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Torgler gegen dunkle Zeugen Gegen Justizmord!
Aus Leipzig wird uns geschrieben:
Behn Sigungstage sind hinter uns. Viele werden noch folgen, aber jetzt schon steht fest: ein grausamer Justizmord, der grausamste aller Zeiten, bereitet sich in Leipzig vor, indem das Gesez gebeugt wird.
Wir registrieren:
1. Die Angeklagten stehen nicht vor ihren gefeß lichen Richtern, worauf sie auf Grund des Artikels 105 der Reichsverfassung, der noch nicht außer Kraft gesetzt ist, Anspruch haben. Jeder Reichsgerichtssengt besteht aus mindestens sechs Reichsgerichtsräten und einigen Landgerichtsdirektoren, die als Reichsgerichtsanwärter als Ersazrichter hinzugezogen werden. Bei größeren Prozessen amtieren selbstverständlich die Reichsgerichtsräte, insbesondere immer dann, wenn der Senatspräsident den Vorsitz führt. Diese Praxis ist im gegenwärtigen Prozeß, der der größte ist, den jemals das Leipziger Reichsgericht beschäftigte, dessen historische Bedeutung so groß ist, daß die Weltpresse nicht einmal Plaz genug fand, um an den Verhandlungen teilzunehmen, der Anlaß gegeben hat, daß ein internationaler Untersuchungsausschuß sich mit dieser Angelegenheit in wochenlangen Untersuchungen befaßte, durchbrochen worden. Auf den Richterstühlen fehlen die Herren Reichsgerichtsräte Driewer, Klimmer und Sonntag. An ihre Stelle sind drei Landgerichtsdirektoren getreten, und lediglich Reichsgerichtsrat Coenders sitzt als einziger Reichsgerichtsrat in diesem Senat. Selbst wenn man nicht wüßte, wie stark Coenders an der jahrelangen Spruchpraris gegen die Kommunisten beteiligt ist, müßte die Art der Zusammensetzung das lebhafteste Erstaunen hervorrufen.
2. Durch die dauernde Entziehung des Fragerechts ist der Angeklagte Dimitroff in seiner Verteidigung gehindert, denn kein Mensch kann glauben, daß der„ Ton eines Angeklagten", selbst dann, wenn er anmaßend wäre, für die Zulassung von Fragen entscheidend sein könne, wenn es um Tod und Leben für die Betroffenen geht. Eingeweihte werden an Herrn Bünger die Frage stellen können, wie es kommt, daß er plötzlich so zartfühlend geworden ist. Er hat doch in anderen Prozessen den Angeklagten immer gesagt, daß er ihnen weitgehendst das Fragerecht einräumen wolle, damit auch jeder Punkt geklärt werden könne.
Das verlangt auch die Strafprozeßordnung, und es muß als zweite Ungeheuerlichkeit festgehalten werden, daß die Frage Dimitroffs, in wessen Auftrag van der Lubbe gehandelt habe, nicht zugelassen worden ist.
8. Ein wichtiger Grundsatz der Strafprozeßordnung ist, daß jeder Zeuge vollkommen unbeeinflußt nach leinem besten Wissen seine Aussage machen soll. In Leipzig
Forthegung aus Nummer 92.
10. Verhandlungstag
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Um Schreibmaschinen und genagelte Stiefels Landgerichtsdirektor Parrisius weist auf die Behaup tung Torglers hin, daß van der Lubbe unter Umständen mit dem Studenten Perl verwechselt worden sein kann; er fragt den Angeklagten, ob er mit dem Studenten Perl in dem Vorraum gesessen habe, und fügt hinzu, das wäre wieder eine neue Besart. Gegen diese Art der Fragestellung protestiert der Verteidiger Torglers, RA. Dr. Sad. Der Vorsitzende richtet nun seinerseits die Frage an Torgler , ob er am Brandtage im Obergeschoß des Reichstages mit dem Studenten Perl zusammengewesen sei. Torgler verneint und sagt, er habe die Verwechslungsmöglichkeit des Perl nur im Zusammenhang mit der Behauptung erwähnt, daß am Tage vorher ein van der Lubbe ähnlich schender Mann im Reichstagsfahrstuhl hinaufgefahren sei. Der Vorsitzende weist weiter auf die Aussagen einer Zengin hin, daß der kommunistische Abgeordnete Koenen zusammen mit van der Lubbe im Preußischen Landtag den Fahrstuhl hinaufgefahren sei. Torgler hält das für ausgeschlossen.
Die Fragen des Vorsitzenden an van der Lubbe, ob er den preußischen Landtag fenne und ob ihm der Abgeordnete Koenen bekannt sei, verneint der Angeklagte. Der Vorsitzende hält dem Angeklagten Torgler weiter die Aussage des Zeugen Weberstedt vor, wonach am Tage nach dem Brande aus dem kommunistischen Frak tionszimmer 53a beide Schreibmaschinen entfernt waren und das ganze Zimmer so aufgeräumt gewesen sei, als ob man die Absicht hätte, nicht zurückzukehren. Der Angeklagte Torgler erklärt, daß seines Wissens nur eine Schreibmaschine dort stand und daß von Aufräumen ebensowenig wie bei den anderen Zimmern die Rede gewesen sein kann. Weiter gibt der Vorsitzende eine Beugenaussage befannt, wonach am Tage nach dem Brande ein Loch im Glasdach festgestellt worden ist. Ueber dem kommunistischen Fraktionszimmer sei eine Scheibe herausgewesen, und die Scherben hätten unten gelegen. Ueber dem Loch sei eine Leiter angestellt gewesen. Der Angeflagte Torgler erwidert, daß ihm dieser Vorgang völlig unverständlich sei. Als er abends das Zimmer verlassen habe, habe er nichts davon bemerkt und er wisse nicht, durch wen und um welche Beit diese Scheibe zerbrochen worden sei. Vorsitzender: Auch Spuren von genagelten Stiefeln sollen auf einem Fensterbrett entdeckt worden sein, über das man vom zweiten Obergeschoß zu den kommunistischen Fraktionsräumen gelangen fann. Torgler erklärt, daß von den Angestellten des Fraktionsbüros niemand genagelte Schuhe gehabt habe.
Es kommen dann die Vorgänge vor dem Reichstagsbrand zur Sprache. Der Angeklagte Torgler schildert, daß er bom Reichstag aus zum Restaurant Aschinger am Bahnhof Friedrichstraße gegangen ist, wo er sich mit dem Zeugen Birkenhauer verabredet hatte. In seiner Begleitung war außerdem Koenen. Torgler erklärt, daß er hier noch eine neue Aussage zu machen habe. Es sei richtig, daß außer den dreien später noch zwei Personen hinzugekommen find. nämlich Br.u no Petersen und ein Parteifreund Herbert Wehner . Er habe sich zunächst nicht daran erinnert und sei erst durch den Vorhalt von Zeugenausfagen nach der Vernehmung vom 1. Juli darauf gekommen. Eiwa um 10 Uhr, fuhr Torgler fort, set ein Kellner an
abend bas Material bekommen, gewissermaßen die Protos folle des Untersuchungsausschusses. Ich habe sie die ganze Nacht hindurch gewissenhaft durchgearbeitet und ich habe dr nichts gefunden, was mir die Unterlage geben könnte, einen Beweisantrag zu formulieren, um Ihnen den Weg z weisen, wer die wahrhaft Schuldigen sein könnten.
werden die Entlastungszeugen aus den Konzentrationslagern vorgeführt, und der begleitende Kriminalbeamte sagt diesen Zeugen in der Pause:„ Sie reden zuviel!" Entlastungszeugen werden, bevor sie in Leipzig erscheinen, von der SA. verhaftet und erst dann dem Gericht vorgeführt. Aber auch der deutschnationale Belastungszeuge Panfnin wurde in Schußhaft genommen, um ihn im Deutschland des dritten Reiches" kommunistischen Einflüssen zu entziehen. Auch hier sei Herr Bünger darauf hingewiesen, daß eine derartige Behandlung von Beugen das Gericht Mißdeutungen aussetzt, da dasselbe selbstverständlich verpflichtet ist zu prüfen, ob ein Zeuge nach der einen oder andern Richtung hin beeinflußt worden ist. Der Senatspräsident Bünger wird sich sicherlich erinnern fönnen, wie er selbst gegen sogenannte Korridorgespräche zwischen Zeugen Front gemacht hat.
4. Eine weitere Ungeheuerlichkeit ist, daß zumindest die drei bulgarischen Angeklagten zu ihren Offi zialverteidigern überhaupt fein Vertrauen haben. Nach der Strafprozeßordnung können Angeklagte ihren Verteidigern das Mandat entziehen, wenn sie zu ihnen kein Vertrauen haben.
In dem Leipziger Prozeß ist die Anwendung dieser strafprozessualen Vorschrift nicht möglich, da die Bulgaren trotz aller Bemühungen keine Wahlverteidiger bekommen können. Obgleich der Senat darüber zu wachen hat, daß die Verteidi gung nicht gröblich ihre Pflicht verlegen darf, wie dies Herrn Rechtsanwalt Teichert nachgewiesen ist, wundert sich das Gericht nicht, daß Herr Rechtsanwalt Teichert bisher feine Frage zur Entlastung der ihm anvertrauten Angeklagten gestellt hat.
Wir könnten diese Registrierungen fortseßen und insbes sondere auch die Frage stellen, warum der Oberbrand= direktor Gempp und der Stadtrat Arens nicht als Zeugen geladen worden sind; warum man van der Lubbe nicht gefragt hat, wie es fomme, daß er die Mitgliedskarte der Kommunistischen Partei laut Meldung des Amtlichen Preußischen Pressedienstes vom 28. Februar bei sich getragen hat, obgleich er, wie sich jetzt herausgestellt hat, gar nicht der Kommunistischen Partei angehört. Wir fönnten weiter fragen, warum Herr Bünger plößlich so wortfarg wurde, nachdem Lubbe erklärte, dann müssen eben andere dabeigewesen sein", und nicht die selbstverständliche Frage stellte:„ Wer sind die andern gewesen?" Aber bei dem gegenwärtigen Stand des Prozesses genügen die hier festgestellten Punkte, um nachzuweisen, daß bereits jetzt in Leipzig das Recht gebrochen, bindende Vorschriften der Strafprozeßordnung verletzt worden sind und daß die Leip ziger Richter daher voll verantwortlich sind für den Justizmord, der dort vor aller Welt sich entwickelt.
Dieser Prozeß ist ein Att der Gegenrevolution. Die kommende große deutsche Revolution wird die wirklich Schuldigen richten und die ihnen Hörigen auch.
ihren Tisch gekommen und habe gefragt, ob sie schon wüßten, daß der Reichstag brenne. Torgler erklärt, er habe das zunächst als Fopperei aufgefaßt und gesagt:„ Machen Sie doch feinen Unsinn." Der Kellner erwiderte jedoch:„ Nein, nein! Es sind schon Tausende von Leuten da." Erst da habe ich die Sache ernsthaft aufgefaßt. Ich bin sofort aufgestanden und wir haben furz nach 10 Uhr das Restaurant verlassen.
Borfizender: Das Wesentliche bei der Sache ist doch, daß der Zeuge Hoeft, der Geschäftsführer des Lokals, sich darüber gewundert hat, daß Sie die Nachricht so ruhig aufgenommen haben, als Sie da zusammensaßen. Torgler : Das ist nur dadurch zu erklären, daß wir, die wir allein hinten in der Ecke saßen, noch gar keine Ahnung davon hatten, wenn auch vorn die Leute es schon wußten und auf= geregt waren. Er habe sich in die Straßenbahn gesetzt und sei zum Reichstag gefahren. Er habe es aber aufgegeben, durch die Absperrung zu kommen, besonders, nachdem er geschen hatte, daß in dem Flügel, wo die Zimmer der kom munistischen Fraktion lagen, alles dunkel war. Er sei dann zu Aschinger zurückgefahren und habe dort Birkenhauer feine Beobachtungen erzählt. Koenen, fuhr Torgler fort, hatte sich inzwischen zum Alexanderplatz begeben. Wir hielten uns dann bei Aschinger noch bis etwa 11.30 Uhr auf und dann fuhr ich ebenfalls zum Alexanderplaß, ging in ein Restaurant in der Dircksenstraße, wo wir uns schon am Nachmittag für den Abend verabredet hatten.
Die Flüsterecke
Vorsitzender: Als Belastungsmoment wird geltend gemacht, und durch Zeugen belegt, daß an dem Abend im Restaurant Schlawicki in der Dircksenstraße ein auffallend reger Verkehr an Ihrem Tisch geherrscht habe. Die Unterhaltung sei leise im Flüsterton geführt und abgebrochen norden, wenn jemand in die Nähe fam. Einzelne Teilnehmer seien in deutlich wahrnehmbarer Unruhe gewesen. Es seien viele Telefongespräche geführt worden. Angeklagter Torgler : An unserm Tisch ist nicht im Flüsterton ge= sprochen worden. Wir haben natürlich ziemlich erregt den Reichstagsbrand besprochen und uns darüber unterhalten, welche politische Bedeutung das haben könnte. Ich bin sehr häufig ans Telefon gegangen, um mich zu informieren.
Verteidiger Sack verteidigt sich
Nach einer längeren Pause, in der Verhandlungen zwischen der Verteidigung und dem Senat stattfanden, gibt RA. Dr. Sad eine Erklärung ab, in der es u. a. heißt: Es tagt in Paris der sogenannte Untersuchungsausschuß, der den Reichstagsbrand klären will. An diesem Ausschuß nimmt auch teil der amerikanische Kollege. Hayes. Ich erhalte soeben eine Verlautbarung, nach der Hayes in Paris dem Sonderforrespondenten der Prawda" gegenüber sich geäußert haben soll, daß er ein seltsames Betragen der Verteidigung feststellen müsse, die bei der Entlastung der Angeklagten gleichzeitig die wahren Schuldigen an der Brandstiftung hätte angeben müssen.
Ich verwahre mich gegen diesen Anwurf, daß meine Ver: teidigung irgendwie ein eigenartiges Gebaren hat. Es ist eines deutschen Anwaltes unwürdig, Gerüchte, politische Kombinationen, wie sie im Braunbuch enthalten sind, hier als Beweisanträge zu formulieren. Und daraus ein eigenartiges Verhalten der Verteidigung herzuleiten, bedeutet einen Anwurf, gegen den ich in aller Ceffentlichkeit protestiere, wobei ich von den ausländischen Pressevertretern erwarte, daß fie diese Dinge als Ber leumdungsfeldzug gegen die deutsche Rechtspflege und die deutsche Verteidigung brandmarken. Ich habe am Freitag.
Der Oberreichsanwalt erklärt
Oberreichsanwalt Dr. Werner: Ich stimme den Ausführungen des Verteidigers vollkommen bei, die sich gegen die Verleumdungen richtete, die in einem Teil der Auslandspresse und dem sogenannten Braunbuch erhoben worden sind. Diese Behauptungen ohne jede Unterlage haben in diesem Stadium des Prozesses auch mir keinen Anlaß gegeben, auf diese Dinge irgendwie einzugehen. Es ist bekannt, daß ich an RA. Branting und Romain Rolland geschrieben habe, daß mir Material geschickt werden möge. Ich habe mich feierlich verpflichtet, daß ich dieses Material, wenn es zur Entlastung der Angeklagten oder zur Belastung anderer, bisher nicht angeklagter Personen dienen sellte, in der Sizung verwerten würde. Es ist mir fein Material gegeben worden. Dagegen sind mir auch jetzt Unterlagen zugegangen über das, was in jener Verhandlung in London vorgebracht worden ist.
Auch ich habe das Material gewissenhaft durchgearbeitet und auch ich habe keinen Anlaß gefunden, irgendetwas zur Zeit daraufhin zu tun.
Im übrigen habe ich bereits erklärt, als das Telegramm des Polizeipräsidenten Heines und die Mitteilung des Oberleutnants Schulz hier bekanntgegeben wurden, daß ich zu gegebener Zeit auf diese Sachen zurückkommen würde. Ich behalte mir das noch vor, und dann wird vielleicht zu allen Verleumdungen Stellung genommen werden können und bewiesen werden, daß es sich wirklich um haltlose Verleumdungen handelt, die zurückzuweisen sind.
Sack gegen Branting
RA. Dr. Sack: Ich habe in der Nacht vom Freitag zum Samstag in einem Hotel in London mit RA. Branting zusammengesessen und ihm in Gegenwart meiner Referendare und seiner sogenannten Sekretäre erklärt, welche verschiedenen Gerüchte nicht nur haltlos sind, sondern, wenn fie immer wieder vorgebracht werden, den Stempel der Verleumdung tragen:
1. das Gerücht, an dem Brandtage wären Reichstagsbeamte aus bestimmten Gründen beurlaubt worden. Ich habe erklärt, das sei unrichtig; es wären die Beamten im Dienst gewesen, die turnusmäßig an diesem Tage ihren Tienst zu machen hatten. Es handelt sich dabei um alte Beamte, die aus dem alten Regime übernommen worden find, nicht etwa um neue, die erst von den neuen Regierungsstellen angestellt worden sind;
2. habe ich festgestellt, daß die Feuerwehr innerhalb von vier Minuten von zwei verschiedenen Wachen zur Stelle war. Alles andere Gerede ist nichts weiter als Kombination oder auf Bösartigkeit zurückzuführende Verleumdung. Ich hatte in London mitanhören müssen, wie der frühere Minister Grzesinski folgende Worte gesprochen hat: Wenn der höchste Alarm für die Feuerwehr nicht angeordnet Darauf gewesen ist, dann muß er verboten gewesen sein. habe ich dem RA. Branting erklärt, die Feuerwehr ist in fürzester Frist in die höchste, die fünfte Alarmstufe versetzt worden. Ich habe weiter erklärt, es sei ein unsinniges Gerücht, daß ein Trupp SA.- Leute in der Dorotheenstraße auf das Zeichen des Führers Ernst gewartet habe und dann auf Motorrädern durch Berlin gerast sei. Ich habe ferner erflärt, daß alles sofort alarmiert wurde und daß in kurzer Seit alles polizeilich abgeriegelt war. Das alles habe ich nach gewissenhafter Prüfung dem Kollegen Branting vorgetragen mit der Bitte, das auch dem Untersuchungsausschuß zu unterbreiten. Ich habe diese meine Angaben mit Aftenauszügen bekräftigt.
Wenn jegt wieder solche Gerüchte auftauchen, so richten sie sich von selbst, aber sie können dann nur noch als An: würfe gegen die Verteidigung und als ein bösartiger Ans griff gegen die deutsche Rechtspflege gewertet werden. Hayes im Saal
RA. Dr. Seuffert teilt mit, daß ihm gestern ein Schreiben von dem Pariser Komitee zugegangen ist, in dem ihm nahegelegt wird, van der Lubbe durch zwei anerkannte schweizerische Sachverständige untersuchen zu lassen. Ich halte es unter der Würde eines deutschen Rechtsanwaltes, er= flärt RA. Dr. Seuffert, nach Paris an ein solches Komitee überhaupt eine Antwort zu geben.
RA. Dr. Sad teilt mit, er höre, daß RA. Hayes soeben in den Saal gekommen sei. Er betrachte es als seine Pflicht, das aufzuklären, ob er sich in diesem Sinne zu dem Sonderkorrespondenten der„ Prawda" geäußert habe.- Präsident Bünger erklärt, über die Anregung der Vernehmung des RA. Hayes werde der Senat beraten. Nach furzer Beratung betritt der Senat wieder den Saal. RA. Dr. Sad erklärt, RA. Hayes sei bereit auszusagen, daß er sich nicht in dieser Weise geäußert habe. Der Vorsitzende verkündet aber als Beschluß des Senates, es bestehe keine Veranlassuung, RA. Hayes zu hören.
Ein fantasievoller Zeuge
Es wird dann in der Verhandlung fortgefahren. Nachdem der Vorsitzende durch das überaus dreiste Verhalten des Angeklagten Dimitroff zu energischem Eingreifen veranlaßt worden war, wird dem Angeklagten Torgler eine Zeugenaussage vorgehalten, wonach Torgler einige Zeit vor dem Brande mit Dimitroff im Reichstag, an einer Brüstung lehnend, gesehen worden ist.
Torgler erflärt, daß er Dimitroff erstmalig in seinem Leben in Leipzig in dieser Verhandlung kennengelernt habe. - Der Vorsitzende gibt dann eine Zeugenaussage des Bergmannes Kunzad, der früher selbst Kommunist war, bekannt. Dieser Zeuge hat von einer Zusammenkunft berichtet, die im Jahre 1925 in Düsseldorf stattgefunden haben soll. Leiter der Aussprache war der frühere Abgeordnete Heinz Neumann . Es waren drei Holländer anwesend, von denen einer Lübben hieß, der nach der Aussage des Zeugen unbedingt mit dem Angeklagten van der Lubbe identisch sei.
Der Vorsitzende hält dem Angeklagten van der Lubbe diese Aussage vor und fragt ihn, ob er Heinz Neumann tenne, was van der Lubbe verneint. In Düsseldorf will van der Lubbe erst im Jahre 1933 gewesen sein. Torgler erklärt, daß die Bekundungen Kunzacks in keiner Weise mit der Wahrheit übereinstimmen. 1925 sei van der Lubbe erst 16 Jahre alt gewesen, und es sei nicht vorstellbar, daß ein so junger Mensch schon als Führer der holländischen Kommunisten auftreten konnte. Der Oberreichsanwalt weist darauf hin, daß der junge Holländer auf der Düsseldorfer Konferenz lediglich erklärte, er wolle eine kommunistische Jugendbewegung in Holland ins Leben rufen. Ein weiterer Vorhalt aus den Bekundungen des Zeugen Kunzack, Torgler und Kasper seien an Sprengversuchen einer fommunistischen Gruppe in der Wuhlheide beteiligt gewesen, wird von Torgler bestritten.
Beginn präzise 7.30 Uhr
Dem Angeklagten Torgler wird dann eine Aussage des Zeugen Grothe vorgehalten, der Ende Februar noch