Saarabstimmung vor dem Völkerbundsrat

Im Januar 1934 sollen entscheidende Beschlüsse fallen

Genfer Glatteis

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Herr Hitler hat wieder einmal die Rückgabe der Saar ohne Abstimmung gefordert was nicht gerade be­weist, daß er der Abstimmung so 98prozentig sicher ist, wie es seine Fanfarenbläser an der Saar täglich in die Luft schmettern. Zur gleichen Stunde aber wird bekannt,

,, deutschen Front", abgesehen von den wilden und berufs­mäßigen Gleichschaltern, niemand tragisch nehmen- auch die meisten von denen nicht, die so tun zu müssen glauben, als würden sie krank vor Sehnsucht nach Hitlers Despotie. Sie haben immer auch anders ge. konnt!

daß die 78. Ratstagung am 15. Januar 1934, also im näch Täuschung und Tarnung

sten Monat, auf ihrer Tagesordnung auch einen Punkt verzeichnet, der sich mit vorbereitenden Untersuchungen bezüglich der im Versailler Vertrag vorgesehenen Saar­abstimmung befassen will. Allerdings gehört Herr Hitler diesem Völkerbundsrat nicht mehr an, was diesen seinen kleinen Betriebsunfall vielleicht verständlicher macht, wenn es auch seine heiße Liebe" zum Völkerbund nicht vermehren wird.

xibol

Aber gerade die nächste Völkerbundsratssitzung wird aller Wahrscheinlichkeit dartun, wo Herrn Hitlers do p pelte Schmerzen wegen der Abstimmung liegen: näm­lich einmal in der ständig wachsenden antifaschistischen Freiheitsfront an der Saar , die das wahre Deutschtum gegen Hitler vertritt, und ein zweites Mal in der unwider­leglichen und dokumentarischen Feststellung des Terrors seiner Kameraden" an der Saar , deren nach jeder Rich­tung hin illegale Arbeit sich bis zu Sprengstoffatten­taten gesteigert hat.

Nun sieht aber der Versailler Vertrag vor, daß die Saar abstimmung, falls sie angesetzt werden sollte, unter allen Umständen frei, unabhängig und geheim vor sich zu gehen hat. Diese conditio sine qua non steht in einem unlösbaren Widerspruch zu den Methoden und zum Wesen des Hitlerfaschismus, der sich selbst aufgäbe. wenn er auf seinen hundertprozentigen offenen und ver­steckten Terror verzichten wollte.

Wenn man sich weiter darüber klar geworden ist, daß jene besonders entwickelte und spezifische Terrorart des Gewissenszwanges unter Schaffung und Nährung von Zwangsvorstellungen, die aus der Angst und der Furcht vor der gegenwärtigen und zukünftigen Gewaltandrohung geboren werden, überhaupt eine freie und unbeeinflußte Abstimmung unmöglich machen, was wiederum zur Folge haben muß, daß der Völkerbundsrat die Abstimmung bis auf einen Termin hinausschiebt, an dem er die Bedingungen der Abstimmung rest­los gewährleisten kann dann begreift an den anderen Teil der Eile des Herrn Hitler bezüglich aber abstimmungslosen Rückgabe des Saargebietes in sein vergewaltigtes Land der Konzentrationslager und der großen Kaserne des Revanchekrieges.

Auch dem Völkerbundsrat ist klar, daß selbst die besten Gesetze der Regierungskommission, die zuverlässigste und erfolgreichste Polizeiegekutive und die loŋalste Militär­truppe zwar äußere Gewalttat, nicht aber die unter der Decke vor sich gehende und mit den schlimmsten und illoyalsten Mitteln betriebene, sorgfältig getarnte Terror arbeit verhindern können. Gewiß ist manches erreicht, menn erst einmal die Zuverlässigkeit in Erziehung, Justiz, Berwaltung und Exekutine restlos durchgeführt wäre,- aber die Demokratie, auch die des Völkerbundes, darf nicht einen Augenblick übersehen, daß das demokratische Mittel einer Volksabstimmung nur zwischen Gegnern, die sich gegenseitig fair play garantieren und die selbst inner­halb der Demokratie stehen, möglich ist und nur dann

Die Volksstimme" schreibt:

M. B.

Es steht schlecht um die Nazi- Sache an der Saar . Die

stritten ist. Eine heftige und wachsende Oppo= sition ist am Gange. die sich auch an den obersten Nazi­stellen mit ihrer Auffassung behaupten will.

Freilich, einigen der Opponenten ist ihre Haltung schlecht bekommen. Als sie sich in den Zug setzten, um ihr Material an maßgebendem Ort zu unterbreiten, wurden sie in Neu­stadt von der Geheimen Staatspolizei ver= haftet und ihr Material über die Mißwirtschaft der Nazis an der Saar unter Spaniols Leitung beschlagnahmt. Es handelt sich um vier jaarländische Mitglieder der NSDA P., die nach ihrer Entlassung aus dem Hitler­Kerker allerhand zu berichten haben werden.

von ihr gebildete jogenannte dentiche Front" kann in einer Das Mitgliedsbuch des Attentäters

ganzen Reihe von Orten nicht zustandekommen, da ein Teil der Katholiken mit Recht Widerstand leistet und Gott mehr gehorcht als den Menschen.

Einer der neuesten Tricks, mit dem die Nazis in den letzten Tagen haufieren gehen, ist das Unterschriftsammeln für die sogenannte deutsche Front". In den einzelnen Dörfern geht man von Haus zu Haus und versucht mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln, die Leute zum Unter­schreiben eines Aufnahmescheines für die deutsche Front" zu gewinnen.

Mit dieser auf Täuschung, Tarnung, Ränken, Schlichen, Liften und Lügen beruhenden Propa gandaarbeit soll der Völkerbundsrat im Januar bombardiert werden, um ihn für Hitlers Forderung auf fofortige abstimmungslose Rückgabe des Saargebietes geneigter zu machen. Man möchte vor dem Völkerbundsrat und der Weltöffentlichkeit den Eindruck erwecken, als gäbe es an der Saar nur Hitleriden und das gute, wahre, echte, fried: liebende Deutschtum sei dort überhaupt nicht vorhanden. Die gleichgeschalteten Herrschaften übersehen nur eins: das Ausland weiß viel besser über die Saar und den Naziterror Bescheid, als sie glauben oder wahr haben wollen. Und wir werden dafür sorgen, daß die Stimme des freiheitlichen Deutschtums an der Saar in Genf ebenso wie in allen Völkers bundsratsstaaten gehört werden wird. Das Recht muß uns doch bleiben!

Saar - Nazis verhaftet

Die Geheime Staatspolizei nimmt sie fest

Es ist bekannt, daß die Nazi- Führung an der Saar , die in den Händen des 29jährigen Spaniol liegt, keineswegs unbe­

Verlegene Ausflüchte

Ein gleichgeschaltete Saar - Korrespondenz schreibt gegen­über Meldungen der ausländischen Presse über das Saar­ brücker Sprengstoff- Attentat:

Es ist unwahr, daß Schäfer jemals im Besitze eines Mitgliedsbuches der NSDAP . Saargebiet gewesen ist, aus dem einfachen Grunde, weil Schäfer niemals Mitglied der NSDAP . war und auch heute erst recht nicht ist. Wahr ist lediglich, daß Schäfer sich vor kurzem bei der Partei ange= meldet hat, eine Aufnahme aber nicht erfolgt ist. Im Be­fitze eines Mitgliedsbuches aber konnte er erst recht nicht sein, da ein solches erst ein Jahr nach erfolgter Aufnahme aus­gegeben wird. Was bei Schäfer gefunden wurde, ist nicht s mehr und nichts weniger als die gelbe Versiche rungsfarte der Hilfskasse der NSDAP .", einer Versicherungskasse gegen Unfälle, der jeder angehören muß, der zum Eintritt angemeldet ist. Eine Anwartschaft auf Auf­nahme oder gar eine Bescheinigung der Zugehörigkeit zur Partei stellt diese Karte in feiner Weise dar."

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Die Verlegenheit dieser Mitteilung liegt klar zu Tage. Der verhaftete Schäfer soll abgeschüttelt werden: nicht eine Mitaliedskarte, sondern eine Versicherungskarte der NSDAP . hat er bei sich gehabt! Plumper und durchsichtiger fann man nicht sein, um sich von einem Menschen zu distan­zieren, der sich vorher der engsten Beziehungen zur Hitler­Partei erfreut.

Wir erfahren noch, daß die Wirkung der Sprengmasse un= geheuerlich gewesen wäre, hätte ein glücklicher Zufall nicht die Explosion verhindert. Wäre sie im Eisenbahnzuge erfolgt, so hätte der ganze Zug zerstört werden

fönnen.

Alles gefälscht- alles erlogen!

Der Luxemburger Sender berichtigt

Noch immer hat die Saarbrücker Zeitung " ihren tollen Hereinfall mit dem Geheimprotokoll" über die Inter­nationale Sozialistenkonferenz in Paris nicht zugegeben. Es ist inzwischen nachgewiesen worden, daß in dem Protokoll"

1. zwei Redner aufgeführt sind, von denen der eine wäh­rend der Konferenz überhaupt nicht in Paris war und der andere als Gast nicht sprechen durfte und nicht ge­sprochen hat;

2. daß die Redner und die antifaschistische Entschließung genau das Gegenteil eines Präventivkrieges und des Einmarsches von ausländischen Legionen vertraten.

Nun meldet sich auch noch der Luxemburger Sender zu Wort. In der Kölnischen Zeitung ", nicht in der Saarbrücker Zeitung " liest man:

ein untrügliches Barometer der wahren Meinung des Bol. Große Spionageaffäre 9210

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kes darstellt, daß aber der weder Demokratie noch Selbstbestimmung noch Gleichberechtigung anerkennende Faschismus sich des demokratischen Mittels der Abstimmung nur bedient, um seinen Sinn und seinen Vollzug zu verfälschen.

Das ist das zunächst entscheidende Pro. blem der Saar - Abstimmungsfrage, und man muß erwarten, daß die vertragstreue und demokratische Weltöffentlichkeit vor allem über diese Frage sich schlüssig wird, ehe an Spezialfragen herangegangen werden kann. Deshalb glauben wir nicht, daß die nächste Ratstagung, wie das die gleichgeschaltete Presse meldet, sich mit dem Datum der Abstimmung, mit der gemeinde- oder be zirksweisen Abstimmung usw. befassen wird. Es wird wohl vielmehr zu einer Ausschußwahl kommen, die der ein halbes Jahr später stattfindenden Ratstagung im Mai oder Juni das Ergebnis ihrer Untersuchungen vorzu­legen haben wird, während im übrigen schon jetzt auf den Terror des Hakenkreuzes an der Saar aus Genf jene unzwetdeutige Antwort erfolgen muß, die längst fällig ist und nachdrücklichst an jene oben bereits erwähnte conditio sine qua non erinnert, ohne die der Völker­bundsrat die Abstimmung nicht ansetzen wird und kann. Im übrigen wird die nächste Völkerbundsratstagung bereits überschattet sein von der großen diploma.

Verhaftungen in Paris Paris

, 21. Dez. Die Morgenblätter bringen weitere Einzel­heiten über die durch die Verhaftung von zehn Personen, meist Ausländern, in Paris aufgedeckte angebliche Spionage­angelegenheit.

Nach dem Journal" soll das gesamte mit der Untersuchung

zusammenhängende Spionagenez etwa 50 Personen umfassen, von den zehn verhaftet worden sind. Die Gruppe von 50 Per­sonen ihrerseits soll nur eine Art Unterabteilung einer Or­ganiſation sein, die in allen Ländern Europas und vielleicht der Welt überhaupt Verästelungen befize. Die Führer der Abteilung hätten in Frankreich gefaßt werden können. Unter den Verhafteten befinde sich, wie schon gemeldet, ein Ueber­setzer des französischen Marineministeriums, der, wie Jour­nal" außerdem berichtet, dort im Chiffrierdienst angestellt gewesen sei. Es handele sich bei der Organisation, deren Auf­deckung die Pariser Polizei bereits seit März verfolge, um Zuträger eines internationalen Büros, dessen Sitz an sich von einer Stadt in die andere verlegt werde, dessen Haupt­zentrale jedoch Moskau zu sein scheine. Die erworbenen Nachrichten seien dann an verschiedene fremde Regierungen verkauft worden.

Der Petit Parifien" will feststellen können, daß man bei den Haussuchungen zahlreiche Dokumente, geheime Funf­apparate und modernes Foto- und Filmmaterial mit Ver­größerungsapparaten usw. entdeckt habe. Das gleiche Blatt erklärt übrigens, daß ein französischer Polizeikommissar heute mit dem Flugzeug nach Warschau reisen und dort seine Unter­inchuna fortieken merde

Die Saarbrücker Zeitung " hatte vor kurzem eine Nie­derschrift über die Ausschußfißung der Ersten Internatio= nalen Sozialistenkonferenz veröffentlicht, die vom 21. bis 26. August in Paris abgehalten worden sei. In dieser Veröffentlichung der Saarbrücker Zeitung ", von der wir unsern Lesern im Morgenblatt vom 11. Dezember Kenntnis gaben, hieß es u. a., daß sich die Sozialisten für ihre Werbung gegen Deutschland auch der auslän- dischen Sender bedienen wollten. Mit den Sende= leitungen Straßburg , Hilversum und Luxemburg sei man auf gutem Wege, Verträge abzuschließen.

Die Leitung des Luxemburger Senders bittet uns nun, mitzuteilen, daß die in dem Schriftstück aufge stellten Behauptungen jeder Begründung entbehrten. Radio Luremburg, treu seinem Grundsatz der Sachlichkeit und Neutralität, habe niemals auch nur die geringsten Beziehungen zu irgendeiner politischen Or­ganisation oder Gruppe unterhalten."

der Reichsautobahn Elbing- Königsberg" wird zurück­gezogen."

Was ist nun da wieder los? Ist der Spaten beim ersten Spatenstich vielleicht abgebrochen oder hat ein Unwürdiger sich in die Spatenstecherei da eingemischt?

78 Jahre Zuchthaus! Wegen eines ,, Feuerüberfalles"

In dem Prozeß wegen des Feuerüberfalls au ein SS.- Lofal fällte das Altonaer Sondergericht das Urteil. Danach werden verurteilt wegen ver= suchten gemeinschaftlichen Mordes unter Auferlegung der entsprechenden Kosten des Verfahrens die Hauptangeklagten Reschke, Heinz und Mehnert zu je 7 Jahren Zuchthaus, ein Angeklagter zu 6 Jahren Zucht­haus, zwei zu 5 Jahren Zuchthaus, fünf zu 4 Jahren Zucht­haus, einer zu 3 Jahren Zuchthaus, ein jugendlicher Ange­flagter zu 3 Jahren Gefängnis, zwei weitere Angeklagte zu ie 4 Jahren Zuchthaus. Wegen Beihilfe zum versuchten Mord wurden zwei Angeklagte zu je 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. Den zu Zuchthausstrafen verurteilten Ange­Elagten wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf die gleiche Dauer aberkannt. Zwei Angeklagte und die mitangeklagten zwei Frauen wurden freigesprochen.

Auch die Reichspost!

Der Reichspostminister hat angeordnet, daß auch im inner­deutschen Schriftverkehr der Postdienststellen fünftig in allen Fällen, wo bisher am Schluß besondere Höflichkeitsformen anzuwenden find

tischen Krife, die für Anfang 1934 in Europa bevor Ein geheimnisvoller Spatenstichi waren, die Worte Mit deutichem Gruß und Seil

steht und die erneut dartun wird, wie sehr das Saar­problem erst im Hintergrunde des großen politischen Hor:- zontes, in dessen vorderster Linie die diplomatische Konzentration des Kontinents mit erneuter Isolierung Hitlers sich vollziehen dürfte, auftauchen kann. Solange die Auseinandersetzungen in der vordersten Front an dauern, wird man für die in der dritten und vierten Etappe wenig Zeil übrig haben. Und im Grunde genom­men wird das an der Saar mit Einschluß der sogenannten

Beinahe hätten wir folgende hochaktuelle Meldung des WTB. aus Elbing vom 19. 12. gebracht:

An der Chaussee zwischen Elbing und Pomehrendorf, etwa neun Kilometer von Elbing entfernt, wurde heute vormittag der erste Spatenstich zum Bau der Reichsauto­bahn Elbing- Königsberg durch den Oberpräsidenten Staatsrat Gauleiter Koch getan."

Aber noch rechtzeitig erreicht uns folgende Retourku: sche des WTB.:

,, Luftschutz " statt franzosisch

In den Schulen Badens wird vom nächsten Schuljahr ab Luftschutz als Pflichtfach eingeführt, der Unterricht der fran­ zösischen Sprache aber vom Schulplan gestrichen. Die Sprache des Erbfeindes" kann von einem deutschen Jungen nicht mehr gesprochen werden.

Diese Tatsache ist ein weiteres Zeichen für Hitlers " Friedenswillen" und die Ehrlichkeit seiner Verständigungs

Notiz: Die Meldung Der erste Spatenstich zum Ban abficht mit Frankreich .