DAS BUNTE BLATT

TAGLICHE UNTERHALTUNGS- BEILAGE

Der Krakatau

poda

Zur 50jährigen Wiederkefir des Vulkanausbrucis am 26. Aug.1883

Am 26. August jährt sich zum 50. Male der Tag, an dem der berüchtigte niederländisch - indische Vulkan Krakatau aus­gebrochen ist und nahezu 50 000 Menschen verschlungen hat.

Der Krakatau lag auf einer Insel in der Sundastraße zwischen Sumatra und Java, auf der sich bis zum Jahre 1883 zwei Vulkane befanden. Schon im Mai 1680 und im Februar 1684 schleuderten die beiden Vulkane ungeheure Lavamassen auf die Insel und vernichteten dort nahezu sämt­liche Lebewesen. Im Mai 1888 begann der Vulkan sich durch Erdstöße und Teilausbrüche bemerkbar zu machen. In der Nacht vom 26. zum 27. August 1883 kam es dann zu jenem Vulkanausbruch, der in der modernen Geschichte seines­gleichen nicht fennt. Die beiden Vulkane brachen ungefähr um Mitternacht aus, und zwar mit einer solchen Heftigkeit, daß die halbe Insel abgesprengt und ins Meer geworfen wurde. Eine gewaltige, nahezu 40 Meter hohe Flutwelle ent­stand und dehnte sich bis über Java und Sumatra hinweg bis nach Japan , Australien und sogar bis Südamerika aus. Etwa 50 000 Menschen wurden bei diesem gewaltigen Vulkan­ausbruch vernichtet. Im Gefolge der vulkanischen Explosion wurden große Massen vulkanischen Staubes emporge­schleudert, die noch viele Monate lang den ganzen Erdball umkreisten und die Sonne ver= dunkelten. Der Aschenabfall der Eruption war unge­fähr 1000 Quadratkilometer groß. Eine 70 Meter hohe Aschenschicht legte sich über den Rest der alten Insel. Durch die gewaltige Explosion waren beiderseits von dem ver­schwundenen Teil der alten Insel zwei neue Inseln empor­gestoßen worden, die jedoch nach einigen Monaten wieder unter die Meeresoberfläche untertauchten.

Die Detonation des Krakatau war auf den Philippinen, in Mittelaustralien und in Madagaskar deutlich zu hören. Die Erschütterung war auf der ganzen Erde zu verspüren, ebenso eine Schwankung des Luftdruckes, die durch die Wirbelstürme über den Sundainseln ausgelöst wurde.

Die ehemalige Krakatauinsel wurde von 30 auf 10 Quadrat­tilometer verringert. Auf dem ehemaligen Aschenboden

bildete sich eine neue Vegetation. Durch Winde und Vögel wurde die Aschenoberfläche neu belebt. Die Fruchtbarkeit der Tropen trug dazu bei, die Insel wieder mit einem äußerst ergiebigen Ackerboden zu bedecken.

Seit dem Jahre 1928 rührt sich dieser in die Meeres­tiefe versunkene Vulkan aufs neue und beun­ruhigte die Bevölkerung durch heftige Erd- und Wasserstöße. In einem Abstand von einigen Monaten steigen aus der Sundastraße in der Gegend des ehemaligen Krakatauvulkans gewaltige Wassermassen aus dem Meer empor und schleudern Lava und Steine bis an die Küste von Sumatra und Java. Die leẞte größere Eruption war am 14. August 1930 zu ver­zeichnen, wo eine Wassersäule von nahezu 200 Meter Höhe und mit einem Durchmesser von etwa einem Kilometer emporgeschleudert wurde.

Niederländsch- Indien gehört zu den vulkanreichsten Ländern der Erde. Auf den Sundainseln kann man etwa 100 tätige Vulkane zählen, die durch ihre unberechen­baren Ausbrüche die Bevölkerung in Atem halten. Hungers­not zwingt die Bauern und Pflanzer jener vulkanischen Ge­biete immer wieder auf die alte Scholle zurück. So sind beim Ausbruch des Kleot- Vulkans auf Java im Jahre 1919 nahezu 6000 Menschen ums Leben gekommen. Die holländische Regie­rung hat neuerdings zur Beobachtung der Krakatau und des Kleot einen eigenen Erdbebenbeobachtungsdienst eingerichtet, der 30 Beobachtungsposten auf dem ganzen Inselgebiet unterhält. 200 Assistenten und Hilfskräfte unterstützen den Leiter der Erdbebenwarte. Selbst in die Krater hat man Be­obachtungsposten, die mit Gasmasken und Hunden begleitet find, vorgeschoben, um rechtzeitig die Bildung von giftigen Gasen festzustellen. Durch Temperaturmessungen, Gesteins­prüfungen und Bohrungen hofft man den Ausbruch eines der Vulkane rechtzeitig melden und großes Unheil von der Be­völkerung abwenden zu können. Die leßte Erdbebenmeldung aus Niederländisch- Indien berichtete von einem drohenden Ausbruch eines Bultans bei der Stadt Palembang .

Ein Mensch ist verfungert

Von Walter Halfascika

In dem hellerleuchteten Schaufenster der Feinkosthand­lung locken tausend gute Dinge. Dickbauchige Mortadella, Salami, dürre Landjäger, Mettwürstchen mit zierlicher Binde um den glänzenden Leib, dann dunkelgeräucherte Schinken, deren Anschnitt rosig leuchtet. Goldgelb lacht der Käse und winzige Radieschen lugen weiß und rot aus grünem Blatt­werf. Riesige Stücke Selchfleisch lagern behäbig überein­ander, das quellende Fett mit hellem Grün geziert. Lang­gestreckt, den dunklen Leib aufgeschlißt, geräucherter Aal, davor Kaviar, Lachs und gesottene Krebse in niedlichen Schüsseln. Ungemein gustiös der Karpfen in Aspit. Grün­gesprenkelt der vornehme Gorgonzola in silberner Hülle. Berge von Orangen und rotbackigen Aepfeln, goldschim­mernde Muskatellertrauben, Bananen und kalifornische Pfirsiche, sorgsam eingehüllt in Seidenpapier wie frierende Kinder. Als Krönung des Ganzen das gebackene Huhn auf filberner Platte, knusprig braun und geschmackvoll garniert mit frischen Salaten. Im Hintergrund wachsen Pyramiden von Schokolade, Lebkuchen und Gläsern mit feinsten Kon­fitüren gewaltig empor bis zu den Regalen, von welchen langhalsige Flaschen erlesener Weine majestätisch nieder­blicken auf die verschwenderische Fülle.

Aus tief in den Höhlen liegenden Augen starrt ein Mann auf die Herrlichkeiten. Seine hagere, erbärmliche Gestalt im zerschlissenen Mantel nimmt sich nicht gut aus neben den feingekleideten Leuten und ängstlich rücken diese von der Elendsgestalt ab. Der Hungernde merkt nichts davon. Irr flackert sein Blick und seine knochige Hand ballt sich zur Faust. Es hat den Anschein, als wolle er einfach hineinschlagen in die Scheibe, Doch kraftlos sinkt sein Arm wieder herab. Mühsam schleppt er sich die Häuserfront entlang. Seit vielen Stunden schon irrt er so herum.

Ein jäher Schwindel erfaßt den Mann, kalter Schweiß bricht aus seinen Poren und erschöpft lehnt er an der Haus­wand.

Ueber die Straße weg donnert die Hochbahn. Achtlos gehen die Menschen an ihm vorbei. Fieber schüttelt den Mann. Von Krämpfen befallen, taumelt er über die Straße.

Drüben stehen Bänke.

Feurige Räder drehen sich vor seinen Augen, Blige zuden und der Boden wankt unter seinen Füßen.

Dumpf schlägt er hin.

Menschen laufen zusammen. Ein Wachmann erscheint. Man bettet die hagere Gestalt auf eine Bank. Ein Betrunkener," fragt jemand.

" Wahrscheinlich," sagt ein dicer Herr im Stadtpela.

Nein! Vor Hunger ist er zusammengestürzt!" schreit eine schrille Frauenstimme.

" Ruhe! Auseinandergehen!" fordert der Wachmann auf. Doch die Leute weichen nicht. Im Gegenteil, immer mehr Neugierige strömen herbei. Der Herr im Stadtpelz sieht sich zu seiner Bestürzung eingezwängt in eine erregte Menge. Drohende Gesichter ringsum. Einer ist vor Hunger z sammengestürzt!"

Im Nu wissen es alle.

Die reichen Leute fressen sich an und wir verrecken auf der Basse!" ruft einer.

Die Schnurrbartspitzen des Wachmannes sträuben sich. Es wird doch nicht am Ende zu Krawallen kommen? Wenn nur der Rettungswagen schon da wäre.

-

Der dide Herr im Stadtpela fühlt sich reichlich ungemütlich und und verflucht im stillen seine Neugierde. Die Leute da er, der Wohlgenährte, Gutgekleidete... Fatale Situation. Der Wachmann hat Mühe, die Bank freizuhalten. Ein schrilles Pfeifen ertönt. Der Rettungswagen.

Ein Arzt öffnet Rock und Hemd des regungslos Daliegen­den. Der Dicke im Stadtpela entnimmt seiner Brieftasche eine Geldnote. Wenn man sich auf diese Weise aus der Affäre ziehen kann...

Der Arzt hat die Untersuchung beendet. Kopfschüttelnd richtet er sich auf.

-

Wir können den Mann nicht mitnehmen," sagt er zu dem hm sozusagen an Wachmann, er ist nämlich tot. Ver. Entkräftung gestorben. Ich werde sorgen, daß der Toten­wagen..."

Der Wachmann legt die Hand an die Mühe. Das Auto verschwindet.

Langsam zerstreut sich die Menge. Der Herr im Stadt­pela steckt achselzuckend das Geld wieder ein. Mit einem scheuen Blick auf den Toten geht er weg. Barsch fordert der Wachmann ein paar Unentwegte auf, zu gehen:

Habts noch kan Toten gsehn?"

Schmal liegt der Körper des Verhungerten auf der Bank. Ungeduldig hält der Wachmann nach dem Totenwagen Ausschau. Endlich rollt er heran. Der Tote wird verladen. Eine Tür schlägt zu.

Der Wachmann schreibt eine kurze Meldung in sein Dienst­buch und leuchtet dann mit seiner Taschenlampe die Bank ab. Nein. Keine Blutflecken. Nichts erinnert daran, daß hier ein Toter gelegen ist.

Donnernd braust die Hochbahn über die Brücke. Menschen gehen lachend vorbei.

Ein Mensch ist verhungert.

Ladien nicht verfernen

Können Sie Französisch?" fragte der Gewaltige den jungen Menschen, der sich mit List und Tücke bis zu seinem Privatkontor durchgeschlagen hatte.

" Nein," mußte er erwidern.

" Können Sie Englisch ?" forschte jener weiter, um eine Nuance weniger freundlich.

" Nein," gestand der junge Mensch.

Können Sie Buchführung, Stenographie, Schreib­maschine...?" erkundigte fich der große Mann summarisch. Nein," sagte der Junge bescheiden.

Ja, aber zum Donnerwetter," brach der andere los, was tönnen Sie denn eigentlich?"

Alles das lernen," erwiderte der Junge. Er bekam den Plaz als Lehrling.

Der Angellateiner

Karl steht im Sande von Swinemünde . " Ich habe gestern eine Flunder geangelt

-

( Politiken ".)

foo groß war fte- schau her!" Und er zeichnet mit seinem Stock in den Eand einen Kreis- einen Kreis von dreizehn Meter Durch­meffer.

Fragt ihn der Freund:

" Sag, Karl, warum beginnst Du zuerst das Auge Deiner Flunder zu zeichnen?" Neue J. 3.")

Was ist im Sommer paradox? Wenn an einem heißen Hochsommertag die Liebe zu einem Menschen erfaltet!

Wenn man von einem dunkelhaarigen, sonnengebräunten Mann behauptet, daß er ein weißer Rabe sei!

Wenn man von einer Dame im Badetrikot behauptet, daß fie zugeknöpft set!

Wenn jemand in den Dünen am Meer liegt und mit einer diden Dame flirtet!

Wenn jemand im Waldesdickicht einer schlanken Frau huldigt!

Wenn eine feurige Frau im Gebirge bei stürmischem Wet­ter Wassermanns Werke lieſt!

Wenn ein Hochtourist eine Höhe erklimmt und, oben ange­kommen, äußerst heruntergekommen aussieht!

Wenn eine Dame auf der Kurpromenade bei heiterem Wetter einen Verehrer abblizt!

Wenn ein fauler Mensch in der Pension einen regen Ap­petit zeigt!

Wenn in der Sommerfrische einem Barbefizer das Bar­geld ausgeht!

Wenn ein Oberregierungsrat Unterwäsche anzieht und da durch mittelmäßig transpiriert!

Hildegard G. Fritsch.

Der Staatensinn der Ameise Der englische Forscher Ch. Elton gibt in der Zeitschrift The Journal of animal Ecology" einen Ueberblick über seine Forschungen, die er in den letzten Jahren über den Staatensinn der Ameise angestellt hat. Er geht dabei von der Voraussetzung aus, daß der größte Teil der Vergleiche zwischen menschlichen und tierischen Staatengebilden schief iſt. Seine Beobachtungen erstreckten sich auf die in der englischen Grafschaft Hampshire häufig auftretende rote Waldameise, und zwar führte er die Untersuchungen durch auf einem verhältnismäßig engen Bezirk, der sieben verschiedene Ameisenstaaten enthielt. Die einzelnen Gebiete dieser Staaten waren scharf voneinander gesondert, und zwischen ihnen befanden sich bestimmte neutrale Zonen. Die Zug­straßen zu den einzelnen Nestern, also der einzelnen Staaten, hatten keine Verbindung und keinen Zugang zueinander. Ameisen aus einem bestimmten Nest, die Professor Elton versuchsweise auf die Straßen eines anderen seßte, verloren plößlich vollkommen die Orientierung. Trotzdem die Jagd­gebiete der einzelnen Ameisenstaaten eng benachbart liegen, herrschte zwischen den einzelnen Staaten feine Feindschaft. Nur bei ersichtlichem Nahrungsmangel überfielen sich die einzelnen Nester. Noch eine andere interessante Beobachtung gelang Professor Elton. Zu stark übervölferte Nester teilten sich und es bildete sich eine Art von Kolonialvolt, das einen neuen Staat gründete. Zwischen dem Mutter- und dem Tochterstaat wurde dann jede Verbindung gelöst. Ohne jede Reibung wurde sodann das alte ursprüngliche Jagdgebiet zwischen den beiden Staaten geteilt.

Das Ende der venizianiscien Gondef

Wenn auch die Berichte von dem Aussterben der vene­zianischen Gondeln von den alten Gondolieren ärgerlich als übertriebene Sensationsmeldungen bezeichnet werden, so sehen doch auch sie sorgenvoll in die Zukunft, so gern sie sich auch mit dem Gedanken trösten, daß Venedig ohne seine Gondeln einfach undenkbar ist. Aber die Gefahr des Ver­schwindens des Wahrzeichens der Lagunenstadt wirft gleich­wohl bereits ihre Schatten voraus, wenn man einen Blick auf die alten Squeri" wirft, wie die Werften genannt werden, auf denen die Gondeln gebaut werden. Neunzehn der berühmten Gondelbauer Venedigs , die als Künstler ihres Fachs hinter den großen Geigenbauern Cremonas nicht zurückstehen, haben bereits den Gondelbau stillegen müssen. Eine Gondel, die aus ihrer Hand hervorging, machte den Besizer glücklich und stolz.

Die Eigentümer solcher Privatgondeln, die im Gegensat zu den schwarz gestrichenen des öffentlichen Verkehrs reich und farbig geschmückt waren, setzten ihren Ehrgeiz darein, die schönste Gondel Venedigs zu besitzen. Jetzt sind von dem Dußend der einst berühmten Gondelbauer nur zwei oder brei übrig geblieben. Der eine baute vor zehn Jahren noch durchschnittlich dreißig Gondeln im Jahr. Seither aber ist die Produktion ständig zurückgegangen. 1932 fonnte er nur noch eine Gondel vom Stapel laffen, und in diesem Jahr ist überhaupt noch kein Auftrag eingegangen. Diejenigen, die heute noch der Gondel vor dem nüchternen Motorboot den Vorzug geben, bescheiden sich mit alten Booten, die sie aus zweiter Hand kaufen. Alles in allem sind für die Gondeln und die Gondoliere Venedigs böse Zeiten angebrochen.

Ein riesiges Lenin- Denkmal

wf.

In Moskau hat man beschlossen, Lenin ein Denkmal zu errichten, das in bezug auf Höhe jeden Rekord schlagen soll. Es soll nämlich höher sein als die Freiheitsstatue im Hafen von Neuyork, und zwar wird man das Denkmal auf dem Dach des geplanten Sowjetpalastes errichten, der an dem Plaz erbaut werden soll, wo ehedem die Erlöserkathedrale gestanden hat. An Stelle der einstigen goldenen Riesenfuppel wird man jezt das Monument Lenins sehen. Die Höhe des Denkmals soll 50 bis 75 Meter betragen, während die ameri­tanische Freiheitsstatue nur 46 Meter hoch ist. Der Koloß von Rhodos , das eine der sieben Weltwunder, soll nur 40 Meter hoch gewesen sein. Der Entwurf des Sowjetpalastes stammt von dem Architekten Boris Yofan und wird im gan= zen etwa wie ein Piedestal der Statue wirken. Mehr als 300 Entwürfe sind eingereicht und geprüft worden, bis man sich endlich für diesen entschlossen hat, der einfach in den Linien und monumental in den Proportionen ist.