Pariser Berichte

Pariser Straßenkalender

Bei der Coriolan"-Premiere in der Comédie Française wurden einige aktuelle Anspielungen des Dramas be­klatscht, u. a. der Satz: ,, Der Friede ist gesichert durch einen Vertrag."

Die Verhöre des ,, falschen Millionärs" Louis Cornebois. der seinem Bruder Roger das gefälschte 1- Million- Los weiter­gab, erregen in Paris starkes Interesse. Es ergab sich vor dem Untersuchungsrichter, daß der Verhaftete wahrschein­lich vorsätzlich gehandelt hat.

Die bevorstehende Filmpremiere von Papsts französischem Film Du Haut en Bas am Freitag in den Miracles weckt starkes Interesse auch in den Pariser deutschen Kreisen.

Nach neueren Bestimmungen müssen Fahrräder in Paris vorne mit rotem Licht versehen sein, ferner sind neue Ver­ordnungen über Beleuchtung, Fahrsignale und Zeiten der Lastautos erlassen.

In den Kellerräumen von Notre Dame entstand in einem Lumpenhaufen ein Feuer, das jedoch ohne Schaden anzu­richten sofort gelöscht wurde

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Das Tagesheim für 500 arme deutsche Emigrantenkinder in Paris wurde erneut von der französischen Presse abge­bildet.

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Im nichtgleichgeschalteten Deutschen Klub( Université du Parthenon , 64, Rue du Rocher, am Bahnhof St. Lazare ) spricht am Samstag, dem 16. Dezember, 21 Uhr. Richard Hutter : Wiener Plaudereien. Gäste willkommen. 5 Franken, Stellungslose 2 Franken.

Jean Longuet vor den Emigranten

Jean Longuet , der französische Abgeordnete und zweite Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses in der Kammer, ist der Enkelsohn von Karl Marx . Das alte Haus in Trier gebar den berühmten Schöpfer der Wertlehre. Eine der Töchter Marxens aus seiner Ehe mit Jenný von Westfalen heiratete den Franzosen Longuet. Der Enkel Marxens war der erste Franzose, der nach dem Kriege auf einem internationalen Sozialistenkongresse sprach, in Frankfurt am Main und in Mainz . Der Urenkel des Alten, Karl Longuet , hat als Bild­hauer das künstlerische Talent der Familie geerbt. Eine wunderbare Büste des greisen Kapital- Bekämpfers steht in dem Wartezimmer des bekannten Anwalts, der in der Nähe des Pariser Rathauses seine Kanzlei besitzt.

Jean Longuet , sprach jetzt vor den deutschen Emigranten in Paris über das Thema: La France est- elle révolutionaire ou réactionaire?

Zunächst es gibt zwei Frankreichs , wie es zwei Deutsch­ lands gibt wenn auch eins die Herrschaft hat. aber das andere ist nicht tota Im18 Brumaire hat Marx die Ent­wicklung nach Klassen vorausgesagt. Aber es ist ein Irrtum, immer noch zu glauben, daß Frankreich eine agrarische Mehr­sheit habe

nur noch 33 oder 34 Prozent der Bevölkerung ist bäuerlich.

Allerdings ist der Prozentsatz von Mittelstand und Klein­bürgern wohl größer als anderswo. Es war die große Tat der französischen Revolution, den Bauern Land zu geben. Die deutsche Republik hatte immer eine große Klasse des Mittel­standes hint r sich.

Man kann nicht behaupten, daß in Frankreich die Bauern überall für Demokratie und Sozialismus eintreten. Zum Bei­spiel erliegen sie im Westen des Landes, besonders in der Normandie , in der Bretagne , im Maine und in der Vendée vielfach der katholisch- reaktionären Agitation. Aber im Zen­trum und im Südosten gibt es Hunderttausende von Bauern, die links stehen, so im Var, im Herault , in der Haute Vienne , im Puy de Dome , in der Auvergne , und für den -Sozialismus stimmen. Im Var sagen die Bauern: Nous sommes des républicains rouges" und verstehen darunter. daß sie für die am meisten links stehende republikanische Partei sind. Kaufleute und Angestellten sind, so besonders

Die klein

in Paris , nationaler Einflüssen unterworfen, aber der Antisemitismus hat seit der Affäre Dreyfus keine tiefen Wurzeln mehr geschlagen. Es war der Abbé Gré goire, Mitglied des Konvents, der in Frankreich die Juden befreit hat. Es gibt wohl, wie in der Frauenmode. eine Nachäfferei der Sitten, und daher vielleicht auch etwas wie Nachahmung des Antisemitismus im Auslande, aber ein politisch fundierter Antisemitismus in Frankreich besteht nicht.

Dagegen ist der Nationalismus verbreitet. Es gibt zwei Sorten: den mit monarchistischen Tendenzen und den als Erbe der. Freiheitskämpfer von Valmy.

Das Wahlsystem in Frankreich ( Haupt- und Stich­wahlen: Abschaffung der Verhältniswahl) bringt Koali. tionen hervor. Man muß übrigens die Zahlen verdoppeln im Vergleich zu denen anderer Länder. denn bekanntlich besteht in Frankreich kein Frauenwahlrecht Die Kommu nisten haben 780 000 Stimmen im Mai 1932 gehabt, hätten also Anrecht auf 40-45 Mandate, haben aber nur 10. Die Sozialisten standen mit 2 Millionen Wählern da. aber nur 10 Prozent sind organisiert. Die Radikalen erhielten

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1,7 Millionen Stimmen: Im ganzen zählte die Linke 5 Mil- lediglich dem Empfänger auferlegte, so besteht kein Band lionen, die Rechte etwa 4.

Bei den Stich wahlen gilt die Theorie des kleineren Uebels,

die bis 1928 auch von den Kommunisten befolgt wurde. Aber 1928 änderten die Komintern ihre Politik. Aber die Arbeiter befolgten zum großen Teil nicht die Parole, durch die systematisch die ärgsten Feinde der Arbeiterklasse gewählt werden mußten. Ich selbst kam in der Stichwahl von 7200 auf 10 000 Stimmen: ein Teil rührte von den Radikalen her, aber 1600-1700 kamen von den Kommunisten.

Die Hauptgegenden der Kommunisten sind Paris ( wo sie stärker sind als die sozialistische Partei, teils infolge der großen Auflage der Humanité", während sie weniger als 10 000 Pariser Mitglieder haben) und in den Industrie­städten des Nordens wie Lille , Tourcoing , Roubaix , Valenciennes . Zum Syndicat unitaire gehören von 200 000 organisierten Metallarbeitern höchstens 5-6000. Der Citroen- Streik verlief ohne Resultat.

den

Die Radikalen haben den größten Teil der Arbeiter­schaft verloren, nur in Saint- Etienne , wo Sonderverhältnisse obwalten, und vielleicht auch in Lyon , wo Herriot gewählt wurde, haben sie noch Arbeiterstimmen. Aber ein großer

Teil der Bauern im Westen und im Osten, z. B. auch in Lothringen , wählt radikal. Ein Teil der radikalen Abgeord­neten ist infolge der Parole: Il faut barrer la route à la réaction" in der Stichwahl durch Sozialisten und ,, ungehor­same" Kommunisten gewählt.

Die gemeinsame Weltanschauung aller Radikalen ist der alte französische Antiklerikalismus. Im übrigen stehen von den 160 Abgeordneten der Radikalen etwa 50 links. ein weiterer Teil sind Republikaner , aber mit préjugés in sozialer Hinsicht( wie Herriot ). der Rest sind die in der Stichwahl gegen die Sozialisten Gewählten, die nach rechts ziehen.

Der Druck der Hochfinanz. der Börse. ist groß. Diese Kreise wollten die Gehälter der Staatsbeamten haupt­

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sächlich deshaib vermindern. um einen Druck auf die Löhne in der Privatindustrie ausüben zu können; denn budgetmäßig fällt die Verminderung der Beamtengehälter nicht sehr ins Gewicht.

Wir haben uns von der Abstimmung ferngehalten, um einen vierten Sturz eines Ministeriums zu vermeiden; außerdem haben wir die Freilassung der Einkommen bis 12.000 Franken und gewisse Milderungen erreicht.

Außenpolitisch haben wir die schweren Irrtümer des Friedensvertrages bekämpft, die neben anderen Gründen wie Arbeitslosigkeit, Spaltung der Arbeiterklasse usw. einer der Gründe des Scheiterns der deutschen Republik war. Es ist hoffentlich eine Täuschung, daß man jetzt die Zugeständnisse, die man der Republik verweigerte. dem Hitler- Deutschland machen woe. Der Völkerbund muß gestügt werden und der Ausgangspunkt von Verhandlungen sein: ist es mit dem Völkerbund vorbei. ist die Kriegsgefahr größer. Dunkel und seltsam ist es, daß derselbe Abgeordnete Ybegaray, der ganz rechts steht. jetzt direkte Verhandlungen mit Hitler fordert da steckt etwas dahinter!

Die Aufgabe der Sozialisten ist, den Frieden zu erhalten und die Beziehungen der Arbeiterschaft aller Länder zu bessern.( Lebhafter Beifall.)

Nach einer kurzen französisch geführten Diskussion betonte Longuet, daß die Taktik der Fernhaltung von der Abstimmung durch Mehrheitsbeschluß her­beigeführt sei. Der Untergang der deutschen Republik sei, trots allem. im wesentlichen mit durch die erste Hinden. burgwahl herbeigeführt worden

Ein verloren gegangener Einschreibebrief

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zwischen den Düsseldorfern und dem Nizzaer Hotel, und die Klage des dritten Reiches" wurde vom Handelsgericht auf Kosten des Vaterlandes der Gleichschaltung abgewiesen. Denn da die französischen Referendare immer noch nicht wie die deutschen den Justinian durch Felddienstübungen er­setzen, gelten in diesem Lande immer noch die Fetzen Papier ".

Uebrigens eine Nebenfrage: wieviel Briefe läßt die Hitler­Post, so nebenbei, verloren" gehen? Der ,, Eintreiber" wird hoffähig

Die Unsterblichen der französischen Akademie haben das Wörterbuch weiter durchgesehen Sie haben u. a. das Wort rabatteur( den Treiber bei einer Treibjagd) in der Bedeu­tung: Zutreiber" bei Geldgeschäften und Eintreiber" für Parteien durch Propaganda aufgenommen. Gewissermaßen ist also der ,, Trommler" des politischen Lebens jetzt auch an der Seine hoffähig geworden.

Der alte Vater Rabelais . Urvater des Humors und des Fressers Gargantua. wurde durch Aufnahme des Adjektivs Rabelaisien und natürlich auch des Feminimums Rebelaisienne

geehrt. Uebrigens im selben Moment. wo der Musikkritiker des Temps" darüber weint, daß., Gargantua". die Oper von Antoine Mariotte , die man bisher nur durch Bruchstücke bei den Pasdeloup Konzerten kennen lernte. nach fünfzehn Monaten Vorarbeit von der Opéra Comique verlassen wurde. Die Arbeit der Unsterblichen ist dann bis zum racahout gediehen, worunter man eine süße Speise aus dem Orient.zu verstehen hat.

Im neuen Jahre verteilen die Unsterblichen zwei Preise von je 4000 Francs: einen für ein Gedicht on 100 bis 300 Versen über die Eroberung der Lüfte und einen für einen anderen Ausflug in das Land der Musen.

Das Hakenkreuz im Vel' d'Hiv' Im Velodrome d'Hiver war am Sonntag der amtliche Einzug des Hakenkreuzes zu verzeichnen nachdem dieses Symbol, unter dem so oft Siegreich wolln wir Frank. reich schlagen" gesungen wurde. die offizielle Fahne des ..dritten Reiches" geworden ist. Die deutsche Loge war mit dem Banner geschmückt, unter dem noch kürzlich die Sedan­Feier als Tag der nationalsozialistischen Parteitage ein­geführt wurde.

Allerdings war die Parade des Hakenkreuzes auf blut­rotem Grund an diesem Vorweihnachtstage in dieser Stadt, in der der Weihnachtsmann, der Père Noel, nicht mit wilden Hitlerblusen umzugehen pflegt wie drüben, nicht besonders günstig, Denn die Hauptaufmerksamkeit war auf das große Match Archambaud- Richard gerichtet; die Deutschen mit dem Match France- Allemagne liefen bloß Vorgericht". Außerdem fing die Geschichte zu spät an. und das Pariser Publikum, das durch 8 Grad Kälte gezogen kam, fing an zu johlen, bis endlich die Vedettes" erschienen.

Bei den Stayers fiel das Hakenkreuz hintenüber. Erster wurde der Franzose Wamb st. noch dazu ein Lothringer ( trotz der Enthüllungen des Petit Parisien" ist es ja noch nicht gelungen, das Wambst- Land zu annektieren). Schindler und Möller aus dem dritten Reich" lagen an 2. und 3. Stelle vor Paillard.

Bei den Sprinters war ein Sieg der Franzosen von vorn­herein zu erwarten. Immerhin erzielte Richter eine Gleich­wertung mit Gérardin. Das Klassement war auch hier wieder: 1. Frankreich 30, 2. Deutschland 30" ³/ s.

Filmtagung in Paris

Sgr.

In Paris fand eine internationale Tagung der Film­firmen statt, an der Scheuermann. Dr. Plugge und Hoff­mann von der deutschen Filmkammer teilnahmen. Es wurden Beschlüsse über die Beschränkung der Autoren­rechte gefaßt. Diese gehören nach Auffassung der Film­produzenten restlos ihnen

Die Aufführung eines Tonfilms schließt nach einer wei­teren Erklärung nicht notwendig das Recht ein, die Musik­rechte an die Eintreibe- Gesellschaften zu bezahlen, da es sich um Verträge zwischen Produzent und Autor handele.

Der Komponist werde weder durch die Berner Konvention noch durch die Gesetzgebung der Staaten gehindert, dem Produzenten das Recht des Vortrags neben dem der Auf­führung gesondert zu übertragen Die Satzungen der Ein­treibe- Gesellschaften, die dem entgegenständen. seien gesetz­lich nicht verbindlich.

Verlangt wurde, daß beim Brüsseler Kongreß sich unter den Ländervertretungen ein Film produzent befände, der die Interessen der Kinoindustrie vertreten könne.

Weitere Beschlüsse richteten sich gegen die Film- Steuern in den verschiedenen Ländern.

Selten wurde eine kapitalistische Internatio. nale so unumwunden, so deutlich sichtbar. wie auf diesem neuen Bündnis gegen die Geistesarbeiter zu Paris ...

Die Filiale der Deutschen Bank schickte eines Tages, als sie heute hält sie wohl ihren noch nicht gleichgeschaltet war Winterschlaf bei gefrorenen Krediten einen Einschreibe­brief mit 20 Hundertmarkscheinen an Herrn Charles Sejerhag Nizza, in einem Als diese Sendung eintraf. war aber der Mann mit dem skandinavischen Namen schon weiter gefahren. Der Brief­träger, statt den Einschreibebrief in die schöne Stadt am Rhein zurück zu adressieren, gab aber die Sendung dem Pförtner, und der wechselte Ende der Riviera- Saison den Play, und die zwanzig blauen Scheine weilten nicht mehr unter Palmen...

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Nunmehr stiftet Adolf anscheinend auch darin Ordnung". Er verklagte den Erbfeind in Gestalt des Hotelbesitzers in Nice auf zwanzig Blaue. Aber da der Artikel 21 der fran­ zösischen Ausführung der Londoner internationalen Post­konvention von 1929 die Auslieferung von Einschreibebriefen

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