DAS BUNTE BLATT

NUMMER 70= 1. JAHRGANG TÄGLICHE UNTERHALTUNGS- BEILAGE

3m Meere versunken

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Kontinente und Städte auf dem Meeresboden

Vor kurzem erst erfuhr man aus dem Munde eines beru­fenen Wissenschaftlers aufsehenerregende Mitteilungen über einen vom Meer verschlungenen Weltteil. Professor Stanley Gardiner teilte in einem Vortrag in London den er­staunten Zuhörern mit, daß die englischen Gelehrten im Indischen Ozean auf der Strecke zwischen Madagaskar an der afrikanischen Küste und Ceylon in Vorderindien einen versunkenen Kontinent festgestellt hatten, der jetzt von einer besonderen Expedition englischer Forscher näher er­forscht wird. Der Kontinent, von dem hier die Rede ist, lebt in der Sage seit den Tagen der alten Griechen fort. Wir finden ihn als eine Inselgruppe in den Aufzeichnungen der Alten wieder, als das Land Lemuria, das zwar schon damals nicht mehr existierte, aber in Sagen und Geschichten überliefert wurde.

Uraltes Kulturland

Nach den Ausführungen von Professor Stanley soll es sich bei dem sagenhaften Land Lemuria um einen ganzen Erdteil gehandelt haben, der etwa die Größe Australiens besaß und eine Brücke zwischen der indischen Halbinsel und dem afri­tanischen Kontinent darstellt. Das Land soll mit allen Schäßen dieser Erde reich gesegnet gewesen sein, so daß die Einwohner ein sorgenfreies und glückliches Leben führen konnten. Ihre Kultur war an die der Inder angelehnt. Daraus schließt man, daß die Einwohner Lemuriens in leb­hafter Verbindung mit dem indischen Nachbarvolk gestanden sind. Einige Gelehrte hielten es aber auch nicht für unmög­lich, daß die Kultur der Lemurier die ältere gewesen sei, daß also die Inder bei ihnen in die Schule gegangen seien. Das würde dann bedeuten, daß die untergegangene Kultur Lemu­riens nicht nur die Ausgangsform der indischen, sondern auch der ägyptischen, griechischen und schließlich der europäischen Kultur gewesen sei.

Die von der englischen Regierung geplante Expedition wird von Aegypten aus durch den Suezkanal in den Indi­schen Ozean vorstoßen, um hier mit Tauchern und den modernsten wissenschaftlichen Hilfsmitteln das Geheimnis um das versunkene Lemuria zu lösen. Die Vermutungen, die man vorerst hegt, stützen sich auf Beobachtungen auf der Inselkette, die sich zwischen der afrikanischen Ostküste und Indien erstreckt. Man hält diese Inselgruppen für die Reste des versunkenen Weltteils. Vergleiche der Vegetation, wie überhaupt des gesamten Lebens auf diesen Inseln haben zu der überraschenden Feststellung geführt, daß Pflanzen, Kräu­ter, Gräser, Käfer usw. hier auf diesen Inseln die gleichen sind, wie auf den Malaischen Inseln in Indien . Das Er­staunliche ist aber, daß auch Lebewesen gefunden wurden, die eben nur auf diesen beiden, heute vollkommen voneinander getrennt liegenden Inselgruppen existieren.

Wie ist nun Lemuria mit einemmal von der Erde ver­schwunden? Auch darüber gibt es natürlich nur Theorien. Man nimmt an, daß eine riesige Erdbebenkatastrophe vor etwa 12000 bis 15 000 Jahren unseren Erdball heimgesucht und das ganze Land mit sich ins Meer gerissen hat. Diese grandiose Erdexplosion hat dann das Gesicht des Globus von Grund auf verändert. Wahrscheinlich sind ihr Millionen und aber Millionen Menschen zum Opfer gefallen. Ein ganzes Menschengeschlecht wurde von den Fluten weggespült und mit ihm eine uralte Kultur. Auf die Ergebnisse, die die eng­ lischen Forscher von ihrer Fahrt mit heimbringen, kann man jedenfalls gespannt sein.

Die Residenz Alexanders des Großen OM

Eine andere hochinteressante Entdeckung machte unlängst durch einen Zufall der englische Flieger Sir John T. Cull.

Als er eines Tages in ziemlich niedriger Höhe über dem Mittelländischen Meer dahinflog- es war ein flarer Tag und das Wasser war tiesdurchsichtig, entdeckte er zu seiner größten Verwunderung in der Nähe der Nelsoninsel ein Gebäude mitten im Meer. Bei näherem Zusehen entdeckte er, daß es sich um Reste alter Kulturbauten handelte, und er glaubte deutlich verschiedene massive Säulen im Meere fest­stellen zu können.

Die Erzählung seines Erlebnisses rief bei den Fachgelehr­ten, denen er sie vortrug, allseits größtes Erstaunen hervor. Ein bekannter Archäologe, Prinz Omar Tousson, wagte das Unternehmen und rüstete ein Schiff zur Erforschung der eigenartigen Meeresbauten aus. Die Vermutungen des Ge­lehrten bestätigten sich an Ort und Stelle vollauf. Die Tau­cher fanden nicht nur die von dem englischen Offizier entdeck­ten Säulenreste, sondern ihnen tat sich auf dem Meeresgrund eine ganze alte Stadt mit prunkvollen Tempeln und Palästen auf. Die Gebäude waren griechischen Ursprungs. Es gab gewaltige Bauten aus rotem Granit gemeißelt, und aus gewaltige Bauten aus rotem Granit gemeißelt, und aus Inschriften und aus anderen Funden ließ sich dann ein­wandfrei nachweisen, daß es sich bei der versunkenen Stadt um eine Residenz Alexanders des Großen handeln muß. Diese prunkvolle Stadt, die der Eroberer nach seinem ägyp­tischen Feldzug erbauen ließ und die er Canopus nannte, lag damals an den Gestaden des Meeres. Die Säule, die Sir John T. Cull vom Flugzeug aus entdeckt hatte, wird von dem Bildnis des mächtigen Herrschers überragt. An anderen Hallengängen und Bauten stellten die Taucher bildliche Dar­stellungen der großen Schlachten Alexanders fest.

Jahrhunderte nach der Blütezeit der Stadt Canopus rück­ten die Fluten des Mittelländischen Meeres gegen die Stadt vor. Jahr um Jahr verschlangen sie einen Teil nach dem an­deren von den prachtvollen Gebäuden. Die Tempel ver schwanden mehr und mehr in den Wassern, die Fluten stie­gen bei dem ständigen Anwachsen des Meeresspiegels bis in die Straßen der Stadt und bedeckten sie schließlich vollends. Wo ehedem der Beherrscher der Welt mit seinen Heerscharen gelagert hatte, da gurgelten nun die Fluten des Meeres, die alles Leben und alle Herrlichkeit verschlangen. Doch die stei­nernen Zeugnisse dieser Zeit, die Säulen und Tempel aus Granit, trotzten dem nassen Element. Sie überdauerten die Jahrhunderte. Sie warteten darauf, daß sich der Meeresspie­gel wieder ebenso senkt, wie er vor Hunderten von Jahren ihre stolzen Höhen überflutet hatte. Seit mehr als hundert Jahren schon stellt man in der Tat ein allmähliches Sinken des Wasserspiegels des Mittelländischen Meeres fest. So kam es, daß die höchsten Spitzen der Gebäude von Canopus jetzt wieder sichtbar wurden und die Aufmerksamkeit des englischen Fliegers erregten.

Sodom und Gomorra?

Englische Flieger waren es auch, die jüngst bei einem Flug über dem Toten Meere unter dem Wasserspiegel die Umrisse einer Stadt entdeckten. Es war eine urchaldäische Siedlung, die hier vor undenkbar langer Zeit von den Flu­ten weggerissen wurde und jetzt dem Flieger aus der Höhe ihre Existenz verriet. An diese Entdeckung knüpften die Gelehrten die verschiedensten Vermutungen. Einige stehen auf dem Standpunkt, daß es sich hier um die Reste der ver­sunkenen biblischen Städte Sodom und Gomorra handeln könne; doch steht diese Auffassung im Gegensatz zu den Ent­deckungen einer früheren Expedition, die an einer anderen Stelle Palästinas die Trümmer dieser Städte ausgegraben zu haben glaubt.

Wie die Menschien

vor 20000 Jahren lebten

Besuch im Afrika - Institut von Gefieimrat Frobenius

Mitten im Zentrum der ehemaligen freien Reichsstadt am Main , der Stadt Goethes und Schopenhauers, liegt das alte, architektonisch fein gegliederte Bundespalais. Im großen quadratischen Vorhof hielten einst die Kuriere und Eilposten, die alten Postkutschwagen der deutschen Reichs- Postfürsten nach langer Reise über holperige Landstraßen, um Postsachen abzuliefern oder zu neuer Fahrt aufzunehmen. Hier stiegen die Weltreisenden von Anno dazumal ein und aus.

Heute beherbergt ein Teil des Gebäudes das Afrika - Archiv des berühmten, jetzt gerade 60 Jahre alt gewordenen Afrika­forschers Geheimrat Leo Frobenius . Das von ihm gegrün­dete Forschungs- Institut für Kulturmorphologie hat hier eine Heimstätte gefunden.

In diesen an sich bescheidenen Räumen ist eines der be­deutsamsten Forschungsinstitute der Welt untergebracht. Hier können wir, wenn wir genügend Zeit zur Verfügung haben, in dem Buch der Geschichte des Lebens der ersten Menschen lesen. Wohl über dreißigtausend Nachbildungen der ersten Zeichnungen der Menschen sind hier systematisch geordnet. Mit unermeßlicher Mühe und Sorgfalt ist die Ausbeute der Expeditionen des großen Forschers Frobenius zusammen­getragen.

Der wichtigste und für uns Menschen der lehrreichste Teil dieses Afrika - Archivs sind die Kopien südafrikanischer Fels­bilder, die meist auf ein Alter von 20 000 und 30 000 Jahren zurückblicken können. Hier sind die Uranfänge menschlicher Kunst gesammelt.

Wir können einen Blick tun in das größte Bilderbuch Afrikas und der Menschheit überhaupt.

Der Forscher empfängt mich in seinem Arbeitszimmer. Ein jugendlicher Herr mit lebhaftem Temperament, der sich nicht nur auf seinem engeren Arbeitsgebiet gründlich auskennt, sondern engste Fühlung mit Leben und Menschen hält. Ge­danken jeglicher Art finden selten gehörte Formulierung. Und wir sind angenehm überrascht, einem Gelehrten zu be­gegnen, der nicht nur sein engeres Fachgebiet beherrscht und Welt und Menschen des 20. Jahrhunderts abgewandt ist, son­dern einer freien fünstlerischen Natur, begabt mit lebens­bejahendem, fröhlichem Optimismus, der alle Schwierigkeiten überwindet.

Geheimrat Frobenius ist ein fantasiebegaber Gelehrter; begeisterungsfähig, mit der seltenen Gabe ausgestattet, Jün­ger und Mitarbeiter zu begeisterungsfähigen und opferberei­ten wissenschaftlichen Arbeitern heranzuziehen. Man muß aus nächster Nähe die unermüdliche Tätigkeit seiner Assi­stenten, ihre Freude an der Arbeit beobachtet haben, um zu spüren, welch anregender Einfluß von dem Menschen Frobe­ nius ausgeht.

Auch die Bücher des Gelehrten befißen diesen Zug lebens­voller Anschaulichkeit. Sie sind lebendig wie der Mann da vor mir, der übersprudelt von Lebensfreude und sinnvoller Forschertätigkeit. M. Ed- Troll

SAMSTAG, DEN 9. SEPTEMBER 1933

Es fierbsteft..

Schon naht der Herbst. Der Birkenhain

prangt bald im bunten Kleide

und vor dem Winterschlaf legt an der Laubwald sein Geschmeide. Da schillern alle Farben auf, wie sie kein Mensch ersonnen, und durch sie hat die Spinne sich ein Filigran gesponnen.

Dann aber raunt der kalte Wind vom Sturm und vom Verderben und langsam zieht durch Herbstespracht ein müdes, weltes Sterben. Die Blätter wogen durch die Luft, den Winter anzukünden;

fie wollen an des Waldes Saum die letzte Ruhstatt finden

Doch heuer hat der Wind nicht viel Geflitter mehr zu rauben,

begann sich doch schon mancher Banm im Frühling zu entlauben;

und deshalb heult der Sturm nicht mehr sein Lied nach alten Noten, der Blätterwald des dritten Reichs" ist ja schon längst verboten..

Die kürzeste Efe

Theophrastu s.

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Ein junger Arbeiter und eine 17jährige Maid aus dem kleinen Städtchen Naba in der Nähe von Kobe in Japan können sich rühmen, die kürzeste Ehe der Welt miteinander verlebt zu haben. Die ganze Herrlichkeit von der feier­lichen Trauung bis zur ordnungsmäßigen Scheidung dauerte nicht länger als ganze sieben Minuten. Und nach weiteren 20 Minuten waren beide bereits zum zweiten­mal verheiratet. Der neue Weltrekord" hat sein Entstehen einem originellen Irrtum zu verdanken, indem der zustän dige Standesbeamte in Naba versehentlich zwei zur Traus ung erschienene Brautpaare durcheinander brachte und eine Braut mit dem falschen Bräutigam zusammengab. Nur durch die schnelle Entschlußkraft aller Beteiligten war es möglich, den Schaden in so kurzer Zeit zu beheben. In Japan ist es Sitte, daß die Braut dicht verschleiert zur Trauung erscheint. den Schleier, um der Angetrauten einen feierlichen Kuß zu Erst nach vollendeter Zeromonie hebt der junge Ehemann geben. So kam es, daß bei der denkwürdigen Trauung in Naba der Bräutigam den Irrtum nicht bemerken konnte; während die Braut viel zu aufgeregt war, als daß sie darauf hätte achten können, daß man sie mit dem falschen Mann verheiratete. Erst als der feierliche Brautfuß getauscht wer­den sollte, stellte sich zum allgemeinen Entseßen das angerich­tete Unglück heraus. Selbstverständlich hätte die auf diese Weise zustande gekommene Ehe von beiden Teilen angefoch ten werden können. Aber das hierfür notwendige Verfah ren hätte erhebliche Zeit erfordert. Deshalb beschloß man, die Ehe unter Anwendun sämtlicher Erleichterungsmöglich­keiten, die das japanische Recht vorsteht, sofort wieder zu scheiden; das geschah denn auch, wobei man- genau wie bei der vorhergehenden Trauung sorgfältig auf die vorge schriebenen Formalitäten achtete. Schließlich fonnten nun die richtigen Brautpaare miteinander getraut werden. Es ver steht sich, daß sich zuvor beide Bräutigame über die Identität ihrer Zufünftigen vergewisserten.

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Ein russischer Stratosphärenflug

Der erste Aufstieg eines sowjetrussischen Stratosphären ballons soll nach den? itteilungen des Chefs des Generalstabs der sowjetrussischen Luftstreitkräfte bei günstigen Witterungs­verhältnissen zwischen dem 5. und 8. d. M. vom Moskauer Flughafen erfolgen. Der Ballon soll in eine Höhe von mehr als 30 000 Meter gebracht werden. Nach den Berechnungen wird sich der Ballon mindestens vierzig Stunden in der Luft halten können. Der Aufstieg soll aber nur wissenschaftlichen und keinen Rekordzwecken dienen. Der Durchmesser der Bal­lonhülle beträgt 35 Meter, der Rauminhalt 30 000 Subik­meter Gas. Die Gondel des Ballons ist luftdicht verschließ­bar. Sechs große Fenster ermöglichen den freien Ausblick in die Stratosphäre. In der Gondel sind 25 wissenschaftliche Meßapparate, unter ihnen auch die Wilson- Kamera zur foto­grafischen Messung der kosmischen Strahlung, untergebracht. Den Flug werden die russischen Professoren Prokowiew und Bärenbaum, die sich durch ihre Höhenforschungen bereits einen guten Namen gemacht haben, in Begleitung von zwei Armeepiloten unternehmen.

Der Moskauer Flughafen wird für jeden Publikumsver­kehr gesperrt sein, um Störungen durch allzu großen Men­schenzulauf zu vermeiden.

Ueberraschenderweise gibt auch das russische Kriegsmini­sterium bekannt, daß noch ein zweiter Stratosphärenballon fertiggestellt wurde, der gleichfalls in den nächsten Tagen in die Stratosphäre aufsteigen soll. Die Dimensionen und die Ausführung des Ballons sind die gleichen wie bei dem ersten Ballon, nur die Gondel ist mit neun, statt sechs Fen­stern versehen.

Liebesbeweis

" Mammi," fragt Klein- Else, hast du mich auch wirklich lieb?" ,, Gewiß, mein Kind, warum denn nicht?" ,, Ach bitte, dann heirate doch den Zuckerbäcker in unserem Hause!"

Gattin: Unsere Emma müßte doch bald heiraten. Gatte: Laß sie ruhig warten, bis der Richtige kommt. Gattin: Ja, das hab' ich aber doch auch nicht getan!

Immer ist die Bahn überfüllt. Das sind ja skandalöse Zustände."

Warum schimpfst du denn, Erich, du sizest doch?" Ja, aber meine Frau mit all den schweren Paketen muß stehen!" Aus der Schweizer Illustrierten Zeitung