Kameradschaftsführer im Rotfrontkämpferbund war. Dieser Zeuge habe befundet, daß im Rotfrontkämpferbund am 26. Februar 1933 Hochalarm geherrscht habe. Die aktiven Grup­pen seien in Wirtschaften und Privatwohnungen unter­gebracht worden. Am Nachmittag des 27. sei befohlen worden, die Alarmquartiere zu räumen. Grothe hat dann weiter von Aeußerungen berichtet, die er von anderen gehört hat. Ein Kraftfahrer Singer soll etwa Anfang April gesagt haben, daß der Reichstagsbrand in der Tat das Signal für das allgemeine Losschlagen gewesen sei. Die Aktion sei aber falsch geführt worden und infolgedessen verpufft. Ein gewisser Kempner soll zu Grothe geäußert haben, er, Kempner, habe die Verbindung gehabt zwischen der 3en= trale und der Brandstiftung. Er habe das Brand­material am Portal des Reichstages an einen großen Schwarzen abgegeben, der Popoff gewesen sei. Kempner foll ferner gesagt haben, es seien Ausländer genommen wor­den, um die deutschen   Kommunisten nicht zu belasten. Die Brandstiftung hat in den Händen Torglers gelegen, der ins­besondere die Mittäter habe hineinlassen sollen. Der Beginn fet auf 7.30 Uhr abends festgesezt gewesen. Einige Tage

vorher sei der Plan im Liebknechthaus be­raten worden. An diesen Beratungen habe entweder Torgler   oder Koenen teilgenommen, außerdem van der Lubbe und Popoff. Popoff sollte den Rückweg decken.

Der Angeklagte Torgler   erklärt, die Zeugenangaben der Nationalsozialisten seien geradezu fantastisch. Er wisse von alledem nicht das geringste. Torgler   weist darauf hin, daß das Liebknechthaus bereits am 28. Februar von der Polizei besetzt gewesen sei, worauf Landgerichtsdirektor Parrisius sammlung habe festlegen können, die Beratungen hätten auch sagt, daß sich der Zeuge nicht genau auf den Tag der Ver­schon vor dem 24. Februar gewesen sein können. Damit ist die Vernehmung Torglers beendet.

Der Vorsitzende hält nun die Aussagen des Zeugen Grothe vor, die der Angeklagte als eine grenzenlose Lüge erklärt.

Der Angeklagte Dimitroff   versucht dann wieder, poli­tische Fragen an den Angeklagten Torgler   zu richten, die aber bald vom Vorsitzenden abgelehnt wer= den. Darauf wurde die Verhandlung auf Freitag vertagt. Es soll dann der Angeklagte Dimitroff   zur Tat vernommen werden.

Paris   gegen Leipzig  

Beschluß der Internationalen Juristen- Kommission zur Aufklärung des Reichstagsbrandes

Paris  , 5. Oft. Die Internationale Juristen- Kommission zur Aufklärung des Reichstagsbrandes, zur zweiten Tagung in Paris   versamelt, ist

nach Kenntnisnahme des Berichts über die Verhandlungen in Leipzig  , die in einer geschlossenen Sizung entgegen genommen wurden;

nach Kenntnisnahme des Berichts von Bergern über die neuen Tatsachen, die sich seit der Londoner   Tagung ergeben haben;

auf Grund des Verhörs neuer Zeugen;

in Anbetracht dessen, daß der Bericht über die Ver­handlungen in Leipzig  , die Art, in der diese Verhandlungen geführt werden, die allgemeine Art der Tatsachen und Zeugenaussagen, die gesammelt worden sind, die Eraktheit der im Londoner   Bericht enthaltenen Beschlüsse in zahl reichen Punkten bestätigen;

in Anbetracht dessen, daß Aufklärung über die Gründe des befremdlichen Verhaltens des Angeklagten van der Lubbe geschaffen werden muß;

in Anbetracht dessen, daß nicht einmal der Schein einer Verbindung zwischen der Kommunistischen Partei und dem Reichstagsbrand aufgetaucht ist;

daß nach 7 Monaten durch Ketten verschärfter Haft und 9 Tagungen der Oberreichsanwalt keine Zeugenaussage, fein Schriftstück, fein Beweisstück, das seine An flage gegen Torgler  , Dimitroff  , Popoff und Taneff stüßt, vorlegen konnte;

daß die Unschuld der vier Beschuldigten durch alle Beweisgründe, die in dem früheren Bericht enthalten und durch die neuen Tatsachen heute klar bestätigt find, bereits erwiesen ist, troß der Unmöglichkeit der freien Ver­teidigung, in der die Beschuldigten sich befinden( entsprechend der Erklärung Dimitroffs in Leipzig   und der Dimitrowa in Paris  );

in Anbetracht dessen, daß die Hypothese, nach der van der Lubbe allein gehandelt haben soll eine Hypothese, beren Unwahrscheinlichkeit vom

ersten

Augenblick an bestand und im früheren Be­richt noch aufgezeigt worden ist, selbst durch den Untersuchungsrichter als unmöglich betrachtet wird;

in Anbetracht dessen, daß der Verdacht der Komplizität gegen führende Persönlichkeiten der National­ sozialistischen   Arbeiterpartei ein ernster Ver­dacht, dessen Gründe im früheren Bericht enthalten sind sich durch die vorstehend getroffenen Feststellungen und durch die neuen Tatsachen noch verschärft hat; aus all diesen Gründen der Meinung,

--

daß die Justizbehörden Deutschlands  , selbst bei der heutigen brechen nicht davon fernhalten können, nicht nur das zu brechen nicht davon fernhalten können nicht nur das zu erklären, sondern auch das, was zur Ent­prüfen was dazu führt, die Beschuldigten für unschuldig zu deckung der Schuldigen führt,

und erklärt, daß, wenn der Leipziger Gerichtshof mit dieser Prüfung nicht beginnt und sie nicht fortsetzt, die sehr weit verbreitete Meinung bestehen bleiben und sich noch entwickeln wird, daß man versucht, die Wahrheit zu er ſtiden;

beschließt, ein Büro zu bilden, das die Verhandlungen in Leipzig   ununterbrochen verfolgt und alle neuen Informa­tionen sammelt, die täglich der ganzen Welt bekanntgegeben werden, sowie eine neue Tagung der Kommission einzube= rufen, sobald neue Tatsachen diese Tagung notwendig machen; dankt der öffentlichen Meinung, die der Kommission ihr Ver­trauen bezeugt hat und richtet einen dringenden Appell an alle in jeder Richtung, denen das Recht am Herzen liegt, mit­21arbeiten an der Verhinderung des Unrechts.

V. De Moro- Giafferi, Vorsitzender. Neil Lawson, Sekretär.

Dr. Betsky Bakker- Nort( Holland  ). Gaston Bergery  ( Frankreich  . And and Georg Branting  ( Schweden  ). Arthur Garfield Hays  ( Ver. Staat.). Pierre Vermeylen( Belgien  ).

Verliert Deutschland   die Saar  ?

Unterhaltung in Genf  

Genf  , Anfang Oktober 1933. In dem Laden eines Genfer   Fotografen hängt eine aufschlußreiche Momentaufnahme aus: Göbbels   ver­läßt das Bölkerbundsgebäude in einem dichten Kreis von mehr als einem Dutzend Scharfschützen  , die sämtlich die rechte Hand in einer Tasche halten, die deutlich und akzentuiert die Konturen eines Revolvers erkennen läßt Kennzeichnend für Hitlers feigängstliche Micky­maus, für das System, dessen Reklamechef sie ist, und für die Stimmung und die Mentalität, die diese Gangster gegen eine Nation erzeugen, die von ihnen ver­gewaltigt wird, wirklich und grausig kenn

-

zeichnend....

zur Wahrung der Freiheit, der Demokratie, der Hu manität und der Menschenrechte an der Saar   gegenüber dem terrorisierenden, boykottierenden, diffamierenden und kulturwidrigen Naziotentum für nötig hält. Ein stärkeres Vertrauensvotum ist der Regierungskommission niemals zuvor ausgestellt worden dank Hitler  !

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Die hier anwesende Saardelegation der frei. heitliebenden Saardeutschen, bestehend aus dem Führer der antifaschistischen Freiheitsfront der Saar, Max Braun, und dem sozialdemokratischen Landtags: abgeordneten Lieser, hat ihre politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte zur augenblick. lichen Saarsituation sowohl in der Minderheiten. sektion des Völkerbundssekretariats, wie vor den Delegationen der Ratsmitglieder wie vor der Presse beim Völkerbund in eine Reihe von Be

Ebenso charakteristisch und bezeichnend für das Hakenkreuz wird im Völkerbund, im Rat und in der Minoritätenfektion der braune Terror und seine Freisprechungen vertreten, wobei sie u. a. auch von dem fran­heitsbeschränkung gegenüber der Saar   empfunden. Man sieht hier mit Recht im Saar   Schicksal ein Stück e ur o päischen Schicksals und nimmt es sehr richtig als ein Schulbeispiel für die skrupellose Agressivität und hemmungslose Barbarei der nationalsozialistischen Kampfmethoden. Und nicht zuletzt aus dieser Erkenntnis heraus hat dec Rat schon auf der letzten Ratstagung aus Anlaß der saarländischen Beamtenfrage mit aller Deut­lichkeit zum Ausdruck gebracht, daß er hinter allen Maßnahmen stehen wird, die die Regierungskommission

zösischen Außenminister Paul Boncour   in einstün zösischen Außenminister Paul Boncour   in einstün diger persönlicher Audienz empfangen wurde und sowohl bei Franzosen wie Engländern, wie Skandinaviern, wie Spaniern und ebenso bei der kleinen Entente wie den ehemals Kriegsneutralen großes Verständnis und den Willen zum Schutze der Freiheit gegen ihre Unterdrücker antraf. Verständnislos wie immer sind und waren nur die Hitlerneudeutschen: Sie haben die Saar   bereits verloren so wie sie eines Tages Deutschland verlieren

werden!

Nach dem Attentat

Weitere Verhaftungen in Wien  

Nationalsozialistin zu sein.

Wien  , 5. Oft. Einem am späten Abend ausgegebenen Wie der Polizeibericht behauptet, hat die Mutter erklärt, Polizeibericht über den Stand der Untersuchung gegen Dertil zufolge, ist ein Mechanikergehilfe Karl Müller unter dem Verdacht verhaftet worden, von den Anschlagsplänen

Dertils Kenntnis gehabt zu haben. Die Polizei hat fieben Sumpah e- Hundgebunoen

Personen aus dem engeren Bekanntenkreis Dertils in Haft genommen. Ferner wurden der Stiefvater Dr. Raimund Günther und die Mutter des Täters wieder verhaftet.

Wien  , 6. Oft. Der Kanzler ist Gegenstand von Sympathie fundgebungen, wie man sie noch nicht erlebt hat. Sein Haus in der Stallburggasse ist im buchstäblichen Sinne mit Blumen

getum, non ban totterten Craiben six au femen

gefüllt, von den kostbarsten Orchideen bis zu kleinen Sträußen, die ihm bescheidene Wiener   Arbeiterinnen gesandt haben. Telegramme aus der ganzen Welt kommen an und werden von drei Sekretären geöffnet. In der Wiener   Presse, wo diesen Kundgebungen ganze Spalten gewidmet werden, hebt man besonders die Telegramme der ehemaligen fran­ zösischen   Ministerpräsidenten Painleve   und Herriot  , des Kardinalerzbischofs von Paris Verdier, den seine letzte Reise nach Wien   mit dem Kanzler freund= schaftlich verbunden hat, schließlich auch das Telegramm des Stadtrats von Paris   hervor, welches gestern der französische  Gesandte in Wien  , Gabriel Puaux  , überbrachte.

Die Neue freie Preise" schreibt: Rudolf Dertil hat sich das nicht vorgestellt, als er den Revolver gegen den Kanzler erhob. Er war gewiß weit entfernt, einen solchen Sturm des Interesses entfesseln zu wollen, ein solch unge­heures Echo. Diese Sympathiefundgebungen übertreffen alle Vorstellungen. Der Kanzler hat, Gott sei Dank, durch das Attentat feine unglücklichen Folgen zu fürchten Nicht einen Augenblick hat er die Leitung der Geschäfte aus der Hand gelassen. Sicherlich ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, daß Staaten, die sonst recht verschiedene Interessen besitzen, wie Frankreich   und Italien  , sich nun be= gegnen, ut m durch ihre verantwortlichent Regierungschefs das Wiener   Attentat anzu= prangern und aus vollem Herzen ihre Be= friedigung über seinen Fehlschlag auszu­drücken. Wenn außerdem Mussolini   erklärt, daß es ein Glück sei, daß die Gefahr, welche Desterreich bedroht hätte, beseitigt wäre, wenn die ganze italienische Presse mit den energischsten Ausdrücken den Verbrecher verurteilt, so ist es nicht allein ein schmeichelhaftes Zeugnis für die Person des Kanzlers, sondern es ist auch eine wichtige Rundgebung zugunsten der öster reichischen Politit.

Es ist wahr, daß dieses Interesse, welches zeigt, daß Oester­reich groß geworden ist, neue Verpflichtungen mit sich bringt: für Desterreich die Pflicht, alle Elemente, welche guten Wil­lens find, an eine konstruktive Politik zu binden; für das Ausland die Pflicht, für Desterreich Daseinsbedingungen zu schaffen, die es von seinen schlimmsten Sorgen befreien und von dem Donaugebiet alle möglichen Zufälligkeiten abzu­wenden.

Frankreich   für Menschenrecht

Genf  , 5. Okt. In der fortgesetten Minderheitens aussprache erklärte der französische   Senator Béranger: Die franzöfifche Republik sei die Erbin der französischen   Revo lution, die die Menschenrechte ohne Unterschied des Glaubens und der Rasse verkündet habe, und im Namen dieser Republik ersuche er den Ausschuß, diese Grundsäße, die seit 1922 auch die Grundsätze des Völkerbundes seien, in einer feierlichen Erklärung zu bestätigen.

Die französische   Delegation brachte einen Ents schließungsentwurf ein: Danach soll die diesjährige Bundesversammlung feierlich die Empfehlung der Völkers bundsversammlung vom 21. September 1922 bestätigen und erneut verkünden, daß die Staaten, die gegenüber dem Völkerbund nicht durch formelle Verpflichtungen auf dem Gebiet des Minderheitsschußes gebunden sind, troßdem ge halten sind, ihre Minderheiten der Raffe, Religion und Sprache gerecht und tolerant zu behandeln.

Der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf abgeänderte zweite Absatz lautet: Die Völkerbundsversammlung ist der Ansicht, daß sie eine Interpretation der Minderheitenver träge oder der obigen Empfehlung nicht als begründet zu= laisen kann, die gewiffe Kategorien von Staatsbürgern von den Vorteilen der Be= stimmungen der Verträge ausschließt, indem diese Bestimmungen sich auf alle Staats: bürger ohne Unterschied der Raise, Sprache oder Religion beziehen.

Em'grierte Juden

In England

( Inpreß): Von der zuständigen Stelle wird bekanntge­geben, daß seit Hitlers   Machtergreifung 2400 deutsche   Juden nach England eingewandert sind.

In der Tschechoslowakei  

( Inpreß): Zwölftausend Juden sind allein nach der Tiche­choslowakei emigriert, seit Hitler   zur Macht kam.

Und in Amsterdam  

( Inpreß): Von den nach Holland   emigrierten Juden hal­ten sich die meisten in Amsterdam   auf. Man zählt hier un­gefähr 3000 jüdische Emigranten. Zu Beginn der Auswan derungen gab es eine einzige Organisation, die unmittel­bare Hilfe erteilte; heute besteht ein sozialer Hilfsdienst und für die jungen Mädchen ein Haus, in dem sie den Haushalt erlernen.

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, Weiße Juden"

Der Deutsch e" flagt: Es ist ein bedauernswertes Zeichen, daß es heute noch Menschen gibt, die den unüber­troffenen Opferwillen des deutschen   Volkes zu ihrem per= sönlichen Vorteil ausnußen wollen. Geschäftstüchtige haben nun gefälschte Abzeichen zum Erntedanktag hergestellt und verkaufen sie zu 10 Rpf. das Stück, um sich so einen Ver­dienst zu schaffen. Das amtliche Abzeichen fennt jeder. Es ift Pflicht eines jeden Volfsgenossen, jene weißen Juden, die hier Geschäfte machen wollen, der Polizei zu übergeben. Es ist aber weiter ihre Pflicht, solche Burschen vorher durch­zudreichen. daß ihnen ein für allemal die Lust zu solchen Spekulationen vergeht!

Geistige Kriegsrüstung

Der Verlag Offene Worte" Berlin  , arbeitet mit Reichs­unterstüßung. Er gibt Wehrfibeln, Dienstvorschriften usw. zu Schleudervreisen heraus. Man kann seine Wehrfibeln sogar noch unter dem normalen Preis zum sogenannten Truppenpreis für..."( hier ist die Formation einzuseßen) erhalten. Der Kataloo des Verlags ist in Riesenauflage in ganzen deutschen   Sprachgebiet verbreitet. Außer dem Verlag Offene Worte" arbeitet auch der Stuttgarter   Wehr­sportverlag auf dem Gebiet der geistigen Kriegsheße. Beide Verleger sind zu iedem Rabatt bereit; es geht hier aus­nahmsweise also nicht ums Geld, sondern um die Kriegs­politik und Kriensausbildung an sich!

,, Deutschland   will Macht"

In der Deutschen Juristen- Zeitung"( Nr. 18) verficht Ober­verwaltungsgerichtsrat Graf Westarp die These, daß Deutschland  ., seine" Minderheiten nur dann wirksam schüßen könne, wenn es start genug ist, um durch Macht das Recht zu erringen". Westarp stellt den Austritt Deutschlands   aus dem Völkerbund zur Diskussion.