Arbeitsstreckung Leipziger Messe- wie noch nic!

Berlin , 4. Sept.( Inpreß.) Das Statistische Reichsamt er­

flärt in seinem letzten Bericht, daß der Prozentsfag der be- Kühne Parolen

sezten Arbeitsplätze Ende Juni 46,5 Prozent und Ende Juli 47,1 Prozent betrug. Jedoch sei die Steigerung nur dadurch erzielt worden, daß die tägliche Durchschnittsarbeitszeit von 7 Stunden 27 Minuten auf 7 Stunden 10 Minuten gesenkt worden sei.

,, Es ist unmöglich..."

Ein deutsches Unternehmerblatt spricht von Katastrophenpolitik

Jm Hauptorgan der deutschen Unternehmer, Der deutsche Arbeitgeber", wird die Hitlersche Wirtschaftspolitik mit folgenden Ausführungen als Katastrophenpolitif" gekenn­zeichnet: Es ist unmöglich, eine dauernde Besserung der Betriebstätigkeit durch behördliche Anordnungen und behörd­liche Maßnahmen zu erreichen. Nur wenn die Möglichkeit einer lohnenden Produktion besteht, kann die Beschäftigten­zahl vergrößert und die Produktion ausgebreitet werden. Andernfalls muß die Ausbreitung auf die Dauer zur Kata­strophe führen."

Dreitagewoche

Frankfurt, 4. Sept.( Inpreß.) Die Opelwerke, die größten Automobilwerke Deutschlands , mit einer Belegschaft von 18 000 Mann, haben die Arbeitszeit in den letzten Monaten zunächst auf 5, dann auf 4 und jetzt auf 3 Tage in der Woche herabsehen müssen.

Die Textilindustrie schränkt ein

Die Frankfurter Zeitung " bringt aus der Münsterländer Textilindustrie folgenden Bericht: Die Belebung der letzten Monate ist zum Stillstand gekommen. Einzelne Firmen ver­zeichnen Rückgänge der Abrufe auf bereits getätigte Abschlüsse... Unbefriedigend ist die Lage bei den Jute­spinnereien und-webereien. Auch bei den Leinen- und Halb­leinenwebereien ist die Lage unverändert schlecht."

Der Bericht beweist, daß die Hausse am Markt für Uniformen und Fahnentücher vorüber ist.

Rückgang des Fleischkonsums

Zur Geschäftslage schreibt die Stuttgarter Metzgerinnung: Der Geschäftsgang ist in diesem Jahre wesentlich schlech= ter als im Vorjahr. Die Arbeitslosigkeit, die schlechte Geschäftslage im allgemeinen, Rückgang der Einnahmen weiter Bevölkerungskreise all dies beeinträchtigt natur­gemäß auch den Absatz in den Metzgerläden. Das Jahr 1933 hat sich bis jetzt nicht gut angelassen.

Deutliches Krisenzeichen Erneuter Rückgang des Bierabsatzes

München , 4. Sept.( Inpreß.) Für das Jahr 1932-33 ist gegen über dem Vorjahr ein weiterer Rückgang des Bierabsatzes um etwa 8 Prozent zu verzeichnen. Im Jahre 1928-29 find 56,6 Mill. Hektoliter ausgestoßen worden, 1931-32 nur noch 34 Mill. Hektoliter und 1982-33 die niedrigste Ziffer von 31 Mill. Hektoliter.

Daß das Braugewerbe seit den letzten Statistiken noch weiter sich verschlechtert hat, beweist ein Ausspruch des Vor­fizenden des Verbandes Rheinisch- Westfälischer Brauereien, Schmitz( Willich ), der folgendermaßen lautet:

,, Nichts sei irriger als die Annahme, daß es den Braue­reien glänzend gehe. Absabrückgänge feien an der Tages­ordnung. Es sei höchste Zeit, daß dem Gewerbe geholfen werde. Er möchte der Regierung zurufen: Rettet nicht nur den deutschen Bauer, jondern helft auch dem deutschen Brauer".

Handel hält zurück

und die Wahrheit

Die wenigen Ausländer, die mehr aus Neugierde als irgendwie in der Hoffnung, Geschäfte tätigen zu können, auch diesmal zur Leipziger Messe gefahren sind, stimmen fast ausnahmslos in dem Urteil überein:" Noch eine solche Herbstmesse- und Leipzig ist erledigt." An der Messefront" wurden nun seit drei Wochen ständig große Siege verkündet und die Meldungen hierüber begannen eigentlich erst aufzu­hören, als die Messe begann. Vor allem veröffentlichte man imponierende Ziffern über die Zahl der Aussteller, die eine beträchtliche Steigerung erfahren haben soll.

In Wirklichkeit lagen die Dinge so, daß die großen Aus steller nicht nur des Auslandes, sondern auch der Jn= landsfirmen, und zwar ohne Rücksicht auf die Ermäßigung der Plazmieten, weggeblieben sind. Hingegen hat man in der berühmten braunen Messe" eine große Anzahl kleiner Mittelstandsfirmen vereinigt, die hierdurch keine Unkosten hatten und sich jetzt stolz als Messeanssteller bezeichnen werden.

Ueber die Bedeutung dieser Firmen und ihrer Umsätze ist fein Wort zu verlieren, aber die braune Messe hatte ihren Zweck eigentlich schon erfüllt, als sie eröffnet wurde, weil man durch diese ganze Einrichtung die offizielle Zahl der Aussteller künstlich erhöhen konnte, und hierauf allein kam es an.

Tatsächlich haben schon die ersten Tage gezeigt, daß die Herbstmesse die schlimmsten Befürchtungen übertroffen hatte. Ueberall zeigte sich eine gähnende Leere. Einzelne Häuser, wie das Oesterreich Haus , wirften geradezu ge­spenstisch. Eine große Anzahl führender österreichischer Firmen hatte nämlich vorgezogen, die Messe überhaupt nicht zu beschicken, und zwar selbst auf die Gefahr hin, für die Plazmieten trotzdem in Anspruch genommen zu werden. Das Messeamt wird jetzt

diese und andere ausländische Firmen verklagen

und es wird jedenfalls im internationalen Exporthandel emmen ausgezeichneten Eindruck machen, wenn man überall sieht, daß die Firmen sich lieber durch ein Reugeld loskaufen, ols an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen,

Selbst die gleichgeschaltete deutsche Presse konnte ihre früheren Siegesmeldungen von der Messefront nicht mehr fortsetzen, als die Messe eröffnet worden war. Die schon im Frühjahr sehr start gesunkene Zahl der Ausländer war nämlich neuerdings von 413 auf 318, also um weitere sirfa

der zweite Tag eine Besserung bringen werde, obwohl dies übrigens im deutlichen Widerspruch zu allen bisherigen Messeerfahrungen gestanden hätte. Aber 24 Stunden später rußte man zugeben: Der zweite Tag der Messe scheint in den Messehäusern den von manchen erwarteten verstärkten Besuch nicht gebracht zu haben." Jm weiteren Verlauf der Woche

leerte fich Leipzig fast vollständig

und nur in der sogenannten Braunen Messe, in der die Kreise des Leipziger Mittelstandes bzw. seiner national­sozialistischen Parteiorganisationen fast vollständig unter sich waren, bemerfte man zeitweise eine aufgeregte Menge, die start an das Bild einer Wahlversammlung erinnerte. Ge­schäfte dürften hier kaum getätigt worden sein, aber man hörte einige biedere Pgs. an ihren Ständen viel von der Ueberflüssigkeit des Exportes reden und andere volkswirt­schaftliche Vorträge halten, deren Inhalt allerdings den Ausstellern und Besuchern der braunen Messe nicht immer ganz klar geworden sein dürfte. Es handelte sich, wie auf den ersten Blid festzustellen war,

um eine reine Parteikundgebung.

Einzelne Ausländer, die sich diese Angelegenheit aus Neu­gierde ansehen wollten, zuckten elegisch die Achseln, als sie an das großartige internationale Bild dachten, das früher die weltbedeutende Leipziger Messe geboten hatte und das hier braun in braun in diesen Herbsttagen zu Grabe getragen wurde.

Das typischste und schlimmste der ganzen Leipziger Herbst­messe des Jahres 1983 war der deutliche Eindruck, daß das Ausland und der internationale Exporthandel geradezu aufs gehört hat, diese Reste der Leipziger Messe noch ernst zu nehmen. Eine der wichtigsten Bastionen des deutschen Außen­handels ist unter der Propaganda- Phrase und der amateur­haften Politik spießbürgerlicher Parteigrößen auf der Strede geblieben. Selbst im günstigsten Falle würde es sehr lange dauern, bis die Erinnerung an diese Herbstmesse 1983 ver­schwunden sein wird, weil es ja gerade in der Welt des Kaufmannes immer sehr viel leichter ist, einen guten Ruf durch unsolides und stümperhaftes Geschäftsgebaren zu zer­stören, als ihn aufs neue zu erringen.

25 Prozent abgefunken. Man versuchte zunächst natürlich Leipziger Messe in Braun

die Schuld

auf die böse Krise zu schieben,

aber auch diese Version dürfte sich kaum lange aufrecht­erhalten lassen, nachdem aus Wiener und Prager Mel­dungen in präzisen Ziffern flargestellt worden ist, daß andere Messen eine sehr starke Zunahme der Beschickung er fahren haben. So schrieb selbst die Deutsche Bergwerks­zeitung" in Düsseldorf , das schwerindustrielle Blatt der Thyssen- Leute, das noch bis in die letzten Tage vor Messe­beginn die Siegestrompete am hellsten geblasen hatte: In einer so ausgesprochenen Exportindustrie wie jener der Epielwaren herrscht eine etwas gedrüdte Stimmung. Hier ist die Messe viel ruhiger, als im Frühjahr. Immerhin fehlten die ausländischen Käufer nicht ganz." Daß diese ,, nicht ganz fehlenden" ausländischen Käufer aus ein paar englischen, französischen und skandinavischen Journalisten bestanden, wurde allerdings nicht bemerkt. Aber auch in anderen, nicht so vorwiegend auf Export abgestellten J dustrien war es immer nach den gewiß unverdächtigen Berichten derselben gleichgeschalteten Quelle nicht besser. In den weiteren Berichten vom ersten Tage hieß es dort: Die Messe der Papierwaren war ziemlich lücken: haft und hatte auch nur schwachen Besuch zu verzeichnen. Früher war in der Reklamemeise auch dann noch großes Gedränge, wenn es in den übrigen Messehäusern recht still war. Heute ist es hier, wenigstens vorläufig, faft ruhiger, als in anderen Branchen."

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In den Blättermeldungen über den Verlauf des ersten Meffetages sprach man noch immer die Hoffnung aus, daß

Großherzig

Deutsche Holzindustrie unbefriedigt ( Inpreß.) Der Wirtschaftsverband der deutschen Holz- Wenn die Junker schenken industrie nennt den Beschäftigungsgrad in den Monaten Juli und August sehr uneinheitlich" und gibt zu dieser vorsichtigen Formulierung folgenden deutlicheren Bericht: " Im August machte sich eine Abschwächung des Geschäftes bemerkbar. Die Regierungsmaßnahmen zur Belebung der Möbel-, Haus- und Küchengeräteindustrie haben sich bisher nicht voll auswirken können, da der Handel mit Aufträgen zurückhält. Die Sperrholzindustrie hatte start zu leiden... Die Exportmöglichkeiten sind weiter gesunken.

Der ostpreußische Oberpräsident Rube richtete vor einigen

freiwillig und ohne Entgelt Boden für Siedlungszwecke zur Monaten an die deutschen Großgrundbesitzer einen Appell, Verfügung zu stellen. Ein neuer großer Schlag gegen die Arbeitslosigkeit sollte geführt werden.

Es geht aufwärts"

Ein Beispiel glänzender Ernährung

Der Appell Kubes hat einen großen Erfolg gehabt. Das heißt: einen großen moralischen Erfolg. Von den 6,5 Mil­lionen Morgen Grundbesitz, die die Herren des Bodens ihr Eigentum nennen, sind jeßt, nach einigen Monaten, nicht mehr und nicht weniger als 1304 Morgen, das heißt etwa 0,2 Prozent, dem Staat zur Verwendung angeboten worden. Nur die Besißer und die amtlichen Stellen wissen, wieviel Moor- und Heideland in diesen Schenkungen eingeschlossen find. Man sieht: die Großgrundbefizer gewähren den Mil­lionen Arbeitslosen eine beispiellose Hilfe.

( Inpreß.) Die Forschungsstelle für den Handel" in Berlin hat festgestellt, inwieweit die Fettpolitik des dritten Reiches" Und was für Land mögen die Junker geschenkt haben! die Ernährung der Bevölkerung verbessert hat. Zahlen find Die 1304 Morgen sind übrigens nur der sechste Teil des aufschlußreicher als Proflantationen. Im Vergleich zum von Staats wegen an Hindenburg geschenften neuen Gutes. Vorjahr ist der Margarineumjas um 35 Prozent in den Für den einen 8000 Morgen, für die landhungrigen Massen kleinen und um 30 Prozent in den mittleren Geschäften ge- 1300 Morgen. Das ist Hitlers Sozialismus". fallen. Besonders aufschlußreich ist das Eingeständnis der

Forschungsstelle, daß die geringwertige Margarine ießt ab erter Schrhexport

durch die Handelsspanne relativ stärker verteuert wird als die hochwertige". Auch die Kleinhändler, deren Schicht sich stets als treueste Anhänger Hitlers erwies, sind der Regie­rung zu Dank verpflichtet, weil sie nach dem Bericht der For­schungsstelle offenbar etwas geringere Gewinne aus dem Fettbetrieb als früher erzielen".

,, Katastrophal"

Der Hamburger Bürgermeister über die Wirtschaftslage

( Inpreß.) In einer Besprechung Hamburger Wirtschafts­kreise, die in der Börse stattfand, erklärte der Hamburger Erste Bürgermeister Krogmann, daß die Lage der Hamburger Wirtschaft tatastrophal sei. Sie werde vom Ruin bedroht.

DG. Der deutsche Schuherport, der im Juli 1982 noch 112 000 Paar Schuhe betrug, betrug im gleichen Monat dieses Jahres nur noch 56 000 Paar, hat sich also halbiert.

Der Vierjahresplan Hitlers marschiert so langsam, daß er eben feine Schuhe braucht.

Dank der Nazis

Beschlagnahme des Eigentums von Frau Ella Brandström

Stockholm , 4. Sept.( Inpreß.) Frau Ella Brandström, die während des Krieges die deutschen Gefangenen in Sibirien verproviantierte, ist auf Beschluß der Nazis ihres sämtlichen Eigentums in Deutschland beraubt worden unter dem Vor­wand, daß sie mit einem deutschen Sozialdemokraten ver­heiratet ist.

,, Man kann nicht ohne Lächeln..."

Das Handelsblad"( Amsterdam ) schreibt u. a.: " Die große internationale Messe in Leipzig hat nun einen nationalen Charakter mit einem schmalen auslän= dischen Rahmen bekommen. Alle offiziellen Versicherungen, die das Gegenteil glauben machen wollen, müssen als Opti­mismus bezeichnet werden. Man will einerseits Selbst­versorgung und gleichzeitig internationalen Handel und Er­höhung des deutschen Exportes. Es ist nicht recht klar, wie man diese seltsame Kombination realisieren will.

Man hört auch jetzt hier noch, daß das Ansland einsehen muß, daß Deutschland Qualitätsware ausführen will. Das Ausland hat sich aber inzwischen von dieser Qualitätsware unabhängig gemacht. Das mußte es tun, als in Deutschland die Autarkie Trumpf wurde.

Noch vor einigen Jahren tamen 80-100 ausländische Journalisten nach Deutschland , um ihr Interesse zu be­zeugen. Diesmal waren höchstens 15 dort. An Stelle des ausländischen Interesses ist die braune Uniform und die Erste Braune Großmesse" auf das Gelände der Technischen Messe getreten. Man kann nicht ohne Lächeln die fanatischen Berichte der deutschen Zeitungen lesen, die glauben fonftas tieren zu müssen, daß die gewaltige Fülle von früher einem weniger lauten, aber darum gesunderen Geschäftsleben ge= wichen ist. Ob dabei die Unkosten im Verhältnis nicht zu groß werden, müssen sie selbst ausrechnen.

Aber wie dem auch sei; alles bedeutet einen Rückschritt und wenn es im nächsten Jahre nicht besser wird, so kann es dem Ruf des deutschen Exportwesens, das vorbildlich ge­nannt werden konnte, nur Einbuße tun."

N'edertreten!

Nur die Nazipresse darf leben

( Inpreß.) Das Heidelberger Tageblatt" schreibt in einer ganzseitigen Annonce u. a.: Der Zeitungskrieg wird fort­gesezt! Obwohl bei den maßgeblichen Stellen Stöße von Klagen und Beschwerden unabhängiger Zeitungen über un­lauteres Gebaren nationalsozialistischer Parteiorgane bei der Bezieherwerbung vorliegen, geschieht in Baden nichts zur Abstellung dieser Mißstände... Tatsächlich handeln die nationalsozialistischen Parteiblätter dem Verbot unfairer Werbemethoden zuwider und schädigen dadurch die Bestre­bungen der Regierung und die Befriedung des politischen und wirtschaftlichen Zustandes."

Wer kritisiert, wird bestraft. Das Heidelberger Tage­blatt" ist auf 14 Tage verboten worden, weil die Behaup= tungen eine alles bisher übersteigende Frechheit" war. Der Führer", das Hauptorgan der NSDAP , Gau Baden , be­stätigt den Konfurrenzfampf mit den Mitteln des Nazi­terrors, indem es höhnt: Es gibt für diese Bresse fein Ent­rinnen mehr. Der Liberalismus ist tot, und es ist ein vergeb liches Bemühen, mit den unwahrhaftigen Geschäftsmethoden des Liberalismus weiter zu operieren."

..Konkorda'sgeist?"

Unter dieser Ueberschrift wendet sich das Rentralorgan der die Saarbrüder Saarländischen Zentrumspartei, Landes Zeitung", gegen das erneute Verbot der katho lischen Wochenzeitung Junge Front", die die Zeitschrift der deutschen fatholischen Jugendverbände ift. Das Blatt weift darauf hin, daß dieses Verbot durch die Sitler- Regie: rung das zweite in verhältnismäßig furzer Zeit war, und jetzt die Dauer von acht Wochen erreicht!

..Junge Front"

Katholische Jugendzeitschrift verboten

Die in Düsseldorf erscheinende Wochenschrift Junge Front" ist vom Düsseldorfer Regierungspräsidenten für acht Wochen verboten worden. Die Junge Front" ist ein Organ der katholischen Jugendverbände.