Freiheil
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Nummer 72-1. Jahrgang Saarbrücken , Dienstag, den 12. September 1933 Chefredakteur: M. Braun
Die ,, Zucht und Ordnung" ist
nicht weit her,
Die euch verschafft das
Maschinengewehr.
Sie ist gebaut auf Blut und
Leichen,
Wie sie gekommen, so wird sie
weichen!
à
Eine sehr unvollständige Liste- 20 Morde gibt der Reichskanzler zu- In Wahrheit ist ein halbes Tausend erwiesen
Sitler hat einem amerikanischen Interviewer gegen über die Behauptung aufgestellt, daß bei der national fozialistischen Revolution, noch keine zwanzig Menschen" ums Leben gekommen seien. Den dreisten Schwindel Hitlers enthüllt folgende Aufstellung. Sie enthält nur einen Teil, wahrscheinlich nur einen kleinen Teil der Menschen, die dem nationalsozialistischen Regierungsfystem zum Opfer gefallen sind. Es sind in ihr nur die feit den Tagen unmittelbar vor dem 5. März der Deffentlichkeit bekannt gewordenen, in der Presse veröffent lichten Fälle enthalten.
Biel größer wahrscheinlich ist die Zahl ber verheimlichten Todesopfer. Ihre Menge dürfte mit den massenhaften Verschleppungen in die Ronzentrationslager zugenommen haben, wo die Nazihorden unbeaufsichtigt und ohne Furcht vor Strafe ihrem Sadismus frönen dürfen.
3mei Rubriken sind in Gänsefüßchen gesetzt. Die Deffentlichkeit in Deutschland und außerhalb weiß, daß die Beherrscher des„ dritten Reiches", die das deutsche Volk zur Heldenhaftigkeit erziehen wollen, zu feige sind, einzugestehen, daß der Mord ihr oberstes Regierungsprinzip ist. Was in Deutschland die Bezeichnung auf der Flucht erschossen" zu bedeuten hat, ist der Welt seit der Ermordung Karl Liebknechts bekannt. Von den„ Selbst. morden" entfällt offenbar der geringste Teil auf die jenigen, die das Glück, im„ dritten Reiche" zu wohnen, nicht schäzen gelernt haben. Der größte Teil der Selbstmorde verdient den Namen„ Freitod" nicht. Jhre Opfer haben entweder das kleinere Uebel der Selbstentleibung dem qualvolleren Tod der Folterung vorgezogen oder sie find einfach gemordet und der Mord durch eine lügenhafte Bezeichnung getarnt worden. Allein die hier auf geführte Liste ergibt über 460 Blutopfer der braunen Bestialität
Einzelmorde
2. März, Worms : Naziüberfall auf Volkshaus, dessen Wirt und ein Kommunist erschossen.
Gleiwig: Sturm der SA. auf Arbeitsamt, einige kommunistische Arbeiter erschossen.
Ohlan: Zwei Gewerkschaftsangestellte im Büro des Gewerkschaftshauses erschossen.
8. März, Bremen : Bremen : Ein Reichsbannermann nach schweren Verlegungen gestorben.
4. März, Thaleschweiler: Naziüberfall auf Werbungsumzug der Eisernen Front. Ein Mann der Eisernen Front tot, mehrere andere schwer verletzt.
10. Mära, Königsberg : Raufmann Max Neumann, Jude, im Krankenhaus den von SA. zugefügten Ver legungen erlegen.
11. März, Chemnitz : Sozialdemokratischer Stadtrat Landgraf bei Besegung des Volkshauses von hinten erschoffen.
Braunschweig : Bei Besetzung des sozialdemokratischen „ Bolksfreund" Werbeleiter Hans Sailer von Nazis durch 17 Schüffe getötet.
12. März, Riel: Rechtsanwalt Spiegel von Nazi- Eins bringlingen erschossen.
Felgeleben bei Magdeburg : Sozialdemokratischer Stadtrat Kresse getötet.
16. März, Berlin : Ans SA.- Kaserne Friedrichstraße 248 fieben Tote abtransportiert.
18. März, Berlin : Rechtsanwalt Günther Joachim, Jude, Sozialdemokrat, Reichsbannerverteidiger, den in der SA.- Raferne Ulap erlittenen Mißhandlungen erlegen. 22. März, Berlin : In Wilmersdorf ein Arbeiter von Nazis erschossen. In Spandau Führer der sozialistischen Arbeiterjugend Erich Mayer als verstümmelter Leichnam aufgefunden.
8. April: Fememord an Dr. Bell bei Kufstein in Tirol durch deutsche Hilfspolizisten.
9. April, Berlin : Hellseher Erik Jan Hanussen ers mordet aufgefunden.
17. April, Berlin : Frik Golosche aus Charlottenburg an Folgen schwerer Mißhandlung gestorben. Etwa 15. April, Ghemnik: Rechtsanwalt Dr. Weimer, Vorsteher der israelitischen Kultusgemeinde, auf der Landstraße ermordet aufgefunden.
April, Berlin : 16jähriger fommunistischer Arbeiter Rindermann in Gegenwart seiner Mutter Schädel zers schmettert.
April, Braunschweig : Postbeamter Wilhelm Grotes henn aus Langelsheim zu Tode geschleift und getreten. 12. Mai, Berlin : Sozialdemokratischer Parteifunktionär Artur Müller von SA. verschleppt und zu Tode mißhandelt.
22. Mai, Braunschweig : Matthias Theißen, Ge= schäftsführer der Zahlstelle Braunschweig des Baugewerks
Johann Wiesmann,
Anton Hauslader, Funktionär RGO.,
Max Holy, Landessekretär Rote Hilfe, Bezirk Südbayern, ( verschollen),
Josef Göz., APD.,
Wilhem Aron, Justizratssohn, Referendar, 22 Jahre alt.
bundes nach viehischen Quälereien im Kathol. Kranken Auf der Flucht erschossen"
haus gestorben.
28. Juni, Düsseldorf : Uhrmacher Eduard Kabus im Keller seiner Wohnung erschossen aufgefunden.
3widau: In einem Teich bei Hartmannsdorf, Erzgeb. , Leiche eines jungen Mannes, seit 8. Junt in Chemni vermißt, aufgefunden.
Bis Anfang Juli von Münchener Zeitungen 41 Ermordete gemeldet
18. Juli, Berlin : Der frühere kommunistische Lands tagsabgeordnete Karl Schulz im Gefängnis Spandan erschlagen.
17. Juli, Frankfurt a. M.: Landtagsabgeordneter Dr. Schäfer, Veröffentlicher der Bogheimer Dokumente, erschossen.
28. Juli, Leverkusen : Erwerbsloser Jaskowiak von SS. erschossen. 31. Juli, Iserlohn : Kommunist Soledki von zwei Hilfspolizisten durch Kopfschuß getötet.
Massenmorde
AP
Ueberfall von Köpenick in der Nacht vom 21. zum 22. Jnui:
Mehr als 20 Menschen zu Tode gefoltert. Davon find 11 dem Namen nach bekannt. Es find:
1. Richard Aßmann, Reichsbannerführer, Berlin - Friedrichss hagen, Friedrichsstraße 114.
2. Paul von Effer, Reichsbannerführer, Berlin- Köpenick , Dahlwiger Platz 9.
4. Erich Janigti. Kommunist, Berlin - Köpenid, Mittelheide 3. 5. R. Krahl, Sozialdemokrat, Berlin- Adlershof , Handjeristraße 36.
6. Paul Pohl, Sozialdemokrat, Berlin- Köpenick , Gutenbergs straße 10.
7. Karl Podert, Kommunist, Berlin- Friedrichshagen , Müggels seedamm 177.
8. Anton Schmans, Sozialdemokrat, Berlin- Köpenick , Alte Dahlwiger Straße 2.
9. Hans Schmaus , Sozialdemokrat, Berlin- Köpenick , Alte Dahlwiger Straße 2.
22. März, Löbau : Ein Kommunist von SA.- Lenten bei Besehung der sozialdemokratischen Volkszeitung.
3. April, Bonn : Kommunist Renals auf dem Wege aus Wohnung zur Wache.
18. April, Ronzentrationslager Dachau: 3 Kommunisten( 1 Kommunist und 1 Zentrumsmann schwer verlegt).
19. April, Königsberg : Arbeiter Toleit.
25. April: Arbeiter Paul Herba zwischen Lübben und Lübbenau von Bahnpolizei .
28. April, Redlinghausen: Kommunistenführer Albert Funk aus Dortmund ( Wolff- Büro).
2. Mai, Rostock : Landwirt Andreas v. Fiotow, Altheide bei Ribniz nach der Verhaftung( Wolff- Büro). 19. Mai Konzentrationslager Dachau : Schuh haftgefangener Hausmann.
22. Mai Konzentrationslager bei Chemniz: 4 kommunistische Häftlinge.
Anfang Mai: Reichstagsabgeordneter Biedermann, Hams, burg , Sozialdemokrat, angeblich aus dem fahrenden Schnells zug gesprungen.
30. Mai: Ronzentrationslager Geuberg: 2 politische Gefangene.
10. Juni, Essen: Karl Lottes, Kommunist, Strafges fangener.
21. Juni, Arnswalde : Kommunist Altenburg von SA. bei Ueberführung ins Gerichtsgefängnis Landsberg . 14. Juli: 3 Rommunisten bei Ueberführung nach dem Kons zentrationslager Sonneberg ( Wolff- Büro).
19. Juli: Ronzentrationslager Wilsede: 2 inhaftierte SA.- Leute,
Konzentrationslager Dachau : Dr. Alfred Strauß, Rechtsanwalt, München .
8. August: Felix Fechenbach , auf dem Wege nach dem Rons zentrationslager.
9. August: 3 SA.- Leute im Konzentrationslager Dürrheim , Baden, wo 100 SA.- Leute inhaftiert.
heimer Straße 4.
11. Josef Spizer, Kommunist, Berlin - Köpenid, Glienicker Straße 59.
Im ganzen find ca. 800 Menschen nach vier Lokalen ge= bracht und dort stundenlang gequält worden. Ueberfall von Braunschweig in der Nacht bez
4. Juli:
20 Menschenleben vernichtet worden. Davon sind dem Namen nach bekannt geworden:
Otto Rock, Reichsbannerführer, 22 Jahr alt, Benno Ehlers, 19 Jahre alt,
Karl Wolf, Kommunist,
Erich Schelpmann. Kommunist,
Hermann, Basse Sozialdemokrat, Sekretär des Eisens bahnerverbandes.
10 Mann am 4. Juli im früheren ADGB. - Hans Rieseberg erschoffen.
Ueberfall auf Laubenkolonie bei Leipzig am 3. Juli:
12 Arbeiter nach fürchterlichem Kampf von SA. getötet. Braunschweig am 25. Juli: Ein SA.- Mann erschossen, darauf wahlles 10 Kommunisten. Konzentrationslager Dachau : Von den dort Ger morderten sind die folgenden mit Namen bekannt: Arthur Kahn Provisionsreisender, Nürnberg , Erwin Kahn, Kaufmann München , Goldmann, Reisevertreter, Nürnberg ,
Polizeimajor Hunglinger, München , Sebastian Megger, München ,
315
Michael Sigmann. SPD. , Vorstand der Ortskrankenkaffe Pafing,
Karl Lehrburger, Nürnberg , Funktionär der APD. Nords bayern ,
12. April, Breslau : Bakteriologe Prof. Scheller nach Entlassung aus Schußhaft.
13. April, Düsseldorf : Beigeordneter Dr. Obentirs chen in der Zelle des Polizeigewahrsama. the Krefeld : Beigeordneter Dr. Beyer in seiner Wohnung. 14. April: Früherer Geschäftsführer beim Hauptverband deutscher Krankenkassen, Ebel, wegen Untersuchung der Ges schäftsführung in Untersuchungshaft genommen. Dortmund : Rechtsanwalt Dr. Elias, in Haft genoms
men.
Direktor Emil Otto aus München bei Karlsbad erhängt aufgefunden.
16. April, Reichenbach i. V.: Albert Janke, früherer kommunistischer Reichstagsabgeordneter, im Gefängnis. April, Bündheim b. Braunschweig : Konsumges schäftsführer Wilhelm Reupke .
April, Seesen bei Braunschweig : Jüdischer Raufs mann Geer im Gefängnis.
19. April, Königsberg : Rechtsanwalt Gaspary jun. an Selbstmordversuch durch Aufschneiden der Pulsadern ges hindert.
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35. April, im D- 3ug Berlin Benthen: Bise heriger Generalintendant des oberschlesischen Landestheaters Illing. Haftbefehl wegen angeblicher Korruption. 9. Mai, Berlin : Der 46jährige Bankbeamte Ernst Kay und seine 44jährige Ehefran Lina, Tochter Scheidemanns, in ihrer Friedenauer Wohnung.
Leer : Der frühere Bürgermeister von Leer ( Amtsents hebung und Untersuchung).
Berlin : Tennismeisterin Nelli Neppach, Jüdin, in ihrer Wohnung.
7. nnd 8. Mai, Stuttgart : Ehemaliger demokratischer Stadtrat Dr. Göser und der agrarische Führer Harms,