Ende einer..Front"
Enttäuschter Mittelstand
Die Angestellten als Opfer der Gleichschaltungen Der Hausbesitz klagt
Seltsame Gefühle muß bei den Lesern der Hugenbergpresse folgendes Inserat auslösen: Infolge Auflösung der
Dem Zentralverband Deutscher Haus- und Grundbesizervereine sind aus allen Teilen des Reiches Berichte zugegangen, die insgesamt eine einzige große Klage darstellen über die außerordentlich weitgehenden Schädigungen, die dem Haus- und Grundbesitz durch die Sperre für Geschäfts
Deutschnationalen Fronterrichtungen entstünden. Als„ besondere Tragit" wird
sind eine größere Anzahl unserer Beamten und Angestellten frei geworden. Zur Verfüg. stehen u. a. Sekretärinnen u. Sekretäre, Stenotypistinnen, Büro- und Kassenbeamte, sowie technisch, kaufmännisch und landwirtschaftlich vorgebildetes Personal aus den verschiedensten Berufszweigen. Es handelt sich durchweg um gute und zuverlässige Kräfte, die sich besonders f. Vertrauensstellungen eignen. Das Personal ist gewohnt, sich auf den verschiedensten Gebieten schnell einzuarbeiten und mit Menschen umzugehen.
Die Hauptleitung der Deutschnationalen Front, Abwicklungsstelle Berlin NW 7. Friedrich- Ebert- Straße 29 bemüht sich um die Unterbringung und bittet um gefl. Stellenangebote.
Mit den Angestellten ist es überhaupt so eine Sache. Aus allen möglichen Gründen hat die„ nationale Revolution" Betriebe zerstört, und nun haben die Angestellten dieser Betriebe das Nachsehen. Der durch Boykott ruinierte Warenhauskonzern Tietz hat unlängst 5000 Angestellten kündigen müssen. Wie wird es den christlichen Opfern des Judenboykotts ergehen? Wahrscheinlich ebenso, wie den vielen tausend Büro- Angestellten der ehe
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maligen jüdischen Rechtsanwälte, von denen entgegen allen großen Versprechungen der Naziführer nach amtlicher Mitteilung von April bis heute erst ganze 350(!!) wieder in Stellungen gebracht werden konnten, dazu noch etwa 100 in vorübergehende Aushilfsstellungen. Dafür wird den ledigen Anwaltsangestellten Einstellung beim- Arbeitsdienst der Pro vinz Brandenburg angeboten, d. h. fast unbezahlte, schwere Erdarbeit, für die sich ja Büropersonal ganz besonders gut eignet! Selbst das gleichgeschaltete ,, B. T." kann nicht umhin, herzzerbrechend von der „ großen Not der stellenlosen Anwaltsangestellten“ zu jammern.
Ja, zweifellos große Not. Aber auch: gewissenlos heraufbeschworene Not. Es handelt sich um viele tausend Büroangestellte, die troß der Krise Arbeit hatten und heute noch Arbeit haben würden, wenn nicht der Hitlerstaat aus rassefanatischem Haß mit der Existenz der jüdischen Anwälte zugleich die noch zahlreicheren Existenzen ihrer Angestellten zerstört hätte. Ob von denen noch einer mit Begeisterung„ Heil Hitler!" ruft?!
Wer verbreitet Greuellügen?
doc's
Der gleichgeschaltete„ Dortmunder Generalanzeiger" veröffentlicht einen langen Bericht aus Paris , worin behauptet wird, daß die französische Regierung die jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland in Konzentrationslager stecke!- In Wahrheit hat die französische Regierung einige leerstehende
bezeichnet, daß das Gesez, das dem mittelständischen Einzelhandel Hilfe bringen soll, in Wahrheit große Teile des ebenfalls mittelständischen Hausbesizes wirtschaftlich schwer schädige. Wenngleich das Gesetz nur einen vorübergehenden Charakter habe und das Verbot der Errichtung neuer Verkaufsstellen auf die Zeit bis zum 1. November befristet sei, so seien in den bisherigen drei Monaten seit Infrafttreten des Gesetzes für den Hausbesib, insbesondere den Geschäftshausbesitz, derart große Schäden eingetreten, daß eine Ver= längerung des Gesezes über den 1. Novem ber hinaus, abgesehen von Warenhaus Filialen, Einheitspreisgeschäften usw., ein fach untragbar" sei. Die schädigende Wirkung habe sich bereits in so weitgehendem Maße gezeigt, insbesondere bei der Durchführung des Arbeitsbeschaffungsprogramms des Hausbesizers, daß sich der Zentralverband Deutscher Hausund Grundbesitzervereine an die Reichsregierung gewandt habe und die unverzügliche Aufhebung des Gesetzes fordere, um eine ungestörte Fortführung der Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung zu gewährleisten.
Verschärfter Klassenkampf in der SA.
Die großbürgerliche Neue Züricher Zeitung", die den Züricher Großbanken nahesteht, berichtet in einem langen Leitartikel unter dem Titel„ Süddeutsche Eindrücke" u. a.: „ Ein in jeder Hinsicht zuverlässiger, seine Worte wägender, zur Zusammenarbeit mit der Regierung bereiter Verwaltungsmann hat uns gesagt, daß von einem Plan, wie man die Arbeitslosigkeit beheben könnte, überhaupt feine Redeset. In den 6 Monaten, die seit Hitlers Machtübernahme verstrichen sind, sei so gut wie gar nichts zu einer organischen Lösung des Arbeitslosenproblems geschehen... Man glaubt es nicht und muß es sich doch bestätigen lassen, daß in jeder Gemeinde einige Dußend zum Schlimmsten entschlossene Schreihälse und Unruhestifter vorhanden sind, die den ganzen Ort terrorifiteren. Sie sind alle im Besitz von Schußwaffen, die ihnen abzufordern auch die staatliche Obrigkeit nicht wagt. Sie drohen jedem, der sich ihren Wünschen widersetzt, mit der Exekution, inszenieren mit rasch herbeigeholten Kampfgenossen aus den Nachbarorten Demonstrationen vor Rathäusern und auf Marktpläßen, haben die meist schwachen Polizeifräfte, die auch nicht wissen, welcher Wind gerade an der Regierungszentrale weht und wer schließlich recht bekommt, eingeschüchtert und erzwingen, statt selber in Schußhaft genommen zu werden, die Inhaftnahme ihrer oft ganz ahnungslosen Feinde". Entgegen der allgemeinen Ansicht gehören diese verwegenen Gesellen weit häufiger der SS. als SA. an; der Gegenfag dieser Elemente zu den„ bürgerlichen" Schichten des Nationalsozialismus wird kaum noch bemäntelt und bereitet der Partei große Sorgen."
Militärgebäude für obdachlose Flüchtlinge zur Verfügung Im Briefkasten
gestellt.
Es ist eine alte Geschichte: Wer selbst stiehlt, der sieht Aufschlußreiche Antworten suk immerfort die andern stehlen!
Arbeiten unter Polizeiaufsicht!
Der deutsche Sklavenstaat
Die Polizeiverwaltung Eberswalde hat jeßt für die aus städtischen Mitteln unterstützten Erwerbslosen einen Pflichtarbeitsdienst eingerichtet, der ein umfangreiches Arbeitsprogramm umfaßt, darunter Wasser- und Erdarbeiten, Straßen- und Wegebauarbeiten sowie Meliorationen und Räumung von Flußläufen. Den Arbeits== pflichtigen wird ein warmes Mittagessen zur Verfügung gestellt. Die Aufsicht wird durch Polizeibeamte ausgeübt.
Der König von Zion
Von Stefan Großmann
In diesen Tagen barbarischer Judenheze in dem einstigen Kulturland Deutschland wird diese Skizze, die wir dem Bunten Blatt" in Wien entnehmen, über den berühmten Vorkämpfer des Judenstaates doppelt zeitgemäß. 4
Ein blutjunger Student, der in Belleville , der alten Proletariervorstadt von Paris , in einer fleinwinzigen Rammer hauste, sah ich Theoder Herzl auf der Journalistentribüne der Kammer zum erstenmal. Er war damals Pariser Korrespondent der„ Neuen Freien Presse", aber er war es... nebenbei. Die Judenheße, die von den klerikalen Generalen Frankreichs zur Ablenkung vom DreyfußStandal arrangiert worden war, der rohe Antisemitismus des Mechanikers Schneider, den Fürst Liechtenstein und sogar Lueger assistierten, die Pogrome in Rußland , in Herzis Heimatstadt, diese Erlebnisse zeitigten in Herzls empfindlicher Seele den Gedanken an einen„ Judenstaat", ein Plan, der ihn, wie wir aus seinen Tagebüchern wissen, wie ein zehrendes Fieber überfiel und dem er unwillkürlich alles, seine literarischen Talente er war in jungen Jahren schon viel gespielter Burgtheaterdichter seine Stellung- er litt unter seiner Redakteurschaft in der„ Neuen Freien Presse" -seine Gesundheit opferte- er ist jung gestorben, das Herz war verbraucht.
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Als ich ihn damals auf der Pariser Kammertribüne zum erstenmal sab, hatte ich den Eindruck: Imponierender semitischer Fürst. Er war hochgewachsen, breitschultrig; sein blauschwarzer Vollbart, die sanft gebogene Nase, besonders aber die großen, runden, metallisch schimmernden Augen gaben seinem Kopf den Ausdruck einer milden Kraft. So hätte wirklich ein idealer Judenkönig aussehen können. vorausgesetzt, daß historische Epochen zum zweitenmal konstruiert werden könnten. Ich habe dann als Zeitungsstenograph oft Gelegenheit gehabt, Herzls Kopf auf der Journalistengalerie der französischen Kammer zu beobachten, besonders während der letzten Dreyfuß- Debatten( Herzl hat die prachtvollste Schilderung des Redners Jaures ge schrieben). Sein Gesicht war angespannt, sein großes Auge verzehrte die Szene, aber wenn er mit den heftig diskutierenden Kollegen sprach, schien er nie aufgeregt, sein Tempexament war gebändigt, wenn er redete. Er hatte, schien es,
Das Blatt der Nationalsozialisten Nordwestbadens, das " Hakenkreuzbanner", übertrifft mit seiner Judenhezze den durchschnittlichen Grad der Gemeinheit, der sich in anderen Nazizeitungen offenbart, beträchtlich. Schon seit Wochen bringt das Blatt jeden Tag Namen von Mädchen und Frauen, die sich mit Juden abgeben" und liefert damit die wehrlosen Opfer seines Sadismus den dauernden Belästi gungen einer völlig hemmungslosen Nazimeute aus. Diese Hetze genügt den Wichten noch nicht, die die Redaktion dieser „ Tageszeitung" bevölkern. Darum fangen sie jetzt auch an, im sogenannten Briefkasten ihre Nadelstichpolitik gegen das Judentum fortzusetzen. Ein jüdischer Großfaufmann aus Mannheim , der parteipolitisch völlig neutral ist, schickte einem seiner Geschäftsfreunde in Saarbrücken eine Auswahl solcher
die große Gelassenheit einer tiefen Kraft. Und dennoch schien es nur so, das öffentliche Leben fraß sein privates auf. Von dem Tage, da ihn der Gedanke des Judenstaates überfallen hatte, besaß die Idee ihn Tag und Nacht, er hatte keine Befriedigung mehr an den leichten Plaudereien, die er für seine Zeitung pünktlich zu schreiben hatte, die Einrubrizierung als Feuilletonist empfand er, so milde gesinnt er war, als Herabsetzung, er sehnte sich über den Strich hinauf, in die ernsten Gefilde der Politik, in denen er, Dichter, Erlöser, namentlich polnisch- jüdischer Opfer des Zarismus, Utopist, doch nie heimisch geworden ist...
In seinen Tagebüchern nennt Herzl die Bemegung, die er entfachen wollte, anfangs„ Glionismus". In Glion , einem Schweizer Kurort, wohnten damals die reichsten Juden als Sommergäste, Baron Hirsch und andere. Hirsch. der für die Auswanderung russischer Juden nach Argender für die Auswanderung russischer Juden nach Argen tinien Opfer gebracht hatte, sollte die Finanzbasis für den Judenstaat Herzls schaffen, Hirsch und der Londoner Rothschild. Von Zionismus war damals noch nicht die Rede, denn Herzl wollte damals eine Kommission von Fachleuten. Geographen, Volkswirten, Staatsrechtlern zusammentreten lassen, sie sollten entscheiden, an welcher Stelle der Erde ber zu gründende Judenstaat am besten gedeihen könnte. Im Vordergrund stand damals nicht Palästina, sondern Uganda , das englische Staatsmänner Herzl zu diesem Zweck angeboten hatten. Uganda , das viel fruchtbarer war als das heilige Land, Uganda , in dem keine arabische Bevölferung zurückgedrängt werden mußte, Uganda , das nicht erst zu entsumpfen und zu bewässern war, Uganda , das schnell zur Blüte kommen fonnte. Der erste Zionisten kongreß schlug Herzl diese Karte sofort aus der Hand! Die frommen Juden Polens und Rußlands schrien: Bion, und es war unmöglich, fich dem wild- leidenschaftlichen Glauben der Gläubigen zu widersetzen. Aber vor dem letzten Zionisten kongreß, den Herzl mitmachte, schon entschlossen zum Rücktritt, ist die alte Frage noch einmal aufgetaucht. Der Gedanke, daß Palästina ein„ Judenstaat" werden könne, wird heute auch von besonnenen Zionisten schon aufgegeben. Das Land hat eine arabische Mehrheit, die in den letzten zwanzig Jahren zu nationalem Bewußtsein gekommen ist, eine Arabermehrhei die eine vielfach höhere Geburtenziffer hat als die jüdische Minderheit, eine bedürfnisärmere Masse, die noch in Stein und Felswohnungen haust und die dabei an das Klima Palästinas gewöhnt ist und an seine Armut. Die Zionisten
Brieftastennotizen. Wir entnehmen aus dieser Sammlung nur wenige besonders gravierende Beispiele für die Gemeinheiten und dauernden Quälereien, denen heute das Judentum in einer badischen Hauptstadt ausgesetzt ist.
Da fragt angeblich ein Leser aus dem Landort Seckenheim, ob es ein Gesez gibt, das die Eheschließung zwischen Juden und arischen deutschen Mädchen verbietet oder ob es möglich ist, deutsche arische Mädchen, die die Ehe mit einem Juden eingehen, unfruchtbar zu machen?
Das Blatt antwortet: Nein, das gibt es leider noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Haben Sie nur etwas Geduld."
Auf eine Anfrage, ob die jüdische Gemeinde berechtigt ist, von einer Firma örtliche Kirchensteuer zu erheben, erklärt die Redaktion dieser Zeitung:„ Ja, aber wir hoffen, daß dieser Unfug jest bald abgestellt wird!"
Ein anderer Leser fragt, ob ein Mann, dessen Schwester mit einem Juden verheiratet ist, in die NSDAP . aufgenommen und dort sogar Amtswalter werden kann. Die Zeitung gibt zur Antwort:„ Wenn er nachweisen kann, daß er alles versucht hat, um seine Schwester von diesem verbreche= rischen Schritt abzuhalten, ja." Die Ehe zwischen einem Juden und einer Christin wird hier also schon zum Verbrechen gestempelt.
Ein SA.- Mann erfundigt sich vorsichtig, was er gegen seine Frau tun kann, die trotz Verbots immer wieder bei Juden taufe, weil es dort billiger sei. Statt diesem Mann die Antwort zu geben, daß eine Zeitung sich nicht in Familienangelegenheiten mische, erteilt das„ Hakenkreuzbanner" den gescheit sein sollenden Rat, der Frau einfach einen be= stimmten Betrag vom Haushaltungsgeld abzuziehen. Begründung:„ Wenn du beim Juden billiger taufft als beim ehrlichen deutschen Geschäftsmann, dann brauchst du auch nicht so viel Haushaltungsgeld und mit dem „ Ersparten" kauf ich mir ein paar Glas Bier mehr."
Das ist ungefähr die zynischste Erledigung der Frage. Frau, kauf ruhig weiter beim Juden, damit ich mich besaufen kann. Willst du das nicht, dann geh zum Christen, dessen nationale Gesinnung schließlich auf Bezahlung in flingender Münze Anspruch erheben darf. Die pädagogischen Grundsätze dieses Ratgebers im Kampfblatt der " Nationalsozialisten für Nordwestbaden" deuten den Geist nur schüchtern an, der in dieser Zeitung schaltet und waltet. Einer Prämie zur Förderung des Spielunwesens, des übelsten Denunziantentums, das sich jemals in Deutschland breit machen konnte, kommen einige Antworten anderer Art im politischen Brieftasten dieses Hitlerorgans gleich. Da wird ein Diplom= handelslehrer an an der Höheren Handelsschule in Mannheim denunziert, daß er früher Mitarbeiter der tommunistischen Zeitung gewesen sei und heute noch Beziehungen zum Kommunismus unterhalte; einer Großwäscherei macht man den Vorwurf, daß sie schon seit Jahren eine jüdische Filialleiterin beschäftige und von einer bürgerlichen Zeitung verlangt man, daß sie eine Trägerin, die seit vielen Jahren ihren Dienst tut, entlasse, weil ihr Mann angeblich als Arbeiter wieder etwas verdient.
Der Brieffaften ist aufschlußreich: Die Gemeinheit regiert im neuen Deutschland von oben bis unten.
Recht so!
Man sollte diese Bewährungsfrist auf zehn Jahre verlängern
Besonders scharfe Bedingungen für die Wiederaufnahme von Ausgetretenen in die Kirche hat jetzt die kirchliche Gemeindevertretung der in Anhalt gelegenen preußischen Enklave Möst beschlossen. Danach wird jedem, der in die Kirche zurückkehren will, eine einjährige Bewährungsfrist gestellt. Diese Zeit soll er mit seiner Familie dazu benutzen, fich durch fleißigen Besuch der Kirche und durch seinen Wandel in der Gemeinde als würdig für die Wiederaufnahme zu erweisen. Erst nach Ablauf dieser Frist wird über das Wiederaufnahmegesuch Beschluß gefaßt.
haben sich für Zion entschieden. Aber das beweist feineswegs, ob Uganda nicht vielleicht doch die gesündere Lösung gewesen wäre...
Herzl hat im Dienste der Juden viele Triumphe erlebt. Wenn er durch Polen fuhr, wanderten die armen, gläubigen Juden viele Stunden weit auf den Landstraßen herbei, um„ Melech", wie sie ihn nannten, den„ König “ zu sehen. Dann erblickten sie durch offene Fenster den schwarzbärtigen Mann mit den gütigen Augen und den gelassenen. wundervollen Bewegungen, und eine Traumvorstellung schien sich zu verwirklichen. Sie umstanden stundenlang das Haus, in dem er zu Gast war. Herzl hat mit vielen „ Souveränen " über den Judenstaat verhandelt. vor allem mit dem Sultan Abdul Hamid, aber auch mit dem GroßHerzog von Baden, der Herzls besonderer Helfer sein wollte, sogar mit Wilhelm II. , nachdem Fürst Bülow es gestattet hatte. Sicher ist Herzl königlicher, will sagen: würdevoller als Wilhelm II. aufgetreten. Sicher wäre er, obwohl ihm der Königsgedante bewußt nie gekommen ist, schon wegen der Milde und zugleich Festigkeit seines Charakters ein idealer Präsident des Judenstaates geworden, an dessen Werden er am Ende seines aufopferungsreichen Lebens vielleicht nicht mehr so fest geglaubt hat wie damals in Paris , als er die Idee vorerst nur in seinem Kopf herumtrug. Herzl hat den erbitterten Kampf der„ Richtungen" im Zionismus noch mit erlebt, er hat die wildesten Kongreßdebatten noch mitangehört, er wußte, daß ein im Getto einseitig intellektualisiertes Volk noch schwerer aus Europa herauszuführen sei als damals der Zug aus Aegypten , der ja auch Jahrzehnte gedauert hat, damit eine noch nicht zum Aufbau fähige Generation vorher absterben könne. Und auch Moses starb vor dem Einzug in das gelobte Land.
Niemand. der Herzl im Leben begegnet ist, konnte sich eines starken Eindruckes erwehren. Er war von einem tiefen Ernst beseelt, niemals fonnte er in die wißelnde Tonart des Wiener Feuilletonisten, der er ursprünglich war, verfallen. nie lockten ihn die unangenehmen Parvenügewohnheiten iener reichen jüdischen Bourgeoisie, der er entsproffen. In seinen letzten Rebensjahren malte sich manche Ertäuschung in seinem falomonischen Beficht, und manche Bitterfeit grub Spuren auf Stirn und Schläfe. Das Bitterste ist ihm, da er jung verschied, erspart geblieben, semitische Bruderkämpfe und Kämpfe mit der nächsten Generation. Sein Sohn ließ sich vor einigen Jahren taufen...