die Frankfurter Zeitung  " feststellen, daß die neueinge­stellten Arbeiter zunächst auf Kosten bereits bestehender Borräte unterhalten werden". Viele Unternehmer können auch nicht anders verfahren. Sie dürfen keine Kredite aufnehmen, weil sie nicht nur keine Zinsen erwirtschaften

Trebeurden und Nürnberg  

können, sondern auch mit dem glatten Verlust der einge Zugleich eine nachträgliche Antwort an die Niederwaldprovokation

Jetzten Mittel rechnen müssen. Wer die Gelegenheit hat, mit den deutschen   Unternehmern ganz intim unter vier Augen zu sprechen, hört wiederum den altbekannten Aus­druck: Wir werden gezwungen, die Substanz ou vers zehren." Trotz der rein kapitalistischen Einstellung der " Nationalen Regierung" werden also die Unternehmer ge­zwungen, entgegen allen kapitalistischen   Grundsätzen zu wirtschaften.

Namentlich die Arbeitsmarktpolitik, dieser Krieg gegen die Arbeitslosigkeit"( in noch viel größerem Maße aber: gegen die Arbeitslofen st a ti st i k), zeigt alle Widersprüche auf, die sich aus der Lage der Diktatur zwangsläufig er­geben. Für die jüngeren Arbeiter sind die Arbeitsdienst lager und alle Formen der militärischen Ausbildung da, also lautet die Parole: Die Familienväter( selbstverständ. lich national gesinnte") herein in die Betriebe! Die arbeitenden Söhne werden zu Doppelverdienern erklärt, werden entlassen bzw. aus der Unterstützung ausgesteuert. Die Folgen? Erstens einmal sinkt die Kaufkraft der " Familienverbände" so tief, daß von irgendwelchen An­schaffungen über das Erhalten der bescheidensten Existenz hinaus keine Rede sein kann, auch der Markt für die Industrieerzeugnisse schrumpft noch weiter zusammen. Letzten Endes deshalb, weil die Produktivität der Arbeit geringer wird. Auf anderer Seite wollen auch die jungen Landsknechte doch eine gesicherte Existenz und ihre eigenen Heime haben. Sie fehen auch die Gefahr, als Arbeits­kräftig völlig unbrauchbar zu werden. Also müssen für sie um jeden Preis Arbeitsplätze geschaffen werden. In vielen Fällen völlig unbeachtet ihrer Qualifikation. Man kann fich ausdenken, was das für die Industrie bedeutet, die in folchem Maße, wie die deutsche, auf die Qualitätsarbeit angewiesen ist. Und es kann nicht anders verfahren werden, wenn die SA. ungefährlich gemacht werden soll. Von der gründlichen beruflichen Vorbereitung kann auch keine Rede sein, solange diese Menschen immer noch die Funktionen der Landsknechte zu erfüllen haben.

Das gleiche gilt auch für die anderen Gebiete, namentlich für die sogenannte Mittelstandspolitik. Auch hier müssen aus dem Selbstbehauptungsbedürfnis der Diktatur heraus in unzähligen Fällen die wirtschaftlich Untüchtigen auf Kosten der Tüchtigen künstlich gestützt und bevorzugt werden. Aus demselben Grunde ist trotz aller Bekenntnisse zur internationalen Zusammenarbeit eine vernünftige Handelspolitik im dritten Reich" ein Ding der Unmög­lichkeit. Die gleichen Leute, die die deutsche Republik als Fürsorgestaat" verschrien und verdammt hatten, müssen jetzt auch eine Art Fürsorgepolitik treiben, aber in ihrer wirtschaftlich unsinnigsten und schädlichsten Form himmelweit vom Sozialismus entfernt, spottet diese Politik auch dem kapitalistischen   Willen der Machthaber ins Gesicht, da sie dem bewährten liberalkapitalistischen Grundsag entgegen nicht den Tüchtigen, sondern den Un­tüchtigen die Bahn frei macht. Solange diese Diktatur besteht, ist das deutsche   Volk verurteilt, alle Härten der kapitalistischen   Ausbeutung zu ertragen, ohne daß die produktionsfördernden Kräfte des Kapitalismus zur Aus­wirkung kommen könnten.

Selbstmord geht um

Das Ende eines bekannten Augenarztes

Saarbrücken  , 5. September.

Er hat den Frieden für uns gewollt," schreibt ein junger Fischer der Bretagne   auf den Gedenk­stein Briands, der am Sonntag in Trebeurden ein­geweiht wurde. Es war zur selben Stunde, in der Herr Hitler   in Nürnberg   seine Kriegserklärungan den Pazifismus wiederholte.

Der französische   Außenminister Paul Boncour   hat seinen großen Vorgänger und sein Vorbild Aristide Briand   bei dieser Gelegenheit als den Schöpfer jenes Briand bei dieser Gelegenheit als den Schöpfer jenes Locarno   gefeiert, dessen Tendenz durch die Hitleraggressivi tät im akuten Stadium der europäischen   Politik in der Betonung des französischen   Sicherheitsgedankens liegt:

" Je mehr sich gewisse Drohungen abzeichnen, die uns aber unsere Kaltblütigkeit nicht nehmen werden, die uns aber zwingen, wachsam zu bleiben, desto größeren Dank find wir dem Manne schuldig, dessen diplomatische Aktion schließlich Ende 1928 erreichte, daß England und Italien   einen Tegt unterzeichneten, der sagt: Im Falle einer flagranten Verlegung des Artikels 2 des vorliegenden Vertrages oder eines flagranten Verstoßes gegen die Artikel 42 und 48 des Versailler Vertrages durch eine der hohen vertragschließenden Parteien, ver: pflichtet sich jede der andern unterzeichnens den Mächte schon jest,( ofort der Partei Hilfe zu leisten, gegen die eine solche Vers legung gerichtet ist."

Man darf kaum annehmen, daß diese lobenswerte Klar heit in der augenblicklichen Geistesverfassung der Führer" des Nationalsozialismus jenes Echo finden wird, das allein zum Heile Deutschlands   und Europas   dienlich wäre. Der offizielle Conti Rommentarber Hitlerregierung ist statt dessen eine erneute frech­dreiste Provokation und die Dokumentation einer Men­talität, mit der jeder Versuch einer Verständigung den Verrat an den ureigensten Lebensinteressen des eigenen Volkes bedeuten würde.

Es scheint nicht, als ob sich der französische   Außenminister über diese Mentalität der tollen Hunde Europas  "( wie fie ein rumänisches Blatt jüngst nannte!) irgendwelchen Jllusionen hingäbe. Mit einer Deutlichkeit, die bei aller Mäßigung eine eiserne Festigkeit verrät, hob Boncour hervor,

welcher Kontrast zwischen Rundgebungen wieder heutigen, wo fern von den Grenzen am Ufer des Meeres die Bolksmengen nach Frieden rufen, und zwischen den Segereien besteht, die bis an bie Grenze unseres Gebiets geführt werden. Frankreich   weiß, daß es ft art genug ist, um gewalts tätigen Unternehmen standzuhalten, und der stillschweigend

* 1915?

3ürich, 4. Sept. In einem Hotel in Rüßnacht am Rigi  wurde heute morgen der bekannte Berliner   Augenarzt Dr. Bruno May Wolf mit seiner Gattin tot aufgefunden. Dr. May, der im Frühjahr auf der Rücks rcife von einem Aerztekongreß in Spanien   in der Schweiz  Aufenthalt genommen hatte, hatte einen Nervenzufammen bruch erlitten und war dann eine Zeitlang in einem schweize: rischen Sanatorium behandelt worden. Nach seiner Ents lassung war er nach Rüßnacht gezogen, wo er nunmehr mit seiner Gattin den Freitob gesucht hat.

*

In Holzheim bei Neuß   überfuhr ein Kraftwagen fünf itlerjungen, die sämtlich schwer verlegt wurden. Einer ist inzwischen geftorben. Der Führer des Wagens wurde festgenommen.

Die Nachforschungen nach den Urhebern des Anschlags auf Prof. Lessing   führten bisher zur Verhaftung von nenn Personen.

Aus Cofel in Oberschlesien   wird von deutschen   Nach richtenbüros gemeldet: In Maßkirch erstach ein Marxist einen NSBO.- Mann. Der Täter wurde verhaftet.

Das ahnungslose deutsche   Volk

Die Baseler Nationalzeitung" schreibt über den Nürnberger   Parteitag:

Die Großartigkeit der Aufmachung steht zu der Armseligkeit des Inhalts in einem peinlichen Gegensatz. Nach fieben Monaten Herrschaft ist der deutsche Nationalsozialismus nirgends zu einer pofitiven Leistung gekommen; die Senkung der Arbeitslosigkeit, deren er sich berühmt, besteht im wesentlichen darin, daß weniger Unter­stüßungen ausbezahlt und Hunderttausende zu einer Arbeit genötigt wurden, die kaum höher bezahlt wird als die frühere Arbeitslosenrente. Und jeder Renner der deutschen   Wirtschaft weiß, daß die angeblichen Erfolge gar nicht vorhanden sind, die Notstandsarbeiten werden sich von den Gemeinden bloß durchführen laffen, wenn sie auf die Spareinlagen der Spar­

faffen greifen, die Inflation läßt sich dant dem Transfermoratorium noch ein wenig ver­schleiern, da die freie Mark auf dem Weltmarkt kaum verlangt wird, aber die Kauffraft ist bei gesunkenen Löhnen und erhöhten Preisen immer geringer. Die Textilindustrie tann nicht in alle Ewigkeit Uniformtuch und Fahnen er­

Mussolini und Stalin  

Der Text des italienisch- russischen Nichtangriffspaktes

Rom  , 4. Gept. Der Tegt bes italienisch- ruffischen Freundschaftss, Nichtangriffs- und Neutralitätsvertrages lautet:

In dem Wunsche, mit allen ihren Kräften an der Erhals tung des allgemeinen Friedens mitzuwirken, unter Berüc fichtigung der Kontinuität der Beziehungen beider Länder gueinander und entschlossen, ihre Politik der unbedingten Enthaltung von der Einmischung in die internen Angelegens heiten ihrer Länder fortzulegen, beschließen beide Staaten, durch den Abschluß des Vertrags die zwischen Italien   und der Sowjetunion   bestehenden Beziehungen zu konsolidieren. Artikel 1: Jede der beiden vertragschließenden Par­teten verpflichtet sich, in feinem Fall etwas gegen die andere Partei zu unternehmen, feine Jolierung herbeizu­führen oder eine Bindung mit einer britten oder mehreren Mächten einzugehen, an einem Krieg ober einem Angriff au Land, zu Wasser oder in der Luft nicht teilzunehmen, und die Unverleßlichkeit der unter der Herrschaft des anderen Teils stehenden Gebiete anzuerkennen.

Artikel 2: Wenn einer der Kontrahenten Gegenstand bes Angriffes einer dritten Macht wird, so verpflichtet sich der andere Kontrahent, die Neutralität während der ganzen Dauer des Konfliktes aufrechtzuerhalten. Wenn einer der Kontrahenten eine dritte Macht angreift, tann der andere Kontrahent ohne Vorankündigung den gegenwärtigen Bertrag lösen.

Artikel 3: Jeder der beiden Kontrahenten verpflichtet fich, an teiner internationalen Abmachung teilzunehmen, die

den Ankauf oder Verkauf von Waren des anderen verhin dern könnte oder den Kredit des anderen Teiles schädigen würde und feine Maßnahmen zu treffen, um die Beteiligung am Außenhandel des anderen zu verhindern.

Artikel 4: Jeder der beiden Kontrahenten verpflichtet fich, in teine politische oder wirtschaftliche Bin­dung einzugehen, die gegen den anderen gerichtet ist.

Artikel 5: Die in ben vorhergehenden Artikeln fest­gelegten Verpflichtungen können in feiner Weise die aus Abkommen herrührenden Verpflichtungen und Rechte des anderen Kontrahenten beschränken, wenn diese Abkommen vor dem vorliegenden Bertrag abgeschlossen sind. Aber jeder ter beiden Kontrahenten erklärt, daß er keinen Vertrag ein­gegangen ist, der zur Teilnahme an einem gegen einen anderen Mitkontrahenten gerichteten Angriff verpflichtet.

Artikel 6: Die Kontrahenten verpflichten sich, alle etwa entstehenden Unstimmigkeiten, die nicht auf gewöhnlichem diplomatischem Wege gelöst werden können, einem Schiedsgericht zu unterbreiten.

Artikel 7: Der gegenwärtige Vertrag, der in italienischer und russischer Sprache ausgefertigt ist, und der in Moskau   ratifistert werden wird, tritt mit dem Datum feiner Natifizierung in Kraft und bleibt in Kraft bis ein Jahr nach der Kündigung seitens einer der Kontra­henten. Diese Kündigung kann aber nicht vor Ablauf von fünf Jahren erfolgen, vom Tage seines Inkrafttretens an gerechnet.

vor fich gegangene Besuch des Ministerpräsidenten und Kriegsministers in den Befestigungsans lagen an unseren Ostgrenzen war die richtige Antwort auf ein Verhalten, von dem man zum min­deften sagen muß, daß es die Friedensatmosphäre start trübt, die für die Restauration Euros pas   so unbedingt notwendig ist. Einhellig bes gleitete ganz Frankreich   den Ministerpräsidenten auf seiner Inspektionsreise."

Jm Interesse Deutschlands  , seines Volkes und seines Best andes läge es, wenn über dem Festtrubel und den überlauten Blechtönen einer graufenerregenden Inhalts­leere und beispiellosen Geistesverwirrung, wie sie sich in Nürnberg   manifestierten, diese Mahnung und Warnung nicht im Heil- Hitler" Gekreisch ungehört verhallte,- und das gleiche gilt vom Niederwaldrummel, auf den Boncour anspielt.

Oswald Spengler  , Modephilosoph der nazi­sadistischen Brutalität, hat den Geistern, die er rief, in seinem neuen Buche Jahre der Entscheidung" voll ,, Angst um Deutschland  " ins Stammbuch geschrieben: Es ist keine Zeit zu Rausch- und Triumphgefühl! Wehe denen, die die Mobilmachung mit dem Sieg verwechseln! Es wäre richtiger, wir sparten das für einen Tag wirklicher und endgültiger Erfolge auf, d. h. außenpolitischer. Es gibt keine anderen." Aber statt außenpolitischer Siege ist die restlose außenpolitische Jsolierung Deutsch­ lands   der einzige sichtbare Erfolg" der Hitlerei. Wenn Herr Hitler   zu beraten wäre, würde er sich nach dem irr­sinnig anmutenden Rassengetobe in Nürnberg   jene Stelle der Boncourschen Rede einmal unter die Lupe nehmen, welche darauf eine ganz entschiedene Antwort erteilt:

Die Staaten des heutigen Mitteleuropa  , die auf dem Recht der Nationalität aufgebaut sind, das gerade das Gegenteil von jenen völkischen Konzep tionen ist, aus denen sich nur die Umwälzung der Grenzen ergeben könnte, brauchen zum Leben und zu ihrer Entwicklung freie wirtschaftliche Berständigung, die nicht durch politische Rompetitionen oder territoriale Forde rungen getrübt werden dürfen, um das Gleichgewicht und die Abjagmärkte wiederzufinden, deren sie bedürfen."

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Aber Herr Hitler   hat darauf wie auf die französisch­italienische Annäherung und ihre Neukonstitu ierung des Donauraumes nur eine einzige Ant­wort: die Frage nach der Abrüstung Frankreichs  ! Es ist die Frage des Wolfes an seinen Nachbar, warum dieser sein Gewehr nicht zerschlage. Aber war es nicht Ehren- Ley, der einmal das Wort prägte, daß man dem M. B. Wolfe vorher den Fangschuß geben müsse?!

zeugen, die Einnahmen der Reichsbahnen finten erschreckend, die Auflagen der Zeitungen, der Bücher, die Besucherzahlen in Kinos und Theatern verringern sich, obwohl der Bezug der Naziblätter und der Besuch patriotischer Vorstellungen und Filme fast obligatorisch geworden ist. Einstweilen wird weiter marschiert, und dies scheint vorerst noch einen Teil der Nation zu begeistern, und der andere Teil, der enttäuscht ist und klarer sieht, muß schweigen. Aber man darf wohl die Voraussage wagen, daß das vom Führer der Stadt Nürnberg  verheißene Monopol auf Parteitage von ihr faum sehr viele Jahre lang in Anspruch genommen werden wird...

Wir schreiben da vergleichsweise 1915, wo jeder Ein­sichtige die deutsche   Niederlage schon spürte, aber Deutschland   noch drei Jahre benötigte, um sie zu erkennen und dadurch sich und mit sich die Welt in unsägliches Elend stürzte.

Militärischer Charakter

Nürnberg  , eine Generalprobe der Mobilmachung Der Manchester Guardian" bespricht in seiner vortrefflichen Art die Nürnberger Festlichkeiten:

Wie die Kundgebungen von Tannenberg und am Nieders walddenkmal, besitzt auch der Parteitag einen milis tärischen Charakter.

Die Braunhemden entwickeln sich schnell zu einer regels rechten Armee. Der Verkauf der braunen Uniformen soll am 15. September aufhören; von da an werden sie durch eine regelrechte feldgrane Uniform ersegt. Täglich wird die Zahl der Braunhemden größer, die den Stahlhelm tragen.

Die Tagung der Braunhemden in Nürnberg   hat tats fächlich den Charakter einer probeweisen Mobils machung.

Vorher hatte Deutschland   nicht die Möglichkeit, seine Maffen in militärischem Sinne zu mobilisieren.

Alle Kundgebungen, die in diesem Jahr stattfanden, mit ihren ungeheuren Massen Braunhemden, ihren Quartiers scheinen, ihren Lagern, ihren Feldküchen, ihren Befehls stellen, ihrem speziellen Eisenbahndienst stellen einen weitgehenden Versuch für eine General: mobilmachung dar, die ohne Beispiel in irgendeinem anderen Lande ist. Eine furchtbare nationale Armee bildet und organisiert sich.

Reaktion In Spanien  ?

Die Wahlen zum Verfassungsgericht

Paris  , 5. Sept." Journal" berichtet aus Madrid  , daß von den 15 Sigen des Gerichts für die verfassunggebenden Garantien, die von sämtlichen Gemeinderäten Spaniens   ges wählt wurden, die Sozialisten nur zwei und die Radikalen nur einen einzigen Sig erringen konnten. Die Partei des Regierungschefs sei überhaupt nicht vertreten. Die Res gierungsparteien hätten mithin eine eindeutige Niederlage erlitten, wie man überhaupt feststelle, daß eine starke Res aktion gegen die Politik der Regierungsmehrheit sich bes merkbar mache.