Pariser Straßenkalender

Auf der Avenue de l'Opera in der Lichtstadt Paris wurde neues indirektes elektrisches Straßenlicht geschaffen, das die Straße wie am Tage erhellt.

Der Kongreß für Sicherheit der Straßen hat einen Antrag angenommen, daß der Führerschein für schwere Wagen nur an Zwanzigjährige gegeben werden darf und daß vom Alter von 45 Jahren an ärztliche Untersuchungen stattfinden.

Der Topf auf dem Feuer" für die Alten verteilte Essen an 500 Leute auf dem Boulevard Diderot  , das Hilfskomite des Fa­

Wie viele Deutsche   wissen übrigens, daß Saarlouis   im Saargebiet die Gründung eines französischen   Königs und die Heimat des Marschalls Ney ist?

Marlene Dietrich  

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Sternberg

Marlene Dietrich   wird nach einer Meldung von Paris Soir" ihren nächsten Film in Hollywood  , wo sie erwartet wird, wieder unter Josef von Sternberg   drehen. Sie wird in einem Film aus dem Liebesleben der Kaiserin Katharina II.  die Hauptrolle spielen.

10. Arrondissements Lebensmittel an 700 Personen und Monsieur Chiappe

milien in einem Kindergarten auf dem Quai de Valmy. -Nächsten Sonntag große Kundgebung gegen den Faschismus und zur Rettung der Unschuldigen des Leipziger Prozesses in Livry- Gargan  .

Zwei junge Italiener  

Schicksale von Antifaschisten

In Paris   haben zwei junge Italiener einen Ueber­fall auf ein Edelsteingeschäft in der Rue Royale unternom­men, im Herzen der Stadt, wo die reichsten Leute kaufen. Sie stahlen Brillanten, sie schossen, flohen, wurden gefaßt.

Der eine war Bildhauer, Kunstschüler und Akademiker von Neapel  , der andere Schriftsteller, der mit Auszeichnung sein Examen in Philosophie bestand. Beide flohen vor Mussolini  , waren Antifaschisten und erlebten die Enttäuschun= gen des Refugies. Der Bildhauer, Morziello, wurde Gipsarbeiter beim großen Tempel von Angkor auf der Kolo­nialausstellung in Vincennes  , dann Cafefellner. Schließlich ging er nach Italien   zurück, kam aber wieder über die Grenze und versuchte sich vergeblich im Spiel in Monte Carlo. Der andere, Ficco, veröffentlichte einen Artikel in der guten Zeit­schrift Europe  " des Verlages Rieder, reichte ein Stück beim Theater der Pitoeffs ein, das diese aus Gründen, die mit dem künstlerischen Werte des Dramas nichts zu tun haben, ablehnten.

Am 28. März fommandierten beide in dem Edelsteinladen mit Revolvern im Anschlag: Hoch die Hände." In dem Laden haben sie wie Banditen gehaust und Gewalttaten begangen, obwohl der Inhaber um sein Leben bettelte. Der Richter fagte zu dem Räuberstück: Tun Sie das in den Abruzzen oder in Calabrien, aber nicht in Paris  !" Ein Polizeikom­

Autounfall des Polizeipräsidenten

Unter den Beamten der Präfektur auf der Seine  - Insel, aber auch unter den dichten Reihen von Deutschen  , die dort täglich ihr rosa Scheine ausfüllen, die vier Fotos abgeben, den Franzosen durch ihre konsonantischen Namen schwere Auf­gaben stellen und auf das Recepisse warten, wurde mit Be­stürzung die Kunde aufgenommen, daß der Polizeipräsident von Paris  , Chiappe, das Opfer eines Autounfalles geworden ist. Glücklicherweise erlitt Herr Chiappe keine schwere Ver­legung, aber heftige Schnittwunden am Kopf und Knie. Nach Anlegung eines Verbandes fonnte der Polizeipräsident seine Wohnung aufsuchen.

Chiappe, wie viele seiner Schußmänner geborener Korse, ist eine der markantesten und modernsten Persönlichkeiten von Paris  , ein wirklicher Mensch der Ideen seiner Zeit, dessen Name in aller Munde ist. Ein Teil seiner Beliebtheit hat sich sogar noch nachträglich auf seinen ehemaligen Berliner   Kol­legen übertragen, der vielleicht gar nicht weiß, daß abends nach dem Sozialistenkongreß in der Nähe der Mutualite die Hausfrauen und die Mädchen tuschelten: Wissen Sie schon, der Chiappe von Berlin   ist da."( Ach, hätten sie's gesagt, so lange er im Amte war!)

Die Deutschen   haben in Paris   Gelegenheit, den flic" kennen zu lernen( man darf ihn wohl so nennen?), den richtigen Pariser Schußmann. Der Pariser   macht, spottlustig wie er ist, viele Wize über die Polizei. Wer aber den aus­gezeichneten, höflichen, zurückhaltenden, anständig seinen Dienst versehenden Pariser   Straßenbeamten an der Straßen= ecke stehen sieht und ihn mit den Beamten des Hakenkreuzes vergleicht, kann nur Respekt vor der Pariser   Polizei haben.

missar, der sie vernommen hatte, bat um Mitleid, es feien Ab- Der Sturm auf den Dôme

geglittene, Gescheiterte.

Als Zeuge wurde der Schriftsteller Jean- Richard Bloch   ver­nommen, dem der Angeklagte Ficco ein Schauspiel geschickt hatte. Bloch sagte, das Schauspiel enthalte Jugendfehler, aber es sei nicht ohne Talent geschrieben. Der Autor habe er­warten können, daß die Literatur ihm Brotverdienst werde. Der ebenfalls vernommene Schriftsteller Vildrae sagte Aehn­liches.

Der Staatsanwalt beantragte lebenslängliches Zuchthaus. Der Bildhauer erhielt 7 Jahre, der Schriftsteller 9 Jahre

Zum Nazi- Sturm auf den Pariser Dome stellen wir fest, daß uns eine Undeutlichkeit der Schrift einen Streich gespielt hat. Wir wollten nicht sagen, daß politisch erfahrene Emi­granten diesen Kaffeehäusern fernbleiben, sondern nur, daß sie diesen Kaffeeschlachten fern bleiben. Also das Geschäft wollen wir niemandem verderben.

Zuchthaus, beide 20 Jahre Aufenthaltsverbot. Ein baries Himmlisches Feuerwerk

Urteil, das zwei Menschen, die ausgezogen sind, die Freiheit zu schirmen, im Bagno vernichtet!

Emigrantenlos...! Der furchtbare Fall, der an den Ita­lienern geschehen ist, zeigt, wie dringend eine menschenwür­dige Unterstüßung der politischen Emigranten im Arbeits­prozeß und ihre Verteilung auf die hilfsbereiten Gastländer ist.­

Jean aus dem Elsaß  

über die Emigranten

In der Zeitung La Flandre Libre", die in Gent   erscheint, taht ein Sonntags- Leitartikel über die Emigrantenfrage. Ein Rublizist unter dem Namen Jean d'Alsace teilt mit, daß die Handelskammern in Straßburg  , Colmar   und Mezz Beschlüsse gegen den Handel der Emigranten gefaßt hätten. Der Artikel folgert: Sicher ist Frankreich   liberal, ritterlich und mit­leidig, aber allein die, die dessen wahrhaft würdig sind die politischen Flüchtlinge- dürfen dessen genießen. Wir können ebensowenig den Ukrainern, die Hungersnot leiden, Asyl geben, wie den von den Nazis boykottierten Juden."

Madame Pignet

Ein weiblicher Batonnier....

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In der Stadt Roche- sur- Yon   ist mit der Wiederaufnahme der Sizungen zum erstenmal ein französischer weiblicher An­walt als Batonnier, d. h. als Führer der Anwaltsliste, ge= wählt worden. Das ist nach französischem Justizbrauch eine neue sehr wichtige Rolle. Der neue Maitre, Madame Pignet, gesteht freimütig, 44 Jahre alt zu sein; sie ist die Witwe eines Gymnasiallehrers und hat einen Sohn von 18 Jahren, der die Rechte studiert.

Die Stadt Roche- sur- Yon  , in der dieser Fortschritt des Frauenrechts zu verzeichnen ist, hat eine ganz interessante Vergangenheit. Sie liegt in der ehemals gegen die Republik  aufsässigen Vendee   und wurde von Napoleon   gegründet. Während der zwei Kaiserreiche hieß sie Napoleon- Vendee  , während der vorübergehenden Rückkehr der Könige Bourbon­Vendee.

Der größte Sternschnuppenfall seit 100 Jahren Paris  , 10. Oft. In verschiedenen Gegenden Frankreichs  und auch über Paris   fonnte man gestern zwischen 19 und 21 Uhr das seltene Phänomen eines Sternschnuppenregens be­obachten, der stellenweise einem Feuerwerk glich. Auch aus Belgien   werden ähnliche Erscheinungen gemeldet. In fach­männischen Kreisen bringt man diese Erscheinungen in Ver­bindung mit einem westlich von Schottland   gemeldeten Zyklon.

Auch im Saargebiet wurde die Erscheinung stundenlang be­obachtet. Manche Sternschnuppen hatten die Lichtkraft von starken Raketen.

Das Observatorium auf dem kleinen Feld= berg berichtet:

Eine Erscheinung von außerordentlicher Art wurde kurz nach 19 Uhr beobachtet. Es herrschte bis 19.10 Uhr Nebel auf der Höhe. Mit einemmale klärte es sich auf und der Himmel stand offen über dem Gebirge. Was die Beamten des Obser­vatoriums jetzt sahen, war ein Naturschauspiel, das sie noch nicht erlebt hatten. Bald nach vollständigem

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Aufklären setzte ein Sternschnuppenfall von so außer gewöhnlicher Dichtigkeit ein, daß in der Zeit von 19.21 bis 19.26 Uhr, also fünf Minuten, nicht weniger als 100 Stern= schnuppen gezählt wurden. Sie famen alle aus der Rich­tung der Milchstraße   WNW.- OSO. Einzelne Sternschnuppen entwickelten die Helligkeit von Sternen zweiter Größe, andere waren kleiner, wieder andere fuhren mit Schweifen nieder. Ganz abgesehen davon, daß es sich um feinen der häufigen Sternschnuppenfälle oder Sternschneuzen handelt, die in der Zeit vom 9. bis 14. August und vom 12. bis 14. November in jedem Jahre einzutreten pflegen, stellt ihre Dichtigkeit etwas ganz außergewöhnliches dar. Auch bei den großen Fällen im August und September fallen im Mittel normalerweise nur zehn Sternschnuppen. Im übrigen beschränkte sich die Er­scheinung nicht auf die oben angegebenen Minuten, sondern setzte sich noch lange Zeit fort. Wie der Direktor der Frank­furter Sternwarte, Prof. Dr. K. W. Meißner mitteilt, scheint der erst für November erwartete Sternschnuppen­schwarm sich etwas verfrüht zu haben. Prof. Meißner nimmt an, daß es die in der bisher regelmäßigen Periode von 33 bis 34 Jahren wiederkehrende Erscheinung ist, die Humboldt und Bompland schon in der Nacht zum 12. No­vember des Jahres 1799 in Venezuela   beobachtet und später beschrieben haben. Von 20 Uhr ab war es gar nicht mehr möglich, mit Zahlen zu arbeiten. Auf die Minute kamen weit über 100 Sternschnuppen, wobei die Helligkeit einzelner be­sonders auffallend war. An dem Phänomen nahm der ganze Himmel Anteil, wenn auch der Hauptschwarm aus der Rich­tung der Milchstraße   seinen 3ug zu nehmen schien.

BRIEFKASTEN

Deutsche Allgemeine Zeitung". Dieses Blatt hat den Mut, ein Gedicht von Karl Bröger  " Ruf der Arbeit" abzudrucken. Eine Strophe lautet: Da droben traten die Leute befreit in den linden, hellen Abend hinaus; sie gingen froh und leicht nach Haus und freuten sich auf die freie Zeit.

Zu denen, die befreit in den Abend traten, gehört der Dichter dieser Verse leider selbst nicht. Er sigt nämlich seit Monaten in Dachau  . Dort hin hat ihn SA. aus Nürnberg   nach schweren Miß­handlungen geschleppt. Die Redakteure dieser all- gemeinen Zeitung wissen das und gehen ganz froh und leicht nach Hause in dem Ge­danken, dem Ruf ihrer Arbeit ehrenvoll gefolgt zu sein.

R. Straßburg. Sie übersenden uns zwei Nummern der Neuen Straßburger Zeitung", die ellenlang gegen die Kommunisten schreibt. Der Einfachheit halber, schaltet sie uns mit den Kommunisten gleich. Das Blatt erzählt seinen Lesern u. a., wir hätten geschrieben, wenn der Reichstagsbrand nicht gekommen wäre, hätte alles in Deutsch­ land   eine andre Entwicklung genommen. Natürlich ist solcher Un­finn in unseren Spalten nie vertreten worden. Wenn die National­sozialisten nicht den Reichstag   angezündet hätten, würden sie eine andre Schandtat als Provokation verübt haben und gekaufte Sub­jekte und politische Trottel würden diese andere Schandtat jetzt genau so den Marristen zur Last legen.

Dr. K. B., Riga  . Post von dort erreicht uns regelmäßig innerhalb 48 Stunden.

H. J  ., Kopenhagen  . Der vertrauliche Bericht über die national­fizialistische Bewegung in Dänemark   ist sehr instruktiv. Weitere Berichte sind erwünscht. Die Verwertung wird gelegentlich in Ihrem Sinne erfolgen.

Dr. P., Wien  . Die Regierungskommission des Saargebiets besteht aus 5 Mitgliedern: einem Briten  , einem Franzosen, einem Finnen, einem Jugoslawien und einem Saarländer  .

S. S., Luzern  . Sie fragen, warum man so wenig von dem Reichs­innenminister Dr. Frick höre. Vermutlich, weil das Reichsinnen­ministerium noch immer die Dame ohne Unterleib" ist, wie es Radbruch   einmal nannte, das Ministerium ohne Exekutive. Uebri­gens ist Dr. Frick im Grunde stets nur ein höherer Bürokrat, ein Verwaltungsschuster gewesen. Wahrscheinlich brütet er mit seinen Räten über den Plänen der kommenden ständischen Verfassung.

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