Sechs Monate Konzentrationslager
Die Arbeiter- Zeitung " in Wien veröffentlicht folgenden Bericht aus einem deutschen Konzentrationslager. Er hat alles selbst erlebt. Der Mann ist zum Stelett abgemagert. Seine Wangen find geschwollen: eine Folge der oft wieders holten Mißhandlungen. Die„ Arbeiter- Zeitung " verbürgt fich für die Zuverlässigkeit des Mannes.
" Morgenstunde hat Gold im Munde"- insofern der SA.Trompeter in schneidenden Tönen um 5.30 Uhr früh die Reveille bläst. Zweihunderfünfzig Mann liegen wir in der Turnhalle eines sozialdemokratischen Volkshauses. An der Bühne glänzt noch, gold auf rot, ein großes Solidaritäts abzeichen. Verhaltungsmaßregeln des Arbeiter- Turn- und Sportbundes bei Gefahr und Unfall hängen noch an der Band. Aber über dem Gebäude weht eine riesige sakenfreuzflagge.
" Steh auf es gibt Reile!" reißt mich mein Nachbar hoch. Ich war noch nicht ganz daran gewöhnt. Ich war gestern erst eingeliefert worden. Die andern standen wie der Blitz auf, weil die SA.- Wachleute, wie sie wußten, jede Gelegenheit wahrnahmen, einen Verstoß gegen die Lagerordnung jedenfalls mit einem Schlag ins Gesicht zu bestrafen. Mein Nachbar belehrte mich gleich über die Mannigfaltigkeit der Verstöße: frumme Finger beim„ Stillgestanden!", falsche Rebrt wendung, zu langsames Aufstehen, wenn man aufgerufen
wurde.
Sprechverbot.
Im Raume herrscht vollständige Ruhe. Nur die beiden SA.- Leute brüllen. Brüllen, weil einer noch Stroh an den Hosen hat. weil ein andrer sich gähnend redt, weil ein dritter fich nach ihrer Meinung nicht ordnungsgemäß gewaschen hat. Einen Waschraum gibt es nicht. Die Wasserleitung in der Halle und eine im Keller sind stürmisch belagert, da die letzten beim Waschen Gefahr laufen, unsanft angetrieben zu werden. Seife gibt es teine. Die borgt man sich aus von dem, der welche hat. Abtrocknen darf man sich an seinem Hemd oder mit dem Taschentuch, da es keine Handtücher gibt.
Ueber allem herrscht Totenstille. Es ist Sprechverbot. Der Lagerleitung set berichtet worden, wir hätten uns über Marxismus und Politik unterhalten. Beides ginge uns nichts mehr an; Untermenschen hätten am Staatsleben nicht teilzunehmen, und da wir es nicht laffen könnten, über Politif zu sprechen, verbiete uns der Herr Lagerleiter das Sprechen ganz und gar. So saßen wir nun zweihunderfünfzig Menschen in dem Raum frierend einander gegenüber und blätterten in illustrierten Zeitschriften aus dem Jahre 1916, Berichte über die Heldentaten Wilhelms II. lesend.
Wir waren übrigens froh, daß wir fißen konnten. Nachts hatten wir kaum geschlafen, früh hatten wir nach dem Waschen mit leerem Magen Marschübungen machen müssen, die die SA. zumeist im Laufschrittempo durchführen ließ. Ein paar alte Leute sind dabei zusammengeklappt. Das passierte öfter. Es war uns erlaubt, uns um diese zu kümmern: das war immerhin noch eine Gnade. Denn einige, besonders die SS .- Leute, standen auf dem Standpunkt, je mehr von uns verreckten, desto weniger hätten sie zu bewachen und zu verpflegen.
Sechs Stunden Stehen
Ich hatte bald gelernt, durch die Zähne zu reden, ohne die Lippen zu bewegen.
Du," sagt mein Nachbar an der langen Tafel, wo wir aus alten, zerbrochenen Salbennäpfen Kaffee trinken, nicht erst umsehen, wenn du sprechen willst, das fällt auf. Nicht mit dem Kopf zucken. Nicht hergucken. Immer geradeaus sehen und leise vor dich hinreden. Wie kommst denn du her?" Ich stiere unbeteiligt vor mich hin, hinein in meine wil belminische Zeitung:„ Mich haben sie aus der Klinik geholt. Ich habe bei der Partei medizinische Vorträge gehalten. Vernommen haben die mich gar nicht."
Nicht so laut, nicht mit dem Kopf wadeln!" Eben erwischten fie einen, der geredet hatte. Was hast' n du zu quasseln, du Schwein?!" brüllte die Quellwurst.( Die Quellwurst war ein besonders dicker SA.- Mann.). Der Gefangene zuckte nut mit den Schultern. Er stand stramm, die Hände lang. Er blieb auch feft, als er einen Schlag ins Gefich bekam. Ich habe ihn dann näher kennengelernt. Ich wußte, was er bei jedem Schlage litt, wie er mit sich zu kämpfen hatte. Ein junger sozialistischer Rechtsanwalt war er, auf den sie es besonders abgesehen hatten. Aus dem Gerichtssaal heraus verhaftet. Jetzt stellten sie ihn an die Wand. Geficht gegen die Mauer, Nase und Zehenspißen an die Wand gedrückt, Hände angelegt, in Stillgestanden!-Haltung. Die Beine schwollen ihm an. Sechs Stunden hat er so gestanden. Dann jackte er ab. Bernehmungen
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" Was war denn das heute nacht, dauernd die Namen auf zurufen, Leute' raus, Leute' rein?" frage ich.„ Vernehmungen, Junge! Das geht jede Nacht so. Der Telegrafenmast( das war der Lagerleiter, so genannt wegen seiner Länge) hat sich wieder besoffen. Das macht er immer so. Erst fährt er weg in dem gestohlenen Auto. Dann kommt er gegen zwei Uhr wieder und dann geht's los mit den Vernehmungen."
Für wen vernimmt denn der, für die Polizei oder das Gericht?" hauche ich. Mein Nachbar lacht. Mensch, du hast wohl noch den Legalitätsdusel? Die SA. vernimmt eben. Ich war auch draußen. Ich sollte sagen, wo ich das Maschinengewehr habe. Der Schwarze da drüben, Frenzel Kurt, hätte schon gestanden. Ich hätte das Ding." Der Schwarze lächelte. Er erriet, daß wir von ihm sprachen. Es war beiden gleich gegangen. Man hatte beiden gesagt, der andre habe schon gestanden. Man wußte, daß fie Freunde waren. Dann hatte man sie beide mit Gummifnüppeln, Reitpeitschen und Schulterriemen geschlagen.
Mir ging es in der nächsten Nacht ebenso. Mich fragten sie, wo ich das gestohlene Dynamit hätte. Ich hatte nie etwas mit Dynamit zu tun gehabt. Was ich sonst von der Partei noch müßte, wollten sie wissen. Ich wußte nichts.„ Eine Rolle," tommandierte der Telegrafenmast. Das war die dritte in der Nacht. Einer spielte Klavier dazu. damit die Umwohner Schläge und Schreie nicht hören konnten. Und ich schrie doch gar nicht. Ich habe mir die Lippen zerbiffen. Das machte fie,
- den ließen sie überhaupt nicht in Ruhe. Erst Bude sauber
machen, dann Treppen wischen, Hausflur fegen. Abtreter klopfen Schuhe puzen( zwanzig Paare für die abgetretene Wachmannschaft), dann in den Wald Bäume roden. Da stell ten sie einen fräftigen Kerl von ihn hin, der mit einem Rud die Wurzeln aus der Erde riß.
" So, nun mach das nach!" brüllten sie ihn an.
Er strengte sich an, so gut es ging. Es ging aber nicht. Er war zu schwach und körperlicher Arbeit entwöhnt. Sie bebehaupteten, es sei schlechter Wiß, und prügelten ihn. Der Gummiknüppel saß überhaupt immer locker. Menschen standen herum, Spaziergänger, die zusahen, wie wir arbeiteten. Das machte nichts. Schuzhäftlinge kann man auch in der Deffentlichkeit schlagen und beleidigen. Marristenschwein nannten sie ihn, schwarze Kreatur, Judenknecht und
Untermensch.
Greuelmärchen
Wir hatten zwei im Lager, denen hatten sie ein Auge ausgeschlagen. Bei dem einen sah man noch, wie der Sieb mit dem Gummiknüppel von hinten her über den Kopf gegangen war und wie die Spize gerade ins Auge hineingesaust sein mußte. Erst viel zu spät bekam er ärztliche Behandlung.
In der Ede saß ein alter sozialdemokratischer Bürgermeister einer kleinen Stadt. Dem haben sie den Arm in einen Schraub stod gespannt. Wo sind die Waffen?" fragten sie ihn Er zuckte mit den Achseln. Sie drehten die Schraube einmal an.
Wo sind die Waffen?" Er sagte wieder nichts. Einmal herum mit der Schraube. Nach jeder unbeantworteten Frage wurde die Schraube fester gezogen. Er ist dann ohnmächtig zusammengebrochen und hat sich auch dabei noch erheblich verlegt. Sein Handgelenk ist vollkommen zerquetscht und zerbrochen. Achtzehn bis zwanzig Jahre alt waren die Jungens, die das getan haben.
Sie haben nicht die geringste Achtung vor weißem Haar. Im Gegenteil! Sie haben immer betont, daß sie ältere Häftlinge für Leichen halten, die man nur vergessen habe zu begraben.
In einem andern Lager war jeden Abend Spießrutenlaufen durch Gummiknüppelipalter über Tische und Bänke. Der eine ist mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen, weil er die Richtung verloren hatte. Wie ein ge= schlagenes Tier. Seine Gehirnerschütterung wurde erst behandelt, als er wieder frei war. Ein andrer ist, blind vor Schmerz, durch die Glastür gelaufen, ohne sie zu sehen. Er hat sich die Halsschlagader verletzt.
Einem hatten sie die Haare mit dem Seitengewehr abrafiert und dabei ein Stück der Kopfhaut miterwischt. Einem andern hatten sie mit dem Seitengewehr in den Hintern gestochen. Der Darm war verleßt. Die Folgen davon will ich nicht schildern. Erst nach fünf Tagen, als er über 40 Grad Wundfieber hatte, brachte man ihn ins Krankenhaus. Siebenundvierzig Ohrfeigen hintereinander hat ein Schuhmachergeselle bekommen. Erst drei Wochen später, nachdem er vierzehn Tage fast nichts gegessen hatte, wurde sein Kieferbruch im Krankenhaus geschient. Nazi- Aerzte
Es war noch Glück, wenn man einen Arzt fand, der heilte. Prinzip ist, erst Deutscher, dann Arzt. Es gibt eben marxisti scher Rheumatismus und nationalsozialistischer. Nationalsozialisten heilt man durch Bäder und Rheumasan, marristischen durch eine sogenannte Knüppelfur. Es ist kein Märchen, ich habe es selbst gesehen, wie ein Arzt ein Rezept ausstellte für einen Häftling, der sich über starke rheumatische Schmerzen beklagte. Fünfzehn Schläge über den Rüden" verordnete der„ Doktor". Er wagte es auch noch, das Attest mit Dr. med. und seinem vollen Namen zu unterzeichnen.
Mein Freund Friß, mit dem ich wochenlang aufammenlag, hatte bei der Verhaftung vier Schläge mit der Stahlrute über die Wirbelsäule bekommen. Fast faustdicke Wülfte hatten sich gebildet, auf denen sich die einzelnen Abteilungen der Stahlrute abzeichneten. Er trank sehr viel, weil er 40 Grad Fieber hatte. Als der Arzt kam, führten wir ihn an Frizens Bett. Er besah sich den Schaden, zuckte mit den Achseln und sagte:
Hätten Sie doch das Maschinengewehr herausgegeben! Ich kann Ihnen auch nicht helfen!"
Selbstmorde sind unter diesen Umständen keine Seltenheit. Auch Hinweise der Wachmannschaft auf die Rasiermesser nicht: wir sollten uns nur umbringen, um uns sei nicht schade. In einem Gefängnis Gefängnisse sind im allgemeinen besser
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als Konzentrationslager
wurden den Häftlingen Messer und Gift in die Zellen gegeben: um der Ueberfüllung abzuhelfen.
Und doch Politik!
Ich habe sechs Monate gefeffen. Wir haben im Lager viel, fast ausschließlich über Politik gesprochen. Das Konzentrationslager ist überhaupt der einzige Ort, wo in Deutsch land ein freies Wort zum unfreien Mann gesprochen werden
fann.
„ Ach, jetzt ist doch alles aus," sagte ein älterer Parteisekretär. Die Partei hat sich erledigt. Wahlen finden nicht mehr statt. Da müssen wir erst mal abwarten. bis die Zeit wieder so weit ist, daß eine Partei entsteht."
Mit dem haben wir nicht weiter diskutiert. Wir haben gelächelt und sind aufgestanden, denn der war tot. Man hätte ihn nicht einzusperren brauchen. Er war nicht gefährlich und wird auch nie gefährlich sein. Aber andre, Führer, hatten wir im Lager, feine Kerle, zumeist einfache Proleten, einige Intellektuelle. Ein junger Rechtsanwalt kam ins Lager. Es fiel ihm auf, daß wir Trommler- Zigaretten rauchten: eine Nazi- Marke. Die Nazis behaupteten, sie könnten uns andre Zigaretten nicht verkaufen; in Wahrheit verdienten sie Geld daran, denn sie entnahmen aus den Schachteln die Gutscheine und lösten sie für sich ein. Der Rechtsanwalt drückte durch, das keine Trommler- Zigaretten mehr gekauft wurden. Plötzlich gab es jede Sorte Rinaretten in der Kantine zu kaufen. Das war ein Sieg. Und dieser Sieg hatte seinen Führer, den kleinen Rechtsanwalt. Man schlug ihn heftig, den kleinen Rechtsanwalt. Trommler- Zigaretten wurden trotzdem nicht mehr geraucht.
Wir hatten eine stürmische Nacht. Es war uns schon gesagt worden, daß wieder Höllentanz angesetzt sei. Wir wußten auch schon etwa, mit wem getanzt werden sollte. Da ich schon zwei Nächte daran gewesen war, zog ich es vor, ein Stück Seife zu freffen. Ich bekam 40 Grad Fieber, ließ mich vom Sanitäter meffen und wurde daraufhin in Ruhe gelassen. Der Tanz aing los. Vier Mann wurden nachts 12 Uhr aufgerufen. Wir wußten, was das bedeutete. Einer markierte den Wahnfinnigen. Er brüllte laut über die Schlafenden: Hier bin ich! Wer hat mich gerufen? Bitte, bitte, nicht schlagen!" Immer wieder schrie er diese Worte. Darauf schrie einer aus dem Stroh: Hier geht heute keiner" raus!" Ein Maurer war es, ein großer fräftiger Kerl. Das ganze Lager meuterte. Die Wache lief zufammen. Der Lagerleiter kam hereingestürzt. Er tat so, als ob er nicht gewußt hätte, daß hier schon seit Wochen schonungslos Nacht für Nacht geprügelt wurde. In jener Nacht unterblieb das Prügeln. Das war auch ein Sien . Denn die beiden hatten sich besprochen; das haben sie mir später erzählt. Wenn das heute nacht wieder so losgeht, hatten sie ausgemacht, dann markiert der eine den Wahnfinnigen und der andere inszeniert die Meuterei. Das hätte ie beide den Kopf tosten können, wenn der Lagerleiter andre Laune gehabt hätte.
Das Schweigen
Fünf Arbeiter lasen zusammen, die Zeitung. Sie lasen, daß heute in Hamburg fünf Arbeiter hingerichtet werden sollten. Wegen der angeblichen Ermordung eines SA. Mannes, die vor fast zwei Jahren bei einem Straßenkampf geschehen war.
Die fünf guckten sich gegenseitig an und beschlossen: jeder geht ießt in feinen Schlafsaal und gibt die Parole aus, daß heute abend zwischen 6 und 8 Uhr fein Wort gesprochen wird. Die Stunden zwischen sechs und acht waren die einzigen der gemeinsamen Unterhaltung.
Die Aktion hat geklappt. Von 6 Uhr ab herrschte Stille. Zwölfhundert Beute sprachen keinen Laut, sangen feine Lieder. Die Naziwachleute liefen herum, als ob man ihnen die Margarine vom Brot gestohlen hätte. Nicht einmal ihre beiden Spizzel haben herausbekommen, wer die Aktion leitete. Es war eine Stille, die uns einen Schauer nach dem andern über den Rücken jagte. Denn wir alle hatten in den letzten paar Wochen mit dem Tode gerechnet. Wer von Nazi verhaftet worden ist und den Weg durch ihre Kasernenn ging, war darauf vorbereitet, in die Gefilde der ewigen Revolu tion hinüberzusiedeln.
In einem andern Lager war der Lagerleiter ein Nationalsozialist der ehrlich an Hitlers sozialistische Verheißungen glaubte. Als es dort einmal politische Agitation" gab, ließ er uns alle antreten und sagte:„ Leute, macht doch das nicht. Ihr wißt ja ganz gut: die Zeit arbeitet für euch. Wir wissen auch: wenn wir's nicht schaffen, dann kommt eure Beit!"
Licber Gott , mach mich stumm....
( Inpreß.) Die 23 Jahre alte Arbeiterin Magdalene Stephan hatte zu Bekannten geäußert, Deutschland sei kein Vaterland, sondern ein Zuchthaus; Adolf Hitler sei ein Landesverräter und Ausländer, der sich schleunigst unsicht bar machen sollte. Sie wurde von der Strafkammer des Dresdener Landgerichts zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt.
( Inpreß.) Der 60jährige Invalidenrentner Richard Apelt wurde vom Freiberger Sondergericht zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte Aufschriften an Wänden angebracht, die, wie das Gericht feststellte, den Reichskanzler unflätig beschimpften".
( Inpreß.) Die Provisionsreisende Gertrud Röhler aus Leipzig soll Hitler , Göbbels und Göring in gemeinster Weife" beleidigt haben. Das Freiberger Sondergericht für das Land Sachsen verurteilte sie zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis.
wie ich später erfuhr besonders wild. Sie wollten ihre Opfer Die Rache
schreien hören- dann waren sie befriedigt.
Der Professor
Der Professor war mir schon aufgefallen. Er hatte ein feines, bleiches Gesicht. Sie beobachteten ihn besonders stark. Dem geht es sehr dreckig," sagte mein Nachbar Otto.„ Der muß jeden Morgen die Bude sauber machen. Das schmutzige Loch, wo wir alle zweihunderfünfzig Mann draufgehen, wo einer immer auf den andern wartet. Klosettbürste geben sie ihm nicht dazu. Die steht in der Ede. Ich war einmal dabei. Lang nur' rein in die Scheiße!" hat ihn die Quellwurft angebrüllt. Kannst dir deine sauberen Finger ruhig ein bißchen drecia machen. Du denkst wohl, weil du gebildet bist brauchst du das nicht?"
Das war überhaupt Allgemeinerscheinung. Gegen jede Art von Bildung waren sie wild. Und den Professorer war in Wahrheit ein Rechtsanwalt, der Margiften verteidigt hatte
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( Inpreß.) Dem Glasschleifer Richard Voigt aus Leipzig wurde vorgeworfen, den Nazistaat und seine Einrichtungen beschimpft und beleidigt zu haben Das Urteil des Freiberger Sondergerichts lautete auf 9 Monate Gefängnis.
( Inpreß.) Die in der Schweiz geborene Frau des Geschäftsführers Häckner aus Dresden schrieb an ihre Mutter nach Brunnen( Schweiz ) einen Brief, in dem sie über die Zustände in Deutschland berichtete. Der Brief an ihre Mutter kostete sie vor dem Freiberger Sondergericht ein Jahr sechs Monate Gefängnis.
( Inpreß) Sieben Bibelforscher aus Niederschlema und Lichtenstein- Gallberg, die aus Gewissensbedenken der„ Wahl" am 12. November ferngeblieben waren, wurden, mit„ Schand schildern" versehen, Fackeln tragend, von SA.- Leuten durch die Straßen von Niederschlema geführt und dann zu ihrer eigenen Sicherheit in Schutzhaft genommen".
Diese Tatsache, die gemessen an tausendfach größerem Unrecht, das die Nazis tagtäglich verüben, kaum beachtet wird, beleuchtet trefflich den„ Geist der nationalen Erhebung". Eine Frau, deren Mann ihr jetzt nicht helfen kann, dem Hungertode preiszugeben, das ist scheinbar do S: t hefte vom Deutschen .
Nicht genug damit daß der Führer der kommunistischen Reichtstagsfraktion, Torgler , unschuldig nach Meinung der ganzen Welt vor Gericht gestellt wurde und vom Tode bedroht ist, beabsichtigen jetzt die Nationalsozialisten auch bedroht ist, beabsichtigen jest die Nationalsozialisten auch Kube seene' s'ch feine Familie physisch zu vernichten.
Wie das Verteidigungskomitee für ben Reichstagsbrandprozeß aus Berlin erfährt, hat man jest der Frau Torglers die sogenannte Wohlfahrtsunterstüßung entzogen. Diese Maßnahme stüßt sich auf folgende famose„ Begründung": es sollten die Leute für Frau Torgler sorgen, die den Sohn Torglers nach London geschafft hätten.