Torgler   stark entlastet i

Reichstagspersonal sagt gegen die Anklage aus Keller und unterirdischer Gang

17. Verhandlungstag

Fortsetzung aus Nummer 101.

Der Botenmeister sagt aus

Als erster Zeuge wird dann der Botenmeister beim Reichstag, Pro.d 3 h l vernommen. Der Zeuge schildert die Ankunft der Feuerwehr und die Durchsuchung der einzelnen Geschosse. An der Treppe zum Restaurant habe er ein Häuschen hellbraunes Pulver gefunden, das glimmte. Gleich­gettig habe er bemerkt, daß das Fenster eingedrückt war. Blut und Tuchfeben habe er aber an den Glassplittern nicht gesehen. Bei der Durchsuchung der unteren Räume zu sammen mit Leutnant Latett hätten sie eine Müße, ein Stück Seife und einen Binder gefunden. Leutnant Lateit, fuhr der Zeuge fort, war durch Portal 2 gekommen, das ich vorher geöffnet hatte. An dem Portal hatte ich einen Wacht­meister pofttert, der aber nachher plöglich ver­schwunden war. Auf die Frage des Vorsitzenden, welcher Wachtmeister das gewesen sei, erwiderte der Zeuge, das könne er nicht mehr sagen. Der Zeuge teilt weiter mit, daß der Schlüssel zum Portal 1 plöhlich nicht mehr da war. Offenbar habe die Feuerwehr wegen des starten Luftzugs das Portal wieder geschlossen. Nach einiger Zeit habe auch ein Feuerwehrmann den Schlüssel wieder zurückgebracht.- Vors: Wie stellen Sie sich zu der Aus­sage des Zeugen Bogul, daß an jenem Abend ein Mann aus dem Portal 2 gelaufen ist, nachdem dieses Portal vorher schon verschlossen war?- Zeuge Prodöhl: Ich habe da­von gehört, aber ich kann mir nicht denken, daß der Pförtner, ein langjähriger Beamter, das Portal offen gelassen haben soll. Ich würde es für unmöglich halten, daß jemand das verschlossene Portal geöffnet haben könnte. Bors: Konnte bei den Führungen des Publikums durch den Reichstag   sich nicht jemand verfrümeln" und im Reichstag   bleiben?- 3euge: Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, wenn eine besonders große Personenzahl an einer Führung teilnimmt. Die Kontrolle beschränkt sich auf die Zahl der Teilnehmer. An sizungsfreien Tagen wurden die Namen der Besucher nicht eingetragen, wenn es sich um eine solche Führung han delte.

Durchaus übliches Verfahren

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Der Oberreichsanwalt weist darauf hin, daß der Beuge eine ziemlich große Anzahl von Beamten unter sich habe. Er fragt, ob der Zeuge Prodöhl am 27. Februar eine größere oder kleinere Anzahl seiner Beamten über das übliche Maß hinaus beurlaubt habe.- Der 3euge erklärt mit Nachdruck, daß er nicht einen einzigen Beamten beurlaubt habe. Eine solche Behauptung sei eine ganz infame Lüge. Auf die Frage des Reichsanwalts Parrisius, ob er bet der Durchsuchung SA.- oder SS.- Mannschaften angetroffen habe, antwortet der Zeuge entschieden mit nein. Auf Fragen des RA. Dr. Sad gibt der Zeuge an, daß jeder Besucher, der zu einem Abgeordneten wolle, einen Zettel ausfüllen müsse, der auch eine genaue Zeitangabe enthalte. Der Be­sucher wird dann vom Reichstagsbeamten nach oben gebracht. In diesem Zusammenhang entspinnt sich eine längere Er­örterung über die in den Räumen der fommunistischen Fraktion gefundenen Blankoausweise für den Eintritt in das Reichstagsgebäude  . Die Ausweise trugen die Unterschrift eines fommunistischen Abgeordneten, waren aber sonst be­züglich des Besuchstages und des Besuchers nicht ausgefüllt. Der Zeuge bezeichnet dies als ein durchaus übliches und zulässiges Verfahren. Auf weitere Fragen bestätigt der Zeuge, daß Abgeordnete jeden beliebigen Be­sucher ohne weitere Kontrolle in den Reichstag   hinein­Eringen fonnten. Für den Besucher war dann der Abgeord nete verantwortlich.

Hierauf tritt eine Pause ein.

Der brennende Vorhang

Nach der Pause wird der Tapezierer Bor chart als Beuge vernommen über die Frage, ob ein Stückchen Vor­hang, das bei dem brennenden Mantel van der Lubbes in der Wandelhalle gefunden wurde, identisch ist mit dem Vorhang, der hinter dem Stenografentisch angebracht war. Der Zeuge bestätigt das und erklärt, daß es sich um einen Icichten Vorhang, ein rotes Tuch, gehandelt habe, das sehr leicht brannte, zumal es auch schon alt und etwas mürbe war. Es wird dann festgestellt, daß auf jeder Seite des Stenografentisches zwei Vorhänge waren, je zwet Meter lang und ein Meter breit. Aus der Aussage van der Lubbes wird zitiert, daß er einen der Vorhänge abgerissen hat, in Brand steckte und dann damit durch den Saal lief.

Van der Lubbe schweigt

Der folgende Zeuge, Amtsgehilfe Hermann Schmal, sagt aus, er habe am Brandtage gegen 2 Uhr nachmittags am Reichstage in der Nähe des Portals IV einen jungen Mann beobachtet, der ihm wegen seines verwahrlosten Aeußeren verdächtig erschien. Er habe sich diesen Mann genau angesehen, und als dann die Zeitungen das Bild van der Lubbes veröffentlichten, habe er sofort erkannt, daß dieser Mensch der Verdächtige am Reichstage gewesen war. - Der Vorsitzende fordert van der Lubbe auf, sich zu erheben. Nach anfänglichem Zögern steht van der Lubbe auf. Der Zeuge Schmal erklärt: Das ist der Mann! Vorsigender: van der Lubbe, find Ste am Brand­tage gegen 2 Uhr am Reichstage gewesen? Van der Lubbe schweigt hartnäckig. Borsigender: Er be­wahrt dasselbe Verhalten, das er die ganze letzte Zeit über gezeigt hat. Ich kann also nur daran erinnern, daß er bei der Vernehmung in Leipzig   ausdrücklich gesagt hat, er sei damals schon um 2 Uhr vor dem Reichstage gewesen. Das hat er auch in der Voruntersuchung gesagt.

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,, Das habe ich nicht ausgesagt"

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Reichs=

Oberreichsanwalt: Der Zeuge Schmal hat in der Veruntersuchung auch gesagt, er habe den Abgeordneten Forgler um diese Zeit an der Straßenbahnhaltestelle gesehen. Beuge Schmal bejaht das, erklärt aber, er könne nicht bestimmt sagen, ob das Samstags oder Montags war. Vorsitzender: Ist Ihnen gleich unklar gewesen, ob es Samstags oder Montags war?-8euge: Zuerst habe ich den Montag für wahrscheinlicher gehalten. Er könne jegt aber mit Bestimmtheit darüber nichts sagen. anwalt Parrisius: van der Lubbe hat zunächst be­hauptet, erst gegen 5 Uhr erstmalig am Reichstag gewesen zu sein. Erst nachdem der Zeuge Schmal festgestellt hatte, daß er ihn schon um 2 Uhr gesehen hat, hat van der Lubbe das zugegeben. Aus dieser Tatsache könnte man die Schluß­folgerung ziehen, daß der Angeklagte zunächst das Bestreben gehabt hat, seine Anwesenheit zwischen 2 und 5 Uhr nach­mittags am Reichstagsgebäude zu verheimlichen.- NA. Dr. Sad: In dem Protokoll vor dem Untersuchungsrichter ist von einem Zusammentreffen der Angeschuldigten Torgler und van der Lubbe die Rede. Haben Sie so ausgesagt?

Senge: Das habe ich nicht ausgesagt; denn ich bin ja damals in die Straßenbahn eingestiegen und habe weiter gar nichts gesehen.

Sie hatten ja nicht einmal gesehen, wohin van der Lubbe gegangen war. Das steht auf der einen Seite des Protokolls. Auf der anderen Seite wird dann von dem Zusammentreffen gesprochen. Darüber können Sie doch gar nichts sagen. Beuge: Nein. Der Oberreichsanwalt stellt fest, daß das Protokoll durchaus nicht dahin zu verstehen ist, daß eine Begegnung Torglers und van der Lubbes stattgefunden hat, sondern es handelt sich nur um die Begegnung des Zeugen einmal mit van der Lubbe und dann mit Torgler  .

Bei Führungen im Reichstage

Der nächste Zeuge, Amtsgehilfe Wenig, sagt aus, er habe bei einer Reichstagsführung 8 bis 14 Tage vor dem Brande den Angeklagten van der Lubbe gesehen.

Der Zeuge Hilfsamtsgehilfe Holdack, erklärt ebenfalls, daß er van der Lubbe vor dem Brande bei einer Führung im Reichstage gesehen habe. Mit Bestimmtheit könne er es allerdings nicht behaupten. Die Zeugen Schmal, Wenig und Holda dk bekunden dann übereinstimmend, daß sie ihren Dienst wie immer versehen hätten, daß ihnen nichts von Beurlaubungen außer den paar Krankheitsfällen be­kannt sei, und daß sie auch nichts davon gehört hätten.

Der nächste Zeuge ist der Verwaltungsassistent Geride, der seit zwei Jahren mit den Führungen durch den Reichs tag beschäftigt ist. Er erklärt auf Befragen, daß der Auf­enthalt im Plenarsaal 20 bis 25 Minuten betrug. Daß jemand zurückblieb, bezeichnet er als unmöglich. Die Führungen umfaßten an manchen Tagen 800, 400, auch 600 Personen. Bestimmt tönne er es nicht sagen, aber er glaube, daß van der Lubbe einmal bei einer Führung dabei­gewesen sei.

Der Angeklagte van der Lubbe muß sich dann auf­richten, der Zeuge tritt dicht an ihn heran, beobachtet ihn und sagt: Ja, er kommt mir bekannt vor!- Auf eine weitere Frage erklärt der Zeuge, bei den Führungen hätten die Besucher immerhin die Möglichkeit gehabt, sich auch in den umgängen umzusehen.

Der letzte Rundgang

Hierauf wird als Zeuge der Werkführer Rudolf Scholz   vernommen, der seit vielen Jahren im Reichstag als Beleuchter tätig ist. Er gibt an, er habe am Brandtage wie an allen übrigen Tagen um 8.10 Uhr seinen Kontroll­gang durch den Reichstag   angetreten. Am Portal 2 sei ihm gegen 8 Uhr gesagt worden, daß soeben die Garderobe des Abgeordneten Torgler   nach oben gebracht worden sei. Der Zeuge schildert dann den Verlauf seines Rundganges. Um 8.25 Uhr habe er in den Plenarsaal hineingeschaut. Irgend etwas Auffälliges set dort nicht bemerkbar gewesen. Der Reichstag sei um diese Zeit so still, daß auch das kleinste Ge­

räusch deutlich vernehmbar sei. Um 8.30 Uhr sei er an dem Fraktionszimmer der Kommunisten vorbeigekommen und er fönne mit aller Bestimmtheit sagen, daß um diese Zeit die Oberlichtscheibe zum Dachgeschoß noch ganz gewesen sei. Die zerbrochene Scheibe habe er erst am Tage nach dem Brande gesehen. Die Scherben seien da aber schon weggeschafft worden.

Torgler   und Koenen verlassen das Haus

Der Zeuge tit, nachdem er seinen Rundgang am 27. abends beendet hatte. in den Keller zurückgekehrt, um seine Sachen zu holen und das Haus zu verlassen. Etwa 8.38 Uhr abends will er dem Pförtner am Vortal 5 die Schlüssel abgegeben haben. Als er noch einen Augenblick mit dem Pförtner Wendt sprach, kamen Torgler  , Könen und die Sekretärin. Der Zeuge nahm Torgler   die Schlüffel ab, Torgler   unb Könen jagten beide Guten Abend!" und verließen das Haus. Der Zenge erinnert sich genau an die Zeit.­Vorsitzender: Sind die beiden schnell hinausgegangen? Zeuge: Nein im gewöhnlichen Schritt Oberreichsanwalt: Sie hatten, als Ste das erstemal bei dem Nachtpförtner Wendt waren, gefragt, ob noch Ab­geordnete im Hause seien. Wendt hat das verneint und also nicht gewußt, daß der Abgeordnete Torgler   noch im Hause war? Zeuge: Das fonnte er nicht wissen, da Portal 2 die Schlüssel noch nicht abgegeben hatte. Dr. Sack: Torgler  sagt, er habe einen von beiden gesprochen, weil da eine Beitung auf dem Ttich lag. 8euge: Das fann nicht sein," denn Torgler   ist überhaupt nicht in die Portierloge ge­kommen. Dr. Sack: Als Sie um 20.10 Uhr Ihren Rund­gang antraten, haben Sie da irgendwelche Benzin- oder an= deren Geruch wahrgenommen? 3euge: Nein.­

Keller und unterirdischer Gang

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Dr. Sack: Sie haben Ihre Diensträume im Keller. Dann müßten Sie wissen, ob in der Nacht vor dem Brande in diesem Keller Veränderungen vorgenommen worden sind. Das könnte Ihnen doch nicht entgangen sein, wenn man dort Kisten mit Brandmaterial hingestellt hätte?- 3euge: Das müßte in der Zeit geschehen sein, wo ich auf meinem Rundgang war. Dr. Sad: Ist es möglich, daß bis zum 27. Februar dort Kisten oder andere geheimnisvolle Pakete untergestellt worden sind. 3euge: Das ist unmöglich. Oberreichsanwalt: Haben Sie jeden Tag sämtliche Ober­Kellerräume durchlaufen?- 3euge: Nein! reichsanwalt: Also konnten Sie doch nicht wissen, ob nicht irgendwo in einer Ecke des Kellers Kisten standen?- 3euge: Nein!- Oberreichsanwalt: Sind sämtliche Bugänge zu den Kellern stets verschlossen?-8euge: Ja wohl!- Oberreichsanwalt: In dem Keller mündet doch auch der sogenannte unterirdische Gang. Wie ist er ver­schlossen? 3euge: Er ist regelmäßig verschlossen mit einem richtigen Schloß. Man kann ibn öffnen mit dem allgemeinen Kellerschlüssel, den die im Keller tätigen Angestellten haben. Auf die Frage des An­geklagten Dimitroff  , welcher Partei er angehöre, ant­wortet der Zeuge, er habe noch nie einer Partei angehört und auch mit keiner bestimmten Partei sympathifiert. Der Vorsitzende vertagt darauf die weitere Verhand lung auf Dienstag.

Der Zeuge Berthold Kahrwane MdR.

Unter den drei nationalsozialistischen Reichstagsabgeord­neten, die als Belastungszeugen gegen Torgler   genannt sind, befindet sich auch ein gewisser Herr Kahrwane. Er will mit anderen zusammen Torgler   und van der Lubbe im Reichs­tag gesehen haben. Er ist bereit, das unter Eid auszusagen. Er wird also gewissermaßen einer der Kronzeugen der An­flage sein, die bisher so kläglich Schiffbruch erlitten hat.

Das Verteidigungskomitee für den Reichstagsbrandprozeß hat Gelegenheit genommen, sich für Herrn Kahrwane zu interessieren. Das Ergebnis der Erkundungen ist mehr als geeignet, die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen, bevor er noch ein Wort gesagt hat, zu erschüttern.

Herr Kahrwane war Mitglied der KPD  . Doch vor vielen Jahren schon erschien ihm die KPD. als viel zu zahm". Er schloß sich deshalb 1925 der Gruppe Jvan Katz an, die damals von der kommunistischen   Parteileitung ausgeschlossen wurde. Nunmehr entpuppt sich Herr Kahrwane als ein Terrorist. Er beteiligte sich führend an einem regelrechten Sturm auf die der KPD. gehörende Niederschlesische Arbeiterzeitung". Diesem Sturm fiel zunächst die Kasse der Zeitung und außer dem das Mobiliar zum Opfer. Sein damaliger Plan, mit diesem individuellen Gewaltakt sich an die Leitung der Zeitung zu setzen, mißlang.

Es spricht für die Charakterstärke des Herrn Kahrwane, daß er sich nach dem Scheitern seiner Pläne im linken Lager, um sein Glück zu korrigieren, den Nazis zuwandte. Dort endlich hatte er Erfolg! Es gibt kein Pferderennen, das den deutschen   Arbeiter" Kahrwane nicht am Totalisator steht. Seine sonstigen Kenntnisse und Erfahrungen sammelt er in ausgiebigen Reisen in Bier- und Alkoholläden mit seinen neuen Freunden. So erwirbt er sich endlich die geistige und moralische Qualifikation, um Abgeordneter in der NSDAP  . zu werden. Seitdem ist Schweigen um ihn. Jetzt endlich ist er wieder da. Er, der wegen politischen Banditismus aus einer Arbeiterorganisation ausgeschlossen wurde, soll be­zeugen, Torgler   mit van der Lubbe gesehen zu haben. So will er, der Terrorist, die Beteiligung Torglers an einem Akt individuellen Terrors nachweisen.

Sabotage der ärztlichen Untersuchung van der Lubbes!

Nach der Wiederaufnahme der Reichsgerichtsverhandlun gen in Berlin   war festzustellen, daß van der Lubbe weiter feine Rolle spielt; auffallend war aber, daß er noch blasser und schlechter aussah, als zuvor.

Brief vom Rhein  

In preß meldet:

In Frechen   bei Köln   wurden die antifaschistischen Arbeiter Josef Schmidt   und Toni Engelmann von SA. ermordet. Die aus demselben Ort stammenden Arbeiter Mühlenbach  und Neuenpaß sind von SA. derart gefoltert worden, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird.

Zwischen Aachen   und Geilenkirchen   wurde im Verlauf einer Razzia ein politisch indifferenter Arbeiter von SA. erschossen.

In den letzten Tagen wurden in Köln  - Gbrenfeld und Köln  - Bidendorf 200 Antifaschisten verhaftet, in der Gemeinde Porz bei Köln 150, in Neuwied   22, in Aachen   15.

Vor kurzem meldete die Nazipresse, daß die gesamte Füh­rung der KPD  . im Bezirk Mittelrhein   verhaftet und un­schädlich gemacht sei. 24 Stunden später wurde die neue Ausgabe der dort regelmäßig illegal erscheinenden Sozia­

Während zur Durchführung eines ordentlichen Prozesses und zur Ermittlung der materiellen Wahrheit es unter allen Umständen notwendig wäre, daß das ärztliche Gut­achten des Amtsarztes Bonhöffer   durch ein objektives Gut achten auf Grund einer eingehenden Untersuchung auslän discher Sachverständiger ergänzt wird, hält es der Verteidi­ger van der Lubbes, für unter seiner hohen Anwaltswürde", dem Verteidigungsfomitee auf seinen Vorschlag, die hervor ragenden schweizer Experten zu hören, zu antworten. Dimitroff  

hat bereits öffentlich erklärt, ich verteidige mich selber" und damit das Verhalten feines Offizialverteidigers charakterisiert. Während aber Dimitroff   seine Verteidigung selbst in unerhörter Weise nicht in die Hand nehmen kann, ist es Pflicht der Oeffentlichkeit, da einzugreifen, wo ein willenloses Werkzeug für einen Justizmord mißbraucht merden soll. Darum wiederholt das Verteidigungskomitee den Appell:

Internationale Sachverständige für van der Lubbe!

Die deutsche Presse entdeckt...

Die tolle Verlegenheit der deutschen   Presse über das fläg liche Ergebnis der Anklage im Leipziger   Reichstagsbrand­prozeß führt zu geradezu grotesken Ergebnissen:

Der Dortmunder Generalanzeiger" vom 9. Oktober schreibt in einem dem Prozeß gewidmeten Artikel: Ant Wendepunkt" unter anderm:

" Jedem, der den Verlauf der Leipziger   Verhandlungen aufmerksam verfolgt hat, wird es nicht entgangen sein, daß der letzte Abschnitt eine für die Angeklagten ungüns stige Wendung brachte. Langsam, aber sicher hat sich ber Schleier, der die Beziehungen zwischen den Angeklagten und der Kommunistischen Partei verbergen sollte, gelich­tet und die Konturen der politischen Hintergründe und die Beziehungen der Angeklagten zu den offiziellen Stellen der Kommune haben sich immer deutlicher herausgearbeitet. Die Wendung verdient besonders hin­fichtlich des Angeklagten Torgler   Beachtung." Eine wahrhaft sensationelle Entdeckung! Ernst Torgler  , der übrigens, wie er selbst sagt, nicht Mitglied des Zentral­tomitees der Kommunistischen Partet   gewesen ist, hat als Führer der Kommunistischen Reichstagsfraktion Beziehun gen zu den offiziellen Stellen der Kommune" gehabt. Kläglicher fann das Ergebnis der 12tägigen Verhandlung im Leipziger   Prozeß nicht eingestanden werden.

Itstischen Republik" in einer Auflage von 2000 Stück ver­fauft.

Es ist bezeichnend, daß die Zahl der auf frischer Tat" Ver­hafteten immer geringer wird, obschon die antifaschistische Arbeit sich fortgesetzt verstärkt. Das liegt daran, daß sich ein richtiger Kollektivismus der Konspiration entwickelt hat. Die Arbeiter helfen den Flugblatt- und Zettungsver­teilern, warnen sie vor bestimmten Spiteln, geben neue Adressen von Sympathiesterenden, decken die Agitatoren. Ja, in mehreren Orten des Mittelrheins haben sich an der vor­letzten und letzten Flugblattverteilung einige SA.- Leute in Uniform beteiligt.

Im Konzentrationslager Dachau  

Der Sonderforrespondent des Pariser Excelsior", der das Konzentrationslager Dachau   besuchte, nennt einige Namen von Inhaftierten: Rosenfelder, ehemaliger Staats­anwalt von Nürnberg  , Roßhaupter und Unterleitner, ehe­malige bayerische   Minister sowie die früheren Abgeordneten Edelmann und Wernthaler.