Die Kämpfe an der Saar  

Eine Feststellung Max Brauns- Der Nazi- Terror wächst an Regierungskommission wird in der Schulfrage aktiv

Ich stelle vor aller Oeffentlichkeit fest" Die Aeußerungen des Staatsrats Simon

Saarbrücken, den 12. September 1933. Gegenüber einem Angriff der Nazipresse wegen meiner Veröffentlichung der aussehenerregenden

annerionistischen Rede des Staatsrats Simon an­läßlich der Kundgebungen am Niederwalddenkmal hafte ich in der Volksstimme" vom 1. 9. 1933 eine Er­klärung veröffentlicht, in der ich jeden Teilnehmer an der geschlossenen Veranstaltung, Staatsrat Simon ein­geschlossen, für einen gemeinen Lügner und Verleumder erklärte, falls sie die Unrichtigkeit meiner Meldung be­haupten würden. Ich drohte gerichtliche Klarstellung und Vernehmung der Be­feiligten unter Eid an.

Ich stelle nunmehr vor aller Oeffentlichkeit feft, daß keiner der Beteiligten, auch Staatsrat Simon nicht, meine Behauptungen bestritten hat. Zwölf Tage find seit der Veröffentlichung meiner Erklärung ver­strichen, ohne daß jemand gewagt hätte, den Weg gerichtlicher Klärung zu beschreiten und mir nach­zuweisen, daß ich eine unrichtige Meldung zum Nach­teil Deutschlands   gebracht hätte.

Abschließend darf ich also nochmals feststellen, daß Staatsrat Simon jene Aeußerungen über die wahr haft verbrecherischen Ziele der Außen­

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politik des dritten Reiches" getan hat: Der Nationalsozialismus   und das dritte Reich" mit dem Volkskanzler als Führer werden also nicht eher ruhen, als bis das Ziel eines Großdeutschland von neun­3ig Millionen erreicht ist. Die Eroberung der Saar wird nur der Auftakt zu weiteren Erfolgen nach Westen hin sein. Elsaß­Lothringen, Oesterreich, Luxemburg  , Teile von Belgien   und die Niederlande  gewesen und deutsche find deutsch   gewesen und deutsche Eigenart ist dort zu Hause. Soweif deutsches Blut in den Adern rollt und deutsche Zunge reicht, muß auch das große, neue Deutschland   reichen."

Es gibt froßz Papen   nur ein Mittel zur Verwirk­lichung dieses Zieles: Krieg, blutiger, alles vernichtender Krieg! Diesen Wahnsinn zu bannen, ist Pflicht jedes M. Braun. Deutschen  .

Zu dieser unzweideutigen Erklärung ist noch eine Ergänzung erforderlich. Von Teilnehmern an der fraglichen Konferenz aus dem Reiche ist der Deutschen Freiheit" ausdrücklich bestätigt worden, daß der Nazi- Staatsrat die fraglichen Aeußerungen wörtlich getan hat. Eine Kontrolle am Saal­eingang hatte überhaupt nicht stattgefunden. So kam es, daß Simon auch von Lenten angehört wurde, die keine uns mittelbaren Beziehungen zur Presse haben. Es steht unver: rückbar fest, daß ein prominentes und autorisiertes Mitglied der Nazi- Partei, ihr erster Amtswalter im Saargebiet, die Parole zu weiteren Erfolgen nach Westen" ausgegeben hat.

Nazi- Autos erscheinen

Die Polizei aber

Wie der Terror- Krieg an der Saar   verläuft verhaftet nur Kommunisten, die hinterher vom Schnellgericht zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt werden!

Die Auswirkung der nationalsozialistischen Hezreden an­läßlich der sogenannten Saarkundgebung" am Niederwald­denkmal und des Parteitages der Kriminellen" in Nürn­ berg   machen sich mit jedem Tage mehr bemerkbar. Aus dem ganzen Saargebiet häufen sich die Meldungen über Terroraktionen der braunen Mordbanditen gegenüber denen, die nicht mit fliegenden Fahnen in das braune Heer­lager übergelaufen sind und auch heute noch Verständnis für wahre Demokratie und Freiheit haben. Besonders tun sich in dieser Beziehung die Nationalsozialisten von Püttlingen   hervor.

In einer der letzten Nächte wurden in der Nähe der Schlebach zirka 50 scharfe Schüsse abgegeben. Wie man allgemein hört, soll es sich hierbei um eine national: sozialistische Schießübung gehandelt haben. Der: artige Schießübungen haben schon des öfteren stattgefunden. Ein weiterer Beweis für unsere Annahme, daß man Püttlingen   zu einem besonderen Stützpunkt ausbauen will, find die wöchentlich drei bis viermal statt: findenden Uebungen der im Saargebiet ver= botenen A.- und SS.  - Mannschaften. Zu diesen Uebungen rückt man in geschlossenen Formationen, unter Abfingung der bekannten nationalsozialistischen Heglieder zu und von den Uebungsplägen.

Den gesamten bisherigen Terrorakten der Püttlinger  Nazis setzte ein Vorfall, der sich am Samstag, 9. Seps tember, vor dem Volkshaus in Püttlingen   abgespielt hat, die Krone auf.

Um chronologisch zu bleiben, berichten wir, daß bei Dunkel­werden ein Trupp auswärtiger, allem Anschein nach nicht gleichgeschalteter Leute durch Püttlingen 300 Ben nannten brannen Haus soll es, nachdem man von den Gaffen

Gästen

des braunen Hauses und von den vor der Tür des braunen Hauses stehenden Nationalsozialisten diesen Durchziehenden mehrfach, Heil Hitler!" zurief, zu einem harmlosen Zwischen­fall gekommen sein. Dieses veranlaßte die National­sozialisten, ihren Organisationsapparat in Tätigkeit zu setzen.

Kaum eine Stunde nach dem Vorfall am braunen Hause tam ein Auto aus der Richtung Völklingen  . Dieses Auto war besezt mit auswärtigen, zum Teil uniformierten SA.- Leuten. Vor dem Schloßhotel hielt das Auto an. Die SA.- Leute for= mierten sich und gingen schnurstraks auf das schräg gegen: überliegende Volkshaus zu. Es unterliegt feinem Zweifel und wir stellen ausdrücklich an dieser Stelle fest, daß die SA.- Leute beabsichtigten, in das Volkshaus einzudringen. Von dem Sohne des Verwalters des Volkshauses wurden die SA.- Leute auf die eventuellen Folgen ihrer Hand­lungsweise aufmerksam gemacht und man kam von dem Borhaben, in das Volkshaus einzudringen, ab. Es mag für die Aufgabe des Vorhabens durch die SA.- Leute mit entscheidend gewesen sein, daß das Wirtslokal des Volkshauses dicht mit Gästen besetzt war. Wäre das Gegenteil der Fall gewesen und in dem Wirtslofal nur einige Gäste anwesend gewesen, die Folgen wären kaum abzusehen. Die SA.- Leute kamen also von ihrem Vorhaben ab- griffen aber die vor dem Volkshause stehenden Personen tätlich an, sfießen sie gegen die Wand und warfen sie von dem Bürgersteig. Darauf marschierten sie ungefähr hundert Meter in die am Volks­haus vorbeiführende Köllner Straße. Nach einigen Minuten tamen sie zurück. rempelten erneut verschiedene Personen an und hierbei fam es zu folgendem Vorfall:

Der Sohn des Verwalters des Volkshauses, Johann Altmeyer, der mit einem seiner Kollegen vor dem Volkshaus stand, bezeichnete seinem Kollegen gegenüber

das Vorgehen der SA.- Lente als Provokation. Dies muß der die Universität besuchende Paul Zegter, Sohn des Lehrers Terter, in der hiesigen Marktstraße wohnhaft, gehört haben. Da die SA.- Leute fremd waren, muß man annehmen, daß Terter der Führer dieser Lente war. Ohne weiteres ging er zu dem Sohn des Ver: walters des Volkshauses und schlug ihn mit mehreren Faustschlägen nieder. Hierbei

wurden Altmeyer mehrere 3ähne ausge:

schlagen und der Obertiefer verlegt. Auch erlitt er durch den Sturz auf den Bordstein mehrere Prellungen, so daß er bewußtlos vom Plaze getragen werden mußte. Bor weiteren Mißhandlungen wurde Altmeyer durch den Zugriff eines Landjägers, der Texter festnahm, geschützt. Der be: treffende Landjäger nahm Terter einige Meter weit mit und ließ ihn dann, unserer Ansicht nach ohne einmal seinen Namen fest: zustellen, wieder laufen. Terter ist Natio: nalsoziali ft.

Begreiflicherweise hatten alle diese Vorgänge eine Menge Neugieriger angelockt. In den frühen Morgenstunden des Sonntags entfalteten die Püttlinger   Polizei- und Land­jägerorgane eine fieberhafte Tätigkeit. Eine Reihe führen­der Kommunisten wurden aus den Betten geholt und vor­läufig im Rathaus festgesetzt. Gegen 10 Uhr morgens wurden dieselben durch einen Ueberfallwagen der Saar­ brücker   Polizei abgeholt und dem Schnellrichter vor­

Danziger Zwischenfall

Sie machen sich die ganze Welt zu Feinden!

Die Jacht Halima" des polnischen Gdinger Jachtklubs ge­riet in Seenot   und mußte den Hafen Pillau   als Nothafen anlaufen, wobei sie von den Nazis in uner= Hörtester Weise belästigt wurde.

Die Nazis suchen sich jetzt damit herauszureden, daß sie " Spionageverdacht" gehabt hätten und daß sie deshalb eine Durchsuchung und Paßkontrolle vorgenommen und die pol­nische Jacht durch den Nazi- Wasserschutz bis zum Hafenaus­gang begleitet" hätten.

Es ist mit diesen Naziwanzen überall das­felbe Lied: Sie belästigen die ganze Welt, fallen all ihren Nachbarn auf die Nerven und wundern sich dann noch, wenn Europa   wie ein Mann gegen sie aufsteht! Es wird nicht lange mehr dauern, dann wird Pilsudski   einen Befehl geben und dann wird die ganze Nazi- Rasselbande sich ins letzte Mauseloch verkriechen! Die Marristen können dann wieder in Ordnung bringen, was diese Hakenkreuzinsekten ange= richtet haben!

Verwarnung einer katholischen Zeitschrift

Wie die Pressestelle beim badischen Staatsministerium mitteilt, ist die in Freiburg   erscheinende vom Deutschen Karitas- Verband herausgegebene Zeitschrift Caritas wegen eines Artikels Etwas über die Liebe" schärfstens ver­warnt worden. Die Ausführungen enthielten eine erhebliche Kritik an den Maßnahmen der Regierung, die zwischen den Zeilen als unbillig und ungerecht dargestellt würden. Für den Wiederholungsfall wird ein mehrmonatiges Verbot der Zeitschrift angekündigt.

geführt. Zu diesen Verhandlungen vor dem Schnellrichter wurden von der Püttlinger   Polizei zirka zwanzig National­sozialisten, also direkte Gegner der Verhafteten, und nur zwei Zeugen, von denen eine gewisse Objektivität zu er warten war, mitgenommen.

Schreckensurtcil!

Gegen Kommunisten!

Bereits in den Abendstunden des Sonntags war das Urteil des Schnellgerichts Saarbrücken   zu erfahren. Dem­nach wurden verurteilt: Karrenbauer Johann zu 9 Monaten Gefängnis, Dörr Richard zu 6 Monaten Gefängnis, Dörr Peter zu 6 Monaten Gefängnis, Kleinbauer Johann zu 3 Monaten Gefängnis, Scharl Jakob zu 3 Monaten Gefängnis, Breuer Josef   zu 3 Monaten Gefängnis, Fecht Josef zu 3 Monaten Gefängnis.

Insgesamt wurden also 33 Monate Gefäng nis verhängt. Das ist kein Klassenurteil mehr, sondern ein Schrecken surteil, zumal durch eine große Anzahl von Zeugen nachgewiesen werden kann,

daß sechs der Verurteilten an den ihnen zur Last gelegten Straftaten nicht beteiligt sein können, aus dem einfachen Grunde, weil sie sich gar nicht am Tatort befunden haben! Dreizehn Nazizeugen beschworen aber vor Gericht, ohne mit der Wimper zu zucken, das Gegenteil. Somit mußte es zu dem ungeheuren Urteil kommen, das jeden rechtlich denken­den Menschen empören muß. Die Verurteilung erfolgte wegen Landfriedensbruchs.

Der vom Vorsitzenden und dem Vertreter der Staatsan­waltschaft als schwer verletzt bezeichnete Nationalsozialist befand sich mit einer Schutklappe vor dem Auge im Ge= richtssaal. Troß seiner schweren Verlegung" schien er sich äußerst wohl zu befinden, was besonders bei der Urteils­verkündung zum Ausbruch kam.

Der rechtlich denkenden Bevölkerung von Püttlingen   be­mächtigte sich angesichts dieses Urteils eine große Erregung. Eine Mitgliederversammlung der SPD.  , die am Abend im Volkshause tagte, nahm einstimmig eine Entschließung an, worin die Aufhebung des Urteils und die so= fortige Haftentlassung der Verurteilten be­antragt wird. Das Kartell der freien Gewerkschaften und die ihm angeschlossenen Organisationen nahmen in einer außerordentlichen Konferenz zu dem Urteil Stellung und brachten das Ergebnis der Sißung in einem Schriftsaß noch am gleichen Tage der Regierungskommission zur Kenntnis. In dem Schreiben find 35 Zengen namhaft gemacht worden, die bereit sind, vor Gericht und unter Eid die Angaben der 13 Nazizeugen zu widerlegen und zu entkräften. Außerdem wird von den Angehörigen der Verurteilten eine Anzeige gegen die Nazizeugen wegen Mein= eids erstattet werden. Auf den Ausgang dieser ganzen Angelegenheit könnte man gespannt sein.

Der Schul- Terror

Eingriff der Regierungskommission

Der stellvertretende Präsident der Regierungskommission des Saargebietes, Minister von Ehrnrooth, hat der Presse des Saargebietes eine amtliche Rundgebung zur Veröffentlichung zugehen lassen, in der unter Berufung auf die fraglichen Artikel der Regierungsverordnungen das Verbot eines Schul- Flugblattes gegen die französische   Schule mitgeteilt wird:

" Dieses Flugblatt enthält Drohungen, welche die Eltern in der Wahl der Schule für ihre Kinder beein flussen sollen. Der Text des Flugblattes ist unverein bar mit dem Recht der freien Wahl der Schule, so wie dieses durch die in Kraft befindlichen Geseze und Ver= ordnungen gewährleistet ist.

Gegen den Besuch französischer Schulen hatte in jüngster Zeit eine heftige Nazi- Agitation eingesetzt.

Das tote Zentrum ,, Die traurige Feigheit"

Robert d'Harcourt  , Professor am Katholischen Institut zu Paris   beklagt in einem Artikel der Revue des Deux Mondes  " in ernsten und bitteren Worten den unrühmlichen Tod des deutschen Zentrums. Es war uns beschieden in diesen lezz­ten Tagen, die traurige Feigheit erleben zu müssen, die nicht einmal wagte, den Leichnam eines Freundes zum Friedhof zu begleiten. In der ganzen katholischen Presse, die vom Zen­trum gelebt hatte, kein Nachruf, keine geziemende Beileids­äußerung. Ja wir haben schlimmeres erlebt als das Schwei­gen. Wir sahen, wie Steine gegen den Grabhügel gewor fen wurden. Das tote Zentrum wurde von katholischen Jour­nalisten beleidigt, die ihm ihre Existenz verdanken, und die zu seinen Lebzeiten ihm nicht genug Blumen minden konnten." Harcourt stellt in Vergleich zu diesem Versagen Worte, die der jüdische Schriftsteller Martin Buber   über die Juden= verfolgungen gesprochen hat. Die Verfolgungen sind ihm die Grundlage der Größe Israels  . Nicht die Resignation, son­dern die aktive Entgegennahme der Erniedrigungen und der Unsicherheit, das sich Stützen auf sie!

Es ist," so sagt der katholische Verfasser, melancholisch, daß die moralische Größe bei dem Juden und nicht bei dem Katholiken zu finden ist."

..Spion

Beim heiligen Rock

Ein Einwohner aus Metz  , der zum Hl. Rock pilgerte, wurde in Trier   von Angehörigen der SA. festgenommen und meh rere Stunden in saft gehalten. Angeblich soll der Mann " Spionage" getrieben haben. Der französische   Konsul in Trier   wird die Angelegenheit untersuchen.