nun erwachte jedoch das moralische Gewissen der Deffent­lichkeit. Ein Preffefeldzug gegen den ehemaligen Mönch An­toni begann, auf der Straße wurde er sein Bild war in allen Zeitungen erschienen- beschimpft und verjagt, und selbst seine Freunde sagten sich von ihm los. In seiner Ver­zweiflung ging er auf den Kirchhof von Sofia, legte einen Blumenstrauß und ein filbernes Kreuz auf dem Grabe Mit­schons sowie einen Brief nieder, in dem er ihre Verzeihung anfleht, und erschoß sich dann.

Efiret die Frauen!

Schillers poetische Mahnung ist kein Freibrief für alle Schwächen, so dachte sich vielleicht der Oberbürgermeister von Nürnberg , als er einen neuen Geist auch im Umgang mit Frauen dekretierte. In einem Rundschreiben ersuchte er die städtischen Beamten, ihre Ehefrauen zu veranlassen, daß fie sich hinfort nicht mit dem Titel des Mannes zierten. Zur Führung des Amtstitels sei nur der Beamte selbst berech tigt. So lautet die Verfügung, wie sich jedoch die Gespräche mit den besseren Hälften abwickelten, das drang nicht in die Deffentlichkeit. Die Maßnahme des Nürnberger Diktators tönnte die Stadt teuer zu stehen kommen; welches Unheil, wenn die Beamten in das Titelparadies der übrigen bayri­schen Städte abwandern würden! In einer anderen Ecke des Reiches wird sogar der Kampf gegen Lippenstift und Schminke aufgenommen. In Schlesien darf hinfort fein ge­schminktes Mädchen nationalsozialistische Versammlungen betreten. Das Rassebewußtsein" müsse diese Art der Schön­heitspflege verbieten.

Ja, gnädige Frau, ich weiß nicht, ob ich die Stelle an­nehmen soll. Sehen Sie mal, Sie haben eine große Familie, und ob ich die Arbeit schaffe? Sie haben wohl Ihre Mäd­chen immer nicht lange?"

" N- n- nein, allerdings nicht. Wissen Sie, um die Ede ist nämlich die große Fabrik, da sind so viele junge Arbeiter, und kaum habe ich ein Mädchen da wird sie mir weg­geheiratet."

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Na, gnädige Frau, ich werde's doch mal versuchen."

Ich war für eine Nacht in dem kleinen Landgasthaus in H. abgestiegen und bat, mir eine Wederuhr ins Zimmer zu stellen. Der Hausknecht tam gleich darauf mit einer Schwarz wälder Rududsuhr angegangen. Unser Wirt läßt schön grüßen, aber' ne Weckeruhr hat er leider nich. Sie möchten doch die hier nehmen, die weckt Sie jede halbe Stunde."

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Sie sagen, daß dieses kleine Auto nichts taugt. Ich ver­fichere Ihnen: wir verkaufen Dußende davon!"

Das will ich gern glauben. Wie teuer ist denn das Dugend?"

Ich hab gestern für meine Frau einen Papaget- be­tommen."

Sie Glücklicher, bei mir findet sich kein Dummer, der so'n Tausch machen würde."

Der Schulrat prüft die Klasse. Gerda wird an die Tafel gerufen, einen richtig interpunktierten Saz anzuschreiben. Sie ist so aufgeregt, daß die Lehrerin erklärt: Die Kleine hat nämlich unüberwindliche Schwierigkeiten mit den Kom matas."

Das schadet ja gar nichts", tröstet der Schulmann das Kind, Kommas sind gar nicht so wichtig!"

Die Kleine strahlt, Fräuleins Gesicht wird lang. Also, Gerda," sagt sie dann, schreib jeßt: Der Herr Schulrat sagt die Lehrerin macht's falsch." Hast du?- Gut! Jetzt seb hinter Schulrat und Lehrerin je ein Komma."