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Fretheil
Nummer 32. Jahrgang
Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands
Saarbrücken, Freitag, 5. Januar 1934
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Chefredakteur: M. Braun
Seite 3
Kein Märchen
Spielzeug für Staatsmännchen
Seite 4
Führer- Krise an der Saar
Seite 4
Frauen im 3. Reich
Seite 5
Hölle Tempelhof
Seite 5
od tim dit
1
Rückkehr nach Genf unerläßlich
Die Versuche, Deutschland wieder in den Völkerbund zu bringen- Mussolinis Mussolinis Reformvorschläge abgeschwächt
Paris , 4. Januar. Mehr und mehr tritt in Erscheinung, daß sowohl die französisch- deutschen Gespräche wie die Verhandlungen zwischen Sir Simon und Mussolini in Rom nur informatorischen Charakter tragen. So beträchtlich die Meinungsverschiedenheiten zwischen England, Frankreich und Italien hinsichtlich des Entgegenkommens in der Ab= rüftungsfrage an Deutschland noch sein mögen, so sehr ist ihr gemeinsames Bemühen erkennbar, Deutschland in den
zu
Bölterbund und an den Tisch der Abrüftungskonferens au rückzubringen. Auch die Vorschläge, die Frankreich in seiner Denkschrift in Berlin gemacht hat, haben den Rahmen des Völkerbundes und die gemeinsame Abrüstungskonvention aller an der sogenanntne Abrüstungskonferenz beteiligten Staaten zur Voraussetzung.
Offensichtlich hat Sir Simon in Rom mindestens den einen
Erfolg erzielt, daß Mussolini seine entsprechend den faschistischen Methoden mit großem Reflamegeschrei angefündigte ultimative Forderung auf sofortige Reform des Völkerbun des etwas in den Hintergrund rückt. Er verfolgt zwar noch das Ziel, die Ueberlegenheit der Großen im Völkerbund und die Trennung des Versailler Vertrages vom Völkerbunds:
So oft ein wichtiges, vom Völkerbund zu behandelndes Problem vorliege, würde dieses Sonderkomitee jeweils die an der Frage interessierte Macht bzw. interessierten Mächte versammlung einen Bericht in Form einer„ Empfehlung" zu seinen Beratungen hinzuziehen und alsdann der Boll: vorlegen.
Keine Entscheidung!
,, Nur Klarstellung der Auffassungen"
London , 4. Januar. Zur Zusammenkunft zwischen Musso lini und Simon berichtet der Korrespondent des Reuterbüros in Rom , Simon habe gestern den ganzen Tag mit dem Studium von Depeschen aus London verbracht und die Prüfung der französischen Denkschrift fortgeseßt. Es verlautet, daß bei der Zusammenkunft am Abend die Abrüstungsfrage eingehend untersucht wurde, daß aber teine Entscheidung getroffen wurde, da die Besprechungen nur der Klarstellung der Auffas= sungen beider Länder dienen und keinen festen unabbeschlossen,
pakt zu erreichen, aber er macht die Erfüllung dieser wurde änderlichen Beschlugestaltung des Bölferbundes heute au
rungen anscheinend nicht mehr zur Voraussetzung der weiteren Mitarbeit Italiens in Genf . Das Hauptverdienst an diesem Zurückweichen Italiens kommt Frankreich und dem tschechoslowakischen Außenminister Benesch zu, der sich in den letzten Woche wieder als eine der große Figuren europäischer Politik erwiesen hat, obwohl er feine Großmacht vertritt. Benesch hat gegenüber dem faschistischen Ulti matum auf Revision der Völkerbundssagung zum Schaden der fleinen Mächte ruhig erflärt: Solange ich Mit: glied des Völkerbundsrates bin, wird eine Revision des Pattes in wesentlichen Punta ten nicht erfolgen, da ich sie nicht ratifizie ren würde." Dieser Mann, der wohl der dienstälteste Außenminister Europas ist er regiert seit der Gründung des tschechoslowakischen Staates ist einer der Beweise dafür, daß in der Demokratie bedeutende Führergestalten nicht nur emporsteigen, sondern sich auf der Höhe auch be= haupten können. Die Tschechoslowakei mit ihrem greifen Präsidenten Masaryk und ihrem Außenminister Benesch, der noch im besten Mannesalter steht, sind neben Frankreich die Garanten demokratischer Entwicklung in Europa und die Retter und Protektoren des Völkerbundes.
Berlin wird binnen kurzem vor die schwere Entscheidung gestellt werden, nach Genf zurückzukehren und damit alle feine großen außenpolitischen Gesten zu verleugnen oder die Verantwortung für die kommenden Konflikte zu über
nehmen.
Simon- Mussolini
,, Sonderkomitee" der vier Großmächte
Paris , 4. Jan. Zu der Aussprache zwischen Mussolini und Sir John Simon will der römische Korrespondent des Petit Parisien" berichten können, daß beide Staatsmänner sich um das geeignetste Mittel für die Annäherung der vier westeuropäischen Hauptmächte bemühten. Die Verständigungsbasis könnte der Abrüstungsplan Macdonalds bilden. Die italienische Regierung dürfte dagegen keine Einwendungen erheben. Jedenfalls aber halte man die Rückkehr Deutschlands in den Völkerbund deshalb für unerläßlich, weil die Lösung des Abrüstungsplanes nicht in Abwesenheit der Frankreich befreundeten oder verbündeten Mächte gefunden werden könne. Möglicherweise werde man auf einer Vorbereitungskonferenz die teilweise diametral entgegengesetzten Thesen der Eralliierten und Deutschlands auszugleichen versuchen. Der Korrespondent dementiert übrigens das Gerücht, daß Sir John Simon auf der Rückreise nach London in Paris Aufenthalt nehmen werde.
Auch der römische Berichterstatter des„ Matin" spricht von dem Wunsch Italiens , eine Zusammenkunft der vier Großmächte zustandezubringen, auf der Italien und England die Schiedsrichter- und Vermittlerrolle übernehmen könnten. Der Korrespondent will bestätigen können, daß Mussolini Sir John Simon einen greifbaren Plan für die Reform des Völkerbundes unterbreitet habe. Hiernach sollen die vier Großmächte in Genf als Sonderkomitee" zusammentreten.
behandeln. In Rom besteht der Eindruck, so beißt es in der Meldung weiter, daß in der Frage der Rüstungsvermin derung der britische und der italienische Standpunkt einander sehr nahe seien. Die Auffassung sei, daß es sich nicht darum handele, ob Deutsch land 300 000 Soldaten haben solle oder nicht sondern darum, Ungleichheiten beseitigt werden sollen. Nur Abrüstung auf daß die von den Friedensverträgen geschaffenen künstlichen Grund ehrlicher Uebereinstimmung wird als der Mühe wert betrachtet.
Der Korrespondent des„ Daily Telegraph " in Rom weiß zu berichten, Mussolini sei durchaus bereit, Anregun= gen, von denen ein Kompromiß zwischen Paris und Berlin Er vermeide aber forgfältig alles, was als erhofft werden könnte, auf halbem Wege entgegenzukommen. Ultimatum aufgefaßt werden könnte.
Wiederaufrüstung! toned
Als Ziel der ,, Abrüstung"
Rom , 4. Januar. Der„ Lavoro Fascista" schreibt:
„ Das Problem der Abrüstung dreht sich nicht mehr um die Verminderung der Rüstungen, sondern um ihre Revision. Die Erfahrungen der Abrüstungskonferenz haben gezeigt, daß es wenigstens für einige Zeit unmöglich ist, die Rüstungen der am stärksten gewappneten Völker wesentlich herabzusetzen, und daraus ergibt sich logischerweise das politische Problem der Wiederauf rüstung der Länder, die durch die militärischen Klauseln der Friedensverträge gebunden sind. Heute und in dieser Situation sollte das Wort Wiederaufrüstung nicht erschrecken, wenn das politische Problem gelöst wird, welches zugrunde liegt."
Diese Aeußerungen haben den Vorzug der Ehrlichkeit. Die Periode des verlogenen Abrüstungsgeredes ist vorüber. Die Wiederaufrüstung der zwangsweise abgerüsteten Staaten ist im Gange, und die Hochgerüsteten werden trotz aller Konventionen und Patte ihren Vorsprung aufrechtzuerhalten suchen.
Moskau , 4. Januar 1984.( Eig. Bericht.) Biel zu wenig beachtet worden ist die Erklärung des russischen„ Baren" Stalin in einer Unterredung mit dem Vertreter der„ Newyork Times ", Walter Duranty , die jetzt im Wortlaut vorliegt:„ Die Sowjetunion könnte den Völkerbund unterstügen, wenn dieser sich gegen den Krieg stellen und den Frieden unterstüßen wollte."
Stalin fügte hinzu:„ Es besteht ernste Gefahr durch die Kampfattionen Japans und uns bleibt nichts anderes übrig, als uns vorzubereiten, um dieser Gefahr entgegenzutreten. Japan würde nicht king handeln, wenn es uns überfallen Japan würde nicht klug handeln, wenn es uns überfallen würde. Seine wirtschaftliche Situation ist teine allzu gesunde und es hat viele schwache Punkte, z. B. Korea, die Mandschurei und in China ."
Vor einer Entscheidung?
Berlin , 4. Januar. ( Inpreß). Die Entscheidung über das Schicksal von Dimitroff , Torgler , Popoff und Taneff wird bald erwartet. Das Leipziger Gefängnis, in dem die Freigesprochenen immer noch festgehalten werden, befindet sich nur einige hundert Kilometer entfernt von der tschechis schen Grenze. Diese Tatsache ist von der tianchischen Regie: rung zum Anlaß genommen worden, der deutschen Regierung nunmehr offiziell mitteilen zu lassen, daß sie breit jei, Dimitroff und seinen Kameraden die Einreise in die Ticheche: slowakei zu gestatten. Darüber hinaus hat der nichechisme Gesandte in Berlin gebeten, ihn das genaue Datum der Ausweisung wissen zu lassen, damit die tichechischen Behör= den erforderlichenfalls die notwendigen Maßnahmen.reisen
fönnen.
Kriegstreiber
Göring und Ros berg
Moskau, 4. Januar. Die Sowjet- Regierung hat Doku mente beschlagnahmt, die bestätigen, daß Verhandlungen zwischen offiziellen deutschen Regierungs= freisen und ukrainischen Separatisten geführt worden sind. Von deutscher Seite unterstanden die Verhand lungen dem preußischen Ministerpräsidenten Göring ; Ver treter der ukrainischen Separatisten war Konowaly. Als Ziel besteht die Schaffung einer unabhängigen Groß- Ukraine . Deutschland verlangt unter seinen Einfluß die ukrainische Metall: und Kriegsindustrie, die Kontrolle der Armee und Außenpolitik. Dagegen verspricht Deutschland seine Unterstützung bei der Schaffung einer Groß- Ukraine, die alle von Ukrainern bewohnten Gebiete umfaßt.
Die Haupttreiber find General" Göring und der außens politische Berater Hitlers Arthur Rosenberg .
Der Aufbau stockt!
Zur ständischen Neugestaltung des ,, dritten Reiches"
Von Peter Garwy
Die negativen Aufgaben der nationalsozialistischen „ Revolution" sind so gut wie gelöst. Die Zerstörungsarbeit war leicht zu verrichten. Der ,, liberalistische Staat" liegt in Trümmern, die Weimarer Verfassung ist mit dem Nazistiefel zertreten, die Bürgerrechte sind aufgehoben, die politischen Parteien ausgemerzt, die Arbeiterorganis sationen vergewaltigt, gleichgeschaltet, in den nationalsozialistischen Parteistaat eingegliedert.
Nicht so leicht geht es mit den„ positiven" Aufgaben der Nazi- Revolution. 3war sind alle ihre Widersacher unterdrückt, terrorisiert, gelähmt. Aber die Aufbauarbeit stockt. Viele Spiele, wenig Brot. Viel Begeisterung, wenig Arbeit. Das versprochene Wirtschaftswunder bleibt aus. Die Arbeitslosigkeit wütet nach wie trotz des Arbeitsdienstes. Das konfuse und widerspruchsvolle Naziprogramm versagt beim ersten Verwirklichungsversuch. Auch die staatliche Neugestaltung des ,, dritten Reiches" geht langsam und wankend vor sich trotz dem vorgefundenen Beispiel des italienischen„ Korporativ- Staates".
Dor
Die Demokratie ist als tot erklärt. Der Parlamentarismus wird als„ lleberbleibsel des liberalistischen Zeitalters" verschmäht. Die Bürgerrechte zum alten Eisen geworfen. Was ist aber an Stelle alles dessen zu stellen? Ein Durcheinander von Meinungen und Aeußerungen herrscht immer noch darüber ein Jahr nach der Machtergreifung durch Hitler .
Gewiß fehlt es bei den Nazis nicht an den Staatsgedanken und Auffassungen: Führeridee, Elitestaat,