Anny Besant
Eine bedeutende Frau
Ein fantastisch vielseitiges Frauenleben hat sein Ende gefunden: Anny Besant ist, sechsundachtzigjährig, in der in dischen Stadt Madras gestorben. Ein englisches Durchschnittsmädel, streng orthodox im Geist der Hochkirche erzogen und dann mit einem Geistlichen verheiratet. Die junge Frau läßt sich scheiden, wird Freidenkerin, schließt sich den Fabiern um Bernard Shaw und den beiden Webbs an und interessiert sich leidenschaftlich für Arbeiterfragen. Plöblich aber tritt die Wendung in ihr Leben: durch die Bekanntschaft mit einer russischen Mystikerin wird Anny Besant Theosophin und bereist als Missionärin dieser Sekte die ganze Welt. Ihren ständigen Wohnsitz nimmt diese merkwürdige Frau in In dien , wo sie sich mit einem prophetischen Fanatismus der kulturellen, religiösen und auch politischen Erziehung der Hindu hingibt. Ihrem außerordentlichen Agitatorentalent verdankt die Hinduuniversität ihr Entstehen. Anny Besant wird zu einer Heldin der indischen Freiheitsbewegung und wandert 1917, während des Weltkrieges, zusammen mit Gandhi in das Gefängnis. Es ist noch in aller Erinnerung, daß die weiß
Der Henker
Hagen, den 21. September 1933. Im Prozeß gegen Schidzik und Genossen wurde heute das Urteil gefällt. Der Hauptangeklagte Schidzik wurde wegen Mordes(?) in Tateinheit mit schwerem Landfriedens: bruch zum Tode und zum dauernden Verlust der bürger: lichen Ehrenrechte verurteilt. Die Angeklagten Klostermeier und Heißmann erhielten je 15 Jahre Zuchthaus. Die Anges flagten Gelezes wurden zu elf Jahren, Wiesner zu acht Jahren und Petry zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Allen wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zehn Jahren aberkannt. 20 Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen von neun Monaten bis zu vier Jahren. Ein Angeklagter wurde freigesprochen,
Der Kommunist Schidzik und seine Genossen sollen am 16. Januar einen Ueberfall auf das SA.- Heim in Iserlohn verübt haben, wobei der SA.- Truppführer Bernsau durch einen Revolverschuß( möglicherweise seiner eigenen Leute! D. Red.) getötet wurde. Mehrere SA.- Männer wurden vers legt.
In den letzten Wochen sind allein in Wuppertal - Elberfeld 12 Arbeiter bestialisch ermordet worden. So hat man den jugendlichen Arbeiter Daehler eines Nachts durch SA. aus seiner Wohnung abholen lassen; am nächsten Morgen wurde er auf der Landstraße ermordet aufgefunden. Die Leiche war so furchtbar verstümmelt, daß der Vater seinen Sohn nur an den Kleidern wiedererkennen konnte.
Ein weiterer Mord ereignete sich in der Paradestraße. Dort schoffen SA.- Leute den Arbeiter Kreikampf nieder. Schwer verwundet ließen sie ihn liegen. Nach furchtbaren Schmerzen verstarb er an den Bauchschüssen, die ihm beigebracht worden waren. Die 65jährige Mutter des Ermordeten wurde verhaftet. Sie wird beschuldigt, an einem Zusammenstoß mit Nazis beteiligt gewesen zu sein. Als der junge Kreikampf beerdigt wurde, war die Anwesenheit der Eltern nicht zugelaffen.
Einem Zimmervermieter wurde während einer Haussuchung ein Möbelstück zertrümmert. Der Mann reichte Anzeige gegen die Täter ein. Die darauf folgende Untersuchung bestand darin, daß er mit Gummifnüppeln furchtbar zugerichtet wurde.
BRIEFKASTEN
Die rote Gewerkschaftsinternationale, Kopenhagen . Ihr schickt uns Guer 2. Augustheft zu. Wir haben es aufmerksam gelesen. Ein Kompliment tönnen wir Euch leider nicht machen. Da schreibt zum Beis spiel Frizz Heckert elf engbedruckte Seiten über die Frage:" Ist die Sozialdemokratie noch die soziale Hauptstüze der Bourgeoisie?" An dieser Frage dehnt und dreht er nun herum, wie ein Pastor an der Textauslegung eines Bibelspruches. Viel Theologie und wenig Seele. Natürlich bejaht Heckert seine Frage. Mit einigen fleinen Aenderungen hätte der Artikel auch schon vor einem Jahre erscheinen können. Nicht weil er ewige Wahrheiten enthält, sondern weil seine Argumentationen eingefroren sind wie faule Kredite. Das einzige Hoffnungsvolle ist die Frage selbst. Demnach scheint man doch auch in Guern Kreisen ernst hafte Zweifel zu hegen, ob die Sozialdemokratie noch die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie" ist. Hoffen wir, daß diese Zweifel sich vertiefen und kommunistische und sozialdemokratische Arbeiter in der faschistischen Hölle sich nicht an blutleeren papierenen Diskussionen erhizen, sondern gemeinsam dem Feind begegnen, der sie alle fejfelt.
Dr. H., Zürich . Sie wundern sich, daß wir Polemiken gegen Saars brücker Zeitungen führen. Wir erscheinen nun einmal in Saar brücken und haben hier die durch Gleichschaltung in die braune Zwangsjacke gesperrten Zeitungen vor uns. Es geht uns nicht um den zufälligen Erscheinungsort dieser Zeitungen, sondern um den Typ, des charakterlosen deutschen Journalismus, der sich den Fußtritten der SA. gefügt hat.
N. S. , Lille . Ihre Kritik am Prager Vorstand der SPD . ist sehr oberflächlich. Offenbar kennen Sie seine Veröffentlichungen nicht. Weder Selbstgerechtigkeit noch Selbstgenügsamkeit ist in dem bisher erschienenen Schriftenmaterial zu spüren, dagegen sehr weitgehende Toleranz gegenüber Meinungen, die von der alten Partei doktrin abweichen. Niemand betet überholte Parteiprogramme an, aber auch niemand von Weitblick und Verantwortung wirft gleich a II e 3 über Bord. Die Sozialdemokratie ist im Stadium einer ernsten Selbstfritik und träftigen Erneuerung. Das weiß man bestimmt gerade in Prag .
Aus Mannheim geht uns das nationalsozialistische Hakenkreuzbanner" mit dem Bericht eines Engländers in der Neuen Londoner Zeitung" zu. Der Mann fand bei einer flüchtigen Besichtigung des Konzentrationslagers in Kislau alles in bester Ordnung. Nach seinen Beobachtungen muß es der reine Kuraufenthalt sein. Immerhin ist er nicht dort geblieben, sondern gleich nach England zurückgereist. In seinem Bericht gibt es diese Stelle:
" In Gegenwart der Gefangenen frage ich den Kommandanten, ob die körperliche Züchtigung hier existiere, worauf das Grinsen zu einem mächtigen Gelächter anschwoll."
Wenn er nicht bemerkt hat, daß das Hohngelächter war, muß der gute Brite ein schöner Trottel sein.
Ein eifriger schweizer Leser. Daß Sie uns nachsagen, wir trieben auch„ kommunistische Propaganda", werden Ihnen die Kommunisten
haarige Predigerin den Sinduknaben Krishnamurti der gan- Klumpp wird nicht ausgeliefert fehr übel nehmen. In der kommuniſtiſchen Preſſe ſteht immer wie
Protest des Gesandten
Bern , 22. September. ( Infa.) Die deutschfreundliche Neue Züricher Zeitung" berichtet aus Berlin : Ein Schweizer Bürger aus Wila im Tößtal , der für turze Zeit auf Besuch in Berlin weilte, ist hier
das Opfer schwerster Mißhandlungen durch Mitglieder nationalsozialistischer Wehrverbände geworden, weil er sich geweigert hatte, der Hakenkreuzfahne die Neverenz mit dem Hitlergruß zu er weisen.
Der Gast aus dem Kanton Zürich machte mit zwei Landsleuten einen Spaziergang, über den Hohenzollerndamm in Berlin- Wilmers dorf , wo sich gerade einer der zahlreichen Vorbeimärsche von SA.Truppen mit flatternden Fahnen abspielte. Rechts und links vom Zug marschierten SS .- Männer zur Ueberwachung des Publikums mit. Einer der SS .- Männer hielt unseren Landsmann an und stellte ihn zur Rede, weil er es unterlassen hatte, mit erhobenem Arm das Hakenkreuz zu grüßen.
Als der Befragte auf seine Schweizer Staatsangehörigkeit hinwies, die ihm den Hitlergruß erspare, erhielt er einen Fauftschlag ins Gesicht. Drei SA.- Männer mischten sich ein, warfen den Schweizer zu Boden und bedienten sich ihrer Militärstiefel, um den Zivilisten mit Fußtritten zu traftieren.
Tie SA.- Truppe auf der Straße machte indessen Halt und schaute der rohen Szene untätig zu. Der Schweizer blieb mit zera brochenen Rippen und äußeren Verlegungen liegen und mußte in eine Klinik zur ärztlichen Behandlung gebracht werden. Er ist verhindert, seine Verpflichtung als Schauspieler in Paris in einem Engagement, das schon in den nächsten Tagen wirksam geworden wäre, zu erfüllen, so daß ihm auch ein materieller Sch a den erwächst.
Der Schweizer Gesandte in Berlin hat heute auf dem Auswärtigen Amt vorgesprochen, um gegen den gewaltsamen Uebergriff zu protestieren. Die Fälle, in denen Schweizer Bürger, denen der Hitlergruß nicht geläufig ist, behelligt werden, häufen sich seit einiger Zeit in einer Art, die geradezu zum Aufsehen mahnt, und neue Klagen gehen fast täglich auf der Schweizer Gesandtschaft ein.
Auch ein Engländer verprügelt
London , 21. Sept.( Havas.)„ Daily Herald" veröffentlicht einen Artikel über einen in Berlin erfolgten diploma= tis en 3wischenfall. Danach erhob Archivar E. Hardy von der britischen Botschaft in Berlin den Arm nicht zum Gruß als er unter den Linden in Berlin einer Abteilung SA. mit Hakenkreuzfahne begegnete. Darauf wurde er von einem Nationalsozialisten, der sich aus der Abteilung Ioslöste, ohne weiteres ins Gesicht geschlagen. Auf Reklamation der britischen Botschaft beim Reichsaußenministerium hin drückten die deutschen Behörden ihr„ lebhaftes Bedauern" über den Zwischenfall aus.
Wo ist Heidi Eisler? Fragen
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keine Antwort
Wien , den 21. September 1933.( Insa.) Wir brachten letter Tage die Meldung von der Ermordung der tschechischen Schauspielerin Heidi Eisler durch die Nazis. Um diese Meldung zu überprüfen, hat sich der öster: reichische Bühnenverein an die Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger mit einer Anfrage nach dem Schicksal der Schauspielerin gewandt und folgende Antwort erhalten:
Auf Ihre Anfrage vom 11. d. M. erwidern wir Ihnen, daß uns nicht bekannt ist, ob Fräulein Heidi Eisler in einem Konzentrationslager interniert ist oder Selbstmord begangen hat. Wir kennen überhaupt nicht den gegen: wärtigen Aufenthalt von Fräulein Eisler und sind daher auch nicht in der Lage, uns irgendwie für sie einfegen zu tönnen."
Für die barbarischen Zustände, die in Deutschland nicht nur auf dem Gebiet des Rechtswesens, sondern auch in den gleichgeschalteten Gewerkschaften herrschen, ist der zynische Brief der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger außer ordentlich charakteristisch.
Colmar , 20. Sept. Das hiesige Oberlandesgericht hat in der Auslieferungssache des Rechnungsrates Heinrich Klumpp aus Karlsruhe endgültig entschieden. Der Ausliefe= rungsantrag wurde abgelehnt, weil Klumpp nicht wegen Unterschlagung, sondern wegen politischer Gründe ausgeliefert werden sollte. Klumpp wurde noch am gleichen Tage auf freien Fuß gesetzt. Auf dem Straßburger Hauptbahnhof wurde der„ Senior der Flüchtlinge" durch eine Delegation der Emigranten mit Blumen empfangen, ein Zeichen, daß Klumpp sehr beliebt ist.
Wenn man die Hintergründe kennt, die die deutsche Regierung zur Auslieferung angeführt hat, so muß man zu der Ueberzeugung gelangen, daß die Nazis alles versuchen, um den Emigranten beizukommen. Erfreulicherweise hatte sich in diesem Falle die gesamte französische Preffe eingemischt, um die Ausweisung zu verhindern. Und wie tragisch wäre es gewesen, wenn Klumpp am heutigen Tage dem 62. Geburtstage über die Kehler Brücke nach dem Deutschland
der Verbrecher gebracht worden wäre. Die Flüchtlinge und die Straßburger Bevölkerung wissen, daß das Oberlandesgericht in Colmar nicht nur dem„ Roten Matrosen", sondern ihnen und der Bevölkerung einen großen Liebesdienst erwiesen haben. Heinrich Klumpp wird nämlich noch gebraucht bei der nächsten Ab= rechnung!
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der, wir seien die treuesten Stüßen Hitlers und gekaufte Soldknechte aller möglichen kapitalistischen Imperialismen. Was die Aufmachung unseres Blattes angeht, so zeigt sie die etwas sehr lebendige Art, die im Nachkriegsdeutschland sich allgemein in der Presse durchgesetzt hat. Wir geben zu, daß diese Aufmachung im Vergleich zu der wesentlich ruhiger gehaltenen Presse der Schweiz reichlich aufregend wirken muß. Sehen Sie auf den Inhalt der Aufsäße, und der scheint Ihnen doch meistens zu gefallen trog Ihrer Abneigung gegen sozialistisch- kommunistische" Propaganda. Dank für die freundliche Art Ihrer Kritik.
Immer wieder: Briefe nur an die Redaktion der„ Deut schen Freiheit" adressieren, soweit es sich um Korrespondenzen handelt, die den Textteil betreffen. Werden Briefe an einzelne Res defteure gerichtet, besteht die Gefahr der Verzögerung. Immer noch tommen Briefe an Redakteure, die überhaupt nicht bei uns tätig find. Briefe, die den Annoncenteil und den Versand betreffen, richte man die Geschäftsleitung.
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Paul Löbe ist noch immer seiner Freiheit beraubt. Er wollte nicht ins Ausland gehen. Bis zulegt glaubte er, daß es in den hohen Regionen auch noch den einen oder anderen Ehrenmann geben müsse. Dieses Vertrauen muß er schwer büßen. Es ist für einen guten Deutschen gewiß nicht leicht, einzusehen, daß nur Lumpen oben sind, aber es ist fo.
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