Grausamer Strafvollzug

K. S. Die Ausübung des Rechts zu strafen: einem Menschen Uebles zuzufügen zum Ausgleich verbotenen Handelns oder um solches Handeln fernerhin zu ver hindern, ist eine der ernsteffen Fragen für den seiner Verantwortung bewußten Staatsmann. Kein Wunder, daß die rassische Genialität der neuen Staatslenker sie im Handumdrehen löst. Wer anderen, weil ihre Denkart oder ihre Nase ihm mißfällt, kaltblütig Existenz, Freiheit und Leben nimmt, wie sollte sich der große Bedenken machen gegenüber dem Verbrecher, dem ausgesprochenen Feinde der Gesellschaft? Ausgenommen natürlich, wenn der Verbrecher selbst in den Reihen der Gewalthaber oder gar an ihrer Spizze steht. Wenn seit Menschenaltern ernste Forscher, verantwor tungsvolle Praktiker um Straf- und Strafvollzugsrecht ringen und allmählich eine Bermenschlichung der Recht­sprechung, die Umbildung des Strafhauses aus einer Stätte der nußlosen Qualen in eine Anstalt der Er­ziehung zum Leben in der Gesellschaft wenigstens ange­bahnt haben die Henker- und Tyrannenbrut, die heute ihre krankhaften Gelüste an einem großen Kulturvolk austobt, bedarf nicht des Ballastes der Wissenschaft, der Erfahrungen gewissenhafter Praktiker. Sie kehrt mit

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Bergnügen zurück in eine Bergangenheit, in der von

Staatshäuptern und ihren beslissenen Helfershelfern un­unterbrochen die furchtbarsten Üntaten an den Völkern begangen wurden, in der die Wissenschaft von Menschen und der Gesellschaft noch nicht geboren war.

So sind es auch auf diesem Gebiet die landläufigen Schlagwörter des Unwissenden, die rohen Instinkte des Gedanken- und Gefühllosen, die dem neuen Deutschland  die Wege weisen: zurück in mittelalterliche Grausamkeit, in die Zeit vor den Strafreformen der letzten 1 Jahr 1/2 hunderte.

Ein Strafvollzug, der rein zweckbestimmt ohne Lust an sinnloser Quälerei arbeitet, erkennt in der Freiheits­entziehung, dem dauernden 3wang zur Befolgung frem­der Anordnungen schon Uebel genug, um wenigstens in Unterbringung und Ernährung den Forderungen der ärzt lichen Wissenschaft einigermaßen zu genügen und Ver­schärfungen zu vermeiden, die mit den Wirkungen der Haft notwendig die leibliche und seelische Gesundheit untergraben. Jm Stufenbau fortschreitender Anpassung an die Erfordernisse des gesellschaftlichen Lebens wird er allmähliche Erleichterungen gewähren, durch Zulassung bescheidener Freuden auch dem Sträfling das Leben wieder etwas lebenswert machen. Da und dort hatte man auch ein Stück 3wang durch etwas Freiheit ersetzt und dem Strafhaus etwas echten Lebensinhalt gegeben. Alles aus der Erkenntnis: Ziel des Strafvollzugs darf nicht mehr die Ra che sein; der Gefangene büßt nicht nur für eigene Sünden, nein auch für die Schuld der Gesellschaft, die in ihren Mängeln Antriebe zu Straftaten erzeugt. Unnüße Härte gegen Gefangene ver­mehrt nur die Gesamtqual der Menschheit, erzeugt in ihren Opfern Härte und Rachegefühle gegen die Gesell­schaft.

Diese hochsinnigen Erkenntnisse vieler der Besten waren nicht vergeblich: aus einem Teil der Verbrecher wurden wieder Menschen, die Menschenwürde fühlten, sich ein­gliederten in die Reihen einer gesitteten Gesellschaft.

Mit dem allen wird nun gründlich aufgeräumt werden. Es wird streng durchgegriffen. Betonung des Vergeltungsgedankens" so überschreibt die gleichgeschaltete Presse den Bericht über die Eröff nungen, die Staatssekretär Freisler den Presse­vertretern gemacht hat. In der Begründung der neuen", b. h. uralten und längst veralteten Reglung, die in dieser Presse gegeben wurde, heißt es ohne Umschweife: Aus der sozialen Konstellation läßt sich kein Ber­brechen erklären. Der Verbrecher ist der ge= borene Untermensch. Den Verbrecher er ziehen zu wollen wäre ein vergebliches Unter­fangen. Die Strafe muß eine abschreckende Wirkung haben... Auch im Strafvollzug sollen nicht mehr die liberalistisch- h u manitären Maßnah, men des früheren Staates angewandt werden."

Auf einem Scherbenhaufen zerschlagen finden wir da alle Ergebnisse eines Jahrhunderts der Wissenschaft und Reformarbeit. Sorgfältig ist alles zusammengetragen, was Unwissenheit und Gehässigkeit gegen die ,, überspannte Milde" des Strafvollzugs, der in Wahrheit viel mehr durch überlieferungsgebundenes Haften am Ueberlebten, Menschenfeindlichen als durch meichherzige Nachsicht ge= fehlt hat, ins Feld geführt hat. Als wissenschaftliche" Be gründung dient die freilich gedankenlos nachgeplapperte und vergröberte Lehre des genialen jüdischen Forschers Lombroso   vom geborenen Verbrecher". Nur daß Lombroso  , dessen Lehre schon diele berechtigte Einschränkungen erfahren hat, damit nur einen Bruchteil der Verbrecher als von der Zeugung an schwer Belastete gekennzeichnet hat. An sich hat er die Wirkung der Um­welt nicht geleugnet, wenn auch unterschätzt. Er würde sicher in einem großen Teil der Obermenschen", die sich zu Herren Deutschlands   aufgeworfen haben, solche gebore­nen Verbrecher erkennen, wohl aber auch ihnen die ver­giftenden Wirkungen der Kriegsjahre und einer sittlich verpestenden nationalistischen Erziehung zugute halten. Wo solche Menschen, zugleich unwissend und bösartig, Ge­setze geben, muß das Ergebnis gemeingefährlich sein.

Abschreckung heißt ihr Zauberwort. Es gibt jetzt," sagte Freisler   seinen Presseknechten, nur eine einzige Art der Straferziehung, nämlich die, durch die dem Strafgefangenen auf das lebendigste klar wird, daß er nie wieder in ein solches Heim hinein möchte. Bisher war es so, daß die Strafgefangenen sagen konnten, die Straf­anstalt sei ein kostenloses Hotel, das sie gut versorgte und in dem es sehr angenehm ist. In Zukunft werden sie aber nichts mehr fürchten, als wieder in dieses Heim hinein zu müssen, und dann werden sie sich vielleicht auch nach der Strafvollstreckung etwas in acht nehmen."

Man hört ordentlich die Peitschen knallen, sieht die grauen Gesichter, die verfallenen Gestalten ausgehungerter Menschen, die als Ruinen diese Anstalten verlassen- oder, wenn sie noch ein Stück Kraft bewahrt haben, mit dem Racheschwur im Herzen, diesem Staat, dieser Gesellschaft noch weit mehr zu schaden als bisher. De nnnachalter Erfahrung zieht grausamer Strafvollzug steigende Grausamkeit des Verbrechens nach sich; noch dazu, wenn gerade die schlimmsten Roheitsverbrecher Kerkermeister spielen dürfen. Denn es ist klar, daß nur aus den Reihen der SA. oder ihrer gleich­

wertigen Spießgesellen Leiter und Aufseher dieser Straf­und Quälanstalten hervorgehen werden, denen man durch Wegfall des Beschwerde rechts von vornherein den Freibrief für alle Untaten erteilt.

So etwas fingt Jugend, das ist Kultur" im britten Reich"! Gotteslästerung, Gemeinheiten, Minderwertig­teiten sind der Inhalt des erbärmlichen Machwerks, das im übrigen nur ein weiterer Beweis für die absolute Militari fierung ganz Deutschlands   ist.

Daß daneben noch die weiteren Disziplinarmittel ver­seitigt und nahezu alle Bergünstigungen gestrichen werden, schärft, der Strafvollzug in aufsteigenden Stufen fast be. lichen Verbände werden ja diese Anstalten nur als Kerker. verſteht sich von ſelbſt. Angehörige der regierungsfreund. Das Neueste meister bewohnen. Aber wehe denen, die auch nach der Uebergangszeit, wenn die Freiheitskämpfer von ehedem in den Konzentrationslagern zu Tode gemartert oder nach den verschiedenen Berfahren kurzerhand erledigt sind, es wagen, dieses System zu kritisieren oder gar zu be kämpfen. Zuchthausstrafe mit all den Verschärfungen, die der Sadismus ersinnen mag, ist ihnen gewiß. Solange fie alles tun, um Verderben zu verbreiten und echtes diese Sorte Menschen Deutschland geknebelt hält, wird Menschentum zu verwüsten. Die deutsche Wissen schaft aber, die so lange um die Verbesserungen ge­kämpft hat, die nun kalten Herzens der Vernichtung geweiht werden was tut sie, um ihre Grundgedanken, ihre Ehre zu verteidigen? Ein Narr wartet auf Antwort.

Der Reichsparteitag der NSDAP  . wurde Mitts woch um 20 Uhr von allen Glocken Nürnbergs   feierlich eingeläntet. Im Rathaus fand eine Begrüßungskundgebung statt, wobei der Reichskanzler eine Ansprache hielt. Der Rat der Stadt Nürnberg   hat dem Kanzler als Begrüßungs- und Ehrengabe einen Originalabdruck des Dürerschen Kupfers ftichs Ritter, Tod und Teufel  " überreicht.

Soldatenlieder im ,, dritten Reich" Ein Blick auf neudeutsche Lyrik und Kultur!

Jede Tätigkeit der SA., SS. und der Hitlerjugend   ist Dienst! Wenn mehrere uniformierte Nazis gemeinsam einen Weg zurückzulegen haben, wird in militärischer Ord­

Die Deutsche Studentenschaft   in Oesterreich  ist aufgelöst worden.

Der Leiter der österreichischen Heimwehr, Starhemberg, ist gestern in Rom   eingetroffen.

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Wie Havas aus Barcelona   berichtet, sind drei Frans zosen, die vom Mädchenhandel lebten, verhaftet worden und werden ausgewiesen werden.

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Nach einer Havasmeldung aus Bilbao   brach im Freis hafen von Santurce ein Brand aus. Die dort lagernden Waren, vor allem über 15000 Tonnen Salpeter, wur den vernichtet. Der Sachschaden soll sich auf vier Millionen Peseten belaufen.

nung marschiert. Wenn größere Trupps oder Kommandos" BRIEFKASTEN

beisammen sind, müssen sie singen. Zwar ist die Singlust in der letzten Zeit start gesunken, die SA. mault, weil sie fein Stiefelgeld mehr bekommt, und weigert sich vielfach, singend über die Straßen zu ziehen, aber die Hitlerjugend ist noch sangesfreudig. Die Kulturfämpfer des dritten Reichs" haben dieser Hitlerjugend und der SA. eine Reihe von Sol­datenliedern beschert, die zur Zeit in den Straßen der deutschen Städte erklingen. Angesichts der Betonung einer neudeutschen Kultur ist es nicht ohne Reiz, einmal festzu­stellen, was denn eigentlich gesungen wird. Neben dem alten, immer noch beliebten Siegreich wolln wir Frankreich  schlagen" ist zur Zeit besonders folgendes Liedlein auf der Tagesordnung, das mit Begeisterung von der- Hitler­jugend(!) gesungen wird

Morgens um halb vier, halb vier, da kommt der Offizier:

Steht auf, ihr faulen Knochen, ja Knochen und räumet das Quartier.

Aber immer mit frischem, frohem Mut, zwei, drei, ziehn wir der Heimat zu.

Lisa, Lisa, schenk der Reserve mal Himbeerwasser ein, Lisa, Lisa, schenk der Reserve mal ein.

Der Hauptmann fam geritten, geritten auf einem Faß Benzin,

da glaubten die Rekruten, Refruten, es wär der Zeppelin. Aber immer usw.

Der Hauptmann kam geritten, geritten auf einem Ziegenbock,

da glaubten die Rekruten, Rekruten,

es wär der liebe Gott(!), Aber immer usw.

Der Hauptmann fam geritten, geritten auf einer dicken Sau(!),

da glaubten die Rekruten, Rekruten, es wäre seine Frau(!!). Aber immer usw.

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Jo. E. W. F., Amsterdam  . Ihr Brief war ungenau adressiert. Das her antworten wir Ihnen auf diesem Wege. Ihr Beitrag wird ver­öffentlicht. Gelegentliche aktuelle politische Glossen sind uns er­wünscht. Das Braun- Buch ist nicht in unserem Verlage erschienen. Es kostet hier broschiert 18.-, gebunden 25.- Franken. Das dürfte dem dortigen Preis entsprechen.

B. T., La. Calamine  . Leider können wir Ihre Wünsche nicht er­füllen. Die Organisation der Emigranten können wir unmöglich übernehmen. Die Pariser Adresse ist uns nicht bekannt.

W. K., Wien I  . Ihre an sich gute Arbeit ist für unser Blatt nicht geeignet. Sie wäre eher als Flugblatt für den Mittelstand geeignet. Kopenhagen  . Wir haben Dänemark   nicht vergessen. Auch in Ihrem Lende wird der Vertrieb unseres Blattes demnächst beginnen. J. H., Eupen  . Ihren langen Brief haben wir mit Interesse ge­Irfen. Veröffentlichen wollen wir einstweilen nichts. Eiserne Kreuze find in jedem Trödlerladen zu haben. Wir möchten die Ritter" des E. K. I. nicht zählen, die es sich selbst verliehen haben.

Nick, Brüssel. Dank! Wir haben uns herzlich gefreut. Aber zum Abdruck reicht es noch nicht.

Afta. Besten Dank. Wir teilen Ihre Auffassung über Max Barthel  vollkommen und stimmen Ihnen auch zu, daß ihm gegenüber manche sozialistische Instanzen als zu leichtgläubig waren. Trotzdem taten wir wohl auch nach Ihrer Meinung recht daran, solche Charakter­bilder, die schleunigst zu Hitler   entwischen, mit der ihnen gebühren­den Achtung weiterzugeben.

Sportfreund, Antwerpen  . Dank für freundliches Angebot. Wir temmen darauf zurück.

Berchem. Dank für Anregung und Interesse. Aber vergessen Sie bitte nicht: wir sind überwiegend eine politische Zeitung. Für nur wissenschaftliche und in den Gefilden der Theorie geltende Betrach tungen haben wir keinen Raum.

Ostende  . Uns scheint, daß Sie die Sache etwas zu wichtig nehmen. Wir wollen weder für das Rauchen, noch dagegen, weder für das Schminken, noch dagegen Stellung nehmen." Sehe jeder, wie ers treibe, sehe jeder, wo er bleibe..." Das gilt auch für die Sie". Hoffentlich sind Sie uns nun nicht böse.

Prag  . Wir danken für Ihren aufklärenden Brief. Jede Richtig stellung ist uns erwünscht. Wir wollen keine falschen Behauptungen aufstellen. Die Wahrheit ist schon grauenvoll genug.

Verantwortlich: für die Redaktion Joh. Piz: Inserate Otto Kuhn, beide in Saarbrücken  . Druck und Verlag: Volksstimme" G. m. b H., Saarbrücken  . Schüßenstraße 5.

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