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Freihei
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Nummer 107-1. Jahrgang Saarbrücken , Dienstag, den 24. Oktober 1933 Chefredakteur: M. Braun
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Daladier vor dem Stucz? Seite 2 Sachverständige
im Reichstagsprozeß Seite 2
Von Göcing
bis ,, Schwindelhintze"
Seite 3
Seite 4
Nein!
Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutsch lands ( Sizz Prag) sendet uns folgende Erklärung:
Wir sehen in dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund und dem Verlassen der Abrüstungskonferenz das offene Eingeständnis des völligen Bankrotts ber Hitlerschen Außenpolitik. Wenn Deutschland vollkommen isoliert ist, so ist das nicht die Schuld seiner Emigranten, sondern die Folge seiner Gewaltpolitik und jener geistigen und materiellen Aufrüftung, die die Erfolge der früheren Verständigungspolitik zerstört haben.
Die Neuwahl des Reichstags und die Volksbefragung entspringen nicht dem ehrlichen Willen, das deutsche Volk zur Mitbestimmung seines Schicksals heranzuziehen. Unter terroristischem Drud soll ihm die Zustimmung zur Aufs rüftung abgepreßt werden. Im Hitler- Deutschland gibt es nur eine Partei, Meinungsfreiheit, Freiheit der Ab: stimmung, existieren nicht. Unter diesen Umständen wird die Abstimmung am 12. November niemals die wahre Stimmung des Voltes zum Ausdruck bringen.
Deshalb fordert der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf, am 12. November der nationalsozialistischen Partei und ihrem Führer die Gefolgschaft zu versagen und mit Rein" au stimmen.
D. F. Die deutschen Regierungsmänner und ihre Preßlakaien reden und schreiben von einem„ Wahlkampf". Gegen wen im Lande? Alle Gegner der Regierung sind so gefesselt, daß von einer Wahlbewegung nur sehr einseitig gesprochen werden kann. Radio, Presse, Bersammlungen, Flugschriften, alle Möglichkeiten eines Einwirkens auf Volkmassen sind allein in den Händen der Regierung. Nur in vertrautesten Gesprächen und in illegalen Zetteln, die unter Lebensgefahr hergestellt und verteilt werden, kann sich der antifaschistische Wille äußern.
Vom Standpunkte ihrer Machtbehauptung aus und in der Absicht, die ganze Welt über die wahre Volksstimmung in Deutschland irre zu führen, haben die in Deutschland diftatorisch Regierenden allen Grund, nicht einmal die Ansätze einer Wahlbewegung zuzulassen, denn von den 45 Millionen Deutschen , die am 12. November wahlberechtigt sind, stehen Millionen in entschlossener Opposition gegen das Regime. Bei den letzten Reichstagswahlen am 5. März gingen 40 Millionen Männer und Frauen zur Wahl. Davon stimmten 17 Millionen für die Nationalsozialisten, 23 Millionen aber dagegen. Von diesen 23 Millionen gaben 7 Millionen ihre Stimmen der Sozialdemokratie, 5 Millionen den Kommunisten und 5 Millionen dem Zentrum und der Baye rischen Volkspartei . Der Rest waren Deutschnationale und Splitterparteien. Niemand wird glauben, daß all diese Millionen einer oft in langen Jahren gefestigten Ueberzeugung ntreu geworden sind und sich innerlich haben gleichschalten laffen. Dennoch steht heute schon fest, daß sich am 12. Novem ber eine überwältigende Mehrheit für Hitler ergeben wird, denn sowohl die Wahlenthaltung wie die Neinstimme find von den schwersten Gefahren für den Abstimmenden begleitet.
Es läge nahe, daß die Opposition die Losung ausgäbe, sich an der Wahl, die feine ist, nicht zu beteiligen. Ist doch nicht einmal die Aufstellung von Gegenkandidaten möglich. Nur die NSDAP . ist erlaubt. Nur sie kann Kandidatenlisten einreichen. Wahlenthaltung aber wäre das licherste Mittel, den gewalttätigen Elementen der Regierung genaue Listen ihrer Gegner in die Hand zu liefern. Was den Deutschen , die eine Beteiligung an der verlogenen Komödie ablehnen, blühen würde, hat der preußische Staatsrat und Gauleiter Grohe laut ein Bericht der Kölnischen
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Der deutsche Michel ,, geht" zur Reichstagswahl
Auf Landesverrat stehen aber die härtesten Strafen, Erwerbslosigkeit nimmt zu
lebenslanger Kerker oder Schafott. Auch wenn man diese Gewaltmittel gegen Millionen Nichtwähler nicht anwenden kann, gibt es andere Terrorakte, sie mürbe zu machen. Schon jetzt wird uns brieflich und mündlich aus dem Reiche berichtet, daß gedroht wird, man werde den„ Landesverrätern", die am 12. November zu Hause bleiben, die Unterstützungen entziehen, werde sie aus ihren Arbeitsstellen werfen, werde fie aus ihren Wohnungen sezen, werde sie und ihre„ Brut" ächten und quälen nach allen Regeln der Roheit, die der jezige Reichskanzler in zehn Jahren Agitation zur Parteijeßige Reichskanzler in zehn Jahren Agitation zur Partei regel gemacht hat. Nebenbei sei hier eingeschaltet, was bei einem solchen System in Deutschland von einer„ freien" Abstimmung an der Saar zu halten sein wird. Jede Gegnerschaft gegen die sogenannte„ Deutsche Front" bedeutet Aufnahme in eine Prostriptionsliste, die an dem Tage wirksam werden würde, der die Saarbevölkerung schutzlos unter das undeutsche braune Terrorregiment
bröchte.
Auch die Abstimmung mit„ Nein" am 12. November ist richt ungefährlich, weil die Wahllokale nun nicht mehr unter der Kontrolle verschiedener Parteien stehen, sondern ganz von den Nationalsozialisten beherrscht werden. Es sind also mancherlei Manöver möglich, um den geheimen Charakter der Abstimmung abzuschwächen oder ganz zu beseitigen. Dies gilt insbesondere für kleine Orte, wo man bekannte Sozialdemokraten und Kommunisten ohne weiteres für etwaige Nein- Stimmen verantwortlich machen wird. Mit nennenswerten Nein- Stimmen ist überhaupt nur in größeren Orten zu rechnen, aber werden sie auch gezählt werden? Schon am 5. März wurden berechtigte Zweifel in die richtige Zählung gesetzt. Diesmal wird die Zählung unter dem Druck der SA. erfolgen; sie wird bestimmen, ob und wieviele Nein- Stimmen in das Protokoll aufgenommen werden.
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Dennoch muß der Versuch gemacht werden, der Proteststimmung, die seit Monaten wächst, Ausdruck zu geben. Die Sozialdemokraten und die Kommunisten haben Recht daran getan, ihre Anhänger zu Nein- Stimmen aufzufordern. Da öffentliche Betätigung so gut wie unmöglich ift, wird aus den Betrieben und von den Stempelstellen die Wahlbewegung" still und zähe organisiert werden müssen. Der Stimmzettel, der die Zumutung stellt, Kandidaten der NSDAP . als einzigen erlaubten Partei die Stimme zu geben, muß von jedem anständigen Deutschen ungültig gemacht werden. Die Frage, ob der deutsche Mann, und die deutsche Frau eine Regierungspolitik billigen, die unter verlogenen Friedensreden zum Kriege rüstet und zum Kriege treibt, muß durch ein kräftiges Kreuz im Nein
freis beantwortet werden.
Die Antifaschisten in Deutchland haben die gemeinsame und sie hoffentlich einende Aufgabe, einen ersten Massenprotest gegen die sie beherrschenden Banden zu wagen. Ehre den Tapferen, die in dieser leben fährlichen Wahlagitation stehen. Glückauf allen die am 12. November durch ihr Tein gegen Hitler den unerschütterlichen und nicht aus
Trotz
aller Fälschungen nicht mehr zu verheimlichen
Am 15. Oktober wurden bei den Arbeitsämtern rund 3 851 000 Arbeitslose gezählt. Damit ist der Stand von Ende des Vormonats im wesentlichen gehalten. Während im Vorjahr in der entsprechenden Zeitspanne rund 48 000 Arbeitslose in Zugang gekommen sind, ist es in diesem Jahr gelungen, die saisonmäßigen Zugänge bis auf einen geringen Rest von 1700 auszugleichen.
Der Vergleich mit dem Vorjahre geht daneben, weil es damals feine Arbeitslager, feine Konzentrationslager, feine Schutzhäftlinge in den Gefängnissen, keine Emigration, fein Hinauswerfn aus den Fürsorgeeinrichtungen aus politischen Gründen und auch noch nicht eine amtliche Fälschung der Statistik gab. Trotz Herrn von Papen.
Wenn nun alle Bemühungen zusammengenommen nicht mehr verhindern können, daß das neue Anwachsen der Erwerbslosigkeit öffentlich in Erscheinung tritt, mag man daraus erkennen, wie elend im Reiche die Wirtschaftslage ist.
Seine Beweggründe
Von Dr. R. Thorwesten Wieder hat Hitler eine Friedensrede gehalten. Diesmal am Sonntag in der Befreiungshalle bei Kelheim an seine SA . Wieder einmal kopierte er Wilhelm II. Der Jmperator Reg proklamierte einst im Rathaus zu Aachen :„ Ein Reich, ein Bolk, ein Gott ". Der Cäsar Diktator ließ diesmal den Herrgott, den er sonst täglich bemüht, aus dem Spiele und forderte:„ Ein Volk, ein Reich, ein Wille". Dieses Deutschland wolle nichts anders als Frieden und Gerechtigkeit.
Unfriedliche und den Frieden gefährdende Handlungen mit friedlichen Reden zu begleiten ist seit langem die Gewohnheit der Machthaber des„ dritten Reiches". Man rüstet, man bildet die bewaffneten Sturmtruppen militärisch aus, man erzieht die Nation zum„ Wehrwillen" und bemüht sich gleichzeitig bei jeder Gelegenheit, die Welt von dem absoluten Friedenswillen und der durch nichts zu erschütternden Vertragstreue Deutschlands zu überzeugen. Allmählich übersteigert Hitler den Widerspruch ins Groteske. Er erklärt den Austritt aus der Abrüstungskonferenz und aus dem Völkerbund, was doch nichts anderes bedeuten kann, als daß er, aller Verpflichtungen ledig, freie Hand für die Aufrüstung erhalten will, und er bringt es fertig, sozusagen mit dem selben Atemzug seiner Friedensschalmei wieder die sanftesten Töne zu entlocken. Ja mehr als das, er streckt Frankreich , demselben Frank reich, das in der deutschen Presse die ganzen letzten
Beitung" am 19. Oktober in Köln ausgesprochen: Wer am 12. November zu Hause bleibt, wo es heißt, zu einer Frage Stellung zu nehmen, die nicht die Partei, fondern die Ehre des ganzen Volkes betrifft, der ist ein zurottenden Willen für ein freies sozialistisches Deutschland Wochen hindurch als das eigentliche Hindernis einer den notorischer Landesverräter.( Stürmischer Beifall.)
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