Fretheil

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer 112- 1. Jahrgang Saarbrücken  , Sonntag- Montag, 29. 30. Oktober Chefredakteur: M. Braun

Aus dem Inhait

Schachts Inflationsgesetz Seite 2

Kacwahne als Banditenführer

Seite 3

Falscheid des Nazi- Kroyec Seite 4

Zuspitzung in Oesterreich  Seite 4

So kann es nicht weitergehen" ( Bericht aus dem Ruhrgebiet  )

Seite 7

Inserate auf Seite 8.9,10 beachten

Volk ärmer- Reich teurer

Die Kosten für die Bürokratie steigen enorm

Und wir haben dabei zugleich aber auch die Vers waltung gesäubert, haben die korruption ge vadt, und wo wir sie finden, wird sie herausgezogen. Wir haben damit zugleich be­gonnen, Unrecht auszugleichen, unverdiente, wahns sinnige Gehälter überall abzubauen, den Beamtenkörper selbst allgemein zu säubern. Adolf Hitler   im Sportpalaft.

Gin wesentlicher Teil der nationalsozialistischen Propa­ganda bestand in Anklagen gegen die Uebersetzung des Behördenapparates. Dem unpolitischen Spießbürger wurde gesagt, daß 300 000 margistische Bonzen sich aus Steuer­groschen mästeten. Die müßten hinausgeworfen werden. Dadurch ließen sich viele Millionen einsparen.

Nun liegt der er ste Haushaltplan des dritten Reiches" vor. Welche Zahlen bringt er für die Bürokratie? Zum ersten Male seit dem Jahre 1928 sind die Ausgaben des Behördenaufwand gestiegen. Vier Jahre lang, und zwar schon von dem sozialdemokratischen Reichskanzler Hermann Müller   an, hat die Kurve beständig nach unten gewiesen: Von 841 Millionen Mark im Jahre 1928 auf 657 Millionen Marf im Jahre 1932. Jetzt sind die Ver­waltungskosten wieder um 20 Millionen Mart ge­

tiegen.

Der Behördenapparat des Reiches ist viel mehr vergrößert worden, als er in vorstehenden Zahlen zum Ausdruck kommt. Wir haben neu das Büro des Stell­Ausdruck kommt. Wir haben neu das Büro des Stell vertreters des Reichskanzlers, die Behörden der Reichsstatthalter mit Reichs minister­gehältern. das Reichspropagandaministe­

rium und

Hinterbliebenen. Die Versprechungen, die diesen Menschen jüngst bei dem großen mit festlichem Klimbim begangenen Kriegsopfertag gemacht worden sind, haben sich rasch als Lüge erwiesen.

das Reichsluftfahrtministerium. Sinkende Löhne

Für das Reichsluftfahrtministerium allein find 78 Millionen. Mark eingesetzt, und für das Propagandaministerium 14 Millionen Mart. Das Reichswirtschaftsministerium er fordert 150 Millionen Mark mehr, wovon allein 102 Mil­lionen Mark im Zusammenhang mit der Sanierung der Dresdener Bank ausgegeben werden. Auch ein Beitrag zu dem Kapitel des Kampfes der Nationalsozialisten gegen die Bank und Börsenfürsten".

Die Entwicklung der Löhne in Deutschland   ist aus fol­gender Tabelle ersichtlich:

uchichifenben lone in Pfen.en)

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Durchschnittsst inden lone in Pfennigen") Männl

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im

Mount

Mainl

Fach

Bills

Fach

Dilfs.

a beiter

arcetter

arb- ffor

arbo tr

70

53,2

Januar 1932

84,9

66,9

84,4

64,4

Juli 1932

81,4

63,5

98,9

77,5

Januar 1933

80,1

63

.102,6

80,6

Mai 1933.

79,3

62,4

Januar 1925 Januar 1927

Die Gesundung der Steuermoral im Zeichen der natio­nalen Erhebung wird beleuchtet durch die Tatsache, daß das die Devisentontrolle gegen Steuerdefrau= danten und für die Schmuggelbekämpfung an gestellt hat.

Reichsfinanzministerium nicht weniger als 4362 Leute für Januar 1930.

Während so die Ausgaben für den Staatsapparat sprung: haft in die Höhe gehen, werden andere Ausgaben stark gedrosselt. So sind die Ausgaben für Arbeitslosen hilfe und Arbeitsbeschaffung um 397 Millionen Mark auf 491 Millionen Mark gesenkt worden. Da eine echte Ver­ringerung der Erwerbslosenzahl in entsprechendem Umfang nicht eintritt, bedeutet diese gewaltige Senkung der Arbeits­

Trotz des unter Vertrags- und Verfassungsbruch erfolgten Abbaus Tausender national unzuverlässiger" Beamten ist die Zahl der Beamten des Reiches nur um knapp 800 ge= sunken, von 89 855 auf 89 062. Dafür aber ist die losenhilfe die Ausschaltung vieler national unzuverlässiger" Reiches von 43 899 auf 49 828 gestiegen. Es schlechterung des Glendseinkommer der Rentenempfänger sind also für die hinausgeworfenen Marxisten viele Tau­ſende

Auch die Schuldentilgung des Reiches ist von 420

Millionen auf 100 Millionen Mark herabgesetzt worden,

Und das nur im Reiche. Hinzu treten die Länder und die Kürzung um 70 Millionen Mark erfahren. Gespart wird

Gemeinden.

und schließlich hat der Versorgungshaushalt eine also vor allem auch an den Kriegsopfern und Krieger­

Januar 1931 102,1 Seit dem Mai sind die Löhne zweifellos noch weiter ab­geglitten, während der Lebenshaltungsindex um mehrere Punkte gestiegen ist. Angewachsen sind auch die Abzüge vom Lohn. Der Reallohn ist mithin beträchtlich gesunken.

80,2) gemäß Jnftitut 1. Ronjuntturforschung.

Bonzengehälter

Berlin  , 27. Oft. Jnpreß. Der Beiter des Organisationss amtes der Deutschen Arbeitsfront  , Selzer, gibt bekannt, daß für die Gehälter der braunen Gewerkschaftsangestellten 4.5 Millionen Reichsmark pro Monat( mehr als 54 Mil­lionen Reichsmark pro Jahr) eingesetzt sind.

Die Angestellten der freien Gewerkschaften bezogen nicht einmal den zwanzigsten Teil dessen, was nun den Nazi­bonzen gezahlt wird.

Einheitsliste unter Zuchthausdrohung

Die Führer der deutschen   Korruptionswahlen

In Form eines Wahlbefehls ist nunmehr den einzelnen Wahlkreisen die Einheitsliste der Kandidaten für die Reichs­tagswahl vom 12. November zugegangen. Eine andere Liste als diese wird in keinem Wahlkreis zugelassen. Sie enthält folgende Namen:

1. Reichskanzler Adolf Hitler  ,

2. Stellvertreter des Führers Rudolf Heß  , 3. Reichsminister Dr. Wilhelm Frid,

4. Reichsminister Hermann Göring  ,

5. Reichsminister Dr. Joseph Göbbels  ,

6. Stabschef der SA. Ernst Röhm  ,

7. Reichsminister Walter Darre  ,

8. Reichsminister Franz Seldte  ,

9. Vizekanzler Franz v. Papen  ,

10. Reichsminister a. D. Dr. Alfred Hugenberg.  

partei die Gnade erweist, fie auf der Kandidatenliste aufzu­führen. Ob diese würdigen Herren dann zum neuen Reichs­tag zugelassen werden, liegt ja immer noch im Belieben der nationalsozialistischen Diktatoren. Außerdem können die Herren der genannten drei Parteien jederzeit aus dem Reichstag hinausgeworfen werden, wenn sie sich den An­ordnungen der Reichsregierung, auf die sie sich vor der An­nahme des Mandats feierlich verpflichten müssen, nicht ganz entsprechen.

Diese Schandspiel wird aufgeführt unter einem Reichs­präsidenten durch einen Reichsfanzler und durch Minister, die samt und sonders die Verfassung von Weimar feierlich beschworen haben unter Anrufung ihres Gottes, des Al­mächtigen. Da es in Vergessenheit zu geraten scheint, sei daran erinnert: noch immer besteht in Deutschland   die Reichsverfassung vom 11. August 1919 zu Recht. Im Rahmen dieser parlamentarischen Verfassung vollzieht sich das, was man jezt in Deutschland   eine Reichstagswahl

Nur diese 10 Namen werden in allen 35 Wahlkreisen auf neunt. Die feierlichen und wie man sieht, streng gehaltenen die Stimmzettel gedruckt. Es können ausreichend weitere Verfassungseide werden aber unter dem Segen der Bischöfe Kandidaten, selbstverständlich nur Befehlsempfänger der beider Konfessionen geschworen. Nationalsozialisten, aufgestellt werden, aber auf den Stimm

Betteln erscheinen sie nicht. Es ist überhaupt zweifelhaft, ob die Regisseure dieser Wahlfomödie geruhen werden, dem

Herrn Dr. Hugenberg hat man auf die Kandidaten­Itste gebracht, um der zu befürchtenden Wahlenthaltung vieler Deutschnationalen zu begegnen. Seine Rolle ist so

deutschen   Volfe die gesamte Kandidatenliste vor der Wahl schmierig, daß er sich in seinem Lokal- Anzeiger" vor seinen bekanntzugeben. Man erwägt, erst nach vollzogener Wahl Anhängern zu entschuldigen versucht. Es ist ja immerhin

der NSDAP  . die Entscheidung zu überlassen, welche der aufgestellten Kandidaten in den einzelnen Wahlkreisen das

Mandat

anzunehmen haben. Das ist nicht etwa ein bös

williges Gerücht von Marristen oder ähnlichen Machern von Greuelmärchen, sondern dieser politische Korruptions flaudal wird durch halbamtliche Meldungen aus Berlin   be tanntgegeben. Die nationalsozialistische Parteileitung über legt fich auch noch. ob sie einigen weiteren geduldiger Diätenempfängern aus der Deutschnationalen Volkspartei  aus der Zentrumspartei   und aus der Deutschen   Volks

eine charakterliche Leistung, sich wie ein abgedankter Be­dienter schmählich aus dem Reichskabinett verabschieden zu lossen und nun als Wahlmarionette desselben Reichs fabinetts aufzutreten. Hugenberg   rechtfertig seine Statisten­rolle mit dem Hinweis, daß er immer schon für den Krach mit dem Völkerbund gewesen sei. Außerdem sei ihm be­stätigt worden, daß er ein freier Bauer auf freier Scholle" bleibe, das heißt, daß man nicht gerade die Absicht hat, den Opapa in ein Konzentrationslager zu bringen. Jit ja auch gar nicht mehr nötig, nachdem er so gehorsam daberfabbelt.

Die Antifaschisten aller Richtungen gehen unter dem un­geheuerlichen Druck unter großen Gefahren in den Wahl­kampf und an die Urnen. Dennoch müssen sie für das Nein werben und stimmen.

Zuchthaus für Parteiengründer

Vor dem Schöffengericht Halberstadt   hatten sich in einer außerordentlichen Sigung im Schnellverfahren der Arbeiter Walter Schattenberg und der Hoteldiener Viktor Warlich aus Wernigerode   wegen Verbrechens gegen das Gesetz zur Neubildung von Parteien zu verantworten. Sie hatten in einer Wohnung Versammlungen abgehalten. Das Urteil lautete gegen jeden auf zwei Jahre sechs Monate Buchthaus. Unter Parteikontrolle

Der Reichsminister des Innern hat die Kreiswahlleiter ersucht, wegen der Berufung der Beisiger und Stellvertreter zum Kreiswahlausschuß mit der Gauleitung der NSDAP. in Verbindung zu treten. Damit die einwandfreie Durchführung der Wahl und Abstimmung auch nach außen in Erscheinung tritt, erscheint es," so heißt es in dem Erlaß des Ministers, unerwünscht, wenn die Kreiswahlausschüsse ausschließlich aus Angehörigen der NSDAP  . bestehen. Deshalb werden die Kreiswahlleiter sich von den Gauleitungen außer Angehörigen der NSDAP  . auch solche Persönlichkeiten vorschlagen lassen müssen, die, ohne der Partet anzugehören, der Gauleitung als national zuverlässig bekannt sind." Die gleichen Grundsätze sollen für die Berufung der Abstim mungsvorstände gelten.

Das bedeutet: bis ins letzte Dorf wird niemand in einem Wahlvorstand sißen, der nicht der nationalsozialistischen Gauleitung genehm ist. Es ist daher jeder Terror bei der Abstimmung und jede Fälschung bei Auszählung der Stimmen möglich.