Fretheil

Panfare

Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands

Nummer 157-1. Jahrgang Saarbrücken  , Samstag, den 23. Dezember 1933

Chefredakteur: M. Braun

strousM 260

Aus dem Inhalt

Frankreichs   Haltung versteift

Seite 2

Ritt gen Ostland

Seite 3

Triumph

der arischen Konkurrenz

Seite 4

Unmoralische

Greuelgeschichte Seite 6 at

Zweikampf Hitler- Göring

Länderkrise in Deutschland  

Die haftigen Bemühungen Hitlers   um eine Reichs reform haben zu einer Krise in der nationalsozialistischen Leitung geführt, über die uns von bestinformierter Seite aus dem Reich folgende Mitteilungen zugegangen sind: Das Projekt einer Reichsreform ist bereits soweit fertig gestellt, daß es im Falle setner Genehmigung durch die be= teiligten Instanzen sofort durchgeführt werden kann. Es fieht die gleichmäßige Aufteilung des Reiches in eine An­zahl von Gauen( man spricht von 18) vor. Ein politischer Hauptzweck dieses Projektes scheint es zu sein, die Macht Preußens zu brechen und damit Göring   mattzusetzen, der fich in den letzten Monaten immer mehr zum Gegenspieler Hitlers   entwickelt hat. In dieser Richtung wird zur Zeit

Warum der Reichskanzler n.cht im Reichstag sprach Die Einkreisung Görings

befanden sich die preußische Regierung Braun und die bayerische Regierung Held in einer stillen Einheitsfront gegen eine allzu radikale Reichsreform. Man sprach nicht viel von ihr, aber sie war da. An dieser Einheitsfront hat sich unter Adolf Hitler   nichts geändert. Der Unter­schied ist nur, daß die Weimarer Republik solche Gegen sätze ertragen und dank ihrer Elastizität in sich aus­

gleichen konnte. Jm dritten Reich" dagegen, das nach außen hin nur Hitlers   Willen als alleiniges Gesetz kennt, zerbricht mit jedem derzeitigen 3wist ein Stück Staats­autorität. Und die ungeschriebene Verfassung des Nazi­Staates lautet, wie die geschilderten Vorgänge zeigen, immer noch: Hitler   kann alles machen was Göring  mill.

Am Bischofsitz Fulda

bereits Vorarbeit geleistet. So ist zum Beispiel der Reichs: ,, Nieder mit den schwarzen Halunken!" Sturm auf katholisches Blatt Ländern zum Kommandeur der politischen Polizei ernannt der Saar   zur Warnung Man schreibt uns:

führer der SS. Himmler   in fast allen außerpreußischen

worden, die damit außerhalb Preußens dem zwar nicht vers waltungsrechtlich festgelegten, aber tatsächlich bisher be stehenden Einfluß der Göringichen Geheimen Staatspolizei entzogen wird.

Auf diese kleineren Borstöße sollte nach den ursprüng: lichen Plänen die eigentliche Reichsreform beschleunigt folgen.

Nach der Abficht Hitlers   sollte der Plan der Reichsreform feierlich am 18. Jannar, dem Tage der Reichsgründung von 1871 zu Versailles  , verkündet werden. Unterstüßt wurde dieser Vorschlag Hitlers   von dem Reichspropagandaminister Dr. Göbbels  . Gegen ihn richtete sich jedoch der geschlossene Widerstand der zwei größten Länder. Sowohl der preußische Ministerpräsident Göring   wie der bayerische   Reichsstatt halter von Epp widersetzten sich der geplanten Aufteilung ihrer Länder. Die bayerischen Nationalsozialisten brachten ihren Willen zum Festhalten an einem ungeteilten Bayern  dadurch zum Ausdruck, daß sich ihre Abgeordneten an einer eigenen bayerischen   Fraktion im Reichstag zusammenschlossen. Diefe Vorgänge verstimmten Hitler   derart, daß er der Reichstagseröffnung am 12. Dezember demonstrativ fernblieb und statt dessen vor der Mannschaft des heimgekehrten Kreuzers Köln  " in Bremerhaven   eine inhaltlose Rede hielt. So erklärt sich die auffallende Nüchternheit und Kürze der Reichstagseröff= nung, die ursprünglich als großer staatspolitischer Aft ge= dacht war.

Wir sind darauf gefaßt, daß man in Berlin   versuchen wird, diese absolut verbürgten Mitteilungen zu demens Heren. Darum machen wir von vornherein darauf aufmert­sam, daß die erwähnten Vorgänge teilweise auch auf einer Pressekonferenz besprochen wurden, die am 11. Dezember in München   stattfand. Dort verbot der bayerische  Staatsminister Esser der bayerischen Preife, das Thema Reichsreform fünftig noch zu be= handeln. Es lägen noch keinerlei fefte Pläne vor, keine

Es fällt mir schwer, als tatholischer Christ und Zentrums­mann, der seit 40 Jahren dieser Partei angehört, mich an ein freigeistiges Blatt, wie das Ihrige, zu wenden, da es aber leider Gottes die einzige Stelle ist im deutschsprachigen Blätterwald, wo man die Wahrheit erfährt, und ich nicht sicher sein kann, ob in meiner Presse mein Name nicht den Machthabern in Deutschland   bekannt gegeben wird, muß ich Ihre Gastfreundschaft in Anspruch nehmen.

Sie haben sicher vor einigen Tagen die Nachricht im Luxemburger   Sender gehört, daß die Fuldaer 3ei tung" bis zum 20. Dezember verboten worden ist. Wie und warum das geschah, will ich Ihnen, erzählen.

Ich weilte als Saarländer   vorige Woche zu Besuch eines Geschäftsfreundes in Fulda  . Wir kamen beim Spaziergang an dem Gebäude der Fuldaer Zeitung" vorbei, wo sich ein Haufen Nazijünglinge zusammengerottet hatte. Die Bande brüllte wie die Wahnsinnigen:

Nieder mit der schwarzen Tante!"" Nieder mit den schwar: zen Salunken!"" Nieder mit den Jesuiten  !" Empörte herbeigeeilte Fuldaer   Bürger schrien: Pfui! Pfui! Wie mir mein Freund, der die Demonstranten persönlich fannte, versicherte, waren die Schreier meistens Söhne der evangelischen Beamtenschaft, Angehörige der Hautevolee, der sogenannten besseren Stände. Wir wurden Zeuge, wie

das Gebäude gestürmt, die Maschinen mit Aerten zer: schlagen wurden.

Wie die Vandalen hat die Bande gehaust. Hierauf mußte das Blatt ein Flugblatt veröffentlichen, daß es wegen tech­nischer Schwierigkeiten nicht erscheinen könne. Dann kam das Verbot. Die Fuldaer Zeitung" ist das Organ des bischöflichen Stubles, ein durchaus anständiges, gleichgeschaltetes Blatt. Im gleichen Verlag erschient der

flaren Abfichten über die Ziele der Reichsreform. Effer in echter Nazi

tam auf Vorschläge zu sprechen, die der hessische Reichsstatt: halter Sprenger über eine Neugliederung im hessisch  - badisch­pfälzischen Raum gemacht hatte und die unter anderem auf eine Abtrennung der Pfalz   von Bayern   hinzielten. Diese Vorschläge, so sagte Effer, seien des Herrn Reichsstatthalters  reines Privatvergnügen. Die Reichsreform, von der man nicht wisse, wann sie überhaupt tomme, werde jedenfalls Bayern   mit den heutigen Grenzen unverändert als Ber: waltungseinheit bestehen laffen.

Soweit die uns zugegangenen Mitteilungen. Sie be­stätigen die Beobachtung, die man seit mehr als einem halben Jahr in der Frage der von Hitler   so groß an gekündigten Reichsreform machen konnte. Die unab­lässigen Vorstöße des bayerischen Ministerpräsidenten Siebert gegen die Reform dienten dem gleichen Zweck, wie die Umorganisation des preußischen Staatsapparates durch Göring  . Sowohl die Schaffung des preußischen Staatsrates, bei dessen Eröffnung im Berlinet Schloß Hitler gleichfalls durch demonstrative Abwesenheit glänzte, wie auch neuerdings die Machterweiterung der preußischen Oberpräsidenten und damit die Rang­erhöhung der Provinzen sind Störungsfeuer gegen die Reichsreform. Bereits zur Zeit der Weimarer Republik  

chen

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutsch­ lands  , Si Prag  , schreibt:

Die Polizeibehörde in Essen hat kürzlich der Presse zwei Briefe eines angeblichen früheren Essener marristischen Schriftstellers Kuper zur Verfügung gestellt, die dieser an den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  , Sitz Prag  , gerichtet hat. Kuper erklärt in diesen Briefen, ihm sei im Konzentrationslager nichts passiert. Er bittet feine früheren Parteifreunde, ihre Arbeit im Ausland ein­zustellen, nach Deutschland   zurückzukehren und die Folgen für ihre Handlungen auf sich zu nehmen.

Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Super und sei­ner Absichten mit der Veröffentlichung des Brieses genügen folgende Feststellungen: Super ist schon 1930 aum zweiten Male aus der Partei ausgeschlossen worden. Im Jahre 1924 war er Arbeiterfekretär in Osnabrück  . Da er für die zu erteilenden Auskünfte von den Besuchern Geld verlangte, und weiblichen Besuchern gegen ihren Willen zur Erduldung von Intimitäten zwang, wurde er aus der Partet ausge ichlossen 1930 wurde er wegen Unterschlagungen im Bau­gewerksbund in Osnabrück   zu neun Monaten Gefängnis verurteilt,

Den Katholiken ans

auch an der Saar   viel gelesene Bonifationsbote". Angerührt ist die Sache vom Naziorgan Fuldas, das fast unter Aus= schluß der Oeffentlichkeit erscheint, und das Geschäfte durch den Tod des Konkurrenten zu machen hofft.

Gemeinnutz geht vor Eigennut!" Die Regierung, die sich doch so um die katholischen Stimmen der Saarbewohner be= müht, möge doch einmal den Artikel veröffentlichen, der Anlaß zum Verbot gab, damit die Katholiken der Saar  sich ein Urteil bilden können! Eine kochende Volksseele, die zur Rechtfertigung der Tat herangezogen werden kann, gibts hier in der Stadt, die bei der letzten richtigen Wahl 60 Prozent Zentrumsstimmen aufbrachte, nicht. Das hier ist ganz gemeiner Kulturkampf!

Wenn heute, wo die Regierung wegen der Saar   noch ge= wisse Rücksicht auf den katholischen Boltsteil nehmen muß, so etwas möglich ist, wie wird es uns armen Saarländer  . Statholiken erst ergehen, wenn abgestimmt ist, wenn der Mohr seine Schuldigkeit getan hat und gehen kann. In Gersfeld   bei Fulda   wurden jüdische Häuser erstürmt, Männer und zwei alte Frauen schwer verprügelt.

Ich werde, solange diese Mörderbande am Ruder ist, nur für eine freie Saar stimmen, wenn uns nicht ganz bestimmte Garantien gegeben werden, daß Recht und Gerechtigkeit an der Saar   zu Hause bleiben werden. Wenn das nicht der Fall ist, dann werden wir erleben, daß eines Tages der Dank Hitlers   an seine katholischen Trabanten an der Saar   er­stattet wird und Genugtuung wird mich erfüllen, wenn die Herren gleichgeschalteten Redakteure im Sargebiet ihre ge­hörige Tracht Prügel von ihren braunen Bundesgenossen be= ziehen und aus ihrer Redaktionsstuben hinausfliegen. Sie haben es für ihren Verrat an der deutschen   und der fatho= lischen Sache an der Saar   tausendfach verdient!

3220911 40

Amerikas Wirtschaftsdiktator zurückgetreten

General Johnson,

Der Rücktritt Johnsons wird darauf zurückgeführt, daß sich zwischen mehreren amtlichen Stellen und dem sehr eigen­willigen General Differenzen ergeben hatten.

Die Frage bleibt offen, ob die Ausschaltung von General Johnson, der in Europa   als einer der wichtigsten Exponenten der Politik Roosevelts betrachtet wurde, einen Wandel in ben wirtschaftspolitischen Auffassungen bedeutet.