Frauen an der Front

Ein Sozialdemokrat, der erst vor wenigen Tagen die deutsche Hölle verließ, singt hier das Lied von Frauentreue und Frauenmut. Kein Wort ist erfunden. Die Szenen" könnten, wie er sagt, endlos fortgesetzt werden.

Als ich am Anfang dieses Jahres, zu Zeiten also, da es in Deutschland noch so etwas wie eine Literatur gab, in Troß­tys Buch über Die russische Revolution" von der herrlichen Haltung der ruftichen Frau las, habe ich mich immer gefragt, wie sich wohl die deutsche Frau in der gleichen Situation verhalten würde. Die gleiche Situation ist zwar nicht ein­getreten, aber eine ähnlich gefahrvolle. Und ich antworte Heute:

" Die deutsche Sozialistin, die deutsche Arbeiterfrau, hat sich wunderbar gehalten!"

Einer von vielen

Man bestellt Herrn Schulz auf die Polizeiwache zu einer Bernehmung. Er geht früh um 10 Uhr, nachmittags um 2 Uhr lit er noch nicht zurück. Da weiß Frau Schulz, was los ist. Er wird am Abend nicht wiederkommen, morgen nicht, die ganze Woche nicht; es wird Monate dauern, vielleicht jogar Jahre.

Und dann schreibt Schulz seiner Frau den ersten Brief. Wenn es irgend ginge, möchte sie ihm doch etwas zu essen mitbringen beim Besuch am Sonntag im Lager. Die Unter stüßung hat man ihr ohnehin schon etwas gekürzt, weil doch jetzt ein Mann weniger in der Familie fei, und sie weiß faum, wie sie es anfangen soll, sich und die vier Kinder mit den paar Mark durchzubringen. Sie weiß nicht, wie sie das Fahrgeld nach dem Lager aufbringen soll. Aber sie geht, ohne einen Augenblick zu zögern, und kauft ihrem Mann etwas au effen und auch ein bißchen Tabak. Dann fährt sie am nächsten Sonntag los.

Nachher? Die Miete kann nicht bezahlt werden, und wenn fie zwei Monate im Rückstand bleibt, kann der Hauswirt sie nach dem geltenden Recht vor die Tür setzen. Das tut er auch, weil er die Marristenbrut loswerden will, und kein Amt hilft ihr; ein deutsches Amt hilft heute keiner roten Frau. Sie räumt selbst alles aus. zieht mit den Kindern zu Bekannten, die ebensowenig haben wie sie, und dann, als auch die sie nicht mehr behalten können, muß sie ins Armen­haus. Dort wartet sie, bis der Mann wiederkommt. Die Zeit verrinnt eintönig, wie eine Sanduhr, bis dann der Sonntag wiederkommt, an dem sie alle vier Wochen ein­zu ihrem Mann fahren kann. Jus Konzentrations­

mal

Iager.

Mutter Lehmann

Alt ist sie, und schon ein wenig eingetrocknet. Ein kleines, verhuzeltes zahnlojes Mütterchen. Wir kannten fie alle. Wie sie da stundenlang vor dem Stacheldraht in der Kälte auf und ab ging, um einmal beim Rundgang ihren Sohn zu sehen, einen großen blonden, unbeholfenen Kerl. Am Sonn­tag beim Besuch steht er vor ihr und sie fragt thn, wie es ihm geht.

Na, Mutter, gut", sagt er und sein Gesicht sieht nach dem Gegenteil aus.

Du, ich will wissen wie dirs geht!"

" Wie soll mir's denn gehen? Halbwegs, Mutter, einiger­maßen", stottert der Junge.

Du, ich will wissen, wie dir's geht! Du stehst vor deiner Mutter und der hast du die Wahrheit zu sagen, verstehst du!"

Göbbels mit der Mundharmonika

Die Leute vom Film und die Herren von der Literatur, die dem Propagandaminister bei der Eröffnung der Kultur­kammer so heftig und begeistert Beifall geklatscht haben, sind zwar um vieles in ihrem Wissen bereichert nach Haus gegangen. Aber so ganz und gar, so tiefinnerlich ist ihnen offenbar die neue deutsche Kultur im nationalsozialistischen Geist doch noch nicht eingegangen. Denn wie könnte es sonst geschehen...?

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Also da war der Horst- Wessel - Film doch wahrlich eine nationale Sache! Die einst so bürgerlichen und jetzt so na­tionalen wie sozialen Zeitungen haben sich in Begeisterung überpurzelt. Und dann kam die schroffe, bittere Verurtei lung durch den kleinen und so rücksichtslosen Dr. Göbbels . Jetzt wiederum ist mit einem selbst Gauleitern imponieren­den Aufwand von neuem Volksgefühl der Film ,, Abel mit der Mundharmonika" gedreht worden es hat nur so ge­rasselt mit Superlativ für die dort agitierende blaublonde deutsche Jugend. Deutschlands Zukunft! sangen Tageblatt und Lokalanzeiger. die Voss und der Fridericus jetzt kommt der Angriff", das offizielle Blatt des Herrn Reichs­propagandaministers, und erklärt unterm 20. November: ,, Der bürgerliche Kritiker einer Berliner Zeitung bringt es in seiner Besprechung des Films Abel mit der Mund­harmonika" fertig, diesen Bildstreifen als ausgesprochen nationalsozialistisch zu bezeichnen. Diese Ansicht bedarf dringend einer Korrektur.

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Der Film wurde nach dem gleichnamigen Roman von Manfred Hausmann gedreht, und der Romanver­fasser war auch am Drehbuch maßgebend beteiligt. Haus­mann ist nun alles andere als ein Nationalsozialist. Erst kürzlich wurde sein Roman ,, Lamnio on küßt Mädchen und kleine Birken" auf die Liste der verbote nen Bücher gesetzt. Warum?

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Hausmanns Arbeiten sind durchaus zwitterhaft. Er malt Stimmungen, die hell sind, zart und beinahe keusch, und er läßt diese Stimmungen durch dunkle, triebhafte Gefühlsausbrüche sprunghaft wechseln. Er läßt einen Ver brecher, einen Mörder, Dinge erleben und Stimmungen aus kosten, die so unerhört fein und zart sind, daß sie einen schuldlosen Menschen voraussetzen und nicht einen Vaga bunden, an dessen Händen Blut klebt, und der ohne Reue und Gewissen ist.

Hausmann wird in seinen Erzählungen oft bis zum Ekel brutal und zynisch. Er eröffnet aus den lieblichsten. Tosigsten Stimmungen heraus plöglich Perspektiven in ein undurchdringbares, grauenbergen. des Dunkel. Und begnügt sich damit. Kommt nie zu einer klärenden Lösung.

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Wir halten diese Manier nicht für nationalsozialistisch wir halten sie für liberalistisch. ja ge ndezu für marxistisch Die Abel- Erzählung ist nun zweifellos eine Arbeit Haus manns, die am wenigsten zu beanstanden ist. Sie behandelt das erwachende das war eine Zeitlang sehr beliebt Liebesgefühl eines Fünfzehnjährigen, eine Erscheinung also. die man wissenschaftlich als Pubertät bezeichnet. Hausmann macht das diesmal sehr sauber, sehr anständig. Aber was hat dieses Thema mit National. Die Art, sozialismus zu tun? Nun gar im Film.

Sie schreit fast und ihre Gestalt wächst, sie hat ihn bei den Oberarmen gepackt und schüttelt ihn hin und her. " Ich will wissen, ob du Hunger hast, Junge!" " Ja, Mutter", sagt er verlegen und ganz leiſe. " Ich will wissen, ob sie dich geschlagen haben!" " Ja, Muter" stammelt er.

Die kleine Frau koch.

Brauchst du eine Decke zum Schlafen? Ihr habt doch so wenig Stroh!"

" Ja, Mutter", tommt es aus dem gepreßten Mund. Da greifen die SA.- Posten schnell ein:

Schluß der Besuchszeit!"

ißt sie ihre mitgebrachten Brote. Der Kreisleiter ist an die dreißig Mal an ihr vorübergegangen, die Sache ist ihm augenscheinlich peinlich. Um sechs Uhr steht Frau Elster auf, aber am nächsten Morgen, pünktlich um acht Uhr, ist sie wie­der zur Stelle.

Sie wünschen? Ich habe keine Macht über Schutzhaft­sachen. Das verantwortet alles die Polizei."

" Weiß ich", sagt Frau Elster trocken. Das verantwortet immer ein andrer als der, der es tut. Wenn Sie aber meinen Mann freilassen wollen, dann ist er frei!"

Was kann ich für Sie tun?" fragt der Mann in der braunen Uniform. Ich

Ich will wissen, wann mein Mann wiederkommt. will ja schon gar nicht mehr hören, daß das heute oder mor­gen sein wird. Ich will nur wissen, wie lange die Haft dauert und wo er überhaupt ist.

Die braune Uniform entgegnet: Wer weiß das? Es fann

Man trennt die beiden und Mutter Lehmann läuft zitternd morgen sein, in einer Woche, in einem Monat und es kann und rasch hinaus.

Am nächsten Tage schon ist ein Paket da mit Brot und Butter und Wurst, mit einer Decke, mit Obst und einer Büchse Wundsalbe. Das ist Mutter Lehmann- und sie hat doch selber nichts zu essen und kein Feuer für den Ofen, weil die Arbeitslosenunterstügung, seit sie den Jungen fort­holten, gestrichen ist und sie nur ein paar Pfennig Rente bezieht.

Ich habe sie später gefragt, ob sie denn keine Angst gehabt habe, solche Fragen zu stellen. Es sind doch schon so viele Leute deswegen festgenommen worden:

Mich alte Frau nimmt feiner mehr fest", sagt sie trobig. Na, und wenn schon... Was gibts denn für mich noch hier draußen?"

Ich bin hart geworden in der Schutzhaft. Aber über Mutter Lehmann habe ich doch geheult. Sie ist eine grandiose Frau, dieses eingetrocknete alte Mütterchen.

auch noch Jahre dauern. Wir haben sogar Fälle, die nie mehr herauskommen werden! Ihr ganzes Leben nicht wieder!"

,, Welche? Aber mein Mann? Wie lange bleibt der? Bleibt er Wochen, Monate, Jahre?"

" Weiß ich nicht!"

,, Kann das Jahre dauern mit meinem Mann?"

Der Kreisleiter lächelt höhnisch:" Tia, er war doch Funktionär! Ist schon möglich!"

Da kocht Frau Elster über. Nun ist es zu Ende mit ihren Kräften: mit einem einzigen Handstreich säubert sie den Schreibtisch des hohen Herrn. Die Aften fliegen herunter, Tinte ergießt sich über die höchsten Befehle des Osafs, die Schreibtischlampe poltert hinterher. Ein heilloses Durch­einander herricht in dem Raum. Frau Elster steht heftig atmend da. Der Herr Kreisleiter ist hilflos in dieser un­gewöhnlichen Situation. Männer kann er verhaften und schlagen lassen, fann falt zusehen, wie sie ohnmächtig hin­fallen. Dem Wutausbruch dieser kleinen Frau ist er nicht

Sie muß wissen, wann der Mann wieder heim- gewachsen. kommt

Frau Elster ist mittelgroß, 30 Jahre alt, sehr beweglich und verdammt verliebt in ihren großen Mann. Sie ist gleich mitgegangen, als er verhaftet wurde, und hat in der Polizei wache gewartet. Gewartet von früh zehn Uhr bis abends um acht, bis man ihr sagte, er käme heute nicht mehr heraus. Am nächsten Morgen um 8 Uhr ist sie wiedergekommen. Bis mittags hat sie gewartet, dann ging sie wieder und blieb bis zum Abend Dann machte sie sich auf den Weg zum Bürger­meister, zu den beiden Stadträten, ging zum Kreisleiter, zum Ortsgruppenleiter, zum Standartenführer, schrieb an den Ministerpräsidenten, an den Reichsstatthalter und- dann wartete sie.

Jetzt warte ich acht Tage, und wenn er nicht draußen ist, fange ich von vorn an."

Das ist das Schlimmste für die Frauen, daß niemand ihnen sagt, wo ihre Männer hingebracht wurden, weswegen man sie festgenommen hat und wie lange fie fortbleiben werden. Herr Elster war nach einer Woche immer noch nicht daheim. Seine Frau ging wieder die langen, endlos langen Wege: von der Polizei zum Bürgermeister, der sie nicht vorließ. zum Stadtrat, der nicht zu sprechen war, zum Ortsgruppen= leiter, der keine Zeit hatte, zum Kreisleiter, der sich ver­leugnen ließ.

Der Herr Kreisleiter ist in Angelegenheit von Schutz­haftsachen nicht zu sprechen!"

Frau Elster wußte, daß der Kreisleiter in der Nazipartei der Allmächtige ist der letzten Endes zu entscheiden hat. " Ich gehe nicht fort von hier!" erklärt sie ruhig.

" Wie sie wollen", meint ein SA.- Mann, wir schließen um sechs Uhr."

Frau Elster segt sich bin, zieht eine Handarbeit heraus sie strickt dem Mann ein Paar wollene Socken mittags

wie dieser Stoff gestaltet wird, könnte vielleicht mit dem Prädikat nationalsozialistisch ausgezeichnet werden, voraus gesett, daß sie eben wirklich der nationalsozialistischen Weltanschauung entspricht. Das ist aber leider hier nicht der Fall. Wenn man die Machart dieses Films nationalsozia­listisch nennt, so ist das fast Hohn.

Vergleichsmöglichkeiten sind bei der Hand. Nehmt den ,, Hitlerjungen Quex". Hier hat man wirkliche Jungen sich selbst spielen lassen. Und wie herrlich war das Ergebnis. Echte Jugend strahlte eben kraft der mitwirkenden frischen Jungen und Mädel aus jedem Bild dieses Films. Beim Abel­Film vermißt man das nicht nur, man fühlt sich sogar sehr oft und sehr heftig vor den Magen gestoßen.

Dieser Abel ist kein Fünfzehnjähriger. Er ist ein sehr erwachsener junger Mann, der sehr weibisch tut und uns dadurch auf die Nerven fällt. Als Schauspieler überdies sehr vorbelastet. Und es handelt sich dabei nicht etwa um eine Sünde, die damals aus Zwang getan werden mußte und heute großmütig verziehen werden kann. Vielmehr hat sich dieser Darsteller in ein Fahrwasser lenken lassen, das man auf der Unterweser und der Nordsee nicht kennt, höchstens in einigen üblen Lokalen des Berliner Westens, die heute geschlossen sind. Durch die Polizei.

Eine krasse Fehlbesegung für einen sonst ausgezeichneten Film, der ein Wegweiser hätte sein können. Aber auch die Fehlbesetzung einer Filmhauptrolle kann man nicht gut nationalsozialistisch nennen."

Ach ja, so ist es, wir lassen noch einmal die Worte des ,, Angriff" über die Zunge laufen:..... diesmal sehr sauber, sehr anständig. Aber was hat dieses Thema mit National­sozialismus zu tun?" Das fragen wir auch,

Und weiter:..... einen Vagabunden, an dessen Händen Blut klebt und der ohne Reue und Gewissen ist... in seinen Erzählungen bis zum Ekel brutal und zynisch... plöglich Perspektiven in ein undurchdringbares, grauen­bergendes Dunkel..." ja, und wenn man weiterliest, von der unverzeihlichen Sünde und den üblen Lokalen des Berliner Westens ist das nicht, exakt geschildert, das Milieu der Fememorde, der Heines und Genossen, wie es Ernst von Salomon unverhüllt in seinen Geächteten" wiedergibt. sind das nicht die Ursprünge der NSDAP. ? Ist die Partei schon so weit, schon so im Volk gefestigt, daß bereits die Filmkritiker von ihrer Geschichte abrücken können?

Ist er es, der Mann vom Angriff", oder der harmlose Hausmann, der hier beim Klang der Mundharmonika eine Satire über die Partei der Oeffentlichkeit präsentiert? Wer von beiden muß hinter Stacheldraht?

Moses wird abgebaut

Der Dortmunder Generalanzeiger" triumphiert in drei­zölliger fetter Ueberschrift: Moses hat das Landgerichts­gebäude verlassen!"

Moses? Welcher Moses? Ein Landgerichtsrat, bei dem der Name sich schließlich doch als stärker erwiesen hat als das Eiserne erster? Ein Rechtsanwalt, dessen Schonfrist wegen des bei Langemarck verlorenen Arms jetzt wie üblich von de Kollegen gekürzt wurde? Nein, es ist dieses Mal-

Nach einer weiteren Woche Belagerung des Kreisleiters weiß sie sogar, daß nichts gegen Vatern vorliegt. Acht Tage später hält sie ihn leibhaftig in den Armen.

Freiheit!

Wir laufen in Viererreihen auf dem Hof herum, mit einem Meter Abstand. Es ist Redeverbot. Draußen vor dem Zaun, auf der Straße, steht eine große Frau, eine, der man ansieht, daß sie zu arbeiten gewöhnt ist. Sie sieht den Zug der stum­men Zweihundert. wie er immer wieder dieselbe Runde geht. Weitergehen, brüllt ein SA.- Mann ihr zu, der uns

bewacht.

Da schreit es aus ihr:

Eine Schande ist das!" Hoch reißt sie den Arm, ballt die Hand zur Faust und ruft: Freiheit!" 3weimal laut: Fret heit!"

Verständigung zwischen den Posten. Einer entsichert den Revolver und läuft auf die Straße. Hält sie an: " Was haben Sie gerufen?"

" Freiheit habe ich gerufen!" spricht ein Frauenmund. Wenn man die armen Kerle gefangen sieht, bleich, unrasiert, stumm wie Tiere im Käfig, wo sie alle nichts verbrochen haben, da muß man doch Freiheit brüllen!"

Man nimmt sie fest, schafft sie in die Wachstube. Sie schlägt ungeheuren Lärm. Einer von uns hat es gehört, weil er gerade die Stube ausfegte. Man konnte nicht fertigwerden mit ihr. Sie hat immerwährend gebrüllt. Diese große Frau erkennt das braune Hemd nicht als Amtsorgan an, obgleich es doch das höchste Amtszeichen im Deutschland von heute ist. Man hat sie dann schließlich freigelassen.

Sie halten sich wunderbar, die Arbeiterfrauen an der brau­nen Front.

man möchte beinahe sagen: ein christlicher Moses. Ein Moses aus Stein. Der des Michelangelo ! Hören wir den Dortmunder General:

es.

,, Bisher wurde der das Dortmunder Landgerichtsgebäude von der Hamburger Straße aus Betretende bekanntlich von der Kolossalstatue des gesetzgebenden Moses begrüßt, einer Nachbildung der berühmten Plastik des Michelangelo , die von dem großen Italiener für das Grabmal des Pap­stes Julius II. geschaffen wurde. Nach dem politischen Umschwung erhoben sich Stimmen, die für die Entfernung der Plastik im Landgerichtsgebäude eintraten, da es sich zum mindesten doch um die Pers des jüdischen Gesetz­gebers handele. Gestern morgen war Moses auf einmal ..abgebaut", er war restlos verschwunden und nur noch der Marmorsockel mit einigen Gipsresten zeugte von ver­schwundener Pracht."

,,... da es sich zum mindesten doch..." jawohl, so ist Was geht das neue Deutschland dieser Moses an? Dieser vorderasiatische Semit. Was war er schon? Der Dortmunder General sagt es richtig: Ein jüdischer Gesetzgeber! Der Bursche, welcher unter seinen stets überschätzten Zehn Ge­boten verlangte: Du sollst nicht töten. Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten... Einfach lächerlich! Das mag er von seinen Glaubensgenossen verlangen, ein Nationalsozialist handelt nach wesentlich anderen Grund­

sätzen!

Fort mit Moses ! Der mit der Vernichtung des Standbilds beauftragte Sturm hat noch mehr getan, er hat sich an die Verfasser der Reisehandbücher gewandt, an Meyer, Baedeker, Grieben, damit in den neuen Auflagen die Porträts und Plastiken rassisch nicht unbedingt einwandfreier Heroen nicht mehr erwähnt werden. Da ist vor allem dieser Rem­ brandt ... ins Feuer mit seinen Bildern alter Juden!

Und dieser Michelangelo ! Wenn man bedenkt, daß sein Moses in einem Gerichtsgebäude des nationalen Deutschlands stand! So lesen wir in Meyers Reiseführer: ,, Moses , die höchste Schöpfung der modernen Kunst, der Gesetzgeber im gewaltigsten Gemütskampf, im mühsam bewältigten Un­willen über die Torheit der Menge; die Rechte stützt sich auf das mißachtete Geset... Dieser aufgeregte, urkräftige Kopf, so klein und doch so gedrungen energisch, diese Sprache der verhaltenen überquellenden Tatkraft in jedem Muskelbausch, sie sind eine vorempfundene Verkörperung des neuen Volksgeistes..."

Sagt Meyer, der Reiseführer...... Torheit der Menge... mißachtetes Gesetz.. neuen Verkörperung des Volks­geistes..." also das geht nun einmal nicht im Dortmunder Landgericht, das wird jeder einsehen. In Stücken mit Moses , auf den Schutthaufen mit ihm!

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Seit drei Tagen ist die kleine Kirche San Pietro in Vincoli zu Rom mit einer Wache versehen, mit einem Carabinieri­Posten. Das Grabmal des Papsts Julius II. , das dort vier. hundert Jahre lang die Stille beherrschte, wird sorgsam, Tag und Nacht, beobachtet. Denn angesichts der vielen Reisen des Misterpräsidenten Göring nach der ewigen Stadt und mit Rücksicht auf die vielen nationalsozialistischen Abord­nungen, die sich auf dem Forum Romanum tummeln man kann nie wissen. Und sicher ist sicher,