Zusammenbruch der Anklage

Im Urtell der ,, Times"

Der Korrespondent der Times" schreibt:

Der Reichstagsbrand- Prozeß, zurückverlegt nach Leipzig , fritt morgen in sein drittes und legtes Stadium. Die Be weisaufnahme wird wahrscheinlich in der Hauptsache sich auf den Charakter und die Tätigkeit des Kommunismus er­strecken, dem die moralische Verantwortung für den Reichs­tagsbrand zugeschrieben wird. Das Meiste der Beweisauf­nahme, soweit es sich auf die direkte Teilnahme der An­geflagten bezieht, haben wir nun gehört und es ist gut, kura ben gegenwärtigen Stand zusammenzufassen.

Es ist kein direkter Beweis für die Teilnahme der An­geklagten an der Brandlegung erbracht, mit Ausnahme von van der Lubbe, der im brennenden Gebäude gefunden wurde und der darauf besteht, daß er es allein und aus eignem An­trieb angezündet habe. Die stärkste indirekte Belastungsaus­ſage ist die von fünf Nazi zeugen, die behaupten, Torgler , Van der Lubbe, Popoff und Taneff( Dimitroff war erweis lich fern von Berlin ) am Tage des Brandes oder einen oder zwei Tage vorher im Reichstag gesehen zu haben, und die eines Mannes namens Boguhn, der behauptet, er habe Po poff den Reichstag verlassen sehen zu der Zeit, als der Brand

ausbrach.

Die Aussagen dieser Zeugen haben ein auffallendes ge­meinsames Merkmal: sie alle schwören positiv, ohne die Mög­lichkeit eines Irrtums zuzugeben, einen Mann zu identifi zieren, den sie im Vorübergehen gesehen haben, manchmal in der Dunkelheit oder im schlechten Licht, obwohl fie fich genauer Einzelheiten der Kleidung und ähnlichem nicht erinnern können.

Dann ist der Nazi- Kellner des Restaurants Bayernhof da, der schwört, Lubbe mit Dimitroff oft zwischen Mai und Oftober 1932 dort gesehen zu haben. Alle anderen Kellner, die anderer politischer Meinung sind, sagen aus, daß fie Lubbe nie gesehen haben. Sechs oder mehr Zeugen, alle Nazis, behaupten, Popoff im Sommer 1932 in Berlin gesehen zu haben, und verschiedene Zeugen behaupten, Dimitroff , Popoff und Taneff im Berliner Büro der kommunistischen Roten Hilfe während der gleichen Zeit gesehen zu haben; der

Sekretär und zwei Angestellte der Roten Hilfe verneinen, daß sie die Bulgaren je gesehen hätten. Fünf Zeugen aus Rußland haben bezeugt, daß Popoff in Moskau war oder in der Krim und zwar von Mai bis Oktober 1932, und ein Zeuge aus Bulgarien hat bezeugt, daß Taneff zu dieser Zeit in Sofia war. Der Staatsanwalt sucht aus diesen Aus­fagen zu entnehmen, daß die drei Bulgaren mit den deutschen

Kommunisten und mit Van der Lubbe in Verbindung standen.

Dann gibt es eine dritte Kategorie von Zeugen der Staatsanwaltschaft. Da ist der Landstreicher Organistka , der, gerade vor Prozeßbeginn, die Polizei informierte, daß er den Van der Lubbe im Oktober 1982 auf der Landstraße getroffen hätte, wo der Holländer vom Anzünden des Reichs­tags gesprochen habe: es ist, so scheint es, erwiesen, daß der Van der Lubbe zu dieser Zeit persönlich seine Invalidens rente zu Leyden in Holland bezogen hat. Da ist der Straf­gefangene Lebermann, der behauptete, Torgler hätte ihn 1932 angestiftet, den Reichstag in Brand zu setzen: das Gericht zog es vor, zu erwägen, ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Da ist der frühere Kommunist Grothe, dessen Verhaftung wegen Verdachtes des Mein eids die Verteidigung vergeblich beantragte. Er behauptete, es sei ihm von zwei anderen Kommunisten von einer Zu sammenkunft der Brandstifter am Nachmittag des Feuers erzählt worden und von einer Zusammenkunft einige Tage vor dem Feuer im kommunistischen Hauptquartier( leer und unter Polizeiaufsicht seit zwei Wochen vor dem Brand), um über den Brand zu beraten, und so weiter. Viele der in diesen verschiedenen Aussagen verwickelten Männer, die meisten von ihnen sind jetzt in Konzentrationslagern, haben erklärt, daß fie von Anfang bis Ende Märchen sind.

Torglers Alibi für die Zeit des Brandes ist unangreifbar, es ist nicht klar, ob die Staatsanwaltschaft versuchen wird, zu zeigen daß er seine Hand in der Vorbereitung des Feuers hatte. Popoff und Taneff behaupten, fie waren zur Zeit des Feuers in einem Kino gewesen, aber sie haben offenbar Schwierigkeiten in der Herbeibringung von Zeugen, um das zu erweisen.

Wer ist ,, Peter"?

Die letzten Zeugenvernehmungen zum Brandkomplex

Fortsetzung aus Nummer 134 1840

Die Vernehmung des Zeugen des fommunistischen Schrift­stellers Hirsch wendet sich dann dem Hauptpunkt zu, näm­lich dem Namen Peter, den der Zeuge einmal geführt hat. Hirsch erklärt, daß er in der deutschen Partei nie einen anderen Namen geführt habe. Er sei aber im Jahre 1924 und 1925 in Desterreich gewesen, um dort an der Parteiarbeit teilzunehmen. Dort habe er als Decknamen den Namen Peter geführt. Als er nach Deutschland zurück­gekommen sei, habe es sich dann eingebürgert, daß er im Kreise seiner engeren Mitarbeiter und Freunde Peter ge­nannt wurde. Das sei aber niemals sein Name gegenüber den Behörden gewesen, denn ihnen gegenüber sei er immer unter dem richtigen Namen aufgetreten.

Vorsitzender: Sie haben aber die hier in Frage kom­menden Quittungen mit Peter unterschrieben. Bei den Quittungen handelt es sich doch um einen wichtigen Rechtsakt, und die Unterschrift mit falschem Namen ist ver­boten.

Beuge: Hirsch: Ich erkläre mir das heute so, daß ich zu der Zeit, als ich die quittierten Beträge für meine Aus­arbeitungen erhielt, nicht mehr mit dem Parteiapparat in Berbindung geraten wollte, da ich meine eigentliche Tätig­teit ja schon aufgegeben hatte. Deswegen habe ich wohl die Quittungen nicht mit meinem richtigen Namen unterschrie­ben. Der Vorsitzende fragt den Angeklagten Popoff, wie es komme, daß diese Quittungen bei ihm gefunden wurden. Popoff erklärt ziemlich erregt:

Das ist ganz ausgeschlossen, daß Sirsch die Quittungen ge schrieben hat. Die Onittungen find in meinem Beisein von meinem Bekannten Peter ausgeschrieben und unterschrie: ben worden.

Die Beträge waren zur Deckung der Ausgaben, die er für mich zur Beschaffung von Druckschriften gemacht hat, be­ftimmt.

Vorsitzender: Hat Popoff nicht gehört, daß der Zeuge gefagt hat, die Quittungen rühren von ihm her?

Popoff: Das ist ganz ausgeschlossen. Für mich ist das ein Mysterium. Will der Zeuge mit Bestimmtheit behaupten, diese Quittung ausgeschrieben zu haben?

Zeuge Hirsch: Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sa gen. Ich fann nur sagen, daß die Handschrift täuschende Uebereinstimmung mit meiner eigenen aufweist, und ich da­her annehmen mußte, daß fie von mir geschrieben worden find. Der Zeuge erklärt weiter, es sei ausgeschlossen, daß er mit dem Bekannten Peter des Popoff identisch sei. Vorsitzender: Dann soll Popoff sagen, wer Peter ist. Er hat das bisher verheimlicht.

Popoff erklärt mit lauter Stimme: Ich kenne seinen Familiennamen nicht, ich weiß nicht, wo er wohnt. Er ist ungefähr 28-30 Jahre alt, groß und blond. Der Zeuge Hirsch, der hier steht, hat nichts gemein mit jenem Peter, von dem ich die Quittungen bekommen habe.

Zeuge Hirsch: Nach meiner festen Ueberzeugung ist es vollkommen ausgeschlossen, daß die Zahlungen, die ich quit­tiert habe, irgendwie von Popoff gekommen sein sollten.

Der Zeuge Hirsch wird dann veranlaßt, am Gerichts­tisch den Quittungstert in deutscher und lateinischer Schrift abzuschreiben, damit das Gericht Schriftproben zur Vergleichung hat.

R.-A. Dr. Teichert weist auf Grund der Schrifwprobe darauf hin, daß das große A und von dem Zeugen ganz anders geschrieben worden seien als auf den Quittungen. 28enn noch Zweifel beftünden, beantrage er, einen Schrift sachverständigen zu vernehmen zum Beweise dafür, daß die Quittungen nicht von dem Zeugen geschrieben sind.

Auch der Angeklagte Tan eff erklärt, daß jener Peter, der ihn bei seiner Ankunft in Berlin auf Popoffs Veranlas

jung in die Wohnung des Sönte geführt habe, ein gana

anderer Mensch gewesen sei, als der hier vernommene Zeuge Hirsch. Er habe auch nicht die mindeste Aehnlichkeit mit die sem Zeugen gehabt. Der Angeklagte Dimitroff fragt dann den Zeugen, welche politische Linie die kommunistische Parteiführung Ende 1932 und Anfang 1933 gehabt habe. Zeuge Sirich: Die politische Linie war durch Beschlüsse der Partei dahin festgeleat, daß die zentrale Aufgabe die Eroberung der Mehrheit für die Riele des Kommunismus

war.

Dimitroff : Sollte eine bewaffneter Aufstand gemacht werden, wenn die Nationalsozialisten an die Macht kämen?

Zeuge Hirsch: Solche Bestrebungen tamen nach der Ge­winnung der Parteiführung Ende 1932 und Anfang 1933 nicht in Frage.

Nach der gesamten Theorie und Praris der Kommunisten ift für einen solchen Aufstand notwendig eine revolutionäre Situation, in der die Kommunistische Partei bereits die Mehrheit der Arbeiterschaft hinter sich hat, und die übrigen Maffen zum größten Teil neutralisiert werden konnten. Die Zeit um die Jahreswende 1982/88 ftellte geradezu das Gegenteil einer solchen Situation dar.

Auf eine Einwendung des Oberreichsanwaltes erklärt der Zeuge Hirsch: Selbstverständlich war sich die Kommunistische Partei darüber klar, daß ihr Endziel, die Errichtung der Räterepublik, nur auf dem Wege der Revo­lution durchgeführt werden konnte. Wenn aber ein ernsterer Funktionär der Kommunistischen Partei um die Jahres­wende 1932/33 die Frage der Machtergreifung durch die Ar­beiterbewegung als eine atute Aufgabe hingestellt hätte, so wäre er ohne weiteres seiner Funktion enthoben worden.

Nun wird der Schriftsteller Bruno Peterson als Zeuge vernommen. Er gehört seit 1919 zur Kommunistischen Par­tei und erklärt, daß er auch heute noch ihren Zielen anhänge. In den Tagen vor dem Reichstagsbrand ist er oft bei Torg­ ler im Reichstag gewesen. Der Zeuge war auch am Abend des Brandes mit Torgler und Koenen bei Aschinger, ist aber dort schon früher weggegangen und hat von dem Brande erst am nächsten Tage aus den Zeitungen erfahren. Ueber die Quittungen des Zeuaen Hirsch erklärt er, daß er an diesen Zeugen keinerlei Zahlungen geleistet habe.

Der Zeuge Hirsch wird noch einmal vorgerufen und ihm werden die Aussagen Petersons vorgehalten. Er erklärt aber immer wieder, daß er vielleicht nur geglaubt habe, Bruno Peterson vermittle die Sache mit dem Gelde,

daß aber tatsächlich die Stenotypistin Start das selbst er­ledigt habe. Der Vorsißende erklärt, er müsse auf die frit here Aussage von Hirsch verweisen, wo er klar und deutlich festgestellt habe, daß er die Gelder von Peterson erhielt. Der Vorkende stellt noch fest, daß die Stenotypistin Stark flüch­tig ist:

Zeuge Peterson: Die Sache erklärt sich vielleicht in folgender Weise: Hirsch wußte, daß ich im Karl- Liebknecht­Haus zu tun hatte und daß die Stenotypistin Stark auch mit mir zu tun hatte. Wenn er nun von ihr Geld bekam, das er quittierte, so hat er dabei vielleicht in der Vorstellung gelebt, das Geld fomme von mir. In Wirklichkeit kann es aber die Stark direkt vom Zentralfomitee geholt haben. Der Vor­sitzende erklärt die Aussagen beider Zeugen für unwahr­scheinlich.

RA. Dr. Teichert fragt, ob angenommen werde, daß die bei Popoff gefundenen Bruno- Quittungen von dem Zeu­gen Peterson ausgestellt sein sollen.

Der Zeuge Peterson erklärt dazu, daß von ihm diese Quit­tungen nicht seien und daß er nie an einen der Angeklagten Cuittungen mit seinem Namen gegeben habe.

Die Neue Weltbühne" veröffentlicht zu dieser Aussage einen Brief der früheren Verlegerin der Weltbühne, Edith Jacobsohn , gerichtet an Hellmut v. Gerlach, der wie folgt lautet:

" Ich erinnere mich selbstverständlich ganz genau, daß Sie und Herr v. Offiezky am Montag, dem 27. Februar dieses Jahres, nachmittags bei mir waren. Offiezky kam gegen sieben Uhr und blieb ungefähr bis halb zehn Uhr. Auf die Minute fann ich die Zeit natürlich nicht mehr angeben, aber

diese ungefähre Zeit ist mir genau im Gedächtnis. Selbsts verständlich bin ich bereit, diese Aussage auf jede Art zu bekräftigen, und bitte Sie, sie so zu verwenden, wie Sie es für richtig halten."

Nimmt man noch dazu, daß Stawiski und der Geschäfts­führer Kraschewski übereinstimmend nicht nur Ossietzky und Kühne, sondern auch noch zwei Chauffeure" und schließlich noch die kommunistischen Abgeordneten Torgler und Koenen, sowie den Journalisten Erich Birkenhauer während des Brandabends an dem Verschwörertisch" gesehen haben wollen und daß die Zusammenfunft bis 1.30 Uhr nachts ge­dauert haben soll, so hat man zwei weitere klassische Zeugen der klassischen Anklageschrift".

Hellmut v. Gerlach bemerkt zu den Zeugenaussagen: Offießfy sist seit dem 28. Februar im Konzentrations­lager. Diese Hineinziehung in den Reichstagsbrandprozeß dürfte nicht dazu angetan sein, seine Behandlung im Lager zu verbessern und seine Entlassung zu beschleunigen."

Eine Erklärung des Zentralkomitees der Kommu­nistischen Partei Deutschlands

Das Zentralfomitee der Kommunistischen Partei Deutsch­ lands übersendet dem Verteidigungskomitee folgende Er­klärung:

Das Zentralkomitee der KPD. erklärt zu den Aussagen des als Zeugen im Reichstagsbrandprozeß vernommenen Grothe, daß Grothe niemals irgendwelche Funktionen im zentralen Apparat der KPD. besessen hat und schon des­halb nicht in einer solchen Funktion an der von ihm be= haupteten Sibung in der der Plan der Reichstagsbrand­stiftung besprochen worden sein soll. teilgenommen haben tann. Diese Tatsache widerlegt zum Ueberfluß die den Stempel der Lüge an der Stirn tragenden Aussagen Grothes, der nichts anderes als ein bezahlter Provofateur im Dienste der Hitler - Faschisten betrachtet werden fann.

Prozeßmanöver des Reichsgerichts

Das Berliner Tageblatt" vom 22. 11. verrät, mit welchen Fragen sich eigentlich das Reichsgericht noch weitere Wochen und bis in das Jahr 1984 zu beschäftigen gedenkt, nachdem doch die Zeugenvernehmung über die Brandstiftung selbst als abgeschloffen bezeichnet wird.

Es handelt sich darum festzustellen, von welchen Motiven die Angeklagten geleitet waren, sofern sie die Reichstagss brandstiftung begangen haben. Die Frage, ob die Ange: flagten auf Grund des umfangreichen, in Berlin geführten Indizienbeweises als schuldia zu erachten seien, wird der 4. Straffenat natürlich erst in der Beratung über das Urteil beantworten."

Ein höchst eigenartiges und umständliches Verfahren, vier Wochen zur Untersuchung der Beweggründe" während noch - nach den Worten des Berliner Tageblattes"- die Tat selbst zweifelhaft ist? So unlogisch ist selbst das faschistische Reichsgericht nicht! Mit dieser fadenscheinigen Begründung wird zugegeben, daß das Urteil bereits festliegt und festlag ohne Rücksicht auf den Ausgang der Beweisaufnahme. An­dererseits hat die Hitlerregierung vier Wochen Motiv= untersuchungen" nötig, um das verbrecherische und skanda­löse Auftreten Görings und Göbbels und die übrigen ge­stellten Zeugen aus dem Gedächtnis der Welt verschwin­den zu lassen und eine mit großem Geschrei aufgezogene Propaganda über die internationale Gemeingefährlichkeit" der Weltanschauung der Angeklagten aufzuziehen. Damit soll noch vor der Urteilsverkündung die öffentliche Welt­meinung eingefangen und günstig gestimmt werden.

Die Hitlerregierung wird sich wieder einmal geirrt haben! Ihre Methoden sind zu plump, als daß sie nicht von der Deffentlichkeit sofort durchschaut werden. Die Welt stellt nicht die Frage nach der Gesinnung der Angeflaaten. son­dern die des Prozesses: Sie verlangt von der Regierung und dem Gericht den Nachweis, der nach dreimonatlicher Prozeßdauer und nach abgeschlossener Zeugenvernehmung fläglich gescheitert ist.

Massenver haftungen Für die Tat eir es Geisteskranken Die gleichgeschaltete Presse meldet:

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Die große Straffammer Freiburg hat auf Grund des übereinstimmenden Ergebnisses verschiedener psychiatrischer Gutachten, besonders des Obergutachtens eines gerichtsärzt­lichen Ausschusses für das Land Baden , den Beschluß ge= faßt, dem wegen zweifachen Mordes angeklagten früheren sozialdemokratischen Landtagspräsidenten Christian Ruß­baum den Schuß des Paragraphen 51 zu gewähren und ihn damit außerhalb jeder strafrechtlichen Verfolouna zu sezen. Nußbaum bleibt fernerhin als gemeingefährlicher Geisteskranker in Gewahrsam.

Nußbaum hatte am 17 März d. J. anläßlich einer polizei­lichen Durchsuchung seiner Wohnung nach Waffen zwei Kriminalbeamte durch Revolverschüsse getötet. Er war zur Untersuchung auf seinen Geisteszustand in die Landes­pflegeanstalt Wiesloch gebracht worden.

Es ist nur vergessen worden, eins hinzuzufügen: Wegen dieser Tat wurde seinerzeit als Repressalie" die gesamte sozialdemokratische badische Landtagsfrat­tion gefangen gesetzt. Wegen der Tat eines jetzt für geistesfrank erklärten Mannes. Rechtsstaat!

Es folgt dann die letzte Zeugenvernehmung zum Tatkom plex, die Vernehmung des Maurers Schmidt, in deffen Wohnung nach der Bekundung des Zeugen Grothe in der Nacht vom 26. zum 27. Februar Mitglieder des Rotfront­fämpferbundes im Alarmzustand gelegen haben sollen. Der Zeuge nimmt auf seinen Eid, daß das nicht der Fall ge­wesen ist. Er kenne den Grothe gar nicht. Der Zeuge bezeich- Naz'blatt beschlagnahmt!

net im übrigen die Aussagen Grothes als Fantasien. Die Weiterverhandlung wird dann auf Montag vertagt.

Torgler entkräftet!

Wie wir erfahren, hat sich das förperliche Befinden Torglers in letzter Zeit erheblich verschlechtert.

Meincide und Manöver

Ossietzky und der Reichstagsbrandprozeẞ

Prag, 25. Nov.( Inpreß.) In der Verhandlung vor dem Reichsgericht am 30. Oktober bezeugte der Gastwirt Sta: witzki, daß der frühere Herausgeber der Weltbühne". Carl v. Offiezky, am Abend des Reichstagsbrandes, dem 27. Februar 1988, mit dem Sekretär der kommunistischen Reichs­tagsfraktion Kühne, Karten spielend in seiner Kneipe ge feffen hätte. Stawiski will die Beobachtung zwischen 18 und 19 Uhr gemacht haben.

Effen.( Inpreß.) Das Geheime Staatspolizeiamt hat der Schriftleitung der nationalsozialistischen Essener National= Zeitung", die bis vor etwa einem Monat offizielles Organ des Preußischen Ministerpräsidenten Göring war, folgendes mitgeteilt: Durch die auf einem technischen Versehen be­ruhende verstümmelte Uebermittlung eines Funkspruches des Geheimen Staatspolizeiamtes an die Polizeibehörden, die infolgedeffen Anlaß zu einer irrtümlichen Auslegung gab, ift ein erheblicher Teil der Morgenausgabe der National: Seitung" vom 21. November 1933 versehentlich eingezogen worden."

An die verstümmelte Wiedergabe" einer so einschneidend wichtigen Maßnahme, wie es das Verbot einer Parteizeitung darstellt, glaubt natürlich kein Mensch. Es handelt sich ia nicht einmal um irgendein beliebiges Parteiblatt, sondern um das Vertrauensorgan Görings, daß er als sein amt­fiches Organ" auszeichnete. bis Hitler ihn an einer Löfung ter offiziellen Verbindung amara eft teft meiter, daß die Geheime Staatspolizei eine Anweisung erteilt hat, die fich mit der National- Zeitung" befaßt; das ist auch nicht

bestritten.