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Penjar

Frethel

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer 134-1. Jahrgang Saarbrücken , Sonntag Montag, 26. 27. Nov. 1933 Chefredakteur: M. Braun

Aus dem Inhalt

Deutsch­

österreichischer Grenzkrieg

Seite 3

Wofür Skrips gut sind

Seite 4

Was die deutsche Presse

verschwieg

Seite 5

Ewige Neutralität des Saargebiets

Seite 8

Inseratenteil beachten!

45 Millionen RM. Korruptionsfonds

So finanziert Göbbels die Lügenpropaganda die Lügenpropaganda- Gefälschte Budgetziffern und der Schwindel mit den Rundfunkgebühren

Galatea

Berlin, 25. Nov.( Eig. Bericht.) Als Le Petit Parisien " und" Sunday Re­feree" die sensationellen Enthüllungen über die Göbbels­ichen Propagandamethoden im Ausland machten, da ließ der Trommler der Heuchelei unter anderem als Gegenbeweis" ausstrenen, daß ihm zu so umfassender Korruption doch die nötigen Mittel fehlten. Wir sind heute in der Lage, an Hand des offiziellen Reichshaushaltplanes, von dem bekanntlich nur die Endsummen, nicht aber die Einzelposten veröffent: licht wurden, den Nachweis zu erbringen, daß Herr Göbbels auch hier wieder frech gelogen hat. Ohne auf zufägliche Mittel aus der Notenpresse einzugehen, hat die Nazi propaganda nach ihrem eigenen Etat die enorme Summe von 45 Millionen RM. zur Verfügung.

Im Etat ausgewiesen find 2,6 Millionen für inländische Propaganda. Im vorjährigen Haushalt stand für diesen 3wed nicht ein Pfennig. Welche Schmutzflut von gehäffiger Hezze wurde doch vor und nach Hitlers Regierungsantritt gegen die sozialdemokratischen Minister Braun und Severing losgelaffen, weil sie im Einverständnis mit den Regierungs­parteien 2 Millionen für die Wahl Hindenburgs ausgegeben,

hatten.

Für ausländische Propaganda stehen im Etat 7 Millionen Reichsmart, für welchen. Zwed im Vorjahre 1,9 Millionen ausgewiesen wurden.

Rundfunks. Daß dieses Geld dem Propagandaministerium

zur Verfügung steht, ist bekannt, aber diese Ziffer ift wiffent- Antikapitalistische Aktion

lich falsch angegeben, was sich leicht errechnen und beweisen läßt. Nach den amtlichen Ziffern gibt es in Deutschland

4,5 Millionen zahlende Rundfunkhörer, von denen jeder 2 RM, monatlich an Gebühren zahlt. Das sind im Jahr ins­gesamt 108 Millionen. Davon verbleiben 55 v. H.( also 59,4 Millionen) dem Rundfunk für seine eigenen Bedürfnisse, während die Reichspoft die restlichen 45 v. H.( also 48,6 Mill.) bekommt. Von dieser letzteren Summe hat die Poft reine Ausgaben in Höhe von 12 Millionen, es verbleibt also ein wirklicher Ueberschuß von 36 Millionen Reichsmart, die dem Propagandaministerium zufließen. Man verschweigt den Rundfunkhörern in Deutschland schonend diesen enormen Ueberschuß, damit sie nicht erfahren, daß sie zu Korruptions­zwecke viel zu viel für die ewigen Parademärsche der deutschen Sender bezahlen. Dem Ausland aber sagt man die wahre Summe nicht, damit es nicht wissen soll, mit welch enormem Geldaufwand seine öffentliche Meinung verfeucht wird.

beer ersten wirtlich stimmen!) nunmehr tennt, fann leicht Wer diese richtigen Ziffern( unter dem Vorbehalt, daß die mit uns zusammenrechnen: 2,6 plus 7 plus 36 macht gute 45 Millionen Reichsmart für Göbbelspropaganda.

Für erfolgreiche Regierungen sprechen ihre Taten, für die Regierung Hitler muß der Propagandaminister sprechen und

Im gleichen Etat find 10,6 Millionen Reichsmark auf: geführt als Ueberschuß aus den laufenden Gebühren des- schwer bezahlen!

Neue Regierungspaläste

Bankfürsten und Nazibonzen Immer wieder wird versichert, daß diese Reichsregierung, die nun mit Göbbels , Göring , Frick und Hitler an der Spizze steht, so äußerst sparsam und korrekt sei. Den " System"-Regierungen wird immer wieder durch die Göbbels - Propaganda vorgeworfen, daß sie die Gelder des Reiches und der Länder nur so herausgeschmissen hätte. In Wirklichkeit aber schmeißen sie nun, die faschistischen Herr schaften, die Gelder haufenweise heraus. Die neuen Herren Minister können sich mit den kleinen Räumen" der früheren nicht zufrieden geben. Wie sie in ihrem Privatleben( siehe Göring ) den luxuriösesten Wohnungsaufwand treiben, so wollen die Herrschaften auch ihr Regierungsgebäude in " Form" sehen. Ganze Komplere werden abgerissen und neue Riesenpaläste entstehen. Das genügt aber noch nicht. Die Regiererei der Nazis fühlt sich immer noch beengt. Und so hat man jest mit der Deutschen Bank und Discontogesellschaft ein neues Geschäftchen ge= macht. Die Bank wird dabei ihre Spekulationsobjekte in der Charlottenstraße- und Behrensstraße in Berlin los und die Reichskasse wird bei dieser Gelegenheit um einige Mil­lionen erleichtert. Eine Hand wäscht die andere. Nazis und Bankfürsten vertragen sich im dritten Reich" auf das beste.

Wie diese große Schiebung vor sich geht, offenbart folgende wtb.- Meldung aus Berlin , in der es heißt:

Das Reich hat zur Unterbringung bisher getrennter Ministerien die seit vier Jahren leerstehenden Gebände der Deutschen Bank und Disconto- Gesellschaft Unter den Linden, Charlottenstraße und Behrensstraße erworben und als Gegenleistung der Bank einen Posten ihrer eigenen Aktien, die aus dem Besitz der Deutschen Golddiskontbank stammen sowie einen Posten 5prozentiger Reichsschaganweisungen überlassen. Die Bank wird von einem bisher für sie unpro­duktiven, ihr Laften auferlegenden Grundstück unter Ver fleinerung ihres Liegenschaftskontos befreit. Die in ihren Eigenbesitz übergehenden innerhalb von 10 Prozent des Aktienkapitals liegenden Aktien wird sie später einziehen und das Aktienkapital entsprechend herabsetzen. Damit ver ringert sich zugleich der im Besitz der Deutschen Golddiskont­

bank verbleibende Kapitalanteil. Dem Reich ermöglicht der Grundstücksbefit im Interesse der Verwaltungsvereins fachung die räumliche Zusammenlegung bisher weit aus­einanderliegender Ministerien, deren Geschäftsbereich sich eng berührt."

Verhandlungen der Großmächte?

Bemühungen für diplomatische Abrüstungsgespräche

In der Sigung des Unterhauses vom Freitag hat sich der Die Schlußergebnisse sollten dann in der Abrüstungs­britische Außenminister Sir John Simon für Verhand- konferenz verabschiedet werden. lungen der europäischen Großmächte ausgesprochen. Er Die große Mehrheit der französischen Presse verhält sich nach wie vor ablehnend zu einer direkten Aussprache mit einfach diftieren könne, sondern es sei ein Part Deutschland . ner bei Beratungen. Großbritannien sei entschlossen,/ alles, was möglich sei, zu versuchen, um Deutschland von nun ab wieder als Partner für die Besprechungen zu ge­winnen. Die britische Regierung habe bereits Maßnahmen ergriffen, um diese diplomatische Fühlung­nahme in die Wege zu leiten. Sie sei über diesen Gegenstand bereits mit der französischen und der

Zu den Ausnahmen gehört Deuvre", das einen neuen Krieg für unvermeidlich hält, wenn Frankreich und Deutsch­ land sich nicht verständigen. Der Reichskanzler scheine sich feine Illusionen über den Ausgang eines kommenden Krieges zu machen. Sieger und Besiegte würden von einer ungeheuren russisch - asiatischen Welle weggeschwemmt werden. Niemand kann darüber, meint das Blatt, einen Zweife! hegen. Also? Verhandeln bedeutet noch nicht, sich verstän­Lavoro Fascist a" feßt sich im Sinne des schon verdigen. Aber wenn man sich zufällig doch verständigen würde? öffentlichten regierungsoffiziösen italienischen Kom- Und wenn man sich nicht verständigt, was hat sich denn dann muniques für diplomatische Besprechungen ein. Erst dann geändert? Sollten wir solche Angst vor den Deutschen haben, daß der Gedanke an eine Zwiesprache uns schon wie Eiven­wenn auf diesem Wege eine Einigung zustande gekommen sei. laub erzittern läßt?

von Hendrik de Man ( Brüssel)

Im Verlauf der zehn Jahre, die ich in Deutschland vers brachte, habe ich den Aufstieg und den Triumph des Hitler­Faschismus miterlebt. Ich habe den sozialistischen Wider­stand zuerst Stück für Stück abbröckeln und dann zusammen­brechen gesehen; ich habe alle Höhepunkte dieses schmerzlichen Rampfes mitangesehen doppelt schmerzlich für mich, weil ich ebenso überzeugt war von der Möglichkeit unseres Sieges wie von der Unzulänglichkeit der Mittel, mit denen wir ihn anstrebten.

Kampfes mitangesehen

Nun, da ich nach der Niederlage als Emigrant in meine Heimat Belgien zurückgekehrt bin, ist es mein Trost, daß ich, glücklicher als die große Mehrzahl der Opfer des Hitler­Terrors, aus meiner Erfahrung eine unmittelbare Nuzan­wendung ziehen und in den Dienst der internationalen Ab­wehr des Faschismus einen Kampfwillen stellen kann, den das schändliche Schauspiel der triumphierenden Hitler - Bar­der immer gegenwärtige Gedanke an die Leiden, die meine baret noch fester geschmiedet hat. Und diesen Willen treibt

deutschen Genossen unter den Foltern der Konzentrations­lager, im Elend oder im Eril erdulden und zu denen sich nagend und bohrend die Qualen des Zweifels, der Verzweif­lung, der erzwungenen Untätigkeit gesellen.

All das verdichtet sich zu einer Art von Besessenheit, die das ganze Denken auf eine Frage konzentriert: Wie kann man verhüten, daß der ganze europäische Sozialismus ein solches Schicksal erleide?

Auf die Gefahr hin, von manchen mißverstanden zu werden, sage ich, daß meiner Meinung nach der internationale So zialismus einen schweren Fehler beginge, wenn er eine ganze Aktion ausschließlich unter die Parole des Antifaschis­mus stellte. Ich sage das, obgleich ich der faschistischen Ge­fahr nicht weniger, sondern mehr Bedeutung zumesse als die Mehrzahl der Sozialisten, die den Faschismus allzu ober­flächlich betrachten.

Für oberflächlich halte ich die Auffassung, die den Anti­faschismus lediglich als Aktion zur Verteidigung der beste­henden demokratischen Freiheiten betrachtet; oder als parla­mentarische Politik, die die Gegensäze zwischen den Faschi­sten und den anderen bürgerlichen Parteien ausnüßt; oder als Funktion einer besonderen Selbstschußorganisation, die jedes terroristische Beginnen der faschistischen Banden im Keime ersticken soll.

Aber sind nicht gerade das die Gedankengänge, in die sich die antifaschistische Ueberzeugung der Mehrzahl der westeuro­päischen Sozialisten einordnen läßt? Und, was noch beun­die Gegensäße unter den Gegnern ausnüßen müsse. Sie hat ruhigender ist: diese Aufzählung entspricht genau den Metho­den, die die deutsche Sozialdemokratie ohne Erfolg angewen det hat!

Sie hat ihre Tolerierungspolitik gegenüber den bürger­lichen Regierungen vor Hitler damit gerechtfertigt, daß man damit dem Faschismus nur den Vorwand geliefert, die So= zialdemokratie mit der ganzen Unpopularität eines ohnmäch tigen und verfallendes Regimes zu belasten; sie hat nicht verstanden, daß eine demokratische" Regierung, die sich auf die schwache Grundlage solcher parlamentarischer Koalitio­nen stützte, ein viel sicherer Wegbereiter für Hitler war, als eine starke, offen reaktionäre Regierung, gegen die die So­zialdemokratie in kräftiger Opposition gestanden wäre.

Der faschistischen Kritik dieses Regimes hat die Sozial­demokratie die Verteidigung der bestehenden demokratischen Verfassung entgegengesetzt. Damit hat sie nur erreicht, daß jede Aktion, diese falsche kapitalistische Demokratie in die wahre soziale Demokratie zu verwandeln, gehindert und die Spaltung unter den Arbeitern, von denen die einen unter der roten, die andern unter der schwarzrotgoldenen Fahne marschierten, unheilbarer wurde.

Endlich hat sie geglaubt, es genüge, um die Gefahren der Hitler - Miliz im Keime zu ersticken, auf eine Gegenmiliz zu vertrauen. Zu spät hat mar bemerkt, daß diese Taktik im

Widerspruch mit jener der Verteidigung der Verfassung stand, die doch für die beiden Milizen nur die gleiche Frei­heit gewähren oder das gleiche Verbot aussprechen konnte. In der Tat hat die Militarisierung der politischen Kämpfe den Fortschritt des Faschismus nur beschleunigt, da sie den Kampf auf das vom Gegner gewählte Terrain verlegte und den Antifaschismus selbst zum Mittel machte, durch das der