fagte fie: Denfe mal, bei mir ist heute in aller Frühe Polizei gewesen. Ich sagte: Ich habe auch denselben Besuch. Der zweite Anruf tam etwa um 9 Uhr von Frau Kühne. Sie teilte mir mit, daß bei ihr Polizei gewesen sei und ihren Mann verhaftet habe. Ich sagte auch, ich hätte jetzt diesen Besuch. Frau Kühne sagte, sie wollte zu mir herauskommen, ich möchte sie am Bahnhof erwarten. Ich antwortete, ich könnte nicht kommen, weil ich ja Besuch habe. Der Zeuge Spieß bleibt demgegenüber bei seiner Aussage. Frau Torgler   hält dagegen ihre Befundungen aufrecht, auch als der Vorfißende ihr sagt, es sei doch recht unwahrscheinlich. daß der Polizeibeamte nicht eingegriffen haben soll, wenn sie durch die Bemerkung: Ich habe jetzt denselben Besuch hier," zu verstehen gab, daß Polizei im Hause set. Frau Torgler   fagt weiter, Spieß irre sich auch in der Zeit des zweiten Gesprächs.

Es sei um 9 Uhr gewesen. Um 11 Uhr sei die Polizei längt weggewesen. Ihr Mann habe zwischen 10 und 3/10 Uhr angerufen, und da habe sie ihm schon gesagt, daß die Polizei da gewesen sei. Die Beamten seien also zu dieser Zeit schon aus dem Hause gewesen. Vors. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Ihr Mann, der am Brandtage doch mit vielen Leuten telefoniert hat, Sie selbst nicht angerufen hat? Frau Torgler  : Er wird angenommen haben, daß ich schon schlafe.- Vors: Wann haben Sie zuerst von dem Reichstagsbrand gehört? Frau Torgler  : Erst am nächsten Vormittag. Reichsanwalt: Hat Ihr Mann bei seinem Anruf den Grund angegeben, weshalb er bei Kühne übernachtet hatte?

Frau T.: Nein. Es kam oft vor, daß er in Berlin   über­nachtete, wenn es sehr spät geworden war. Ober­reichsanwalt: Ihr Sohn hat aber in London   gesagt, daß Ihr Mann aus Sicherheitsgründen nicht nach Hause gegangen sei. Da liegt es doch nahe, daß auch Sie unter­richtet worden sind. Frau T.: Das ist jetzt acht Monate her. Ich erinnere mich nicht, daß mir so etwas gesagt wurde. Oberreichsanwalt: Es ist aber außerordentlich wichtig, ob Ihr Mann schon in jener Nacht solche Befürch= tungen hatte. Angeklagter Torgler  :

Mir ist nicht ganz klar, warum der Oberreichsanwalt von mir noch einmal die Aussage haben will, daß meine Freunde die Befürchtung hatten, daß ich auf Grund der Breffenachrichten von politischen Gegnern einen Ueberfall zu fürchten hatte. Hält es denn der Oberreichsanwalt wirtlich im politischen Interesse Deutschlands   für an­gezeigt, daß solche Aussagen hier wiederholt werden? Bors: Angeklagter Torgler  , verfallen Sie nicht in den Fehler Dimitroffs. Wir wollen doch ruhig und fachlich bleiben.

Die Polizei bei Kühne

Als nächster Zeuge wird kriminalassistent Hohmann vernommen, der am 28. Februar früh den fommunistischen Fraktionssekretär Kühne in seiner Wohnung verhaftet hat. Hohmann sagt aus, er habe Kühne in seiner Wohnung in Pankow   getroffen und sofort festgenommen. In einem fleinen Zimmer der Wohnung habe er einen Mann ge= troffen, der wohl eben aufgestanden war und in Hemd und Hose dastand. Ich sagte, so fährt der Zeuge fort, anstands­halber Guten Morgen. Nachher fragte ich kühne, wer das sei. Darauf sagte Frau Kühne: Das ist Besuch. Darauf habe ich den Mann nicht mehr behelligt. Vors.: Haben Sie benn nicht gefragt, wer dieser Besuch war?-3euge: Nein, dazu hatte ich fein Recht. Ich hatte ja nur den Befehl. Rühne festzunehmen. Vor s.: Wenn Sie erfahren hätten, daß der Mann Torgler   war, hätten Sie ihn also auch nicht festgenommen? Zeuge: Nein.

Der Zeuge des Oberreichsanwalts

Auf eine Frage von Dr. Sad erflärt der Vorsitzende, daß der Zeuge Lebermann noch einmal vernommen werden soll. Dr. Sack bittet, die Ermittlungen auch darauf auszudehnen, ob Lebermann in der Frrenanstalt Blantenborn gesessen hat, und ob er der Polizei nicht wegen seiner Schwindeleien befannt sei.

Das ,, Fanal"

Als nächster Zeuge wird der Journalist 3immermann aus Karlshorst   vernommen. Er macht Bekundungen über ein Zusammentreffen mit Torgler   in der Straßenbahn kurz vor dem Brande. Torgler   habe ihn gefragt: Was halten Sie von den heutigen Verhältnissen? Ich sagte, die Ange­legenheit ist ja geflärt. Torgler   schaute dann so in Gedanken aus dem Fenster, und ich hatte den Eindruck, daß er mit Beziehung auf einige braune Uniformen, die draußen gingen, sagte: Es bereitet sich allerhand vor, es ist dicke Luft, wenn das Fanal aufleuchtet, so werden sich die Herrschaften in ihre Mauselöcher verfriechen. Der Zeuge hält es für wahrscheinlich, daß die Begegnung am 25. 2. war. Als ich von dem Brande las, war mir diese Begegnung in greifbarer Nähe. Vors.: Was haben Sie unter" Fanal" verstanden?

3euge: Ich habe nicht an ein Feuerzeichen, sondern an ein Alarmzeichen gedacht.

Ich war ähnliche Ausdrücke der KPD. gewöhnt und kannte auch von Torgler   aus seiner politischen Tätigkeit solche brohenden Ausdrüde.­

Vors.: Können Sie einige wiederholen? 3euge: Er hat dem Sinne nach gesagt, es werde nicht mehr lange dauern, daß das Proletariat sprechen wird, daß Ihnen. meine Herrschaften, die Köpfe wackeln werden. Ein deutschnationaler Zeuge Schmock macht für sich Reklame

Der Vorsitzende ersucht den Angeklagten Torgler  , sich zu der Aussage zu äußern. Torgler  : Herr Präsident, ich habe mich gestern schon gewundert, daß ein Mann wie Leber mann dem höchsten deutschen   Gericht so hanebüchene Un­wahrheiten vorzuseßen wagt, ich erkläre, daß ich mich wun­dere, daß ein Mensch, der Anspruch auf Intelligenz erhebt, es magt, dem höchsten deutschen   Gericht eine solche Aus­geburt der Fantasie vorzuseßen.

Hält mich Zimmermann für einen solchen Trottel, glaubt er, daß ich ihm, von dem ich weiß, daß er Deutschnationaler ift, sage: Ein Fanal wird kommen, es wird alles anders werden? Ich bitte, sich nach meiner politischen Tätigkeit zu erkundigen.

Einer solchen Trottelei mich für fähig zu halten, bekommt nur ein kleiner Scherlreporter fertig. Der Vorsitzende greift energisch ein und untersagt dem Angeklagten derartige Beleidigungen. Der Vorsißende fragt den Zeugen, ob er sich in dem Wort Fanal" getäuscht haben könne. 3euge: Nein, ich habe mich nicht getäuscht. Diese Aus­drucksform hat sich bei mir eingemeißelt aus einem be­stimmten Grunde.

Ich arbeite an einem Buch, in dem ich den Typ bes Politikers schildern will, der die irregeführten Arbeiter: maffen vor seinen Wagen spannt, um Karriere zu machen. Dieser Typ war für mich der Angeklagte Torgler.- Bors.: Warum haben Sie das erst am 6. Oktober an= gegeben? 8euge: Zunächst hatte ich die Ausdrucksform

nicht für so erheblich gehalten. Als dann der Reichstags. brand ausbrach, habe ich Torglers Wort Fanal damit in Verbindung gebracht. Ich sagte mir aber, gegen Torgler  würden so schwere Verdachtsmomente vorliegen, daß meine Aussage dabei belanglos sein werde. Rechtsanwalt Dr. Sad: Sie wollen von dem Angeklagten das Wort Fanal" gehört haben, und ich muß Sie fragen, warum Sie troßdem nicht sofort Anzeige erstatteten, nachdem der Brand bekannt wurde. 3euge: Diese Frage habe ich schon dem Vor­sitzenden beantwortet. Dr. Sad: Sie haben die Be­deutung meiner Frage verkannt. Ich frage Sie, weil sie gesagt haben, Torgler   habe das Wort Fanal" gebraucht. Am 28. Februar, spätestens am 29. Februar ist in Berlin   und ganz Deutschland   das Wort umgegangen, dieser Reichstags­brand soll das Fanal sein zum blutigen Aufstand, zum Bürgerkrieg. Sollte es Ihnen als Journalisten entgangen sein, daß beinahe ganz Deutschland   von dem Fanal" sprach, und sollte Ihnen da nicht eingefallen sein, daß Torgler  gerade dieses Wort gebraucht hat? 3euge: Man muß sich in die Psyche der damaligen Zeit zurückversezen. Ein Mensch, der 14 Jahre in der vordersten nationalen Kampf­front gestanden hat wie ich, der beschimpft und in jeder Be­ziehung an den Pranger gestellt worden ist, einem solchen Menschen stumpfen die Sinne für derartige Sachen mit der Zeit ab. Vorsitzender: Das Wesentliche ist, ob im Verlaufe des Gesprächs der Ausdruck Fanal" gefallen ist.- Torg­ ler  : Ich habe gar nicht daran gedacht, mich in dieser Weise mit dem Zeugen zu unterhalten.

Ich habe mit ganz anderen Herren der deutschnationalen Frattion gesprochen, die für die politischen Fragen kompe­tenter waren als Herr Zimmermann. Da wird festzustellen sein, daß gerade ich die damalige politische Situation genau tennen mußte und daß es gerade für mich der größte Irr: finn gewesen wäre, wenn ich nicht alles getan hätte, um ein folches Attentat wie den Reichstagsbrand mit allen Mitteln zu verhindern, weil ich wissen mußte, daß diese Aktion, wenn sie politische Answirkungen hatte, sich ausschließlich gegen die KPD  . richten würde.

Borsigender: Dazu wird im politischen Teil Gelegen

heit sein.

Dann tritt eine Pause ein.

Nach der Pause erklärt der Angeklagte Torgler   zu der Aussage des Zeugen Zimmermann, daß die Begegnung in der Straßenbahn weder am Donnerstag, dem 23. Februar, noch am Samstag vorher stattgefunden haben könne.

Ein Sittlichkeitsverbrecher tritt auf

Als Zeuge wird dann der Bergmann Kunzac ver­nommen, dessen Vereidigung einstweilen ausgesetzt wird.. Runzad ist zweimal wegen Sittlichkeitsverbrechens, einmal wegen Meuterei und auch sonst vorbestraft. Kunzad war früher bei der USPD  . und seit der Verschmelzung bis An­fang 1932 in der APD. Aus dieser wurde er Anfang 1932 ausgeschlossen. Während der illegalen Zeit der Partei hat er auch Kurierdienste geleistet. Der Zeuge befundet, daß, als der Gefängnisvorsteher den Reichstagsbrand bekanntgab, auch der Name van der Lube gefallen sei. Er habe sich daran erinnert, daß er auf einer Konferenz in Düsseldorf   im Jahre 1925 mit einem Lubbe zusammengewesen sei. Der Leiter dieser Versammlung sei Heinz Neumann   gewesen. Ferner waren, so erzählt der Zeuge, weiter brei Holländer erschienen, unter ihnen van der Lubbe. Dieser sei der Ver sammlung mit ungefähr den Worten vorgestellt worden, daß man in Holland   jetzt den Aufbau im Sinne der RFB. vor­nehmen wolle. Van der Lubbe habe sich bereit erklärt, die Jugendbewegung aufzubauen und später einmal deren Lei­tung zu übernehmen.

Lubbe hat dann ein paar Worte gesprochen, aber in so schlechtem Dentich, daß man ihn nicht verfchen konnte. Sein Alter hat der Zeuge damals auf 16 Jahre geschätzt. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob in dieser Versammlung auch von Terror gesprochen worden sei, erwidert der Zeuge, der Terror sei nicht direkt empfohlen worden, man habe aber gejagt, jedem Terror müsse der schärfste Terror entgegen gesezt werden. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie es komme, daß er sich nach so vielen Jahren noch so gut er­innern könne, erwidert der Zeuge, er habe sich Aufzeich nungen gemacht, die aber seine Frau leider verbrannt habe.

RA. Seuffert hält dann dem Zeugen ein Schreiben an den Untersuchungsrichter vor, in dem Kunzack sich als Zeuge anbietet und sich erbietet, die Schlupfwinkel der illegalen Terrorgruppen bei den weiblichen Genossen fest­zustellen. In dem Schreiben heißt es dann weiter: Ich garantiere, daß ich das innerhalb von acht Tagen zuwege gebracht habe.

RA. Dr. Sad bemerkt dazu, es sei auffällig, daß gerade Kunzad, der zweimal wegen Sittlichkeitsverbrechens zu je einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde, fich dazu erbiete, die Schlupfwinkel der Illegalen bei den weiblichen Ge noffen festzustellen.( Heiterfeit.)

Die Geheimnisse der Wuhlheide

Der Zeuge macht dann weitere Befundungen über Spreng­versuche, in der Wuhlheide. Auf die Frage der Vorsitzen= den, wer außer Kasper und den anderen noch dabei gewesen sei, antwortete der Zeuge: Meines Erachtens dem Aus= sehen nach noch Torgler  . Der Vorsitzende hält dem Zeugen eine frühere Aussage vor, in der er mit aller Bestimmtheit versicherte, daß zwei der anwesenden Per­sonen Torgler   und Kasper waren. Der Zeuge gibt zu, daß er Torgler   nur von Sehen kannte. Vorsitzender: Ist es nun Torgler  , oder nicht? 3euge: Meines Erachtens ja! Der Zeuge schildert weiter, wie man dann nach den Sprengversuchen wieder in die Stadt fuhr und schließlich in Oberfeuerwerker, der die Sprengversuche leitete, einen Vortrag hielt. U. a. habe dieser erklärt, wenn es soweit wäre, sollte man nichts schonen, sondern wo es möglich sei, öffentliche Gebäude in die Luft sprengen. Vorfißender: Nehmen Sie auf ihren Eid, daß er auf öffentliche Gebäude hingewiesen hat, die in die Luft gesprengt werden sollten? 3euge: Ja! Vorsißender: Bisher sind Sie ja noch nicht vereidigt. Hat er auch etwas von Brandstiftungen ge= ſagt? 3euge: Nein!- Vorsitzender: Früher haben Sie gesagt, der Mann habe erklärt, daß die Aktion sich vor­nehmlich auf öffentliche Gebäude zu erstrecken hätte. Wenn solche Sprengungen nicht möglich seien, sollte man zu Brand­stiftungen übergehen. Jetzt sagen Sie, von Brandstiftungen habe er nicht gesprochen. Zeuge: Das hat er nicht im Zusammenhang gefagt, sondern nachher für sich. Vorf.: Sie haben noch etwas Weiteres bei Ihrer gerichtlichen Ver­nehmung gesagt, wie die Terroratte vorgenommen werden sollten. Beuge: Bei der Bildung der Terrorgruppen sollten auch z. T. weibliche Personen herangezogen werden. Vorf.: Sind Sie darauf hingewiesen worden, daß das am besten durch ausländische Genossen geschehe? So haben Sie früher ausgesagt. Ist das nun richtig oder nicht? Zeuge: Ja, durch illegale ausländische Genossen, die sollten, wenn sie anwesend wären, mit dazu verwendet werden.

cine Gastwirtschaft in der Görlitzer Straße kam, wober

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Torgler entlarvt den Schuft

Angefl. Torgler  : Der Zeuge sagt, daß er mich kenne Wo haben Sie mich fennen gelernt?- 3 euge: In Ihren Büro und in Versammlungen.- Torgler  : Wo war mein Büro? 3euge: Jm Karl- Liebknecht- Haus.- Torgler: In welchem Stockwert?-3euge: Im zweiten Stockwerf.

Torgler  : In welchen Versammlungen haben Sie mich gehört?- 3euge: In der Neuen Welt in Neukölln im Jahre 1930 und früher.

Torgler  : Ich stelle feft, daß ich nur einmal im Saale der Nenen Welt gesprochen habe, und zwar 1925, seitdem nicht wieder. Ich habe nie im Karl- Liebknecht- Haus ein Büro gehabt und mich nur ſehr selten vorübergehend in

diesem Hause

3euge: Ich wollte nur sagen, daß ich ihn im Karl- Lieb­knecht- Haus, wo das Büro ist, getroffen habe.- RA. Dr. Sad: Es ergibt sich aus einer Darstellung der Verwandten des Angeklagten van der Lubbe, daß dieser im Januar oder Februar 1925 gar nicht in Düsseldorf   ge wesen sein kann.

Auch die Räuberhöhle fehlt nicht

Darauf wird als Zeuge der Kriminalaffiftent Staned vernommen, der im Auftrage des Kriminalkommissars Heisig den Zeugen Kunzack wiederholt eingehend über die Spreng versuche in der Wuhlheide vernommen und das Ergebnis dieser Vernehmung protokolliert hat. Der Zeuge betont, Kunzad habe mit aller Bestimmtheit auf die wiederholten Fragen immer wieder gesagt, er wisse ganz genau, daß die fommunistischen Abgeordneten Torgler   und Kasper bei den Sprengversuchen dabei gewesen seien. Der Zeuge hat mit Kunzad auch die Wuhlheide aufgesucht, um die öhle, in der die Sprengversuche gemacht wurden, ausfindig zu machen. Kunzad konnte aber die Stelle nicht wiederfinden. Auch der Revierförster habe nichts von einer Höhle gewußt. Am 2. Mai ist dann der Zeuge mit einem Kriminalbeamten nochmals in die Wuhlheide gefahren, um Grabversuche zu unternehmen. Es wurde tatsächlich eine Höhle von ungefähr 1,80 bis 2 Meter im Quadrat und 1,25 Meter Tiefe gefunden. Reste von Binoleum, ein abgebrochener Hammerstiel und der Reit eines Patets mit Nägeln wurden gefunden. ( Wahrscheinlich haben Schuljungen Räuber und Schandik ge­spielt. D. Red.)

Freies Geleite für sozialdemokratische Zeugen?

Angeklagter Tor gler erklärt, daß er niemals in seinem Leben Kunzac fennen gelernt habe. Er sei niemals zu Sprengversuchen in der Wuhlheide gewesen und wisse auch nichts von einer Höhle und Sprengversuchen. Alles, was Kunzad gesagt habe, fönne in feinem Falle der Wahrheit entsprechen. Der Vorsitzende weist auf diese Erklärung Torglers hin und fragt den Zeugen eindringlich, ob er bei seiner Angabe bleibe, daß Torgler   und Kasper in der Wuhlheide zugegen waren. Der Zeuge antwortet mit einem Ja.

RA. Dr. Sack beantragt, den früheren Abgeordneten Kasper als Zeugen zu laden. Dr. Sack ersucht ferner, den früheren Rechtsanwalt Rosenfeld, der zur Zeit in Paris  lebe, zu vernehmen. Rosenfeld   jei an sich bereit, nach Deutsch  land zu kommen, seine Adresse sei ihm bekannt. Dr. Sad schlägt ferner die Vernehmung von Zeugen vor, die sich in ähnlicher Situation wie Rosenfeld   befinden. Es fämen u. in Frage die frühere Abgeordnete Frau Reese, der frühere sozialdemokratische Parteisekretär Dr. Her und der frühere sozialdemokratische Abgeordnete Dr. Breitscheid. Der Oberreichsanwalt behält sich seine Stellungnahme zu diesen Anregungen vor und erklärt, das Gericht könne freies Geleit nur erteilen für Dinge, die zu seiner Zuständigkeit gehören für die Verfolgung strafbarer Handlungen.

Die Verhandlung wird dann auf Freitag vertagt.

Zeuge für Dimitroff   meldet sich Wird er geladen?

Am 8. Oktober meldete die Presse, daß Dimitroff  , ent gegen den Behauptungen des Kellners Helmer vom Res staurant Bayernhof", Berlin  , erklärt habe, er habe sich dort mit dem österreichischen Schriftsteller Jakob Rosner   ge troffen. Der Senatspräsident Dr. Bünger meinte hierauf, daß dieser Rosner unauffindbar" sei.

Einige Tage hierauf wandte sich Rosner mit einem ein geschriebenen Brief an Herrn Bünger, in welchem er die Aussage des Dimitroff   bestätigte und sich bereit erklärte, als Zeuge vor dem Gericht zu erscheinen.

Da ihm keine Antwort zuteil wurde, gab er vor einem Prager Notar eine eidesstattliche Erklärung ab, die er, neben anderen Zeitungen, auch uns zuschickt. Es heißt darin u. a. ... An Eides Statt erkläre ich, daß diese seine( Dimi troffs) Aussage völlig und ganz der Tatsache entspricht. Ich war mehrere Male mit Herrn Georg Dimitroff im Restau rant Bayernhof" in Berlin  , Potsdamer Straße  , beisammen. Ich gehöre keiner politischen Partei an und beschäftige mich auch nicht mit Politik. Unsere Unterredungen betrafen ledig lich literarische und philosophische Fragen, Herr Dimitroff  der mir oft die Situation in seinem Heimatlande Bulgarien  schilderte, da ich mich für die Balkanfragen intereffierte, machte nie auch nicht den geringsten Versuch, in seinen Unterredungen mit mir die Situa tion und Politik in Deutschland   anzus schneiden. Ich lernte Herrn Dimitroff   als großen Idealisten und selbstlosen Menschen fennen, welcher auf mich den allerbesten Eindruck machte. Bei 3 sicherung des freien Geleites bin ich auch heute bereit, persönlich als Zeuge vor dem 4. Straffenate des Obers tagsbrandes verhandelt wird, zu erscheinen, damit ich dort reichsgerichtes, vor welchem der Prozeß in Sachen des Reichs mit dem Zeugen Helmer fonfrontiert werde und ich dort diese meine Aussage als Zeuge bekräftige.

Elijähriger Junge staatsgefährlich!

In Berlin   wurde kürzlich ein elfjähriges Arbeiterfind aus der Ackerstraße beim Spielen auf der Straße verhaftet. Der Junge hatte seinen Altersgenossen das überall kur sierende Tischgebet" beigebracht:

Komm, Herr Hitler  , sei unser Gast,

und gib uns ein Zehntel von dem, was Du uns versprochen hast."

Auf der Polizeiwache wurde das Kind stundenlang nach allen Regeln der Kunst vernommen, um den Urheber des staatsgefährlichen Gebets zu ermitteln.

Amnestie in Bayern  

Für Straftaten, die zwischen dem 21. 3. und 25, 7. 31 Durchsetzung des nationalsozialistischen Staates aus politischer Ueberzeugung begangen worden" sind, gilt Straffreiheit.( GVBI. S. 211.) hilsX

Das ,, Ehrengericht"

In der Berliner Aerzte- Correspondenz" wird in be sonders auffallender Form mitgeteilt, daß der Arzt Dr. Julius Moses in Berlin  , Bundesratsufer 9, durch Urteil des ärztlichen Ehrengerichts für Berlin   wegen Verlegung der Standessitten durch Beschimpfung der Aerzte im allge neinen..zu 300 RM. Geldstrafe verurteilt worden ist". Das Urteil" stützt sich auf einen Vortrag, den Dr. Moses vor rund drei Jahren, am 21. November 1980, in Weißen­ fels   gehalten hat.