Feuilletonbeilage der„ Deutschen Freiheit"* Freitag, 8. September 1933* Ereignisse und Geschichten
Die Geschichte von Goliath und David David Göring mit dem Speec
in Reime gebracht von Matthias Claudius
War einst ein Riese Goliath,
gar ein gefährlich Mann!
Er hatte Tressen auf dem Hut mit einem Klunker dran,
und einen Rock von Drap d'argem und alles so nach advenant.
An seinen Schnurrbart sah man nur mit Gräfen und mit Graus, und dabei sah er von Natur pur wie der
aus.
Sein Sarras war, man glaubt es faum, so groß schier als ein Weberbaum.
Er hatte Knochen wie ein Gaul
und eine freche Stirn,
und ein entseßlich großes Maul, und nur ein kleines Hirn; gab jedem einen Rippenstoß,
und flunkerte und prahlte groß.
So fam er alle Tage her
„ Wer ist der Mann? Wer wagts mit mir? Sei Vater oder Sohn,
er fomme her, der Lumpenhund, ich box'n nieder auf den Grund."
Da fam in seinem Schäferrod
ein Jüngling zart und fein;
er hatte nichts als seinen Stock, als Schleuder und den Stein,
und sprach:„ Du hast viel Stolz und Wehr, ich tomm im Namen Gottes her."
Und damit schleudert er auf ihn und traf die Stirne gar;
da fiel der große Esel hin, so lang und dick er war. Und David haut in guter Ruh' ihm nun den Kopf noch ab dazu.
Trau nicht auf deinen Tressenhut, noch auf den Klunker dran! Ein großes Maul es auch nicht tut; das lern vom langen Mann; und von dem kleinen lerne wohl: Wie man mit Ehren fechten soll.
120 Jahre später
Von den großen Tycannen: damals und heute
und es ist ein Ungeheuer geboren und ein blutgefleckter Greuel entstanden. Doch haben viele ihn angebetet und zum Gözen ihrer Herzen und Gedanken gemacht und haben ihn genannt Heiland und Retter und Befreier und den Lann, der da kömmt im Narien des Herrn, daß er die Welt erlöse. Und doch kenne ich ihn nicht, spricht Gott , und habe ihn verworfen und ist kein Heil und keine Rettung und Freiheit in ihm, und hat er fein Zeichen, daß man ihn nenne nach Gott . Sondern durch Lügen ist er gewaltig geworden, und durch Mord und Verrat hat er seinen Stuhl gebaut. Und ist ein Zeichen der Zeit, wie sündlich die Menschen sind, und wie ferne wandeln vom richtigen Pfade, daß sie die Knecht schaft haben Errettung genannt. Und wird ihre Missetat fallen stracks auf ihr Haupt. Aber ich werde die Miffetat zerschmettern. Wann die Sünde erfüllt ist, dann werfe ich ihn weg; wann des Unglücks genug ist, dann offenbare ich, wie schändlich er war. Und ich rufe es aus mit starker Stimme: Auf, ihr Völker! Diesen erschlaget, denn er ist verfluchet von mir, diesen vertilget, denn er ist ein Bertilger der Freiheit und des Rechts!"
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Diese Säße sind im Jahre 1818 von feinem Geringeren als Ernst Moriz Arndt geschrieben worden in einer Schrift: Katechismus für den Teutschen Kriegs- und Wehrmann. Gerichtet war sie gegen den, den Arndt als den blutigen und wilden Tyrannen ansehen mußte, gegen Napoleon Bonaparte . Es bedarf keiner großen Fantasie, um dieselben Säße auf einen Zeitgenossen anzuwenden, um mit Arndt zu reden:„ gegen einen Tyrannen, welcher Freiheit und Gerechtigkeit zu vertilgen aufstand, welcher sich Leibwächter und Trabanten beilegte, damit er seinen Leib gegen die Untertanen beschirmte, Untertanen, die er nicht als Menschen, sondern als Sklaven gebrauchte.
Solche Leibwächter haben die Tyrannen über alle anderen Menschen erhoben und Gnaden und Güter und großen Sold auf sie gehäuft, damit sie ihnen treu blieben. Und sind solche Söldner nichts anderes gewesen denn reißende Tiere. Und ist das aller Tyrannen Art gewesen bis auf den heutigen Tag. Diese Soldaten haben solches wohl ihre heutigen Tag. Diese Soldaten haben solches wohl ihre Ghre genannt. Und es ist doch nur eine Ehre und eine Tugend für alle Menschen auf Erden."
Aus seiner Scheift ,, Blumen"
In den griechischen Städten bestand die Sitte des Scherbengerichts. Wenn ein Mann in seiner Heimat mißliebig oder gefährlich wurde, dann konnte darüber abge= stimmt werden, ob man ihn verbannen oder in der Stadt behalten wollte. Damals lehrte in Athen der weise Sokrates. Die Stadt Athen aber hatte ein springendes weißes Roß als Wappen.
Davon berichtet uns Plato :„ Sokrates hat gesagt: ich bin eine lästige Fliege, die sich auf die Nase des athenischen Rosses niedergelassen hat und das Roß nun zum Ausschlagen bringt."
Die Stadt Hannover an der Leine hat wohl nicht mehr Aehnlichkeit mit dem alten Athen , als ich sie habe mit dem weisen Sokrates . Aber so viel ist richtig: Auch die Stadt Hannover führt als Wappen das springende Pferd, das weiße Welfenroß, und ich bin für die Nase dieses Rosses eine läftige Fliege.
Heute, am 12. Juni, wurde ich auf das Rathaus gebeten. Da stand in seinem Amtszimmer der Oberbürgermeister und schwäßte und schwäßte:„ Sie sind an= geklagt, daß sie die Jugend unserer Stadt verderben. Die Stadt fordert, daß Sie auf Ihr Lehramt freiwillig verzichten. Hier liegt die Urkunde des Verzichts, und hier haben Sie meine Feder; unterschreiben Sie!"...
Da warf ich dem Armseligen seinen Dreck vor die Füße und antwortete so, wie der Zorn antwortet und der beleidigte Stolz. Denn draußen vor den Fenstern leuchtete in Sonne die alte Stadt mit ihren Türmen. Da rauschte wie in Zorn der alte Bronnen, den hat mein Ahne der Stadt geschenkt; da stand wie im Troß der alte Tempel, den hat mein Ururgroßvater der Stadt gestiftet. Da lehnten wie im Leid die alten Häuser; in denen wohnten meine Großeltern und Eltern und ist keines, daraus mein Vater nicht einen Kranken geheilt und nicht ich ein Kind unterrichtet hätte. Und wenn man heute in Deutschland und über Deutschland hinaus an die Stadt Hannover denkt, dann wird von den Würdigsten mein Name mitgedacht.- So aber fühlt man nur unter Menschen.
Nun aber bin ich wieder daheim, und immer noch blühen und spinnen meine beiden fleißigen Spinnerinnen.
Und aus ihnen schweigt Gott : Ameisenfämpfe! Ameisenfämpfe! All eure Kämpfe sind schon morgen verschollen. Die
nach alter Germanenact...
"
Daß die Naziführer samt und sonders Helden in Großformat find, Mischlinge zwischen Old Shatterhand und den Nibelungen, versteht sich von selbst; trotzdem ist es immer wieder belehrend und erhebend, von bisher unbekannten Erlebnissen dieser Berserker zu erfahren. Daß Hitler als einsamer Meldegänger eine ganze Patrouille umzingelt hat, weiß man bereits; er hat sich dafür das Eiserne Kreuz zu= gelegt. Aber was ist der Gefreite Hitler gegen den General Göring ? Ein Nichts, ein Schlappschwanz, ein Desterreicher. Und so erzählt uns die Rheinisch- Westfälische Zeitung”.
" Bei der Mobilmachung geht der einundzwanzigjährige Leutnant sofort ins Feld. In zahlreichen Gefechten be= wies er seinen Mut bis zur Tollkühnheit. Einmal läßt Göring Infanteristen auffigen und sie mit Lanzen zur Patrouille bewaffnen. Im entscheidenden Augenblick vor dem Feinde weiß das berittene Fußvolt mit den Lanzen nicht umzugehen da gibt Göring den Befehl, die Lanzen nach alter Germanenart als Speere zu schleudern- und die feindliche Patrouille wendet sich geschlagen in die Flucht. Der„ Revolutionär" stieß das Ererzierreglement einfach um."
Hojotoho, mit des Speeres Spize riß den Reford an sich der Gote Göring!„ Nach alter Germanenart" hat er's voll bracht, zum Unterschied von Hitler , dessen Umzingelung einer Patrouille mehr dem braven Soldaten Schweit entsprach. Aber Hitler wird dem Göring nichts schuldig bleiben und wird seinen Zeitungen bald eine neue Heldentat diktieren und die erwachte Nation bewundert ihre Helden. Oder nicht?
Süßer Fratz! Mein Strampelschatz! Ein echter deutscher Schlager
In der Musikabteilung des„ Kampfbundes für deutsche Kultur " waltet als hoher brauner Würdenträger der Musikkritifer Dr. Friz Stege seines Amtes. Die Stirn' in sittliche Falten gelegt, schleudert er seinen Donnerkeil gegen die jüdische Jazzseuche", gegen die geile Schlagerproduktion, die dem armen Deutsch land am Mark frißt. Und in der Tat er ist just der Mann,
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dem es wohl ansteht, auf die jazzenden Mitmusikanten herabzusehen. Hat er doch selbst in seinem Leben nur volksliedhafte, unschuldsreine, tief gemütvolle Kompositionen geschaffen. So lautete zum Beispiel der Refrain seines Opus 9:
,, Ach du, mein kleiner Hampelmann! Sei doch hübsch brav und hör mich an und zappel. trampel, hampel, strampel mit Gefühl, ganz wie ich will! O du mein füßer Strampelschab, gib mir mal schnell' nen duft'gen Schmat! Ich hab dich lieb, du Hampelmat, mein Herzensdieb, du Schmeichelkat, du süßer Fray! Mein Strampelscha z!"
Ist das nun eigentlich höhere Kunst oder ist es nicht vielmehr ein typisches undeutsches Kurfürstendammprodukt", das sich in nichts von anderen Schlagermäßchen unterscheidet? Heute macht Strampelschatz in höhrer arischer Kunstmoral, heute schimpft Hampelmaß weidlich auf den Kulturbolschewismus der Schlagerfabrikanten und betet mit Augenaufschlag:" Herr, ich danke dir, daß ich nicht bin wie jene!"
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Man sieht wenn, undeutsche Schlager" nicht gefragt sind, reisen die Herren von der Art des Dr. Frizz Stege in Kunsterneuerung Geschäfte machen sie auf alle Fälle. Von hundert braunen Kulturbonzen haben 99 solche Strampelschätze in ihrer Vergangenheit, an die sie nicht gern erinnert werden.
die Jahrhunderte! ,,
Da beuge ich mich in Demut, streichle Blüte und Blatt und spreche:„ Blumen verzeiht!"
Geschrieben am 12. Juni 1926, am Tage, man mich, um meiner Ueberzeugung willen, vom Lehramt absetzte.
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Der Einsender dieses Aufsaßes von Leffing schreibt uns dazu:
Tötet! Tötet! Tötet! Margistenbrut! Judenbrut! Wehe dem; der da waget zu denken.
Deutschlands Erde wird gedüngt mit fostbarem Blut. Das Volf erstirbt in Marter und Pein. Wieder ist einer ihrer Edelsten ermordet worden: Theodor Leffing. Im heiligen Jahre ermordet, von Knechten der heiligen Schwerindustrie".
Lache, Menschheit, um nicht zu sterben vor Scham. Wer immer der Mörder auch sein wird, die Hintermänner sind: Die Reichstagsbrandstifter.
Ein Mord mit Haß, mit unsinnigem Haß erkauft durch gedungene Mörder. Ein Prachtmord. Ein„ rein arischer
Mord".
Lessing war Jude, noch schlimmer; er war ein Mensch, ein ganzer Mensch. Er hat einen Rampf gefämpft gegen Lüge und Haß, einen Kampf mit ungleichen Mitteln. Er stand: Liebe gegen Haß Wissen Geist gegen Gewalt gegen Dummheit- Wahrheit gegen Lüge- Offenheit gegen Niedertracht Friede gegen Krieg. Und dieser Kampf bat ihm sein Lehramt gefostet, und sein Leben.
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Noch herrscht die Mordkamarilla und beherrscht Blut
Nationale ,, Erziehung"
Der weiland bedeutende Jugendschriftenverlag Franz Schneider G. m. b. H., Leipzig , zeigt dem Buchhandel, fol gende Neuerscheinungen an:
Jaedicke, Wie feiern wir deutsche Silvester; Fronemann, Der deutsche Luther;
Oberstlentnant Benary, Die Schlacht bei Tannenberg;
Oberstleutnant Benary, Die Hölle von Verdunz Berkner, Jungens in Feldgrau;
Czech- Jochberg, 3 weimal Marneschlacht, ein deutsches Schicksal;
Lüßkendorf, Der Zeppelinspion von York ; Czech- Jochberg: Die Kämpfe am Isonzo ; Korvetten kapitän Busch, Die Meuterei in Kiel ; Rolf Brandt, Versailles ; Magnus Wehner , Schlageter; Josef Viera , Horst Wessel ; do., Uz kämpft für Hitler ; do., SA. Mann Schott;
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J. v. Maltzahn, Ein Hitler Mädel; Puttkamer , Jugendkameradschaft im Arbeits. dienst.
daß die heutige Jugend dereinst mit Begeisterung ihre verWenn man bedenkt, daß der Zweck der Uebung der ist, giftete Lunge fürs Vaterland aus dem Leibe huste, dann möchte man derartigen Jugendschriftstellern ganz sanft den Kragen umdrehen, um die Jugend auf diese Weise vor weiterem Schaden zu bewahren.
durft die deutsche Jugend, von Rasenden aufgestachelt und be- ,, Kohlkopf heil!"
göringt.