das Lösungsmittel verdampfen fann, so entzündet sich der Phosphor, sobald er einen bestimmten Grad von Trockenheit erreicht hat, von selbst. Die dabei entstehende Flamme ist außerordentlich heiß und läßt sich zudem durch Wasser schwer löschen. Man hat diese Art selbstentzündlicher Flüssigkeiten im Kriege zur Füllung von Brandbomben benutzt.
Die Kenntnis dieser Dinge ist dem geistig nicht sehr hoch stehenden van der Lubbe nicht zuzutrauen. Dagegen müssen sie andere Herren kennen, die im Kriege Brandbomben geworfen haben. Insbesondere dürften der erfolgreiche Kriegsflieger Göring und sein Kreis recht intime Kenntnisse solcher Brandwirkungen haben.
Offener Brief
An den
Senatspräsidenten Dr. Bünger Vorsitzender des 4. Straffenats des Reichsgerichts zur Zeit Berlin , Reichstag .
Herr Präsident,
bei meiner Rückkehr nach Frankreich erfahre ich, daß das Gericht sich endlich entschlossen hat, den Minister Göring zu hören und zwar als Zeugen.
Diese Vernehmung kann von außerordentlichem Interesse sein. Jedoch hängt die Wirksamkeit dieser Aussagen offensichtlich von den Fragen ab, die man diesem Zeugen stellen wird.
Ich beeile mich daher, dem Gericht folgende Fragen vorzuschlagen:
1. Wie war sein Palais gegen Eindringen Unbefugter geschützt? Wie war die Stabswache organisiert?
2. Welche Beziehungen hatte der Zeuge zu dem Amtsgehilfen Kohl? Hat er ihn in der Brandnacht vernommen?
3. Kennt der Zeuge den Gang vom Reichstagspräsidentenpalais zum Reichstag?
4. War der Gang verschlossen? Wer hatte den Schlüssel? War der Gang bewacht?
5. Wo befinden sich die angeblichen im Karl- LiebknechtHaus gefundenen Dokumente? Weshalb sind sie nicht veröffentlicht worden?
6. Wie erklärt der Zeuge, daß von den in den angeb
lichen Dokumenten angefündigten Terroraften fein ein
ziger in Deutschland begangen wurde?
7. Welche besonderen Anordnungen zum Schuße öffentlicher Gebäude hat der Zeuge getroffen, nachdem er von den angeblich gefundenen Dokumenten Kenntnis erbalten hatte? Hat er insbesondere Inspektor Franowib und Direktor Galle auf die erhöhte Gefahr hingewiesen und besondere Schußverkehrungen verlangt? Wenn nicht, warum?
8. Wieso war der Zeuge gerade am 27. Februar versammlungsfrei?
9. Wer hat die Liste derjenigen Personen zusammengestellt, die bereits in der Nacht vom 27. bis zum 28. Februar und kurz darauf verhaftet worden?
10. Ist der Zeuge im Jahre 1925 in der Nervenheilanstalt Langbro untergebracht gewesen? Dem Zeugen ist das Gutachten des Stockholmer Gerichtsarztes vom 26. 4. 1926 vorzuhalten.
Werden diese Fragen gestellt werden? Die Weltöffentlich feit wird es hören und danach urteilen.
gez. Marcel Willard, Rechtsanwalt.
Die erste Diskussion ging über den Titel der Zeitung. Der Seld der Porta Pia wollte einen in der Stadt üblichen: Il Mesaggero, La Tribuna oder etwas Aehnliches. Aber Raffaele Scarpone, der Berardos Art geerbt hatte, fuhr ihm über den Mund...
Unsere Zeitung ist eine Cafoni- Zeitung..., die erste Zeitung der Gafont... Wir wollen nichts nachmachen.
" Bor unserer Zeitung ist keine andere erschienen," entschied Scarpone.
Michele Zompa schlug einen guten, vielversprechenden Titel vor:„ Die Wahrheit".
Aber Scarpone rümpfte die Nase.
„ Die Wahrheit? Wer kennt die Wahrheit?" sagte er. " Wir kennen sie nicht, aber wir wollen sie suchen," gab Michele zur Antwort.
" Und wenn du sie gefunden hast," Höhnte Scarpone,„ willst du dann daran deine Suppe kochen?"
So war jetzt seine Art zu diskutieren.
Generale Baldissera hatte auch eine gute Idee:„ Gerechtigkeit".
" Du bist verrückt." schrie Scarpone ihn an, wo die Gerechtigkeit doch immer gegen uns ist."
Um diesen Einwand zu verstehen, muß man wissen, daß für uns Gerechtigkeit und Garabinieri das gleiche war. Mit der Gerechtigkeit zu tun zu haben, hieß bei uns, mit den Carabinieri zu schaffen zu haben. In die Hand der Gerechtigkeit zu fallen, hieß in die Hände der Carabinieri fallen. Im Dienst der Gerechtigkeit zu stehen, hieß Spion sein und ein Vertreter der Garabinieri.
„ Aber ich meine die wahre Gerechtigkeit," antwortete der alte Schuster gefränft. Die Gerechtigkeit für alle." ued " Der wirst du im Paradies begegnen," entschied Raffaele Scarpone.
Was fonnte man da erwidern?
90 310
Die Sorcanera schlug als Titel vor:
„ Die Posaune der Gafoni!"..
Aber niemand ging auf ihren Vorschlag ein. „ Was sollen wir tun?" sagte Scarpone. „ Wir sollen den Titel machen," entgegnete der Held. Mach auch einen Vorschlag..."
5/6
" Ich habe meinen Vorschlag schon gemacht:„ Was sollen wir tun?"" wiederholte Scarpone.
Als wir nach mehrfachem Hin und Her verstanden hatten, daß Scarpone als Titel der Zeitung die Frage Was sollen wir tun?" verwenden wollte, saben wir uns überrascht an „ Aber das ist doch kein Titel!" warf der Held sofort ein. „ Das ist doch kein Titel. Wir brauchen einen Titel. Einen Titel, den wir oben über die Zeitung schreiben können, verstehst du?... In schöner Schrift, verstehst du?"
,, Da wirst du eben in schöner Schrift an den Kopf der Zettung schreiben:„ Was sollen wir tun?", antwortete Scarpone, und dann wird es ein Titel sein..." „ Aber ein Titel zum Lachen," widersprach noch einmal der Held.„ Wenn ein Abzug unserer Zeitung nach Rom kommt, wird jeder, der sie sieht, zu lachen anfangen."
Ein Begräbnis im ,, dritten Reich"
Aus dem Reich erreicht uns auf Umwegen nachstehender erschütternder Bericht:
Der Breslauer Sozialdemokrat Alexander war im Kriege Soldat. Er erhielt die höchsten militärischen Auszeichnungen. Angst vor dem Feinde hatte Alexander nie gefannt. Auch vor dem deutschen Feinde seiner Klasse nicht! Zur Zeit der Weimarer Republik war er Führer des Reichsbanners. Er war ein militärischer Führer ersten Ranges, wenn er auch nie„ General gelernt" hatte. Er verftand aus seiner Ueberzeugung, aus seiner Menschlichkeit, aus seiner Ehrlichkeit heraus Genossen mitzureißen, zu begeistern. Er war ein Revolutionär, ein Sozialist.
Im Februar fam er ins Ronzentrationslager bei Preslau. Herr Polizeipräsident und Fememörder Heines Iteß es sich nicht nehmen, Alerander im Konzentrationslager sich vorführen zu lassen und ihn also zu begrüßen: „ Heil Hitler , Alerander!"
,, Guten Tag, Herr Polizeipräsident!" antwortete Alegander ruhig.
Ich habe dich Seil Hitler ! gegrüßt," schrie Heines.„ Du haft zurückzugrüßen!"
Guten Tag, Herr Polizeipräsident!" " Alerander, es gibt heute nur mehr einen deutschen Gruß: Heil Hitler!"
h habe keinen andern deutschen Gruß gelernt als: Guten Tag, Herr Polizeipräsident!"
„ Schwein, du haft Heil Hitler! zu grüßen!"
Da sah Alerander den wutschnaubenden Polizeipräsidenten von Hitlers Gnaden an und sagte ruhig:
„ Verlangen Sie nicht von mir, daß ich meine Ueberzeugung wechsle, wie mein verlauftes Hemd im Schüßengiaben!"
Da trat Heines auf den Gefangenen zu, klopfte ihm auf die Schulter und sagte:„ Das wollen wir uns merken, Alexander."
Dessauer und Hirtslefer
Zwei Zentrumsführer unter Anklage
Aus München- Gladbach wird gemeldet, daß gegen Prof. Deflauer in Frankfurt a. M. und den Gehäftsführer der Carolus- Druderei G. m. b. H. Anklage wegen Anstiftung und Beihilfe zur Untreue erhoben worden sei. Das Verfahren schwebe bei der Großen Straffammer des Landgerichts in München- Gladbach. Die Straftammer habe Haftbefehl gegen Professor Dessauer erlassen.
lungen, die dem ehemaligen preußischen Wohlfahrtsminister Auf Grund der Enthüllungen über KorruptionshandSirtfiefer vorgeworfen wurden, hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Minister eingeleitet. Das Verfahren, das in Bochum anhängig ist, ist nunmehr soweit gediehen, daß die Untersuchung abgeschlossen ist. Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Hirtsiefer erhoben.
eine Zeitung für Gafoni werden, die erste Zeitung der Cafoni, von Cafoni für Cafont... Alles, was sie in Rom darüber dächten, wäre ihm ganz egal.
Baldissera gab Scarpone recht. So wurde sein Vorschlag angenommen.
Während der Held widerwillig den Titel zu schreiben begann, warf sich die Diskussion auf den ersten Artikel. Michele Sompa schlug vor:
„ Der erste Artikel muß heißen:„ Ste haben Berardo Viola ermordet." Damit werdet ihr alle einverstanden sein."
Scarpone war einverstanden, aber er schlug einen Zusaß vor: Sie haben Berardo Viola ermordet, was sollen
wir tun?"
„ Was sollen wir tun? haben wir schon im Namen der Zeitung," warf Michele ein.
" Das genügt nicht," fuhr Scarpone fort Man muß es wiederholen.... Wenn es sich nicht wiederholt, taugt es nichts... Man muß es herausheben.... Was sollen wir tun? Man muß in jedem Auffah wiederholen: Sie haben uns das Wasser genommen, was sollen wir tun? Versteht ihr? Der Pfarrer weigert sich, unsere Toten zu begraben, was sollen wir tun? Sie vergewaltigen im Namen des Gesetzes unsere Frauen, was sollen wir tun?... Don Circostanza ist ein Aas, was sollen wir tun?..."
Da verstanden alle Scarpones Vorschlag und waren einverstanden.
Eine andere kleine Diskussion entstand über Berardos Namen.
Baldissera meinte, man müsse Violla schreiben, mit zwei " I", während Michele Sompa daran festhielt, daß ein„ l" genüge.... Schließlich erklärte der Held, so schreiben zu können, daß es zweifelhaft bleibe, ob es sich um ein oder um zwei„ l" handle und damit schloß die Diskussion über diesen Punkt.
Als ich merkte, daß nichts mehr zu besprechen war, verließ ich die andern und ging heim, um ein bißchen mit meinem Sohn an der Sonne zu sitzen; ich hatte ihn ja verloren geglaubt und nun wiedergefunden....
Spät am Abend kam Scarpone mit einem Pack von dreißig Abzügen der Zeitung noch zu mir. Damit sollte ich nach San Benedetto gehen und dort- wo ich viele Bekannte hatte das Blatt verteilen. Am Tag darauf wollten es andere Cafoni in anderen benachbarten Dörfern ebenso machen. Im ganzen hatte man fünfhundert Abzüge hergestellt.
In San Benedetto wohnte die Familie meines Freundes und wir beschlossen, alle drei hinzugehen, um die Befreiung meines Sohnes zu feiern. Das war unsere Rettung.
So brachen wir am Nachmittag des nächsten Tages auf. Ich hatte die Zeitung in einer halben Stunde verteilt. Wir aßen in San Benedetto zu Abend und begaben uns gegen neun Uhr auf den Heimweg. Auf halbem Weg hörten wir von ferne Böllerschüsse.
,, Welches Fest ist heute?" fragte ich meine Frau, um zu erraten, von welchem Dorf sie kamen.
Es war schwer zu sagen, welcher Festtag war. San Luigi war vorüber und Sankt Anna noch nicht gewesen.
Beim Weitergehen wurden die Böllerschüsse häufiger. „ Man könnte meinen, die Schüsse kommen von Fontamara," bemerkte ich.
In diesem Augenblick fuhr ein Karren aus Manaforno,
Raffaele Scarpone wurde wütend. Die Zeitung müsse der aus der Richtung der Kreisstadt fam, an uns vorüber.
Monate später wird das Lager in Breslau aufgelöst. Die Gefangenen werden nach Osnabrüd befördert. Alexander vertraut Freunden an:
Ich schwöre euch, daß ich nicht fliehen werde, daß ich das Bager nur auf ausdrücklichen Befehl der Gewalthaber verlassen werde."
Alerander wurde im September„ auf der Fluchter schossen". Bestimmt tann Herr Polizeipräsident Heines für seine Verson sein Alibi nachweisen. Das ist so Sitte im dritten Reich", daß hohe Beamte stets in der Lage find, ein Alibi nachzuweisen.
Alexanders Leichnam kam im verlöteten Sarg in Breslau an. Keine Zeitung des dritten Reiches" durfte darüber berichten. Aber die Genoñen des Zweiten Reiches wußten es trozdem. Von Mund zu Mund ging die Nachricht. Das Leichen begängnis, das in aller Stille stattfinden sollte, fand in aller Stille statt. Aber war es jene Stille, die beabsichtigt war?
Plößlich waren auf dem Friedhof an tausend schweigende Menschen versammelt. Im Arbeitsanzug mit schwarzer Kra matte und weißem Vorhemd. Manche hatten feine Krawatte, fein weißes Vorhemdaber alle trugen sie plößlich rote Nelfen im Knopfloch. Rauberei?
Nein, Solidarität ist keine Rauberei!
Die Trauerhalle faßte alle die Menschen nicht. Nichts stirte die Disziplin der Schweigenden. Dann standen sie vor der Grube, Hand auf Sand schüttete Erde auf den Sarg und rote Nelke um rote Nelte folate.
Es war kein Totengräber nötig, der hier Arbeit zu verrichten hätte.
Vorher aber war ein älterer Arbeiter an das Grab getreten und sagte rubia:
Wir alle wissen, daß du nicht umsonst gestorben bist. Eines Tages werden wir für den toten Alexander Rechenschaft fordern!"
So geschehen im September 1983 im„ dritten Reich" des Herrn Hitler .
496 birden
12. November
Ja! Oder ehrlose Volksverräter!
dirov
olle
Von allen Seiten wird schamlos der Terror zur„ Bolts abstimmung" und zur„ Wahl" am 12. November proklamiert. Eine Proklamation des bayrischen Landesbauernführers Luber( M.N.N.) v. 19. Oktober) schließt:
Wer diese Front verläßt, wer unserem Führer und Retter in den Rücken fällt, der wird für immer ehrlos bleiben, wie immer ehrlos bleiben wird der Vaterlandsverräter. Dies möchte ich mit aller Deutlichkeit den wenigen etwa noch vorhandenen Saboteuren als Wink mit auf den Weg zur Wahlurne geben.
Bon meinen Unterführern verlange ich, daß sie am Abend des 12. November melden:
Alle, auch die Kranken und Siechen, die Alten und Jungen, Männer und Frauen, haben mitgeholfen zum Sieg. Im Kampfe für die Ehre der Nation hat kein Angehöriger der Bayrischen Landesbanernschaft versagt.
„ He, Fontamaresen," schrie der Kutscher, ohne Salt zu machen, in Fontamara ist Krieg..."
„ Krieg?.... Warum Krieg?...", fragten wir ein ander. Krieg unter den Fontamaresen?.... Unmöglich!" sagten wir uns gleich.ad bind 18 ned
„ Krieg des Impresario gegen Fontamara? warum?" and bind als
Aber
Ab und zu brachen die Schüsse ab, aber dann setzten sie noch dichter und wilder ein. Im Weitergehen wurde uns klar, daß die Schüsse aus Fontamara tamen und daß es Flintenschüsse waren. dolap m
Was sollen wir tun?", fragten wir einander.
Es war die Frage des Scarpone:„ Was sollen wir tun?" Aber die Frage war einfacher als die Antwort. Und so setzten wir unseren Weg fort.
13 An der Straßenkreuzung von Pescino nach Fontamara stießen wir auf Pasquale Cipolla.
„ Wo wollt ihr hin?... Nach Fontamara?... Seid ihr verrütdt?....", rief er uns zu und setzte seinen Weg nach Pescina fort.
Wir rannten hinter ihm her.
„ Aber was gibt es denn in Fontamara?" schrie ich. Warum die vielen Schütise?"
„ Krieg, Krieg...", antwortete Gipolla, Krieg gegen die Cafoni,... gegen die Zeitung..."
Wer
,, Und was machen die andern?" fragte ich. „ Wer tonnte, hat sich in Sicherheit gebracht konnte, ist geflohen...", antwortete Cipolla, ohne stehen zu bleiben. do 8 mo
„ Ist Scarpone entkommen?" fragte mein Sohn. „ Er ruhe in Frieden," antwortete Cipolla und machte das Kreuz.
„ Ist Venerdi Santo entkommen?"
„ Er ruhe in Frieden," antwortete Cipolla und machte das Kreuz.
Ist ins Gebirge."
„ Und Michele Zompa?"
„ Ist gegen Ortono."
und General Baldissera?" „ Er rube in Frieden."
„ Und wer von den andern ist noch tot?"
Wir hörten in der Ferne Pferdegetrappel, das näberfam. Das konnten die Carabinieri aus Pescina sein, die nach Fontamara eilten.
Wir schlugen uns in die Felder. In der Dunkelheit verloren wir Pasquale Cipolla aus den Augen. Wir hörten nichts mehr von ihm.
Wir hörten auch nichts mehr von den andern. Weder von denen, die starben, noch von denen, die fich rettetent. Weder von unserem Haus noch von unserem Land. So find wir hier.
Mit Hilfe des großen Unbekannten find wir hierher ins Ausland gekommen. Aber es ist klar, daß wir hier nicht bleiben können.
Was sollen wir tun?
Nach soviel Mühen und soviel Kämpfen, soviel Tränen and Wunden, soviel Blut, soviel Haß und soviel Verzweif lung:
Was sollen wir tun? ( Schluß)