Prima Blech
Die Sportpalastrebe des„ Führers" war, nehmt alles Paul Boncour bleibt Außenminister nur in allem, endlich wieder einmal ein echter Hitler. Es muß darum eine Hundearbeit gewesen sein, seinen traditionellen Bürgerbräuqualm in einigermaßen export fähiges Deutsch zu übersetzen. Selbst die von einigen Geheimräten gereinigte Rede ist noch eine Fundgrube.
Lassen wir in einem Beispiel den Stilkünstler und in einigen weiteren Beispielen den ehernen Logiker sprechen. Also:
Meine deutschen Volksgenossen und Genossinnen! Wenn man im Leben sehr schwere Entschlüsse zu treffen hat, dann
Paris , 26. Oktober. Ministerpräsidium und Marine: Albert Sarrant; Bizepräsident und Justiz: Dalimier ; Inneres: Chautemps ;
ist es immer gut, den Blid in die Bergangenheit urid Erst nach dem 12. November?
gleiten zu lassen, um sich selbst dabei zu prüfen, ob der zu treffende Entschluß richtig ist, ob er sich zwangsläufig aus dem ergibt, was hinter einem liegt, und was aus dem, was zwangsläufig als Folgeerscheinung in der Zukunft tommen muß.
Frage: Wo bleibt bei der Zwangsläufigkeit in Ver gangenheit, Gegenwart und Zukunft noch irgendwelcher Raum für die Auswirkungen eines Entschlusses? Antwort: Der ganze Satz ist Quatsch.
Der Steger tann nicht das Recht so auffassen, daß er damit einen moralischen Anspruch besitzt, das Volk, das das Unglück hatte, zu unterliegen, als zweitklassiges und damit selbstverständlich auch zweitrechtliches für alle Zeiten zu erklären.
Jtem: Der Reichskanzler hebt sofort alle Aechtungsverordnungen von Deutschen gegen Deutsche auf, um feinen Worten im Auslande den nötigen Nachdruck zu verleihen.
Wie kann man den Geschlagenen unterdrücken, wie kann man den Geschlagenen um jede Ehre bringen, wie kann man ihn für alle Zeit als den Schuldigen festnageln! Er ist bekannt, daß der deutsche Reichskanzler nie gegen biesen Grundsay, den er anderen predigt, verstoßen hat.
Wir sehen in die Zukunft und können auf lange Sicht disponieren, weil, solange der liebe Gott uns hier läßt, Menschen uns nicht so ohne weiteres beseitigen werden. Die Frage ist nur, wie es wäre, wenn der liebe Gott einmal auf den Gedanken käme, die Maschinengewehre und die Karabiner Hitlers für vierundzwanzig Stunden an die Margisten zu verleihen. Man hat uns gelehrt, daß bei Gott kein Ding unmöglich ist.
Herr Reichskanzler Hitler kann überdies bei Friedrich Schiller ein Wort finden, das auch den größten Schwäter Deutschlands nachdenklich stimmen könnte.„ Der Gedanke Gott weckt einen fürchterlichen Nachbar auf, sein Name heißt Richter!"
Wahlkampf und Heuberg
Ebingen, 26. Oft. Der Neue Albbote" ist wegen eines die kommende Wahl betreffenden Artikels von der württembergischen Politischen Polizei bis auf weiteres verboten worden. Die Redaktionsräume wurden von SS. - Männern besetzt. Die verantwortlichen Schriftleiter und die Setzer wurden in Schutzhaft genommen und auf den Heuberg
gebracht.
, 26. Oft. Das Büro der Abrüstungskonferenz hat den Beschluß gefaßt, sich bis zum 9. November zu vertagen. Die Abrüstungsabteilung des Bölferbundssekretariates wurde beauftragt, die Ergebnisse der ersten Lesung des britischen Konventionsentwurfes in einem Text zusammenzufassen, der den künftigen Beratungen des Büros zugrunde liegen soll. Es wurde weiter beschlossen, daß der Hauptausschuß nicht mehr, wie es Henderson heute für einen Evuentualfall vor gesehen hatte, vor dem 4. Dezember zusammentreten soll.
Damit sind die Arbeiten der Abrüstungskonferenz wieder einmal vertagt worden, und zwar vorläufig vollständig bis zum 9. November.
Flüchtlingskommissar
James Macdonald
Wie aus Genf berichtet wird, hat das Bölkerbundssekre tartat den Amerikaner James Macdonald gebeten, den Posten als Völkerbundskommissar für das internationale Flüchtlingshilfswerk anzunehmen. Dieser Flüchtlingsfommissar, über dessen Persönlichkeit bis zur Stunde wenig bekannt ist, soll das komitee zur Betreuung der deutschen Emigranten organisieren. Damit ist ein erster und sehr wichtiger Schritt zur Förderung des Hilfswerks getan, das, schon infolge der versiegenden Geldquellen, vielfach in ernste Schwierigkeiten geraten war. Man muß mit der Annahme des Postens durch James Macdonald rechnen. Wäre man dessen nicht sicher gewesen, so hätte das Völkerbundssekretariat kaum die Mitteilung über die an ihn gerichtete Bitte herausgegeben.
Auch in der Danziger Frage hat der Völkerbundsrat einen wichtigen Schritt unternommen. Der ständige Vertreter Jrlands beim Bölkerbund, der Sinn- Feiner Lester, wurde für drei Jahre zum Oberkommissar des Völkerbundes in Danzig gewählt. Er tritt sein Amt am 15. Januar 1934 an.
Labour- Wahlsleg
London , 26. Oft. Die Arbeiterpartei brachte den Konservativen bei einer Ersazwahl in East Fulham eine empfindliche Schlappe bei. Während in diesem Wahlkreis im Jahre 1931 ein konservativer Abgeordneter mit einer Mehrheit von 14 521 Stimmen gewählt worden war, siegte am Mittwoch der Arbeiterparteiler Wilmot mit 17 790 Stimmen über den konservativen Kandidaten, auf den nur 12 950 Stimmen entfielen, so daß sich also die Labourmehrheit auf 4840 Stimmen stellt. In Kreisen der Arbeiterpartei wird dieser Wahlfieg als ein Beweis dafür bezeichnet, daß die gegenwärtige nationale Regierung Mac= donalds nicht mehr dem Volkswillen entspreche. Bemerkenswert ist, daß in dem Wahlkampf die Stellungnahme der Kandidaten zum Locarno Paft eine wesentliche Rolle spielte. Der fiegreiche Labourkandidat hatte sich gegen, der unterlegene Konservative für den Patt ausgesprochen.
Paris , 27. Oft. Das Kabinett Sarraut wird sich, wie Figaro" schreibt, erst nach den deutschen Wahlen am 12. November der Kammer vorstellen, weil man jede Ministerkrise vorher zu vermeiden wünsche. Die Aufnahme des neuen Kabinetts in der Presse ist ziemlich einheitlich; man glaubt, daß die Kammer ihm zunächst keine Schwierig feiten bereiten werde, daß aber auch das Kabinett Sarraut
nur Uebergangscharakter haben könne.„ Echo de Paris" fragt, ob der neue Ministerpräsident es wagen werde, mutig Gegendampf zu geben und die Finanzgesetze seines Vorgängers in den Papierkorb zu werfen. Oeuvre" begrüßt die Beibehaltung des Außenministers Paul- Bonccur und knüpft daran Bemerkungen über die Beibehaltung der Briandschen Politik des Friedens, die auf der Gleichberechtigung der Nationen beruhe und zur Beschränkung der Rüstungen führe. Aus den Ausführungen Leon Blums im Sozialistenblatt Populaire" ergibt sich nur, daß die Sozialisten zunächst abwarten werden, bis der nach ihrer Meinung günstige Zeitpunkt zur Erscheidung gekommen ist. Im Figaro" wird bedauert, daß Sarraut vor der Kabinettsbildung mit der radikalen Kammerfraktion Fühlung genommen habe, denn wenn er sich dem Willen der Fraktionen unterwerfe, werde er ihr Knecht.
Nach dem„ E cho de Paris" verlautet gerüchtweise, daß Ministerpräsident Sarraut die Absicht haben soll, die Durchführung der in Frankreich sehr umstrittenen Sozialversicherungsgeseße vorläufig außer Kraft zu setzen.
Was Blum sagte
In den Korrespondenzberichten über die Rede Leon Blums vor dem Sturze Daladiers war der Schlußsazz irrig wiedergegeben. Er lautete:„ La république est née sur les barricades. Comme notre drapeau, elle est rouge du sang des ouvriers." Also: Die Republik ist auf den Barrikaden entstanden, und wie unsere Fahne rot vom Blut der Arbeiter. Ferner teilt uns die Féderation Internationale du Personnel des Services Publics mit, daß der letzte Borschlag bei den Budgetverhandlungen lautete: Bei Gehältern von 10-12 000 ein, der 6000 Franken übersteigt. Franken tritt eine Reduktion von 3 Prozent für den Betrag
Die Außenpolitik
Sehr umkämpft war bis in die letzten Stunden das Außenministerium. Albert Sarra ut schien bereit zu sein, den früheren Außenminister Paul- Boncour au opfern, zumal ein großer Teil der Radikalen und insbesondere die Freunde Herriots wünschten, daß Daladier selbst das Außenministerium übernehme. Auch der Präsident der Republik ist für diese Lösung eingetreten. Man wollte Paul- Boneour das Justizministerium anbieten, mit dem die Vizepräsidentschaft
des Kabinetts verbunden ist.
Gegen diesen Vorschlag haben die Neusozialisten sowie der linke Flügel der jungen Radikalen entschieden Einspruch erhoben und die bedingungslose Beibehaltung Paul- Boncours im Außenministerium gefordert.
An einigen Stellen wird behauptet, Albert Sarraut habe sich infolge der Berliner Wahlrede Hitlers für die Beibehal tung Paul- Boncours als Außenminister entschlossen, um so zu zeigen, daß die französische Außenpolitik unbedingt in den bisherigen Bahnen bleiben werde Wahrscheinlicher aber ist, daß der Entschluß Sarrauts lediglich auf den Druck der Sozialisten und der linken Radikalen zurückzuführen ist.
Die Neusozialisten beteiligen sich zwar an der Regierung nicht, haben aber Sarraut erklärt, daß er ihre volle Unterstützung finden werde, falls die Regierung folgende Pro grammpunkte vertrete: Einführung der Staatsmonopole für Waffenfabrikation Waffenhandel und Petroleinfuhr und Festsetzung der Verzigstundenwoche.
Auf die Stimmen der Altsozialisten, Richtung Leon Blum , wird die Regierung Sarraut natürlich nicht rechnen können. Der Ministerpräsident wehrt sich aber dagegen, daß er eine mehr nach rechts gerichtete Regierung gebildet habe als
Daladier Er soll erklärt haben:
" Man hat mir die Absicht einer Wendung nach rechts zugeschrieben die diejenigen entehren würde, die sich dazit hergäben. Wenn je eine solche Auffassung in meinem Kopf hätte entstehen können, so würde der Mann, der mein Gewissen ist, Maurice Sarraut ( der Bruder des fünftigen Ministerpräsidenten und Besizer der„ Depeche de Toulouse"), sich erheben, um mir zu sagen:„ Das nicht"
oder Nicht Du".
Im Einvernehmen mit England und Italien wird die neue Regierung bis zum 12. November, dem Tage des deutschen Plebiszits, ihre außenpolitische Tätigkeit, soweit sie mit den Genfer Fragen zusammenhängt, zurückstellen. Man ist nach wir vor gegenüber den Absichten Hitlers mißtrauisch, weil man nicht weiß, welche Politik Deutschland nach der schwindel. Dittatur Hitler niemand zweifelt, einschlagen wird. Vor allem haften Volksabstimmung, an deren äußeren Erfolg für die müsse man abwarten, ob Hitler eine vollständige Bestätigung seiner bisherigen außenpolitischen Haltung durch das deutsche Volf nicht dazu benutzen werde, die durch das Verlaffen Genfs eingeschlagene Linie weiter zu verfolgen und das Plebiszit in eine Art von feierlicher Verwerfung der gegen die deutsche Gleichberechtigung gerichteten Klauseln des Ver sailler Vertrags auszuwerten.
Sorge um die Nordostgrenze Neuer Verteidigungsgürtel
Paris , 26. Oft. Die Armeekommission des Senates hat sich mit der Verteidigung der französischen Grenzen be schäftigt. Ihr Vorsitzender, Senator Messimy, erklärte fich zwar von der Solidität des ostfranzösischen Verteidigungswalles beruhigt, forderte aber dringend die Verlängerung dieses Gürtels über die französisch- belgische Grenze bis zum Meer hinaus. Der Ausbau des fran aösischen Verteidigungswalles in diesem Grenzabschnitt stößt bekanntlich auf erhebliche technische Schwierigkeiten, die mit find die Mitglieder der Armeekommission der Ansicht, daß der Beschaffenheit des Geländes zusammenhängen. Trotzdem das Verteidigungswerk auch in diesem Grenzabschnitt er richtet werden müsse, schon in Anbetracht der Nähe der frans zösischen Hauptstadt, die von Norden her völlig ungeschüßt sei. Einstimmig hat die Kommission beschlossen, die tommende Regierung auf die Notwendigkeit der Erstellung dieses neuen Verteidigungsgürtels an der französisch - belgischen Grenze aufmerksam zu machen und ihr die sofortige Inangriffnahme des Projektes zu empfehlen.
Volk zu den Waffen"
Diplomatischer Schritt gegen die Verhaftung eines amerikanischen Journalisten
Paris , 27. Oft. Der„ Temp3" berichtet aus Berlin : Sir Eric Clare Edmund Philipps, der englische Botschafter in Berlin , hat im Ministerium des Auswärtigen des Reichs gegen die Verhaftung des Münchener Korrespondenten Panter vom„ Daily Telegraph " protestiert. Der Botschafter hat außerdem Protest erhoben, weil dem englischen Generalkonsul in München die Erlaubnis verweigert worden ist, den englischen Journalisten in seinem Gefängnis zu besuchen.
Aus London berichtet der„ Temps ":
Nach Mitteilungen aus München ist Panter immer noch verhaftet und ohne jede Verbindung mit der Außenwelt. Die Polizei von München erklärt, daß gegen ihn wegen Spionage Anklage erhoben werden wird. Der Artikel, der seine Verhaftung durch die Geheime Staatspolizei veranlaßte, war ein Bericht über das Fest von Kelheim am letten Sonntag. Die Wahrheit dieses Berichts kann nicht in Zweifel gezogen werden. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß die deutschen Zeitungen offiziell angewiesen wurden, in ihren Berichten über die Kundgebung sehr zurück= haltend zu sein.
Das Neueste
Der Reichskanzler hat den Reichskommissar Domänens pächter Backe zum Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft ernannt.
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Der seit lange flüchtige Raubmörder Hannad wurde gestern in Bergedorf von Kriminalbeamten nach einem Feuergefecht festgenommen.
Bei Marmande in Frankreich ist ein Privatflugzeug abgestürzt. Die vier Insassen tamen ums Leben.
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Für die Bank von Frankreich find an Bord des Dampfers Olympic" 126 Barren Gold im Werte von 145 Millionen Franken aus Amerika angekommen.
Der Korrespondent der„ Times" in Kapstadt meldet, die dortigen Juden würden durch antisemitische Propaganda beunruhigt, deren Umfang in den lezten Wochen zu:
Hier folgen die Hauptstellen des Artikels:
In der alten Festung Kelheim hat Hitler heute die Parade von 20 000 Mann seiner Sturmabteilungen abges nommen. Der Kanzler und seine Unterführer wollten der Welt die wahre Bedeutung dieser Entfaltung militärischer Kräfte verbergen, mit denen die Reichswehr und die Polizei zusammenwirkten.
Der nächtliche Vorbeimarsch fand im Takte eines neuen Gesangs der Nazi statt, dessen Refrain lautete:" Bolt zu den Waffen!"
Vor dem Festsaal des Rathauses fand eine militärische Feier statt. Tausende von„ waffenlosen" SA. - Männern zogen an Hauptmann Röhm vorbei, dem Chef des Stabes. Sie hatten das Gewehr auf der Schulter und das Bajonett aufgepflanzt.
Am anderen Morgen, bei der Parade, die vor dem Freiheitstempel, der zur Erinnerung an den Sieg über Napoleon errichtet worden war, stattfand, marschierten 20 000 A.- Männer feldmarschmäßig an Hauptmann Röhm vorbei, aber diesmal ohne Waffen. Sie trugen 500 Stan darten, und die Ankunft des Kanzlers wurde durch einen Trompetentusch und 21 Kanonenschüsse gefeiert.
genommen habe. Es handele sich teils um große Maners anschläge, teils um fleine Zettel von der Größe einer Briefs marte mit aufgedruckten antisemitischen Aeußerungen. Natios nalsozialistische Grundsäße würden in Kapstadt von einer Organisation verbreitet, die unter dem Namen„ Graus hemden" bekannt sei.
Der franzöfifche Generaliffimus General Weygand wird fich, wie das Echo de Paris ankündigt, nach Marokko begeben, um die militärische Lage zu prüfen, da neue Operationen zur Befestigung der französischen Stellungen im Süden bes Landes geplant seien. Deswegen könne von einer Herabs sezung der französischen Streitkräfte in Marokko vorläufis feine Rede sein.
Auf das konservative Mitglied des nordirischen Parlas ments Major James McCormid wurde gestern abend ein Mordanschlag verübt. Zwei unbekannte Männer hielten ihn in einer Vorstadtstraße an, schoffen ihn nieder und raub ten ihm die Aftenmappe. Der Major, der in den Oberarm getroffen war, verfolgte noch furze Zeit die flüchtenden Täter, brach dann aber infolge Blutverlustez zusammen. E hatte in der vorigen Woche im Parlament eine Rede ges halten, in der er die Frische Republikanische Armee mit bet Ermordung eines Polizeibeamten in Verbindung brachte.