Papen gegen Völkerbund
Salus Q
Neuer sozialistischer Wahlsicg
Für direkte deutsch- französische Verständigung Paris, 21. Nov. Die Wochenzeitschrift„ 1988" veröffentlicht das Interview eines Mitarbeiters mit Bizetangler von Auch in der französischen Schweiz Papen , der sich mit dem deutsch - französischen Problem beschäftigt, zu dem er ausführt: Zweifellos steht ganz Deutsch land hinter Reichskanzler Hitler in dem Wunsch nach einer Verständigung mit Frankreich . Man fann sogar sagen, daß in diesem Punkte Deutschland sich von Frankreich durch seine Einmütigkeit unterscheidet. Die führenden Kreise Frank reichs sind nicht einig über das Mittel, zu einem endgültigen und soliden Frieden zu gelangen. In Deutschland find wir alle derfelben Anficht: Zwischen Frankreich und Deutschland ist fein Friede möglich durch Vermittlung des Völkerbundes. Auch die Maffen in Frankreich wünschen den Frieden und fragen nicht danach, ob aus doktrinären innerpolitischen Erwägungen der Weg nach Berlin über Genf oder London länger oder fürzer ist als der direkte Weg von Paris nach Berlin . Der Völkerbund ist nur eine ephemere Nebensache. Was zählt oder vielmehr zählen sollte, ist der Friedenswunsch, der in den französischen Massen ebenso start ist wie in den deutschen .
Diese Papensche Politik hat keine Aussicht auf Erfolg, da Frankreich durch seine führenden Staatsmänner immer wieder erklärt hat, daß es feine isolierte Verständigung mit Deutschland will, sondern einen Frieden in großem internationalen Rahmen.
Hitlerike in Newyork
Bu aufiehenerregenden Standalszenen fam es, wie die " Chicago Tribune" aus Neuport meldet, in der letzten Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof, der die Untersuchung in der Angelegenheit der Nazipropaganda führt. Vor der Jury erschien die Frau des Vorfißenden des Vereins Freunde des neuen Deutschland " Marie Gribl, um über die Tätigkeit dieses Nazivereins auszusagen. Auf die erste Frage des Distriktsanwalts George 3. Medalte verweigerte Frau Gribl die Antwort mit der Begründung, daß Medalie Jude fei. Frau Gribl weigerte fich auch, zur Empörung des Richter kollegiums, den Beugeneid auf die ihr vorgehaltene Bibel abzulegen, denn, meinte fie, die Bibel enthalte auch das Alte Testament, und das sei ein jüdisches Buch". Sie verlangte, den Zeugeneid auf die amerikanische Flagge ablegen zu dürfen, da sie amerikanische Staatsbürgerin sei. Der Gerichtshof erteilte der nationalsozialistischen Deutschamerifanerin einen strengen Beweis. Frau Gribl wurde, bei Androhung einer Arreststrafe, verhalten, den Eid auf die Bibel abzulegen und auf alle ragen des Staatsanwalts Medalie Rede und Antwort zu stehen.
Schweizerdeutsch
Die Gesellschaft für Organisation EB. hat ihre Mitglieder, auch die im Auslande, ein Rundschreiben auf Erstattung eines Sonderbettrages gerichtet. Darauf hat sie von einem angeschlossenen Werbefachmann in Zürich folgendes Schreiben erhalten: Zürich , den 17. November 1938.
An die Gesellschaft für Organisation EV. Mobitraße 79, Berlin W 30.
Unterm 15. November 1933 haben Sie mir als Mitglied Ihrer Organisation durch Ihren Nachrichtendienst ein Mitteilungsblatt angestellt, welches betitelt ist: Aufruf an unsere Mitglieder
Diesem Aufruf beigeschlossen war der Auszug aus dem Protokoll der außerordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft für Organisation vom 28. Oftober 1983 in Berlin .
Als aufrechter Antifaschist und glühender Haffer des gegenwärtigen Regimes in Deutschland kann ich eine weitere Mitgliedschaft bei Ihrer Organisation nicht mehr verein baren. Ich erkläre hiermit meinen Austritt aus der Gesellschaft für Organisation und bitte Sie, von demselben Vormerkung zu nehmen.
In einer Gesellschaft, die an den Herrn„ Volks"-Kanzler, welcher die Mörder von unzähligen Arbeitern und fortschrittlichen Intellektuellen als jeine Kameraden feiert, der im Reichstagsbrandprozeß von Leipzig den ungeheuerlichsten Justizskandal des Jahrhunderts vorbereitet, der jede freibeitliche Regung in einem Weer von Blut und einem Berg von Stacheldraht erdrückt. Grgebenheitsadressen richtet, ist für mich und hoffentlich noch für recht viele WerbefachIeute, außerhalb Hitler- Deutschland kein Platz mehr.
Auf den Eingang der Sondergebühren brauchen Sie nicht zu rechnen. Ich sehe nicht ein, warum ich eine Gesellschaft unterstützen soll, welche vor einem Regime fuscht und schar= wenzelt, das der deutschen Arbeiterschaft für Millionen und Abermillionen Mark Kulturgüter entwendet und verschandelt bat, und vor der gesamten Kulturöffentlichkeit als Verbrecher dasteht.
Freiheit!
Der Feind muß her
Um das verantwortungsvolle Eintreten für das öffentliche Wohl, für das große Ganze handelt es sich; um den Kampf nicht gegen den politischen Gegner, sondern gege= benenfalls gegen den Feind... Wir müssen den Feindbegriff wieder in unseren Wortschaz aufnehmen und einsehen, daß ein Grundverhältnis im Felde der Politik mit dem Feindverhältnis gegeben ist..." ( Universitätsdozent W. Hehlmann in Politische Pädagogik".) -Warum nicht Feind? Da doch Hitler die Blutrache längst predigt und praftigiert.
Ein Diktaforaspirant
Raub und Miẞhandlung kann er schon
Das„ Nene Wiener Journal" berichtet aus St. Pölten : Vor dem Jugendschöffengericht des Kreisgerichtes stand der jugendliche Jobann K. unter der Anklage des Raubes und des fünffachen Diebstahls. Der Junge hat eine 77jährige Frau in ihrem Geschäf überfallen, zu Boden geworfen, gewürgt und durch fräftige Fauftschläge auf den Kopf zu be= täuben versucht. Die überfallene Greifin ichrie aber so laut um Hilfe daß der jugendliche Räuber Angst bekam und davonlief. Nach seiner Verhaftung stellte sich heraus, daß er vorher fünf Diebstähle begangen hat; unter anderem hat er einen Revolver gestohlen.
Auf die Frage des Vorsitzenden, warum er den Raubüberfall begangen habe, antwortete der Junge:" Ich bin Nationalsozialist, wollte nach Deutschland und habe deshalb Geld gebraucht." Und zu welchem Zwed er den Revolver gebraucht habe?- Damit ich mich verteidigen kann, wenn ich die Grenze überschreite."
Johann bekam eine Rahmenstrafe von 1 bis 2% Jahren Arrest.
In der Waadt fanden am Sonntag die Ge: meindewahlen statt, die unter außerordents lich starker Beteiligung vor sich gingen. Ob: gleich die Wahl immer noch nach Mehrheitssystem vor sich geht, haben die Schweizer Sozialisten gestern wieder einen großen Wahlsieg errungen. Der größte Industrieort des Waadtgebietes, Nenens, hat eine sozialistische Mehrheit gegenüber der bisherigen bürgerlichen erhalten. In Lausanne eroberte die Sozialdemokratie 48 Prozent aller abgegebenen Stim: men und verfügt nun mit den kommunistischen und einer unabhängigen Stimme über die Mehrheit. In Beven eroberten Sozialdemokraten und Radikalsozialisten die Mehrheit. In Montreux wurde kein einziger bürgers licher Kandidat gewählt, sondern alle Kandidaten kommen
dort in die Stichwahl. In Yverdon und Aigle hat die Sozialdemokratie ausgezeichnete Fortschritte gemacht. An einer zahlreichen Reihe von anderen Orten müssen in dieser Woche Stichwahlen stattfinden, welche bereits beweisen, daß die bisherigen bürgerlichen Mehrheiten gebrochen sind. Besonders bezeichnend ist, daß die faschistischen Frontisten und die faschistenfreundlichen so= genannten Mittelstandslisten überall schwere Verluste zu verzeichnen haben, und größtenteils gehen die Frontisten ohne jedes Mandat aus dem Wahlkampf hervor. Das ist eine neue, schwere Niederlage des Faschismus, für die er sich bei Herrn Hitler bedanken kann, die aber um so schwe= rer wiegt, als sie in unmittelbarer Nähe der italienisch- faschistischen Grenze erfolgt.
Holländische Stimmen
Aus der„ Post Scripta" der Haagschen Post entnehmen wir die folgenden Abschnitte:
„ Wir sind noch nicht am Ende mit unseren Klagen. Die Völkerbundskommission für das Saargebiet hat in Genf einiges über das Benehmen der deutschen Nazis im Saarbecken ans Licht gebracht. Sie hat sich wiederholt gezwungen gesehen, neue Maßregeln zu ergreifen, um Sicherheit und Ordnung zu wahren, und das schon seit Mai dieses Jahres. Es hat nichts geholfen; der Zustand hat sich stets verschlimmert. Die Kommission beschreibt den Terror, den die nationalsozialistische Partei im Lande walten läßt. Diese versucht sich neben der gesetzlichen Regierung Macht zu verschaffen. indem sie Boykotts und andere Zwangsmittel einführt. Ste droht den Gegnern, in der Zeit Rache zu nehmen, wenn das Gebiet unter deutsche Herrschaft gekommen sei, was im Anfang des Jahres 1985 eintreffen würde. Nicht alle unterwerfen sich diesem Zwang; dadurch entsteht der gewaltige Terror. Der Druck wird nicht allein auf Personen ausgeübt, sondern auch auf Sport- und Kunstvereinigungen und sogar auf die Kirche. Auch hohe Regierungspersonen stehen unter diesem Zwang. Die Kommiffion ist sich vollkommen bewußt, daß sie eine schwere Aufgabe haben wird, wenn sie dafür Sorge tragen will, daß die Abstimmung über dieses Gebiet in ausreichender Freiheit stattfinden kann."
*
Ein würdiger Vertreter Deutschlands
Wir entnehmen aus De Nieuwe Rotterdamsche Courant":
„ Der Berliner Prozeß hat sehr viel düstere Seiten, aber so wie bei jeder großen Tragödie, hat er auch seine satirischen Momente. Die sind sogar manchmal recht farbig und ins Auge fallend. Das Auftreten Göring& glich einer Veripottung gewisser Führer des allerneuesten Deutsch lands und leider auch des Bürgertums" höherer Beamten der Gerechtigkeit. Er gab ein Beispiel, das für sich alleine sprach. Da brauchte man als Berichterstatter und Beurteiler nur mehr wenig hinzuzufügen."
Machtmißbrauch und Machtwollust
Wir lesen in„ De Nieuwe Pers":
„ Wir sahen in der vergangenen Woche eine theatralische Geste, die ein Sechzig- Millionen- Volf zu einem Referendum trieb, von dem ganz Europa schon im voraus mit mathema tischer Sicherheit wußte, wie es verlaufen würde. Macht
mißbrauch und Machtwollust! Kennt das sich so stolz gebärdende„ dritte Reich" die Geschichte so schlecht, daß es nicht weiß, daß schon größere Reiche an einem solchen Uebel zerbrochen und gescheitert sind?"
Der merkwürdigste Wahltag der Welt
L. Cazz van Aalten schreibt u. a. im„ Kort Commen taar" von„ De Nieuwe Pers":
,, Mit wieviel Zwang und Furchteinjagung gearbeitet wurde( bei der deutschen Wahl), ergibt sich wohl am deutlichsten aus den Stimmziffern in den Konzentrationslagern. Dorthin hat man Zehntausende von Deutschen geschleppt, ohne daß so etwas wie ein Prozeß vorangegangen wäre, und dort sind sie willenlos und ohne Rechte ihren häufig sadistischen und widernatürlichen Henkersknechten ausgeliefert. Man hätte sicher erwartet, daß hier eine starke Opposition laut geworden wäre. Aber diese Unglückseligen waren außer= gewöhnlich hitlergesinnt".( Cap van Aalten belegt das mit einigen Zahlen und fährt dann fort.) Man sieht also: in den Konzentrationslagern war die Stimmung noch viel hitlertanischer als unter dem freien Bürgertum oder jedenfalls, was man in Deutschland heute so nennt.... Es war in der Tat ein sehr merkwürdiger Wahltag!"
Politicus schreibt u. a. in der Haagsche Post":
„ Wir wissen doch nun zur Genüge, daß das Hitlerregime den deutschen Juden Ehre und Vaterland, die Existenzmöglichkeit und das Recht zu leben und oft genug auch die Gesundheit und das Leben genommen hat. Und die selben Juden sollen ganz freiwillig für ihre Todfeinde gestimmt haben? Der deutsche Propagandaminister ist zweifellos ein genialer Regisseur. Aber ein Ding muß er noch lernen: daß nämlich ein Regisseur auch den Eindruck des prächtigsten Bühnengewitters verdirbt, wenn er die Gewittermaschine hinter den Kulissen nicht hinreichend vor dem Auge des Zuschauers verbirgt."
Mißtrauen auf der ganzen Linie
Wir lefen im Handelsbla d"( Amsterdam ):
„ Das Mißtrauen Hitler- Deutschland gegenüber überherrscht hier noch alle anderen Gefühle. Das beruht einerseits darauf, daß man weiß, daß die deutsche Regierung alle alten militaristischen Instinkte wieder aufweckt und darauf, daß die Ausrüstung bereits wieder in vollem Gange ist."
Van der Lubbe im holländischen Parlament
Der Abgeordnete der zweiten Kammer, Schalter, hat an die Regierung folgende Anfrage gerichtet:
1. Ist es dem Minister bekannt, daß in dem Prozeß vor dem deutschen Reichsgericht, in dem neben vier anderen An geklagten auch der holländische Staatsangehörige van der Lubbe angeklagt ist, verschiedene Zeugenerklärungen über van der Lubbes Verbleib im Jahre 132 abgelegt worden sind und zwar durch den Zeugen Organizka hinsichtlich seines Aufenthaltes in Konstanz , einige Tage vor dem 15. Oftober 1932, und durch den Zeugen Helmer über seine An= wesenheit in Berlin im Sommer und im Oktober 1982?
2. Ist es dem Minister bekannt, daß van der Lubbe die Zeit von 21 Juni bis 2. Oktober 1932 in verschiedenen hollän= dischen Gefängnissen zugebracht hat?
3. Ist es dem Minister bekannt, daß der erwähnte van der
Nach einer von dem Komitee zur Untersuchung der Opfer des deutschen Faschismus einberufenen Versammlung in Pretoria , auf der die Freilassung der vier unschuldig angeflagten Kommunisten im Reichstagsbrandprozeß gefordert wurde, kam es zu einer Straßenkundgebung. Die Demonstranten stürmten das Gebäude der faschistisch gewordenen „ Deutschen Afrika- Post".
Abwehr gegen Zeitungsverbote
Unter den paar Dußend Tageszeitungen und Zeitschriften im Lesesaal der Studentenschaft Basels waren bis vor kurzem auch die folgenden deutschen Blätter aufgelegt: " Frankfurter Zeitung "," Deutsche Allgemeine Zeitung", " Bölkischer Beobachter"." Berliner Jülustrierte Zeitung", „ Leipziger Illustrierte". Nun ziert folgendes Plakat die leeer Stelle, wo sie ausgehängt waren:" Es werden keine reichsdeutschen Zeitungen und Zeitschriften mehr ausgehängt, solange schweizerische Zeitungen in Deutschland verboten sind."
Lubbe bewiesen durch seine eigenhändige Unterschrift beim Empfang seiner Invalidenrente zu finden in den Akten der holländischen Reichsversicherungsbank an folgenden Daten sich in Holland aufgehalten hat: 4., 11., 19. und 25. Oktober; 1., 15., 22. und 29. November; 6., 13., 20. und 27. Dezember 1932?
4. Hat der Minister diese Tatsachen über van der Lubbes Aufenthalt im Gefängnis, über das persönliche Inempfangnehmen seiner Invalidenrente, ergänzt durch die Daten seines Aufenthaltes im Krankenhaus zu Leiden, bereits an das deutsche Reichsgericht mitgeteilt?
5. Falls das noch nicht oder nur teilweise geschehen ist, will dann der Minister jetzt noch dazu übergehen, schon in Anbetracht der Tatsache, daß holländische Advokaten zu dem betreffenden Prozeß keinen Zutritt haben?"
Immer wieder Wehrwille
Bearbeitet von zwei Reichswehroffizieren, die sich nicht nennen, ist ein„ Wehr- Kalender" erschienen, der in Wahrheit aber ein Handbuch für Zugskommandanten ist. Der merk würdige Kalender"( Verlag Stalling, Oldenburg ) behandelt in übersichtlicher Darstellung u. a. folgende Gegenstände: Gliederung der Wehrmacht, Rang und Gradabzeichen von Reichswehr . SA., SS., Stahlhelm; das Gewehr 98; das leichte Maschinengewehr 08/15; die Handgranate 24; die Gasmaste; Luftwaffe; gepanzerte Rampffahrzeuge; Exerzierdienst, Gruppe und Zug; Gefechtsdienst: Formales, Marschsicherung, Vorposten, Bereitstellung, Angriff, nachhaltige Verteidigung, hinhaltender Kampf, Tarnung, Luftschutz. Sperren, Schanzen, Patrouillen, Späher, Feuerbefehle, Feuerwirkung, Morsezeichen. Der Wehrkalender wird an Angehörige der SA., SS. , Reichswehr , Stahlhelm, der Luftsportverbände(!), Führerschulen(!) und Arbeitsdienstlager(!) ausgegeben.