Freihei
Nummer 103-1. Jahrgang
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Donnerstag, den 19. Oktober 1933 Chefredakteur: M. Braun
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Proteste gegen Reichsgericht Seite 3
Diplomatie keine deutsche Kunst
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Das deutsche Volk wird belogen
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Daladier und Sir Simon in Einheitsfront gegen Hitler- Deutschland- Verhandlungen nur im Rahmen des Völkerbundes- Amerika befürchtet europäischen Krieg
Daladier weicht aus."- Rein Mut zur Entscheidung." ,, Rein Mut zur Entscheidung." und ähnlich unterrichtet die gleichgeschaltete Presse über die Erklärung des französischen Ministerpräsidenten Daladier vor der französischen Kammer. Dabei bringt die kurze, aber inhaltschwere Rede des französischen Staatsführers die klar und unzweideutige Feststellung, daß Frankreich kompromißlos auf seinem Standpunkt beharrt und in seiner Entschlossen. beit keineswegs isoliert ist. Wenn der franBöfifche Ministerpräsident solche unzweideutige Worte ausspricht, hätte das deutsche Volk allen Grund, mit Ernst und Sorge über die Tatsachen nachzudenken. Man vorenthält ihm aber die Wahrheit genau wie im Kriege und täuscht eine verfrühte Siegessicherheit vor, die zu den größten Enttäuschungen und zu einem schweren zu fammenbruch führen muß.
Es ist auch nicht richtig, daß der französische Minister präsident Daladier das Angebot Hitlers auf direkte Verhandlungen zwischen Frankreich und Deutschland über Gangen hat. Die Rede Daladiers weist dies Angebot deut lich und gut begründet zurück. Der Ministerpräsident Jagt, daß Frankreich unter allen Umständen einer Politik ber Zusammenarbeit treu bleiben und in gleichem Geiste bie Brüfung einer neuen Lage weiter verfolgen will, an ber nicht nur Deutschland und Frankreich , sondern auch die Gemeinschaft der Völker interessiert ist, die sich zu einer großen und edlen Aufgabe zusammengefunden haben".
Das ist die glatte Abfuhr Hitlers . Das ist das franBösische Bekenntnis für den Völkerbund und gegen isolierte Berhandlungen. Das ist die Forderung, daß Deutschland an den gemeinsamen Tisch des Bölkerbundes zurückkehren muß, wenn es sich mit Frankreich finden will.
Wie wir durch die ausführliche Wiedergabe je eines Aufsatzes aus dem„ Temps" und aus der„ Times" Beigen und wie zudem auch die Rundfunkrede Sir John Simons beweist, besteht die Einigung zwischen Frankkeich und England in den Grundfragen des Abrüstungsproblems fort. Es bleibt insbesondere der Standpunkt unverändert, daß die jetzige deutsche Reichsregierung meder von Frankreich noch von England das Maß von Gleichberechtigung ohne vorherige Kontrollperiode er halten wird, das früheren Regierungen zugestanden war. John Simon hat noch einmal gesagt:„ Kürzliche Ereignisse in Europa hätten das Gefühl der Nervosität erhöht, das Gefühltatsächlicher Beunruhigung, die der wirkliche Grund seien, wes halb hochgerüstete Staaten zögerten, ihre bewaffneten Streitkräfte zu schwächen." Das ist der Kern der Schwie rigkeiten, den keine pazifistische Schauspielerei, der Berliner Militaristen hinwegschieben kann.
wahrschienlich nur langsam reifen, aber am Ende steht Deutschlands Niederlage, verschuldet durch ein System, das für jede europäische Zusammenarbeit unerträglich ist.
notwendig im Interesse unserer Außenpolitik, die von der Die Sanierung der französischen Finanzen sei unbedingt Sorge um den Frieden in Europaund die Sicher: Deutschlands aus dem Völker bunde sei plög : heit der Nation getragen ist. Durch den Austritt ich in der Diskussion über das Problem der Friedensorganisation ein neues Element auftaucht, dessen Konsequenzen zur Zeit von der Regierung geprüft werden. Bevor über dieses Problem in nüßlicher Weise eine parlamentarische Debatte beginnen kann, müsse klar und deutlich die Haltung festgelegt sein, die Frankreich einnehmen wolle. Die Regies rung der Republik sei sich bewußt, daß sie stets und mit ganzem Herzen die Politik der internationalen Zusammenarbeit gefördert hat in dem aufrichtigen Bestreben, ein Regime des Vertrauens und der Sicherheit zu schaffen, in dem die Würde aller Völker in gleichem Maße gewahrt sein soll,
" Wir haben für kein einziges Wort taube Ohren, aber auch für keine einzige Handlung haben wir blinde Augen. ( Stürmischer Beifall). Weshalb fängt die deutsche Regie: rung, wenn sie die Verständigung wünscht, mit einem Abbruch der Beziehungen zum Völkerbund an. Weshalb widersetzt sie sich der Kontrolle, wenn sie bereit ist, das letzte Gewehr zu opfern? Weshalb nimmt sie nicht einen Loyalen und aufrichtigen Plan zur progressiven Herab segung der Rüstungen an."
Wir wollen unter allen Umständen einer Politik ber Zusammenarbeit tren bleiben und in gleichem Geiste die Prüfung einer neuen Lage weiter verfolgen, an der nicht nur Deutschland und Frankreich , sondern auch die Ges meinschaft der Völker interessiert ist, die sich zu einer großen und edlen Aufgabe zusammengefunden haben. Die großen und edlen Aufgabe zusammengefunden haben. Die maßvolle Haltung, die wir stets bewiesen haben, die tat maßvolle Haltung, die wir stets bewiesen haben, die tats sächlichen und schweren Opfer, die wir in der Vergangenheit gebracht haben, ermächtigen uns, an einer Aktion weiter fest
zuhalten, deren Mäßigung an sich schon weder Kuhhändel noch Verzichtleistungen zulaffen könne. In diesem Geiste wird die französische Regierung weiterhin die großen miteinander folidarischen Interessen Frankreichs und
des Friedens verteidigen. Am 26. Oktober wird Frank
Roter Sieg!
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Die nordischen Völker für Sozialdemokratie
Oslo , 18. Okt. Bei den Wahlen zum Storting er. vative 31( Verlust 10), Liberale 24( Verluft 9), Bauernhielten: Arbeiterpartei 69 Sitze( Gewinn 22), KonserRadikale Volkspartei 1( wie vorher). Die kleinen unbund 22( Verluff 3), Liberale Volkspartei 1( Verluff 2), abhängigen Gruppen haben zwei Size erhalten.
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Die Wahlen zum Storting haben eine beträchtliche Vers hat 22 Sike gewonnen und damit die schwere Niederlage bei schiebung der politischen Kräfte erbracht. Die Arbeiterpartei den Oktoberwahlen 1930 mehr als wettgemacht. Die großen bürgerlichen Parteien haben erhebliche Einbußen erlitten, und zwar die Konservativen als Oppofition ebenso wie die Liberalen als Regierungspartei. Gut halten konnte sich der Bauernbund, der ja auf bestimmte Wählermassen des gleichen Berufes zurückgreifen kann.
Durch die Wahlen ist natürlich auch die Frage akut ges worden, wie die künftige Regierung Norwegens aussehen wird. Als Ende Februar d. J. die konservativ- banernbündle= rische Regierung Hundseid durch das liberale Kabinett Mowinkel erfekt wurde, betonte man auf liberaler Seite, daß man unter feinen Umständen in irgendeiner Form mit der Arbeiterpartei zusammengehen wolle. Die ziemlich scharfen friedens, das im Juni erlassen wurde, sollten diesen Willen Bestimmungen des Gesetzes gegen die Sabotage des Arbeitsbekräftigen. Ob es angesichts der neugefchaffenen Lage mög lich ist, diese Politik fortzuführen, darf bezweifelt werden.
Rahmen des Völkerbundes sich auswirken ziehen. Was die an Frankreich gerichteten Worte des Kanzkann, auf den sich seine hauptsächlichen Bedingungen belers Hitler betrifft, so begreifen wir wohl, daß es sich da um eine Einladung für eine Verständigung unter vier Augen handelt. Man kann von dieser Geste nur Kenntnis nehmen, aber wer erkennt nicht, daß in der gegenwärtigen Lage eine derartige Politik die Gefahr mit sich brächte, uns mit Eng land und allen unseren Verbündeten zu entzweien.
Frankreich weigert sich nicht, sich mit Deutschland zu ver ständigen, aber es kann erst in dieser Stunde, nachdem das Reich sich so verhält, nur im Rahmen einer allgemeinen Entente", welche die Rechte, die Interessen und die Sicherheit aller Völker schüßt.
Die internationale 3usammenarbeit ist der wesentliche Grundsatz des Völkerbundes, was man nicht ver
reich in Genf wie üblich zur Stelle sein. Frankreich ist nicht isoliert, und es ist entschloffen, an Ruhe und Kalt. blütigkeit mit gutem Beispiel voranzugehen, um so mehr als geffen darf und man darf auf ihn nicht verzichten, ohne in
es weiß, daß es imftande sei, die Verteidigung seines Ges bietes und seiner Freiheit zu gewährleisten.( Graßer Beifall).
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Dem Ministerpräsidenten wurde mit 475 gegen 120 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen.
Gefährlichere Experimente als jemals"
Wir haben gestern schon auf die bedeutsame Stimmungs verschlechterung auch in Italien hingewiesen, die Mussolini Bu größerer Zurückhaltung gegenüber der deutschen Dik tatur zwingt. Darüber liest man natürlich in der deutschen Presse nichts. Dafür wird versucht, die Erklärung des amerikanischen Delegierten Norman Davis , daß Amerika nicht wünsche, an Besprechungen zwischen euro päischen Regierungen in einer rein europäischen politis ichen Angelegenheit sich zu beteiligen, als einen Bruch in ber Abrüstungsfrage zwischen Nordamerika und Frank reich und England darzustellen. Auch das ist eine nur kurzfristige Täuschung. Die nordamerikanische Regierung hält die Lage in Europa für so außerordentlich ernst, daß fie eine Verantwortung für die Berwicklungen, die zu einem europäischen Kriege führen können, nicht übernehmen will. Das entspricht durchaus ihrer bisherigen Haltung, zwar in einer allgemeinen, die Welt umspannen- lands, sich von der Konferenz und dem Völkerbund zurück
Sen Abrüstungskonvention mitzuarbeiten, nicht aber aktiv in die rein europäische Politik einzugreifen.
Die Lage ist so schwierig und verworren, daß alle Beteiligten nur mit größter Vorsicht an die zahlreichen Explosivstoffe herantreten. Deutschland allein macht eine Ausnahme. Es sucht die Welt durch eine gewaltige natio nalsozialistische Bewegung einzuschüchtern und zugleich das deutsche Volk über die Größe der Gefahren im un klaren zu lassen. Dieses Spiel muß verhängnisvoll für Deutschland enden. Die sich anbahnende Entwicklung wird
Der„ Temps" schreibt:
Wenn man in verschiedenen Kreisen großen Wert auf die
Tatsache legt, daß die Erklärungen des Kanzlers pitler zugeschlagen haben, so scheint man uns das Gelände für
nicht endgültig für jede weitere Verhandlung die Tür
vielleicht gefährlichere Experimente vorbereiten zu wollen, als sie iemals gewagt wurden. Die Erklärungen des Führers sind eine Sache, die Entscheidung Deutschauziehen, ist eine andere Sache. Auf der einen Seite gibt es Worte im Hinblick auf ein innerpolitisches Manö ver; auf der anderen Seite gibt es eine Tat, über deren Charakter und Tragweite sich niemand einer Täuschung hingeben kann.
Diejenigen, die glauben, daß die Diskussion mit größeren Aussichten auf Erfolg auf der Grundlage des Viererpakts wieder aufgenommen werden könnte, laufen Gefahr, fich au täuschen.
Wir haben bereits bei der Erörterung der grundsäßlichen Fragen auseinandergesegt, daß der Viererpaft nur im
gefährlicher Weise aufs Spiel zu seßen, was in Europain der Folge des gemeinsamen Sieges der Alliierten geschaffen wurde.
Gefälschter Times- Artikel
Wie das deutsche Volk durch die gleichgeschalteten Tele. grafenbüros unterrichtet wird, dafür heute einen Beweis. Ueber die Aufnahme des deutschen Schrittes in London brachte WTB. unter anderm folgenden Auszug aus einem Artikel der„ Times": isis
„ Times" behauptet, daß der Kanzler Methoden, mit denen er in der inneren Politik Deutschlands gute Erfolge gehabt habe, in die auswärtigen Angelegenheiten einzuführen versuche. Die Kundgebung an das deutsche Volk enthalte einige offenbare und allgemeine Wahrheiten, die jeder unterschreiben könne. Aber das meiste falle nicht ins Gewicht angesichts der verhältnismäßig geringen Meinungsverschiedenheiten, die in Genf er örtert würden. Auch die Rundfunkansprache habe nichts enthalten, was einen Bruch gerade im jezigen Augenblick gerechtfertigt hätte.
Die„ Saarbrücker Zeitung " versah das mit der Ueberschrift„ Mehr Verständnis als Herr Simon". Wie das, was die gleichgeschaltete Presse als mehr Verständnis" umlügt, in Wahrheit aussieht, möge man aus folgender Uebersehung des in Frage kommenden Times- Artikel ersehen: „ Ein Bruch in der Abrüstungskonferenz war verschiedene Male von vielen vorausgesagt, von allen befürchtet, aber niemand hat die halsstarrige Plöhlichkeit der