Die Gleichgeschalteten

Unter den Stüßen des dritten Reiches" sind ohne Zweifel am peinlichsten die Gleichgeschalteten". Das ist jenes Bürgertum, das sich widerstandslos der nationalsoziali­stischen Gewalt unterwarf, indem es seine Gesinnung, seine

Jan Severin:

Die Wahrheit in Zahlen

Geſittung und seine Ehre verriet. Vor allem die mittel Statistik gegen Propaganda

parteiliche Presse, die der liberalen Deutschen Volksaprtei nahegestanden hatte, verbrannte schamlos, was sie fast gestern noch angebetet hatte. Sie zudte nicht mit der Wimper, als der deutsche Rechtsstaat in die Luft gesprengt wurde und ein brutaler Radikalismus die Dämme des Gesetzes und der Moral überflutete. Aus Angst, thre nahrhaften Pöstchen und vielleicht noch mehr zu verlieren, verkauften diese Spieß­bürger ihrer Seele. Ihnen gegenüber haben sich die derben Fäuste der Braunhemden, ihre Revolver und Konzen­trationslager als durchschlagende Argumente erwiesen. Natürlich sind sich die zwangsbefehrten Angst hasen ihrer Erbärmlichkeit bewußt. Das Gefühl ihrer Minderwertigkeit äußert sich in dem besonderen Haß, mit dem sie solche Mitbürger verfolgen, die ihren Ueber zeugungen treu geblieben sind. Weil die Gleichgeschalteten " ihre Freiheit, das Recht auf eine eigene Meinung, furz ihre Persönlichkeit verloren haben und nur noch Kreaturen der herrschenden Gewalt sind, gilt es ihnen nun plößlich als Verrat an der Nation, der Stimme des Ge­wissens zu gehorchen und der Wahrheit und den Forde­rungen der Sittlichkeit die Ehre zu geben.

Im britten Reich" gibt es für solche Feigheit wenigstens den mildernden Umstand des unmittelbaren Zwanges und der Gefahr für Freiheit und Leben. Im Saargebiet kann

feine Entschuldigung gelten lassen. Hier hätte die bürgerliche Presse die Möglichkeit, durch ihre Kritik auf die vaterländischen Verhältnisse einzuwirken, den blinden Fana­tifern in Berlin den Star zu stechen und ihnen zu zeigen, wie sehr sie die internationale Stellung Deutschlands ge= schwächt haben. Aber auch dieser Gewissenspflicht entziehen sich die nationalen" Publizisten, weil sie fürchten, 1935 könnte sie die Nache der Nationalsozialisten treffen. 3u weilen schlägt sie nicht nur diese Angst vor der Zukunft in Fesseln, sondern auch der unmittelbare Einfluß der gegen wärtigen Reichsregierung, den diese gerade in den wich­tigsten Berlagen des Saargebiets besitzt. Ein Redakteur, der fich eine eigene Meinung erlaubte, würde sofort aus Arbeit und Brot verjagt. Dieses Schicksal haben bereits einige wenige anständige Journalisten erlitten. Die im Amt ge­blieben sind, stellen bloße Soldschreiber dar, unbekannte Soldaten aus dem Riesenhausen der Gleich­geschalteten.

Die Gesinnungslosigkeit soll nun mit dem Mantel der Liebe zur Nation" zugedeckt werden. Die Opposition gegen die Hitlerregierung und jede Kritik an ihren Maßnahmen wird als Landesverrat hingestellt. Welch eine Verdrehung der Wahrheit! Gibt es eine schlimmere Versündigung am Bolte als wider besseres Wissen und wider alles sittliche Ge fühl jeden Erzeß des nationalsozialistischen Radikalismus schweigend hinzunehmen oder ihn gar zu billigen? Und das aus dem eizigen Grunde, weil die Partei des Hakenkreuzes im Besitz der Gewalt ist und sie rücksichts- und hemmungslos anzuwenden versteht. Wir halten es für unsere deutsche und menschliche Pflicht, mit unserer ganzen Kraft einer Regie­rung entgegenzuwirken, deren Herrschaft wir für verhäng­nisvoll halten. Diese Meinung von der nationalsozialistischen Gefahr teilten ja die gleichgeschalteten" Herren mit uns, als sie die Gewalttätigkeit des dritten Reiches" noch nicht zum Hakenkreuz bekehrt hatte. Und diese Renegaten be­mühen sich heute durch zelotischen Uebereifer, thre bessere Vergangenheit bei den Herren des Tages in Vergessenheit zu bringen.

Die Saarbrücker Zeitung " zitiert einen Saz aus unserem Artikel vom Samstag," Pressefreiheit im Saar­gebiet", der unseren Mangel an vaterländischem Gefühl beweisen soll. Offenbar rechnet sie dabei auf die Oberfläch= lichkeit und Dummheit ihrer Leser. Die betreffende Stelle lautet: Es ist lächerlich, der Regierungskommission zuzu­muten, sie solle die Presse unterdrücken, welche die idealen Grundlagen ihres Regierungssystems verteidigt." Aus bem Zusammenhang unseres Artifels geht klar hervor, daß mit den idealen Grundlagen" die Auffassung vom Rechtsstaat gemeint ist, die vor weniger als einem Jahr noch in Deutschland , wie in der übrigen zivilisierten Welt, anerkannt wurde.

Das war in jenen Tagen, als Herr von Papen, der sich in­zwischen durch seine Gleichschaltung das Amt des Vizefana­Iers erkauft hat, den obersten Kameraden der Mör­der von Potempa öffentlich mit folgenden Worten apostrophierte:

Die Zügellosigkeit, die aus dem Aufruf des Führers der nationalsozialistischen Partei spricht, past schlecht zu den Ansprüchen auf die Staatsregierung. Ich gestehe ihm nicht das Recht zu, die Minderheitin Deutsch land, die seinen Fahnen folgt, allein als die deutsche Nation anzusehen und alle übrigen deutschen Volksgenossen als Freiwild zu bes handeln."

Obwohl es keinem Zweifel unterliegt, daß die deutsche Außenhandelsstatistik im Laufe der letzten Monate schwere Verstöße gegen die wissenschaftlich anerkannten Grundsäße der Wirtschaftsstatistik aufweist, ergeben selbst die amtlichen deutschen Ziffern einen Rückgang des Außen handelsüberschusses für das erste Halbjahr 1933 im Vergleich zum Vorjahre um mehr als 50 Prozent. Berück fichtigt man hierbei aber, daß die Preise für viele Ausfuhr güter am Weltmarkte inzwischen erheblich gestiegen sind, so ist es notwendig, die für das erste Halbjahr 1933 angegebene Ziffer auf die Durchschnittspreise des ersten Halbjahres 1932 zurückzuführen. Bei dieser Berechnung, die im Gegensatz zur früheren Praxis von der neuen deutschen Reichsstatistik nicht durchgeführt wurde, ergibt sich ein Erportsaldo von nur noch rund 220 Millionen RM. für das erste Halbjahr und somit ein Rückgang des deutschen Außenhandelsüber­schusses um nicht weniger als 63 Prozent.

Auch sonst lassen sich selbst aus denjenigen Zahlen, die von der amtlichen Statistit in Deutschland zugegeben wer­den, Rückschlüsse ziehen, die die Wirtschaftslage im dritten Reich" ganz anders kennzeichnen, als es in den allgemeinen Auslaffungen der nationalsozialistischen Parteibehörde über den angeblichen Aufschwung der deutschen Wirtschaft zutage tritt. Auf der Einfuhrseite mag hier beispielsweise nur an den außerordentlich scharfen Vormarsch der japanischen Kunstseide in Deutschland erinnert werden. Die Schwierig­keiten der Rohstoffbeschaffung für die deutsche Textil­industrie, die im Hinblick auf die hohen Spinnfaserpreise am Weltmarkt und auf die zunehmende Devisenknappheit weder Wolle noch Baumwolle in ausreichenden Quantitäten be­ziehen kann, kommen in dieser gewaltigen Steigerung der Einfuhr billiger japanischer Kunstseide deutlich zum Aus­druck. Noch 1930 wurden nur 800 Kilogramm im Werte von rund 4000 Mark importiert. 1932 belief sich die deutsche Ein­fuhr japanischer Kunstseide bereits auf 50 000 kilogramm und 1988 weist schon allein das erste Quartal eine Ein­fuhr von 25 500 Kilogramm, also in reichlich doppelter Höhe wie im Vorjahre, auf. Seitdem erhöht sich die japanische Stunstseideeinfuhr nach Deutschland von Monat zu Monat, wobei es dahingestellt sein mag, ob und bis zu welchem Grade diese scharfe Importsteigerung mit kriegswirtschaft­lichen Motiven zusammenhängen mag.

Auf der Exportseite der deutschen Handelsbilanz sei auf den katastrophalen Rückgang der Ausfuhr gerade der­jenigen Fertigfabrikate verwiesen, bei denen ein relativ hoher Arbeitsanteil volkswirtschaftlich besonders ins Ge­wicht fallen wirde, wie etwa in der Linoleum- Industrie. Hier nahm Schweden vor der Errichtung eigener Pro­duktionsstätten durch den europäischen Linoleumtrust das deutsche Fabrikat in besonders großen Mengen auf und be­zog allein im ersten Halbjahr 1930 14 292 Quadratmeter. Im gleichen Zeitraum 1932 betrug der deutsche Linoleum export nach Schweden 6758 Quadratmeter, um im ersten Halbjahr 1933 auf nur mehr 3733 Quadratmeter zurückzugehen. Die deutsche Linoleumausfuhr nach Oester reich, die sich im ersten Halbjahr 1930 auf 3168 Quadrat­meter stellte, hat sich dann 1932 auf 2186 und 1933 auf nur mehr 701 Quadratmeter vermindert.

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Eine Ergänzung dieses Bildes der rapiden Rückgänge der Exporterlöse zeigt sich auch in den Geschäftsberichten zahlreicher deutscher Unternehmungen, die vorwiegend vom Auslands= geschäft existieren, wie z. B. lezthin der bekannten Oren­stein u. Koppel A.-G. in Berlin , die zwar durch den Hinauswurf ihrer jüdischen Vorstandsmitglieder vollkom

men gleichgeschaltet" wurde, aber dennoch soeben berichten mußte, daß ihr gesamter Exporterlös von über 50 auf nur mehr 14 Millionen RM. zurückgegangen ist. Hier wie in ähnlichen Fällen tritt allerdings der außerordentliche Rück­gang der Russenlieferungen besonders deutlich zu­tage. Es bedarf aber kaum näherer Ausführungen, um zu verstehen, wie sich solche katastrophalen Rückgänge des Ge­schäftsumfanges in der Entlassung der Belegschaften und da­mit wieder in der Steigerung der Arbeitslosigkeit äußern müssen. Auch die von der Statistik behauptete ständige Steigerung des Beschäftigungsgrades und des sprunghaften Rückganges der Erwerbslosigkeit werden den nüchternen Betrachter der deutschen Wirtschaftslage schon deswegen nicht sehr glaubhaft erscheinen können, weil sie in allzu trassem Widerspruch zu den eigenen Angaben der Außenhandels­statistik, der Geschäftsberichte aus der Privatindustrie usw. stehen.

Auch sonst zeigen diejenigen Ziffern, bei denen man den Tatsachen noch einigermaßen Rechnung zu tragen versucht, ein katastrophales Bild, das allerdings zu den gefälschten Angaben der übrigen deutschen Statistiken in einem so schar= fen Widerspruch steht, daß man hieran feststellen kann, wie sehr der noch ungefälschte Teil der Hitler - Statistik die übrigen Ziffern diskreditiert. Als Beispiel hierfür auf dem Gebiete der Staatsfinanzen seien die Angaben über die Einnahmen und Ausgaben des Reich es erwähnt, die zweifellos noch erhebliche Lücken aufweisen dürften, weil die gewaltigen Beträge, die für die Propaganda, für die Ver­sorgung nationalsozialistischer Parteifunktionäre usw. sicher nicht aufgeführt sein dürften, wie überhaupt die bestehende enge Verbindung der Reichskassen mit den Parteikassen der NSDAP . noch eingehender Aufklärung bedarf. Diese Klar­stellung wird allerdings wohl niemals erfolgen. Nach den amtlichen Angaben stellten sich die Reichseinnahmen im ersten Quartal des Rechnungsjahres 1983 auf 1617,8 Mil­lionen Mark, d. h. also um nicht weniger als 71,2 Millionen niedriger, als im gleichen Zeitraume des Vorjahres. Der weitaus größte Teil dieser Mindereinnahmen, nämlich 58,4 Millionen RM., sollen auf die Besiz- und Verkehrs­steuern entfallen, der kleinere Rest von 12,8 Millionen Mark hingegen nur auf Zölle und Verbrauchssteuern. Hieraus würde übrigens hervorgehen, daß grade die leistungsfähigen Kreise der Großindustrie, der Banten usw. thre Steuerpflicht im dritten Reich" noch weniger ernst nehmen, als früher. Der Voranschlag für 1933 rechnete statt dieser Minderein­nahmen mit Mehreinnahmen von vierteljährlich 50 Mil­lionen Mark, so daß der wirkliche Fehlbetrag sich selbst nach diesen Ziffern, die sich ausschließlich auf die amtlichen Angaben der Hitler - Regierung stüßen, auf weit über 120 Millionen Mark beläuft.

Profeffor Ernst Wagemann , der Präsident des Statistischen Reichsamtes, der schon nach der Wahlnacht vom 5. März

auf sein Amt verzichtete, dann aber zur Wiederaufnahme seiner Tätigkeit veranlaßt wurde, ist vor einiger Zeit zum zweiten Male und nun wohl endgültig zurückgetreten. Es ist kaum ein Jahr her, als Wagemann, der politisch immer sehr weit rechts stand, in einem öffentlichen Vortrag er­klärte, daß keine Regierung der Welt heute in der Lage sei, länger als sechs Monate die Statistik zu fälschen. Seit der Berufung Hitlers zum Reichskanzler war Wagemann fast genau noch sechs Monate im Amt. Statistik als Propa­ganda und Statistit als Wissenschaft sind zwei grundver­schiedene Dinge, aber die letztere hat den Vorzug, daß die Welt ihr mehr glaubt.

lagern für alle, die sich nicht zum Hakenkreuz Band bringen. Das in den palästinensischen Banken( dte bekennen?

Gerade lesen wir in ihren Spalten die folgende Meldung aus Stuttgart :

Aus Rottweil wird gemeldet: Landsgerichtsrat Fischer wurde gestern in Schußhaft genommen, weil er sich ge= weigert hat, den angeordneten deutschen Gruß im Dienst zu geben und zu erwidern. Er hat auf Vorhaltungen erklärt, daß er sich der Anordnung des Staatsministeriums nicht fügen werde. Landgerichtsrat Fischer wurde bereits in das Konzentrationslager Henberg gebracht." Für aufrechte und gesinnungstüchtige Menschen scheint im dritten Reich" wirklich kein Platz mehr zu sein; sie werden in den Konzentrationslagern versammelt. Umso sicherer können sich die gleichgeschalteten Kreaturen fühlen, deren Schmiegsamkeit und Biegsamkeit keine Grenzen fennt. Ein solches Ausleseprinzip schweigend hinnehmen. hieke wirklich die Nation verraten.

Vielleicht versteht jetzt der ehrenwerte Herr Ludwig Bruch Die Rache

Berlin, 11. Sept. Wir erfahren aus einer Quelle, die stets ausgezeichnet informiert ist, daß die Behörden drei hohe Funktionäre verhaftet haben, die vom Konzentrationslager

mergericht in Berlin , Dr. Bender, den Oberstaatsanwalt des Berliner Landgerichts, Dr. Köhler und Dr. Her= mann vom preußischen Justizministerium.

von der Saarbrücker Zeitung ", welches die idealen Grundlagen eines Rechtsstaates sind. Ob dieser von einer Regierungsfommission verwaltet, von einem König beherrscht, oder von einem republikanischen Präsidenten ae- bedroht sind. Es handelt sich um den Staatsanwalt am Kam­leitet wird, der Begriff ist allen zivilisierten Ländern gemeinsam Wenn wir mit mehr Festigkeit als Herr von Papen und die übrigen Gleichgeschalteten" an den Menschen- und Bürgerrechten festhalten, so separieren wir uns allerdings scharf von der herrschen= den Gesinnungslumperei, aber glücklicher­weise nicht von unserem Volte. Diesem fann es nur zur Ehre gereichen, daß es noch eine Minderheit gibt, die für Recht und Freiheit zu kämpfen wagt. Wirner­

Sämtliche Verhaftete waren als Anklagevertreter in den großen Prozessen des letzten Jahres tätig. Die heutigen Diktatoren suchen sich an denen zu rächen, die ehedem nicht die gleiche Brutalität gegen die politische Linke angewandt haben, wie sie von ihnen selbst bevorzugt wird.

den auch nicht die vaterländischen Intereifen Palästina prosperiert

im Saargebiet aus dem Grunde außer acht Iassen, weil augenblicklich in Berlin eine Regierung fist, die wir aufs schärfste be tämpfen müssen, von der aber niemand weiß, wie sie im Jahre 1935 aussiebt.

Die Saarbrüder Zeitung" meint, das Bekenntnis zur Nation entbinde von allen nur denkbaren Sünden. Es ent­bindet aber nicht von der Pflicht, für bestimmte politische und sittliche Grundfäße einzutreten. Das Blatt der Ge­brüder Hofer und Adolf Hitlers sollte das einsehen. Warum verlangt es also nicht offen die sofortige Ablösung der ordentlichen Erefutivorgane deg Saar. gebiets durch eine Parteimiliz, warum nicht die Einrichtung von Konzentrations

Die Frankfurter Zeitung "( Nr. 670/71) läßt sich aus Jerusalem über die Prosperitäts- Dase Palästina" berich ten. Es wird nachgewiesen, daß der Staatshaushalt Ueberschüsse hat:

Dabet kann man annehmen, daß sich die Ueberschußentwick­lung des Staatshaushalts vorläufig fortsetzt. Denn die palästinensischen Regierungsfinanzen spiegeln nur die außer ordentlich günstige Lage des jüdischen Wirtschaftssektors des Landes wieder, die sich auf ständigen Zustrom jüdischen Kapis tale stützt. Die Einwanderung hält in ungebrochener Stärke an: im Juni sind 1864 Personen neu eingewandert, darunter 1263 Juden, im Juli 1174 Personen, darunter 1097 Juden. Davon sind jedesmal 200 bis 250 fapitalistische Ein­wanderer, die etwa zusammen Est. 250 000 monatlich ins

drei wichtigsten Banken in Palästina sind die englische Barclays Bank , die zionistische Anglo- Palestine Bank und die anglo- französische Ottoman Bank) liegende Kapital wird auf Lft. 7 Miu. geschäßt. Ungeachtet der verhältnismäßig niedrigen Verzinsung von nur 1 bis 12 Prozent selbst für langfristige Depositen haben sich diese Gelder den palästinensischen Banken zugewandt, und ein erheblicher Teil davon allerdings wohl nicht der ganze Betrag- sucht im Laufe der Zeit im Lande selbst nach ihm sicher und günstig dünkenden Anlagemöglichkeiten. Die Banken selbst gelten als zurückhaltend in ihren Ausleihungen und start auf Liquidität bedacht. Sie berechnen für Kredite gegen allererste Sicherheit 6 Prozent, sonst 7 bis 8 Prozent. Unter den Einwirkungen der großen Einwanderung, die sowohl Kapital wie vorzüg­liche Berufsausbildung und wirtschaftliche Fähigkeit mit­bringt, ändert sich die jüdische Wirtschaft trotz der Zurück­haltung der Banten quantitativ und qualitativ mit erstaun­licher Geschwindigkeit. Die hauptsächlichsten Kapitalanlagen gehen in Orangengärten, Bauten und Industriegründungen. Auf allen drei Gebieten, besonders aber auf den beiden ersten, zeigen sich Erscheinungen, die man fast als Symp= tome einer Hochkonjunktur bezeichnen könnte, wenn man auf ein im Aufbau befindliches Land schon die Bezeich­nungen des Konjunkturzyklus in favitalistisch entwickelten Gebieten anwenden dürfte. Immerhin wird gelegentlich auch schon von Rückschlagsgefahren gesprochen.

Die Einwanderung deutscher Inden nach Palästina beginnt sich etwa seit April fühlbar zu machen, obwohl mit dem Hauptstrom erst im Herbst zu rechnen ist. In Handwerk und Landwirtschaft tönnen gelernte Arbeiter mit Leichtig= teit in größerer Anzahl absorbiert werden, viel schwerer ist es für faufmännische Angestellte und ähnliche Berufe. Die Voraussetzung für die Aufnahmefähigkeit des Pandes ist, daß der Kapitalzuftrom auf der Höbe bleibt und die Abfabfrage durch Zusammenarbeit mit den zu erschließenden Märkten befriedigend gelöst wird. Dr. Ruppin. der befte Kenner der jüdischen Kolonisation in Palästina, hat erklärt, daß Palästina etwa 50 000 bis 100 000 deutsche Juden bei einer geregelten und gut vorbereiteten Einwanderung im Laufe der nächsten 5 bis 10 Jahre aufnehmen kann. Diefe Zahl ist wohl zu erreichen, wenn die oniunfturanbält. Pälä­

stina zählt heute etwa 850 000 Araber und 200.000 Juden es ist dabei ein kleines und in vielen Teilen nicht natürlich, fruchtbares Rand, das seiner Aufnahmefähigkeit gemise Grenzen gesetzt sieht. Die Bevölkerung wächst schnell, bei den Arabern durch natürliche Runahme, die in den letzten Jahren anscheinend höher war als jährlich 2 Prozent. bei den Juden vor allem durch Einwanderung, so daß sich die Rahl der Juden im Lande seit Kriegsende mehr als verdreifacht hat. Aber aerade diefe ununterbrochen machsende Bevölkerung bietet unter der Roronaichung der nellen Sebuna des Lebensstandards und der Confumkraft der Fellachen und der Zusammenarbeit der füdischen und der arabischen Wirt­fchaft einen ebenso schnell wachsenden Markt, eine gute Grundlage für eine gesunde wirtschaftliche Expansion.