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Selbstschutz oder Aufstand?

Widerspruchsvolle Zeugenaussagen

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Der letzte Zeuge ist Pucks aus Berlin - Köpenick. der dem Roten Fronttämpferbund von 1926 bis 1933 angehört hat. Der Zeuge spricht von revolutionären Vorarbeiten, die bis zum Losschlagen durchgeführt werden sollten. Vom 30. Januar ab war erhöhte Alarmbereitschaft im RFB., für den 3. und 4. März war höchster Alarm angesagt. Vor: Sie haben auch etwas darüber gesagt, daß für den 4. März das Losschlagen geplant gewesen sei.

In der Samstag- Sibung des Reichstags- Brandstifter: ,, Losschlagen" prozesses werden weitere Zeugen aus der Untersuchungshaft vorgeführt, gegen die fommunistische Umtriebsverfahren schweber. Der Zeuge Simmermann aus Wieja( Erz­ gebirge ) war Mitglied der Ortsgruppe des Kampfbundes. deren Führer ein gewiffer Lus war. Der Zeuge hat in der Boruntersuchung Angaben über die Borbereitungen gemacht, bie in seiner Ortsgruppe für bewaffnete Auseinander­egungen getroffen wurden. Er macht heute seine Aussagen febr sögernd, und der Vorfißende fieht sich gezwungen, ihm feine früheren vor dem Untersuchungsrichter gemachten Be­tundungen vorzuhalten, die er dann auch zugibt. Daraus er­gibt fich, daß Schießübungen und Geländeübungen veran­staltet wurden. Die Parteileitung babe die Bewaffnung an­geordnet, die Partei würde zu einem Aufstand aufrufen und au diesem Zwed brauche man Waffen.

Der nächste Zeuge, forens, nimmt die Erklärungen zurück, die er bei feinen früheren Vernehmungen über die Aufstandsvorbereitungen gemacht hat. Er bestreitet jetzt, daß die Waffenbeschaffung der Revolution bienen sollte, und be­hauptet, der 3wed sei lediglich der Selbstschuh der Arbeiter: schaft gewesen. Als der Vorfißende ihm seine früheren Aus­lagen vorhält, die ganz anders lauten, meint Lorenz, er habe fich damals vielleicht nicht richtig ausgedrüat. Der Vor­figende ruft Lorenz zu:

Machen Sie uns doch nichts vor! Sie haben hier in Ihrer Anslage die Wahrheit verschwiegen und haben uns ane gelogen!"

Der Borfißende läßt nun den Untersuchungsrichter, Band­gerichtsrat Dr. Lösche, nochmals vortreten, um ihn über die früheren Befundungen des Zeugen Lorenz zu vernehmen.

Der Untersuchungsrichter befundet, daß der Zeuge die Dinge so geschildert habe, wie sie im Protokoll teben. Der Zeuge habe auch Angaben über Brüdensprengungen gemacht, wovon man nicht sprechen könne, wenn man sich nur wehren wolle.

Auf einen Einwand des Angeklagten Torgler erflärt der Untersuchungsrichter, Torgler tue immer fo, als ob die illegalen Baffenbeschaffungen Einzelfälle wären. Das ist eine ganz irrige Auffassung. An der ganzen Grenze ent lang hat eine Beschaffung von Waffen zum großen Teil aus der Tschechoslowakei stattgefunden.

Politischer Massenstreik

Die Zeugen Märtn aus Annaberg , Becker und Schmalfuß aus Falkenstein bestätigen im wesentlichen die Bekundungen der vorher vernommenen Zeugen, daß in tommunistischen Kreisen der Plan politischer Maffenstreits zu Anfang des Jahres 1933 allgemein erörtert worden sei. Das Biel einer folchen Aktion wäre die politische Macht­ergreifung durch die Kommunisten gewesen. Die Waffen­beschaffung fet notwendig gewesen, weil man mit einem Widerstand der staatlichen Machtorgane habe rechnen müssen. Massenselbstschutz

Der Arbeiter Barniste aus. Grünberg ( Schlesien) be­richtet über eine Funktionärßigung des Roten Maffenfelbst­Schußes, die im Februar 1933 in feiner Wohnung statt­gefunden hat. In der Sigung sei gefagt worden, die Aus­fichten für einen fommunistischen Sieg feien günstig, wenn jeder seine Pflicht tue. Wenn die fommunistischen Führer verhaftet würden, dann sollte das für die Kommunisten das Signal zum Kampf fein.

Der Massenselbstschub, fährt der Zeuge fort, habe die Auf­gabe gehabt, die Revolution weiterzutragen. Die Anweisung habe ich nicht nur auf Grünberg bezogen, sondern set ganz allgemein gehalten gewesen, weil mit dem Ausbruch des Rampfes im ganzen Reich gerechnet wurde. Von der Bres lauer Parteileitung sei für den 3. März eine Probemobil­machung angeordnet worden. Der genaue Zeitpunkt für den Termin der Revolution wurde nicht angegeben. Die wefent­lichste Befundung des nächsten Zeugen Grunwald aus Eagan besteht in der Wiedergabe einer Menßerung, die der Leiter der Ortsgruppe Sagan der Partet, Streit, furz nach dem Reichstagsbrand ihm gegenüber gemacht hat. Streit habe geäußert, daß der Reichstagsbrand als Signal anm Angriff für die KPD. gelten sollte, daß aber leider verschiedene der in die Proving entfandten Kuriere abgefangen worden seien. Der Zeuge hat angenommen, daß es sich um Kuriere aus Berlin handelte.

In Dachau ermordet

Die politische Polizei in München gibt bekannt, daß der Gefangene ris Bürk im Konzentrationslager in Dachau

Zeuge: Am 2. oder 3. März wurde uns erklärt, daß im ganzen Reich losgeschlagen würde. Wenn die Nationalsozia­listen am 4. März in Fackelzügen durch die Straßen zögen, sollte es losgehen, zunächst mit Handgranaten, dann mit

Pistolen. Es waren Kuriere eingesetzt, und der Kurierdienst

funktionierte auch, bis er am 4. März versagte. Wir saßen

zusammen und wußten nicht, was los war. Auf der Straße trafen wir den Abteilungsleiter und machten ihm Vorwürfe, daß er uns nächtelang ohne Informationen fißen lasse. Der Mann wußte auch nicht, was los war. Darauf haben wir unseren Leuten gesagt, fie sollten nach Hause gehen. Dieses Theater würden wir nicht mehr mitmachen. Dimitroff darf nicht fragen

Nachdem nunmehr alle für heute geladenen Zeugen ver­nemmen sind, formuliert der Angeklagte Dimitroff eine

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DAS RECHT

SOZIALISMUS

lange Reihe von Fragen, die er an die einzelnen 8eugen richten will. Als Dimitroff immer neue Fragen formuliert, erflärt der Vorsitzende energisch, weitere Fragen lasse er nicht zu.

Nachdem der Untersuchungsrichter Dr. Lösche und die Zeugen Becker, Schmalfuß, Barnipfe und Grunwald noch einige Fragen Dimitroffs, die der Senat nach furzer Be­ratung zugelaffen hatte, beantwortet hatte, und ein Antrag des Angeklagten Dimitroff auf Vernehmung des Verfassers der Schrift Der bewaffnete Aufstand" abgelehnt worden war, vertagte der Vorsitzende die Weiterverhandlung auf Montag.

Dimitroff

unter Ausnahmezustand

Ueber Dimitroff ist ein Ausnahmeregime ver­hängt worden, indem er den einzelnen Zeugen teine Fragen mehr stellen, sondern nur noch am Schluß der Verhand­lungen die Punkte, über die er Auskunft verlangt, bem Gericht vorlegen darf, damit dieses eine Aussiebung vor nimmt.

Das Gericht lehnt dann alle Fragen, die unbequem find, in geheimer Beratung ab.

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FRIEDE

FREIHEIT

FRE

BERT

Der erste Tote des Reichstagsprozesses

Eine neue Aktion

am Donnerstag von der Bachmannschaft eripiien des Pariser Untersuchungsausschusses zum Reichstagsprozeß

wurde, weil er versuchte, einen SA.- Mann zu erwürgen. Eine neue Variation für politische Morde: der Gefangene Bürk ist nicht auf der Flucht erschossen worden, sondern weil er versuchte, einen SA.- Mann zu erwürgen. Unterstellen wir einmal diese Behauptung als wahr, so erhebt sich die Frage, wie man den Menschen gequält haben muß, bis er den finn losen Verzweiflungsaft beging, fich inmitten eines durch viele Bewaffnete geschüßten Konzentrationslager als wehr­loser Gefangener auf einen bewaffneten SA.- Mann zu Stürzen.

Noch einer!

In der Nähe von Högel, einem kleinen, zwischen Düssel­ dorf und Essen gelegenen Ort, wurde auf der Flucht ein führender Kommunist und früherer Führer einer soge­nannten roten Armee, Theodor Ebers aus Eisen, erichossen. Er hatte einen tätlichen Angriff auf einen begleitenden Beamten verübt und einen luchtversuch unternommen, obwohl ihm vorher für den Fall der Flucht der Waffengebrauch angekündigt worden war. Der Er­schoffene befand sich in einem Konzentrationslager und sollte zur Vernehmung in einer Straffache nach Essen übergeführt werden Er war u. a. beschuldigt worden, bei dem kommu­ nistischen Märzaufstand 1920 im Ruhrgebiet führend tätig ge­wesen zu sein.

..Schweinehunde"

Der Wahlaufruf in der Lohntüte Deutsche Frauen! Deutsche Männer! Werte Arbeitsfameraden! Ein Tag von seltener geschichtlicher Bedeutung ist der 12. November 1938.

Nur wenige Stunden trennen uns noch von diesem Er­eignis, deffen Ergebnis bie ganze Welt mit Hochspannung entgegensieht.

Wer mit dem Führer für Gleichheit, Gerechtigkeit, Welt­frieben und Gleichberechtigung unseres Boltes ist, stimmt mit Ja". Ber aber glaubt, sich mit Vaterlands.

Paris , 4. Dezember.

Bie Inpreß" erfährt, wird die vor einiger Zeit bes schlossene öffentliche Untersuchung über die unmenschlichen Grausamkeiten der Nationalsozialisten an wehrlosen Gegnern ihrer Politif am 8. Dezember in Paris durchgeführt. Zahlreiche angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen, politischen und kulturellen Lebens haben sich in Frant: reich, England, der Schweiz , in Holland und Amerita dem Patronat über die Enquete= Rommission angeschlossen. In Frankreich , wo Fran Prof. Lahy den Vorsitz des Initiativ- Ausschusses führt, n. a.: Andre Gide , Leon Frappie, Andre Viollis. Autore Sand, Michel Corbay, die Professoren Levy: Bruhl, Wallon , Andre Langier, Etienne Raband, die Advokaten Gampinchi, Chauvin, die Künstler Fernand Beger und Franz Masereel . Weiter hat sich eine große Anzahl von Organisationen der Unter fuchung zur Verfügung gestellt. Ans England wird Lord Marley mit einer Delegation von angelehenen Beriön: lichkeiten an der Untersuchung teilnehmen. Für den Tag nach Beendigung ber Untersuchung ist ein großes öffentliches Meeting in Paris vorgesehen,

Ungefähr 25 Opfer des sitler- Terrors, unter ihnen drei aus Ronzentrationslagern Entflohene, werden über ihre& r lebnisse und das Schicksal von Tausenden Wehrloser, die noch in den Händen ihrer national: fozialistischen Beiniger find, aussagen.

Die Untersuchung dient nicht nur dem Ziel, die exakte Wahrheit über die wirklichen Berhältnisse in den Konzen­trationslagern und SA.- Kasernen durch eine große Unter:

verrätern und Staatsverbrechern in eine Reihe stellen su müffen, der stimme mit Rein", denn die Ne­gierung legt großen Wert auf die Feststellung, mit wieviel Schweinehunden wir es im neuen dritten Reich noch zu tun haben. Jeder Arbeitskamerad unseres Betriebes, der am

suchung zu enthüllen. Alle Beteiligten stellen sich ebensosehr die Aufgabe, die öffentliche Meinung der Welt zur Ber hinderung derartiger unmenschlicher Handlungen aufzurufen.

Beweismaterial" gefälscht

Leipzig , 8. Dez.( Inpreß.) Auf die Art, wie die Vorunter­suchung im Reichstagsbrandprozeß Beweismaterial" herbet geschafft hat, wirst folgender Vorfall ein bezeichnendes Licht: Der bulgarische Angeklagte Popoff erklärt fategorisch, daß die mit" Peter" unterzeichneten Quittungen sich nicht in seiner Wohnung befunden haben. Er verlangt die Quittungen zu sehen; das Reichsgericht lehnt ab. Alle bei Popoff beschlagnahmten Schriftstücke seien schon zu Beginn des Prozesses vorgelegt worden; das genüge. Schließlich werden die Quittungen dem Offizialverteidiger Popoffs, Dr. Teichert, ausgehändigt, und nun stellt sich heraus, daß Popoff fie nie zuvor gesehen hat und daß sie nicht unter den bei ihm gefundenen Papieren waren. Sogar der Offizialver­teidiger protestiert gegen die Benutzung solcher Beweismittel.

Der wahre Peter

Das Verteidigungsfomitee für den Reichstagßbrandprozeß erhielt ein Schreiben aus Berlin , in dem fich derjenige meldet, der die mit" Peter" unterzeichneten Quittungen, die angeblich bei Popoff gefunden wurden, unterfertigte. Das Verteidigungskomitee hat die Absicht, die Erklärung dieses Mannes sowie seine faffimilierte Unterschrift der Oeffentlich­feit zu übergeben.

13. November die Eingangspforte unseres Betriebes passiert, muß ein reines Gewissen haben und seine Handlungsweise des 12. November 1938 vor sich, seinen Kindern und der deutschen Geschichte verantworten können. Also: aus unserem Betrieb geht alles zur Urne und stimmt mit Ja".