Donnerstag, den 21. Dezember 1933
Mit Kardinal Faulhaber gegen die germanischen Neuheiden
Von dem Münchener Kardinal- Erzbischof Dr. Faul. haber ist bekannt, mit welch unerschrockener Energie er gegen das neugermanische Heidentum hinter der Hakenkreuzkulisse ankämpft. Die neuen bayrischen Machthaber hätten ihn längst nach Dachau gebracht, hätte sich nicht der Reichsstatthalter Ritter von Epp in besserer Kenntnis der bayrischen Volksseele für ihn eingesetzt.
Aber Faulhaber steht keineswegs allein im katho lischen Bezirk seines Landes. Zu seinen Gesinnungsfreunden gehört der Regensburger Bischof Dr. Michael Buchberger. Am 30. November sprach er, wie wir heute auf Grund eines zugegangenen Berichtes erfahren, in einer ,, Feierstunde deutscher Kultur" über ,, Was haben Wagner, Bruckner und Reger der heutigen deutschen Kunst zu sagen".
Die Rede des Regensburger Bischofs war eine bemerkenswerte Auseinandersetzung mit Hitlers sogenannter KulturRede auf dem Nürnberger Parteitag der NSDAP . Hitler hat
wahres und ernstes Wort", setzt Buchberger warnend und mahnend hinzu.
Seine abschließenden Betrachtungen faßte der Regens burger Bischof in folgende Sätze zusammen: ,, Nicht bloß für die christliche Religion, auch für Kunst und Kultur ist es eine Lebensfrage, ob wir uns der Gottlosigkeit und Glaubenslosigkeit unserer Tage erfolgreich erwehren, nicht bloß der bolschewistischen, sondern auch jener, die in neuheidnisch- germanischer Form auftritt. Auch vom Standpunkt der christlichen und deutschen Kunst und Kultur ist es ein dringliches Gebot der großen und sorgenschweren Stunde, daß alle gläubigen Christen in Wort und Tat einen Wall bilden gegen das Eindringen dieses Neuheidentums in das Denken und Leben des deutschen Volkes."
es, so sagte Buchberger, als Pflicht der Nation bezeichnet, Das Nachspiel
Das ist deutlich. Man versteht, daß nicht nur der bayrische Ministerpräsident und sein Innenminister über die Bischöfe erbost sind, sondern daß daneben auch die kleineren Nazigrößen energisch gegen diese„ konfessionelle Hetze" vorgehen. Im„ Oberpfälzischen Kurier" wurden diese Ausführungen des Bischofs abgedruckt. Was geschah? Der Weidener erste Bürgermeister und Nazi- Ortsgruppenführer erließ eine geharnischte„ Dringende Verwarnung" gegen denen am schärfsten gedroht ,,, die, nachdem eine parteipolitische Hetze nicht mehr möglich ist, konfessionelle Hetze treiben".
,, den Menschen die nötige Ehrfurcht beizubringen vor dem Großen der Vergangenheit". Das ist, erklärte der Bischof, ,, ein sehr zeitgemäßes Wort in einer Zeit der Irrungen und Wirrungen, der Gleichmacherei und konstruktiven Neutönerei, wo viele das Schaffen einer früheren Zeit nur benörgeln und herabsetzen, weil sie es nicht kennen und weil sie mit herber Kritik über andere die eigene Hohlheit verschleiern wollen. Phrase und Seichtigkeit haben zur Zeit Hochkonjunktur, namentlich auf dem Gebiete des Religiösen." Dem Dema- ,, alle, die Miesmacherei treiben". Darin wird besonders gogen Hitler, der sich so gerne als Wagnerverehrer dem Volke vorstellt, sagt der Regensburger Bischof:" Große Männer und Meister haben sich durch ernste und gründliche Studien in die Werke ihrer Vorgänger vertieft. Das Wort Wagners: ,, Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst", war ihm nicht bloß eine gelegentliche Bemer. kung, sondern ein Programm." Ja Buchberger wird noch deutlicher, auch wenn er sich anscheinend nur mit Wagner beschäftigt. ,, Wagner fragt einmal" sagt Buchberger-: ,, Woran geht unsere ganze Zivilisation zugrunde?" Und er antwortet:„ An dem Mangel an Liebe." ,, Das ist ein
Zwei Schnitzer
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Werden die bayrischen Bischöfe schweigen, wenn die Nazigrößen drohen? Das ist nicht anzunehmen. Zu gut ist die katholische Kirche über die Stimmung im Volke unterrichtet. Sie weiß, daß Bayern zwar überwältigt wurde von den Hitler- Machthabern, innerlich aber nicht von Hitler erobert ist und nicht erobert wird. Die katholische Kirche , die in Bayern immer größten politischen Einfluß besaß, will beim Zusammenbruch der Hitlerei nicht zu Schaden kommen.
Es muß für den Buchverlag Ullstein sehr schwer gewesen sein, die ,, Weihnachtsbücher 1933" auszuwählen. Man gab sich die redlichste Mühe: Richthofens Kampffliegerbuch mit einer Einleitung von Göring usw. Aber bei aller Vorsicht und dem feinen Einfühlungsvermögen ist ein schrecklicher Irrtum unterlaufen". Braun angelaufen wird der NaziZellen- Obmann zum Verlagsdirektor laufen, mit Recht fragen, wie so etwas im Deutschland von heute möglich ist: Ehm Welk , der in einer anderen Zeit linksgerichtete Theaterstücke schrieb, Redakteur der ,, Morgenpost" ist, hatte seinem Verlagsdirektor ein Buch„ ,, Die schwarze Sonne" vorgelegt. .Die schwarze Sonne." Ein herrlicher Titel. Die SS. als Sonne? Nein. ,, Die schwarze Sonne" behandelt das Leben Emin Paschas. Der Verlagsdirektor ließ das Buch drucken und ein Redaktionskollege von Ehm Welk bespricht ,, Die schwarze Sonne"( ,, Morgenpost" vom 3. 12.),„ das" deutsche Weihnachtsbuch: Ehm Welks Werk sei erfüllt von ..der Tragik der deutschen Seele, von dem Zwiespalt deutschen Kampfes und von dem künftigen Morgenrot endlichen deutschen Sieges". Warum sah der gute Referent nicht in einem Lexikon nach er hätte die schwarze Schmach der ,, schwar
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Zu Ernst Toller :„ Eine Jugend in Deutschland." QueridoVerlag( Amsterdam ).
Unscheinbar, beinahe belanglos beginnt das Buch mit Kindheits- und Schülererinnerungen. In die Studienjahre gellen die Kriegsfanfaren. Im Rausche des Gefühls" tritt auch der junge Toller als Kriegsfreiwilliger ein. Noch an der Front, glaubt er lange an die Notwendigkeit des Krieges, bis allmählich und schmerzlich die Wandlung sich vollzieht. Entscheidend wird aber erst die Begegnung mit Kurt Eis. ner. Bald darauf wird Toller wegen eines Flugblattes für den Münchener Munitionsarbeiterstreik verhaftet und, obwohl er durch Krankheit kriegsuntauglich geworden war, wieder in die Uniform gesteckt, vor ein Kriegsgericht gestellt und als Landesverräter verurteilt. Militärgefängnis und Irrenhaus sind die letzten Stationen dieser Zeit, die der Zusammenbruch beendet. Toller steht auf dem linken Flügel der revolutionären Front, wird im weiteren Verlauf aktives Mitglied der Münchener Räteregierung, nach deren blutiger Niederwerfung er zu fünfjähriger Festungshaft verurteilt wird. Mit der Entlassung nach voller Verbüßung der Strafe schließt das Buch, das in der Schilderung der Kriegs- und
mulsonis tion toologists?
Alles in einen Top
Die Dichter und die Denker,
O Volk, sind längst emigriert, Die Köche und die Henker, Die haben besser floriert! Zum Feiertag dem Koche Sein Eintopfgericht,
Dem Henker auch in der Woche
Sein Einkopfgericht!
Menschlich richten und menschlich essen? Weg mit dem alten Zopf,
Weg mit humanen Finessen; Alles in einen Topf!
Heut machen sie weiter Geschichte Nach dem Eintopfideal:
Dem deutschen Eintopfgerichte
Folgt die Eintopfwahl.
Auf der Liste nur die, die dich schröpfen? Deutscher, mach dir nichts draus!
Es sieht halt in ihren Köpfen Wie in ihren Töpfen aus:
Herr Hitler im Braunhemd am Steuerrad Und im Frackhemd mit braunem Knopf Herr von Papen und Herr von Neurath, Alles in einen Topf!
Fahrt zu mit dem deutschen Schiffe! Ob auch die Phrase dampft:
Schon knirscht der Kiel an die Riffe, Schon schlingert der Kahn und stampft; Bald wird man ihn nicht mehr vertragen, Euren Eintopfsudelschmaus, Dann speit der mißhandelte Magen Die braune Suppe aus.
Das Volk wird Schiffleins Lenker, Hebt frei den verwirrten Kopf Und speit die Köche und Henker Alle in einen Topf!
Josmelis od
Wawezinek Jnd is
Muttersprache, Mutterlaut....
Mostar. idbestitaA
Im Zweig Braunschweig des Deutschen Sprachvereins" hielt der neue Vorsitzende nach der Gleichschaltung seinen ersten Vortrag über das Thema:„ Die Sprache im dritten Reich". Er wies darauf hin, daß ähnlich, wie das deutsche Volk mit seinem biologischen Erbgut verschwenderisch und leichtfertig umgegangen sei, so auch mit der Muttersprache, von deren Wert und Würde die wenigsten einen Begriff haben.
Der Redner sah vor allem drei Gefahren: den Sprach. unsinn, die Großrederei, bezeichnet dadurch, daß große Worte für kleine Gedanken gemacht werden,( Hitler: Mein Kampf) und den Sprachverrat, der darin bestehe, daß man fremde Wörter für wesenseigne nähme. Viele Volksgenossen empfänden das fremde Wort schon gar nicht mehr als Fremdkörper, und sie zeigen damit, wie weit die Zersetzung schon gediehen ist! rief er aus. Der Herr Vortragende hört auf deu urdeutschen Namen Wawrzinek, Dr. phil. , Braunschweig.
zen Sonne" so leicht erkennen können, selbst im„ Knaur“ Revolutionserlebnisse Tollers über das persönliche Erlebnis Die nichtarischen Hörner
ist ein„, sprechendes" Bild von Emin Pascha , er hätte sich nur dieses Bild ansehen müssen aber es ist doch zu nett, daß er das Bild nicht sah, daß er den Text nicht las, denn der Mann, dessen Leben erfüllt ist von der ,, Tragik der deutschen Seele, von dem Zwiespalt deutschen Kampfes und von dem künftigen Morgenrot endlichen deutschen Sieges", war Arzt in Oppeln , ein jüdischer Arzt, hieß, bevor er den Titel Emin Pascha erhielt: Dr. Isaak Eduard Schnitzer .
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Einen fast ebenso großen Schnitzer leistete sich Dr. Duisberg- Ach a z. Der IG.- Farben- Sohn will wieder Direktor im Berliner Deutschen Theater spielen. Selbst die ,, Wilhelm Tell - Aufführung der vergangenen Saison, die Hitler . mit seinem Besuche auszeichnete, konnte Achaz nicht vor der Pleite retten. Jetzt glaubte Achaz eine ausgezeichnete Idee zu haben, alles war vorbereitet, das Geld von Papa und auch die Zusicherungen von nationalsozialistischen Besucherorganisationen" lagen bereit die„, BZ." schrieb schon, daß der Abschluß des Pachtvertrages zwischen Max Reinhardt und Dr. Ludwig Duisberg- Achaz nunmehr getätigt werden kann, Max Reinhardt hat den Pachtvertrag in Paris bereits unterfertigt und nach Berlin gelangen lassen" da machte ihm eine Frau Schwierigkeiten, eine Frau, von der Achaz alles erwartet hätte, daß sie nicht mehr lebe, daß sie dankbar sei, mit IG.- Farben braun auf die Bühne gebracht zu werden-: die große Selma Lagerlöf stiftete das Honorar für ihre letzte Arbeit deutschen Flüchtlingen. Selma Lagerlöf existiert für das„ ,, dritte Reich" nicht mehr.
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Achaz große Theater- Idee", die selbst den alten Duisberg zum Geldgeben wieder animierte, die ihm wieder Mut gab, das Deutsche Theater zu pachten, war nämlich eine neue Dramatisierung von Selma Lagerlöfs Gösta Berling". Die„ BZ." schreibt:...Dr. Duisberg- Achaz hat den Vertrag gestern noch nicht perfektioniert, da er dem Plan, Gösta Berling" von Selma Lagerlöf. in einer neuen Dramatisierung aufzuführen, in den letzten Stunden zurückgestellt haben soll und nunmehr nach einem anderen geeigneteren Eröffnungsstück fahndet."
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Das muß man sich vorstellen. In letzter Stunde gab Göbbels einen Wink. Und Generaldirektor Duisberg läßt seinen Benjamin weiter fahnden. Oder: Achaz als Diogenes , der einem Menschen begegnete: Selma Lagerlöf .
hinaus ein Stück Zeitgeschichte ist.
Wir haben diese Zeit miterlebt, aber was sie bedeutete, was in ihr sich vorbereitete, daß sie das Vorspiel der deutschen Tragödie von 1933 war, das wissen wir in voller Schärfe erst heute. Wo, bei wem liegt die Schuld? Das Geschehen dieser Zeit gibt die Antwort: der tragische Kampf der Revolutionäre untereinander und gegeneinander, die furchtbare Zersplitterung der Arbeiterbewegung kommt der Reaktion zugute; die Niederlage der deutschen Republik, 1933 besiegelt, wird schon vorbereitet, als sich die streitenden Brüder noch gegenseitig die Köpfe blutig schlugen.
Gleichviel, ob der Leser dem Verfasser dieser Aufzeichnungen in allen Urteilen und Auffassungen recht oder nicht recht gibt, ob er die„, Schuldigen" in diesem oder in jenem Lager des Bruderkampfes suchen will wer damals der wahre Sieger war, ist nicht mehr zweifelhaft. Und das ist das Schmerzvolle dieser Lektüre wie aller rückschauenden Betrachtungen, die wir heute angesichts der deutschen Tragödie anstellen müssen: die Erkenntnis, wie unheilvoll verstrickt und verkettet die Republik selbst und in ihr die zersplitterte ihrer rachsüchtigen Feinde Vorschub geleistet hat.
Ein Vergleich.
Professor Dr. J. von Uexküll schreibt in einem Büch lein: ,, Staatsbiologie":" Wenn in einem gemischten Orchester die Hörner so zahlreich geworden sind, daß sie die Streichinstrumente übertönen, wird der Kapellmeister ener gisch durchgreifen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Niemand wird es daher einem Staatsleiter verübeln, wenn er der Ueberfremdung der Staatsorgane durch eine fremde Rasse Einhalt gebietet."
Dieser Vergleich hat einen Haken. Ein sorgfältiger Dirigent würde die überzähligen Hörner schonen. Er würde sie sich zum gelegentlichen Einsatz gut aufheben und nicht dulden, daß sie unbrauchbar gemacht und zerbrochen wer den. Kapellmeister à la Uexküll haben das große deutsche Staatsorchester in eine Kombination von Blasinstrumenten verwandelt, in dem ein paar„ Hörner" Labsal wären.
Fritz Schuhmann.
Gewisse sogenannte Verbrechen sind das heiligste, was die Natur des Menschen aufzuweisen hat, z. B. Ketzerei, Empörung, Selbstmord. Was die Vernunft und das Göttliche in uns als groß bezeichnet, hat der Despotismus und die Dummheit zu Schande und Tod verurteilt. Die Menschheit hat sich das wenige Licht. dessen sie genießt, durch Unglauben und Forschergeist errungen. Die Gerechtigkeit wird nur durch kühnen Verstand gegen die Selbstsüchtler festgesetzt. Wo ich in der Würde meiner Natur ohne Beeinträchtigung des Heiligsten nicht mehr leben darf, verlasse ich das Gewühl der Verworfenheit, der Sklaverei und Tyrannei.
J. G. Seum e.
Im ,, Börsenblatt für den deutschen Buchhandel" findet man folgende Ankündigung:
Die Schrift hat längere Zeit gefehlt. Sie wird gerade heute größtem Interesse begegnen, behandelt sie doch ein Thema, das heute Millionen Deutsche beschäftigt. Wälsung führt eine grundlegende Aenderung der bisherigen Anschauungen herbei. Die Schrift bedeutet eine Ehrenrettung des höchsten Ariers.
Jesus wurde bekanntlich gekreuzigt, weil er ein Nationalsozialist war, eigentlich Wotan hieß und für das dritte Reich" agitierte; alle anders lautenden Berichte sind jüdische Verleumdungen und Ehrabschneidungen Aber Gott sei Dank hat, nach beinahe zweitausendjähriger Fälschung des rassischen Tatbestandes, Herr Widar Wälsung die Ehre des höchsten Ariers gerettet.