METLANDIRA

Spaniens Regierung ohne Sozialisten

Den Anlaß zu der seit längerer Zeit erwarteten Wen bung in Spanien haben die jüngsten Wahlen zum Ver­fassungsgerichtshof gegeben, die durch die Gemeindever­tretungen erfolgen. Hierbei haben die oppositionellen Parteien zwei Drittel der Sitze erlangt. Azana hat es ab gelehnt, aus diesem Ergebnis politische Folgen abzuleiten, mit der Begründung, daß es sich nicht um politische Wahlen gehandelt habe. Diese Haltung des früheren Minister präsidenten entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Er hatte fich nämlich geweigert, irgendwelche politische Propaganda für die Wahlen zu organisieren, von amtlicher Wahlbe­einflussung ganz zu schweigen. Während so die Regierung sich vornehm auf den Standpunkt stellte, es handle sich um eine überparteiliche Angelegenheit, hat die Opposition - und zwar nicht nur die verfassungstreuen Rechts­rupublikaner, sondern auch die Monarchisten und Kleri­kalen eine sehr emsige und energische Wahlpropaganda entfaltet, deren Ergebnis sie bei der Wahl einheimsten. Azana, der nicht nur ein klarer und vorzüglicher Kopf ist, sondern auch über vorzügliche Nerven verfügt, blieb nach wie vor auf dem Standpunkt, daß in einem parla­mentarischen Regime der Rücktritt des Ministeriums nur zu erfolgen hat, wenn ihm entweder die Kammermehrheit oder das Staatsoberhaupt das Vertrauen entzieht. Die Rammer gab ihm ein Vertrauensvotum, aber der Präsi­dent der Republik, Zamora , zeigte ihm ein so verklausu­liertes Vertrauen, daß Azana zurücktrat der Staats­mann, dem die spanische Republik nie vergessen darf, daß er das Agrargesetz und die neue Kirchengesetzgebung allen Widerständen zum Trozz in den sicheren Hafen ge­führt hat.

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Das sozialistische Parteiblatt EI Socialist a" hat kurz vor der offiziell erklärten Krise geschrieben: Da wir die Demokratie anerkennen, beugen wir uns loyal all ihren Folgerungen." Es bleibt dahingestellt, ob diese Uebergabe des Regierungssteuers an die Rechte, nämlich an die Vertreter des industriellen nordspanischen Groß kapitals, denen ein Bündnis mit den Großgrundbesitzern nicht schwerfallen dürfte, wirklich eine unvermeidliche Folgerung der Demokratie war.

Was heute in der Uebergabe der Regierung an den Führer der Radikalen, Lerroug, zutage tritt, hat na­türlich viel tiefere Wurzeln als die unterbliebene Ver­teidigung regierungsparteilicher Kandidaturen zum Ver­fassungsgericht. Es bedeutet ja nichts Geringeres, als das Zurücknehmen der seit dem 14. April 1931 von Sozialisten und Linksbürgerlichen verteidigten Front, in der um die Demokratie und den sozialen Gehalt der jungen Repu blik gekämpft wurde. Es ist der erste entscheidende Vorstoß der rupublikanischen Rechten, hinter der drängend und treibend die monarchische und klerikale Rechte steht. Soll man nun wirklich glauben, daß das neue Regime, die Massen enttäuscht hat, so daß sich ihre Hoffnungen heute einer ausgesprochenen sozialistenfeindlichen Regierung denn das ist das Kabinett Lerrougzuwenden?

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Daß das Regime in gewiffem Sinne die Massen ent­täuscht hat, wird man kaum in Abrede stellen können, enttäuscht, wie jede die Bleigewichte der Vergangenheit nach sich schleppende Wirklichkeit die beflügelte Hoffnung und Fantasie enttäuscht. Aber nicht daran, nicht an dem, was sie noch nicht geleistet hat, ist die Regierung Azana gescheitert und mit ihr die sozialistisch- linksbürgerliche Koalition, sondern vielmehr an dem, was von ihr geleistet wurde, und was den Interessen des Besizes zuwiderlief. Von diesen verletzten Interessen ist die Bewegung ausge gangen, die die Regierung gestürzt hat.

Gewiß hat das syndikalistisch organisierte Industrie­proletariat Rataloniens ebensowenig wie das verelende Landvolk Andalusiens eine Ahnung gehabt, daß es den Interessen von Ordnung und Besitz diente, wenn es Bomben warf und die Ernten in Brand setzte. Nichtsdesto­weniger hat die anarcho- syndikalistische Be wegung der Reaktion die wichtigsten Vorspanndienste geleistet, indem sie das Land nicht zur Ruhe kommen ließ. Nicht, daß sie im Verein mit der zahlenmäßig schwachen kommunistischen Bewegung die Sozialisten als Verräter hinstellte, ist von Unheil gewesen, wohl aber, daß sie die Regierung, in der drei Sozialisten saßen, zu gewaltsamen

Pariser Spaziergang

Die Geheimnisse der Violette

Die Geschichte von Violette, der achtzehnjährigen Gymnasiastin, die ihre Eltern vergiftete, wird seit Wochen in der Untergrundbahn von Tausenden von Pariser Mädels mit hochroten Wangen gelesen. Da ist jetzt eine Frau von threm Mann, einem Zeremonienmeister bei den Begräbnissen, zerstückelt worden, und der Täter ist dann nach Rouen ge­fabren und hat sich am Grabe seiner Tochter erschossen, die Tochter wollte Nonne werden und war an einer Lungenent­zündung gestorben.... aber auch das verdrängt Violette von ihrem ersten Plaße nicht.

Violette, das ist ein ganzer Familienroman, wie alle französischen Meisterwerke, wie Flaubert, Zola und Maurige Es beginnt schon in der Jugend, wie bei der Bovary . Sie war eine gute Schülerin des Gymnasiums Voltaire , häufig stand Sehr gut" unter ihren Aufsäßen, immer war sie eine der Besten. Eben hat das Gericht ihre spanische und eng­lische Grammatif, ihre Geographie- Bücher, die Geschichte Frankreichs angesehen. Viele Lobesworte am Rand. Nach dem Lob ging die Schülerin auf den Strich. Die siebzehn­jährigen Mitschülerinnen wunderte es sehr.

Zwei Zeugen haben sich jetzt gefunden, die aussagen, daß Violette die Anklage, der von ihr vergiftete Vater habe sie blutschänderisch gezwungen, schon vor Jahren erhoben hat. Auch sonst hat man einige belastende Funde gemacht und, was das Merkwürdigste ist, nach den Angaben der Tochter hob man ein 3otenbuch des Alten aus, ein Kompendium von schweinischen Liedern, hinter denen seine Notizen über Ausgaben und Reisen folgten. Der Ruf des Kleinbürgers, der seine guten 4000 Franken im Monat verdiente, eine Säule der Paris - Lyon - Mittelmeer - Gesellschaft, ist seitdem etwas verblaßt. Die Mörderin macht diese Angaben mit einer fantastischen Genauigkeit. Sind es bloß zynische Träume des Untersuchunsgefängnisses, oder kramt sie noch mehr aus - ihrer franken Seele aus?

Vorgehen gegen Arbeiter zwang. Damit schufen sich die Anarchisten und Syndikalisten die übrigens unterein­ander in blutigem Hader liegen wirksames Agitations: material für die politisch ungeschulten Massen: seht doch, die Sozialisten lassen auf Arbeiter schießen! Gleichzeitig erweckten sie in bürgerlichen Kreisen den jetzt schon auf Schallplatten gezogenen Schrei nach der starken Regie­rung" und im Ausland, das ja immer nur flüchtig über die eigenen Grenzen blickt, den Eindruck, daß in Spanien die Republik außerstande sei, Ordnung zu halten. Die eigentlichen Sieger über das Kabinett Azana sind die Anarcho- Syndikalisten. Daß sie, deren riesige Waffen­arsenale auf fast unerschöpfliche Geldmittel schließen lassen, von den spanischen Monarchisten unterstützt werden, ist wohl nicht nachweisbar, wird aber im ganzen Lande angenommen. Jedenfalls haben sie sich als Saboteure der Republik weit besser bewährt, als Monarchisten und Kleri­kale zusammen.

Diese Sabotage erschöpft sich nicht in der Wirkung auf die ungeschulten Massen und auf die Nerven des Bürger­tums. Die Haltung der Anarcho- Syndikalisten hat auch in den Kreisen der sozialistischen Partei den Gedanken aufkommen lassen, daß die Verantwortung für die Re­gierung ihrer Werbekraft in den Massen Abbruch täte. Die kurze Erfahrung der letzten Jahre sprach freilich nicht für diese Auffassung. Syndikalisten und Anarchisten sind zahlenmäßig sehr stark, um viele Zehntausende von Mit gliedern, zurückgegangen, während die sozialistische Partei immer breitere Schichten erfaßte. Immerhin meinte man, angesichts der lärmenden Propaganda von links, der sich auch die Kommunisten anschlossen, daß die Partei besser agitieren könnte aus der Opposition als in der Mitver­antwortung für die Regierung. Es ist natürlich leichter und wirksamer, die Langsamkeit der Agrarreform zu kriti­sieren und anzuprangern, als diese Langsamkeit in der harten Wirklichkeit schrittweise zu bekämpfen. Es ist leichter, die Fehler der Erneuerung agitatorisch auszu­schlachten als sie zum besten der Massen zu verhindern. Es ist auch leichter, auf die Entstehung eines industriellen Proletariats und auf eine neue kapitalistische Entwick­lungsphase zu warten und einstweilen Opposition zu treiben, als heute schon verantwortlich einzugreifen und aus dem gewaltigen Zusammenbruch und der gewaltigen Erhebung des neuen Spanien möglichst viel Mittel zu späterer Befreiung der Massen zu bergen, unbeirrt durch die erarbeitet ihren Schrei nach sofortiger Befreiung werden muß und keinem wie ein Lotterietreffer in den Schoß fällt. Die ganze äußerste Linke hat dazu beigetragen, in der sozialistischen Partei für den bequemeren Weg der Opposition zu werben.

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Diese Umstellung innerhalb der Partei, die schon bei der letzten Regierungskrise im Juli in der Weigerung der Sozialisten, die Regierung zu übernehmen, zum Ausdruck kam, hat natürlich das Ministerium Azana geschwächt, meil sie zeigte, daß die Sozialisten, die die Hauptstütze des Kabinetts waren, nicht geschlossen hinter ihren Ministern standen. Als dann die neue Krise kam, ist der sozialistischen Partei gar kein Anerbieten mehr gemacht worden. Prä­sident Zamora nimmt seine Aufgabe als Staatsoberhaupt sehr gewissenhaft im Sinne der Verfassung, aber als gläubigem Ratholiken und bürgerlichem Ordnungsmann muß ihm ein Kabinett Lerroug sympathischer sein als eine Regierung unter sozialistischem Einfluß. Daß man ihn glauben machen konnte, mit diesem Ruck nach rechts dem Willen des Landes Ausdruck zu geben, daran ist die kombinierte Aktion von Anarchosyndikalisten, Rechts­republikanern und Monarchisten schuld. Etwas Schuld trifft sicher auch den Ministerpräsidenten Azana , dessen vor­nehme Ablehnung der Unterstützung durch die Presse wohl ohnegleichen ist: in ganz Spanien gab es nur zwei, sage und schreibe zwei große regierungsfreundliche Zeitungen, " El Liberal" und" El Socialista", gegenüber einer Meute regierungsfeindlicher Blätter aller Richtungen, von Ver­tretern der absoluten Monarchie bis zum anarchischen Kommunismus"! Azana hat sich als zu freiheitlich und zu demokratisch bewährt, um Freiheit und Demokratie wirk­sam zu verteidigen. Es sind faschistische Zeiten, auch da,

Im Dorfe seiner Eltern fißt inzwischen der gestrauchelte Student Jean, dem sie ihre 100- Franken- Scheine von ben Kokottengängen mitgebracht hat. Die Universität Sor bonne wird ihn wahrscheinlich ausschließen, einstweilen darf er schon die Stätte der Pandeften, gegenüber der Kuppel der " großen Männer", des Pantheon, nicht mehr betreten. Er will wahrscheinlich nach Algier unter die Schützen gehen, um seinen Kummer zu betäuben. Wahrscheinlich ist der Vater des jungen Mannes, der ihm monatlich nur 170 Franken schickte, zu denen die Mutter heimlich noch 80 Fr. zusteckte, an einem großen Teil des Elends schuld.

Als Violette vom Schicksal ihres Liebsten erfuhr, hat sie sehr geweint. Der Liebling selbst war robuster; die Hyänen der Presse haben ihn in einer Kneipe beim Kartenspiel mit drei Kumpanen aufgestöbert. Vielleicht verbessert er jetzt mit den vier Farben, nachdem die Liebste hochging, den knapp gehaltenen väterlichen Etat.

Die Gebeine des Dichters Ronsard

Da ist der Mittagstisch für Künstler zu Füßen von Mont martre: Cercle Ronsard. In der Turnhalle, wo ein Klavier zwischen den Barren klingt und eine Opernsängerin übt, gibt es Vorspeise und Rotwein, Braten, Gemüse und Waffeln für ganze 3 oder 2 Franken. Vor der Küche steht angeschlagen. Die Pforten öffnen sich auch den deut schen Flüchtlingen, zeigt ihnen Kameradschaft!" Dies ist eine gute und schäßenswerte Erbschaft unseres toten Meisters Ronsard , der vor vierhundert Jahren am Hofe von Paris Oden sang, und auf dessen Stein in Tours die Rebe und die Myrthe wächst. Er selbst, die Gebeine des Sängers aber sind verschwunden. Sie haben die Abtei Saint­Cosme im Herzen Frankreichs oftmals abgegraben. Aber der Alte ist fort.

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O Frankreich, dies war Dein Hofdichter aber da ist noch einer aus dem Volt, Francois Villon , Genie und Säufer wie nur einer. Aber dessen Gebeine brauchst Du gar nicht zu suchen, die hängen am Galgen, denn dieser große Kerl war ein Strauchdieb. Aber seine Verse sind von solcher Schönheit, daß sie noch nach Jahrhunderten aus Versehen in die Dreigroschenopern geraten sind. Und im Bettler- Gewand,

wo von einer faschistischen Organisation noch so wenig zu spüren ist, wie in Spanien .

Es soll nicht geleugnet werden, daß für die im No pember anberaumten Gemeindewahlen in den 9500 spanischen Gemeinden der Uebergang der Sozia­listen zur Opposition die Wahlagitation der Partei er­leichtern wird; es sind die ersten Wahlen mit dem Frauenwahlrecht. Ueberhaupt darf man nicht annehmen, daß eine Partei, die im Lande und im Parlament eine so starke Stellung einnimmt, wie die sozialistische, als Oppositionspartei sehr handlich sein und dem Kabinett Lerroux allzu viele reaktionäre Seitensprünge erlauben wird. Dazu ist die spanische Revolution noch zu jung. Man soll nur nicht denken, daß es in Spanien einzig den Syn­dikalisten und Anarchisten möglich ist, die Massen aufzu rufen. Seit das Land Republik ist, hat die sozialistische Partei von dieser Möglichkeit noch wenig Gebrauch ge­macht, aber verjährt ist sie nicht. Auch wird eine politische Kraft wie Azana nicht durch ein Ministerium Lerroug dauernd beiseitegeschoben und brachgelegt. Lerroug über­nimmt eine unbequeme Erbschaft. Nicht, wie er es dar stellt, weil alles in Grund und Boden gewirtschaftet wäre, sondern weil es ihm nicht leicht sein wird, in seinem Kabinett soviel Hingabe an die Sache, so unermüdlichen Eifer und so weiten Blick zu vereinigen, wie in den letzten zwei Jahren in Spanien an der Regierung waren.

Jmmer muß man sich aber bei der heutigen Wendung nach rechts vor Augen halten, daß sie zustande kam, nicht weil Lerrour durch sein gläubiges Jch werde regieren", die Ereignisse seinem Willen untertänig gemacht hätte, son­dern nur, weil die sozialistische Partei aus taktischen Gründen die Uebernahme der Regierung abgelehnt hat. Ob sie gut getan, eine Machtposition aus der Hand zu geben in einer Zeit, wo das Recht so wenig gilt, wird sich wahrscheinlich schon in den nächsten Monaten zeigen. Lerrour, der seine politische Laufbahn als Anarchist be= gann, scheint auch als Siebzigjähriger noch ziemlich wandelbar zu sein. Die Kräfte, die ihn zur Macht gebracht haben, werden mit ihren Gegenansprüchen nicht lange auf sich warten lassen. Dann wird die sozialistische Partei Gelegenheit haben, zu zeigen, ob sie in der Opposition die Sache der Arbeiter und der Demokratie besser zu ver­treten vermag, als sie es in einer Koalitionsregierung getan hat. Gerade das in den letzten zwei Jahren Ge­leistete gibt das Recht, hohe Ansprüche an die durch ihre Entschließung herbeigeführte neue Lage zu stellen. D. D.

Drei Tote in Oesterreich

Blutige Zwischenfälle im österreichischen Kohlengebiet

In der Ortschaft Kohlgrube im oberösterreichischen Kohlens ichen Heimatschußlenten und Nationalsozialisten, die am gebiet kam es am Sonntag zu Auseinandersezungen zwis Montag ihre Fortseßung fanden. Nach einer amtlichen Dar­stellung sind zwei Heimatschuglente von Nationalsozialisten überfallen worden, die sich darauf in ein Gasthaus zurücks zogen, wohin fie verfolgt wurden. Als Gendarmerie tam, gingen die Angreifer in ein anderes Gasthaus, wo sich eine größere Gesellschaft von Nationalsozialisten, Sozialdemokra ten und Kommunisten befand. Als die Polizei die Haupts täter verhaften wollte, ist ihr Widerstand entgegengelegt worden. Trok wiederholter Aufforderungen der Gendarmerie haben die Angreifer von ihrem gewalttätigen Bargehen nicht abgelassen, so daß die Gendarmeriebeamten, von denen einige verlegt worden waren, von den Schußwaffen Ges brauch machten. Drei Personen wurden durch Schüsse getötet, fünf Personen verwundet.

Der Danziger Boltstag wählte den bisherigen Senator Dr. Wiercinski- Keiser, der vor einigen Tagen aus dem Rentrum ausgetreten war und sein Amt niedergelegt hatte, auf Antrag der Nationalsozialisten von neuem zum Senator. Das Zentrum enthielt sich der Stimme.

Malmö . Oberst Lindbergh und Frau haben Schweden endgültig verlassen. Ihr Ziel ist unbekannt; es verlantet aber, daß sie sich nach Sowjetrußland begeben wollen.

mit tollen Stiefeln laufen sie noch heute als Opera des quatre Sous" nachts in den alten Gassen an der Seine herum. Du kannst sie abends auch unter den Seinebrücken sehen!

Na, und Du, Altmeister Villon, wenn Du auch keine Gebeine hast, Du bist doch jetzt endlich zu Geld und Rotwein und gutem Bourgignon gekommen und vereinigst die Künstler mit leerem Bauch" für 2, 3 Franken im Gercle Francois Villon am Bahnhof Montparnasse wo die Maler des besonnten Akts aus den billigen Ateliers und all die ver­fannten Genies und auch da wieder deutsche Flüchtlinge den Vater der Dichtung ehren Dank Dir, Frankreich , während in Deutschland wohl 8 von den 9 Musen schon in Dachau sind! Lilian in Paris

Es ist leider wahr, daß der Franzosen - Film sich schwer von der Ufa trennen kann. Noch zwei Jahre laufen die Verträge. Aber Hollywood hat jetzt einen großen Block vor die Horst­Weffel- Kamera geschoben: Pommer dreht hier an den Seineorten, gestaltet Paris zum Zentrum europäischer Filmkunst. Friz Lang beginnt mit Liliom", einem Wien mit Montmartre - Ecken und den Reliefs der malerischen Vor­städte, durch die Charles Boyer in den Himmel latscht. Dann ein Polizeifilm von Ophuls, der schon bald ein Nachfolger von dem guten König Heinrich mit dem Suppen­topf ist, weil er nun schon fünf Monate lang den Midinettes die Liebelei" verabreicht. Schließlich Lilian Harvey mit einer fomischen Filmoperette. Erich Pabst hat inzwischen, nach seinem Don Quichotte", mit einem ungarischen Film losgelegt, der schon zehn Jahre nach der Frendlosen Gasse" in deren Art spielen soll, mit Sokoloff und Marga Lion. Pommer, Lang, Pabst, sonstige deutsche Filmkanonen: Viele Hundert arme Teufel, Emigranten auf Feld­betten, mit Essenfassen und keinem Sou in der Tasche, stecken in den Baracken von St. Maur jenseits der Heide von Vincennes , vor den Toren von Orleans und Italie , in der melancholischen Einöde am Schlachthof Billette, auf den ab­getragene Forts im Mateotti Comite( 211 Rue La­fayette). Hört es, deutsche Filmkanonen, nehmt Euch dieser abgetragenen Forts an!

Baptiste.