Wo steht England? Wünsche der Deutschen Christen  "

Dr. O. G. 2ondon, 4. Januar.

In der englischen Politik herrscht Ruhe. Sowohl außen­politisch wie innenpolitisch ist eine fast beängstigende Passivität festzustellen.

Während sich in der Außenpolitik Europas   Um­wälzungen vollziehen, deren Ergebnis noch völlig im Dunkel liegt, bewahrt die englische Außenpolitik ihre passive, abwartende Haltung. Sie redet allen Beteiligtens b gut zu, aber denkt nicht daran, in irgendeiner Richtung die Führung zu übernehmen. Hinter der überlegenen Geste der Regierung verbirgt sich Ratlosigkeit. Das wurde dem Außenminister Simon im Parlament und in der Presse, auch in der Regierungspresse, deutlich gesagt. Man ist mit der Regierung in dieser Frage nicht zufrieden, nur san vergessen die Kritiker anzudeuten, wie die Regierung denn nach ihrer Ansicht handeln sollte. Die Linksopposition, in erster Linie die Labour Party  , begnügt sich mit durch­aus unrealen pazifistischen Deklamationen, die Regie­rungsgruppe tut furchtbar realistisch, mit dem Ergebnis, bi daß ihre einzige Parole im Grunde besagt: die Dinge laufen lassen. Selbst der bisher so klarsichtige konserva­tive Journalist Garvin vom Observer" ist neuerdings in diese sich selbst belügende Front eingeschwenkt. Die Rechts­opposition arbeitet auch mit reichlich negativen Formeln: Lord Rothermere   in seiner Daily Mail" predigt täglich die Aufrüstung Englands daneben empfiehlt er ein Bündnis mit Frankreich   und zugleich enge Freundschaft mit Hitler- Deutschland; Lord Beaverbrook   in seinem Daily Expreß  " predigt die Isolierung Englands, die völlige Loslösung von Europa   und die Kündigung des Locarnopaktes.

Die englische   Regierung und die große Mehrheit aller englischen Bolitiker lassen sich von einem ausgesprochenen Ruhebedürfnis lenken. Nur kein Abenteuer, nur keine akuten Konflikte, immer den Weg des geringsten Wider­standes gehen und alle Gegensäge mit einer Formel ver­kleistern das ist heute die Parole der englischen Politik. Als mit dem Hitler- Regime ein Element der ärgsten Un­ruhe sich zeigte, reagierte England zunächst mit empörter Abwehr. Die Scheußlichkeiten der Nazibarbarei empörten zwar das englische Gewissen, aber die ursprüngliche Hitlerfeindlichheit ganz Englands ist nicht nur aus dieser fittlichen Empörung zu erklären, sondern vielleicht mehr noch aus verlegtem Ruhebedürfnis. Noch jede der Friedensproklamationen des Nazikanzlers, die man in England so krampfhaft glauben möchte, hat die Bericht­erstattung über die Nazigreuel gedämpft.

Als man in England sah, daß das Hitlerregime durch Empörung nicht ohne weiteres zu beseitigen sei, versuchte man eine andere Methode. Man will die Bestie durch gutes Zureden zähmen. Man versucht sich einzureden, daß Hitlers   Friedensworte ehrlich gemeint seien( im Grunde glaubt kein Engländer außer einigen Ueber­pazifisten der Labour Party   und einigen liberalen Schwächlingen an Hitlers   Ehrlichkeit), und man versucht vor allem mit reichlich schlechtem Gewissen- den Franzosen dasselbe einzureden. Dann wäre vielleicht die Ruhe für ein zwei Jahre gerettet. Und nachher ließe fich vielleicht wieder ein Ausweg finden. Illusionisten glauben, durch freundliche Worte die erhitzten Gemüter in Deutschland   besänftigen zu können. Man redet viel von Revision von Versailles  , ohne damit konkrete Bor­stellungen zu verbinden; aber man hofft allein durch das Wort Revision den deutschen Nationalismus ablenken zu können. Man freut sich über die Leipziger   Freisprüche, weil man der deutschen   Justiz nun anerkennend auf die Schulter klopfen kann, obwohl dieselben Leute, die das Lob aussprechen, die Justizfarce von Leipzig   klar durch

schauen.

Man sieht in England wohl die Gefahren dieser Politik ( in Brivatgesprächen gibt mohl jeder englische Politiker und Journalist das zu), aber man spielt Bogel   Strauß aus Ruhebedürfnis.

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Und wenn nun Frankreich   durch alles gute zureden sich nicht auf die gleiche Bahn lenken läßt? Nun, dann wird England eben wieder etwas näher an Frankreich  heranrüchen diesmal um die Franzosen zu beruhigen; denn beruhigt muß nun einmal werden. Daß im Ernstfall, von dem man heute auch in England immer mehr spricht, England bei Frankreich   gegen Deutschland   stehen wird, ift für fast alle Engländer eine Selbstverständlichkeit. Aber zunächst wünscht man Ruhe und läßt die Dinge gleiten. Wohin? Wie lange? Bis es zu spät ist, wie 1914?

In der englischen Innenpolitik herrscht nicht viel mehr Aktivität. Die Debatten im Parlament finden im all gemeinen nur wenia Beachtung. Das liegt nicht daran, daß zur Zeit heine die Oeffentlichkeit erregenden Dinge behandelt werden. Es liegt auch an der Zusammensetzung des gegenwärtigen Parlaments. Die Opposition ist nicht nur zahlenmäßig zu schwach( knapp 80, wenn man die halboppofitionellen Liberalen hinzurechnet, gegen über 500), es fehlen ihr auch die markanten politischen Persön lichkeiten. Die meisten Labourführer sind 1931 durch gefallen; fest nur die Bergarbeitermahlkreise wurden ge­halten. So besteht die halbe Labourfraktion aus Berg­arbeiterfunktionären tüchtige Gewerkschaftler, aber keine politischen Führer. So mangelt es in der Labour­Fraktion im Gegensatz zu der Partei im Lande- an Führern. Henderson hält sich als Präsident der Ab­rüstungskonferenz sehr zurück; so bleiben als Führer persönlichkeiten in der Fraktion der prächtige, off aller­bings allzu sentimentale alte Lansburn, und der junge scharfsinnige Jurist Sir Stafford Cripps  . Lansburys Stellvertreter Littlee ist arpar ein guter Redner, aber als Persönlichkeit doch etwas farblos.

Zur Zeit fällt auch noch Lansbury   fort, da er sich durch einen Fall einen schweren Oberschenkelbruch zugezogen hat, bei einem 75jährigen immerhin eine bedenkliche Sache. In diesem Zusammenhang fei wieder einmal die Menschlichkeit der englischen Bolitik erwähnt. Alle Blätter drückten dem alten Arbeiterführer in Leitartikeln ihre Sympathie aus, fie betonten, wie beliebt dieser grund. ehrliche Jdealist bei allen Menschen sei, die mit ihm in Berührung kämen, und sei es auch nur als Gegner. Der

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Ein Englein zum lieben Gott:" Da tommen von den Dentschen Christen" lauter fomische Wünsche: Maschinengewehre, Sprengbomben, Gasschläuche... Die haben wir doch gar nicht."

Zwischenfall auf Capri

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Dr. O. G. 2ondon, 4. Januar. Sir John Simon, Englands Außenminister trog weihnachtsferien auf Capri   verbracht. Eine bequem ge­feines Namens übrigens ein reiner Arier hat seine legene Erholungsstation zwischen den politischen Ver­handlungen in Paris   und in Rom  , und ein Vorwand, um Mussolini   sprechen zu können.

3ur selben Zeit reiften Röhm und Heines nach Capri  . Weshalb wohl? Nur der blauen Grotte wegen? Oder hofften diefen beiden übelberüchtigten Gestalten aus dem Hitlerlager, thre diplomatischen Fähigkeiten erweisen zu können? Es scheint fast so, denn deutsche   Beamte sollen boch ihren Urlaub in Deutschland   verbringen, und die Naziführer Naziführer sp heißt es doch immer sollen allen an­beren mit gutem Beispiel vorangehen.

König  , die Königin, der Thronfolger, Macdonald ( Lansburys einstiger Kampfgenosse und heutiger Gegner) fandten Telegramme. 3u Weihnachten bekam er ins Krankenhaus über 2000 Briefe. Man denke nur daran, wie Oppositionsführer in anderen Ländern behandelt werden, und man spürt den riesigen Unterschied.

Doch diese menschliche Seite der Politik in England kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Augenblick auch die englische Innenpolitik auf einem toten Bunnt ist.

So füllen heute unpolitische Dinge die englische Presse. Immer noch spukt das Monstrum aus dem schottischen See Loch Neß   herum, jetzt redet man sogar von zwei Monstren. Jmmer wieder wird das Vieh angeblich gesehen. Aber vor dem Fotografiertwerden hat es offenbar eine seltsame Scheu. So gibt es noch kein Bild von ihm, obwohl am Loch Neß jeder heute mit gezüchtem Fotoapparat herum­läuft.

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Run, Sir John Simon traf mit dem Schiff auf Capri ein. Der faschistische Kommandant der kleinen, schönen Insel begrüßte ihn, und durch Zufall natürlich standen auch Röhm und Heines an der Landungsbrücke. Der faschistische Kommandant stellte sie dem englischen Außenminister vor und der konnte einen Händedruck nicht vermeiden. Aber dann wurde der Faschist deutlicher. Er lud Sir John zum Frühstück ein und betonte, daß Röhm und Heines auch kommen würden. Sir John Simon lehnte aber höflich ab. Er sei nur zur Ausspan nung nach Capri   gekommen und bitte, von allen Mühen um seine Person abzusehen. Ob wohl Röhm und der Fememörder das verstanden haben?

In England brachte nur ein Blatt die Mitteilung von diesem Zwischenfall, denn man ist höflich und will die Bestie nicht reizen.

fogenannte Feuerassessoren. Das sind Männer, die bei Feuerausbruch den Schaden abschäßen und der Ver­sicherungsgesellschaft gegenüber durchkämpfen. Sie er halten dann eine Propision von der ausgezahlten Ber sicherungssumme. Der Feueraffessor, der zuerst an der Brandstelle ist, hat die größte Aussicht, den Fall zu bes kommen. Nun hat die von einem gewissen Harris geführte Bande selber Brände gelegt, war dann rasch zur Stelle und hat Riesensummen eingestrichen bis sie gefaßt wurde und ins Buchthaus wanderte. Das war im Sommer. Jetzt trat Harris mit Enthüllungen hervor. Er gab be­kannt, daß Beamte des sogenannten Rettungshorps- einer von den Versicherungsgesellschaften geschaffenen und finanzierten Organisation, die bei Bränden soviel wie möglich retten soll und etwaige Brandstiftungsspuren ver­folgen foll von ihm und anderen Feuerassessoren bestochen worden seien und Brandstiftungsspuren nicht verfolgten, darunter einer der angesehenſten Direktoren, ein Hauptmann Miles. Abenteuerliche Dinge kamen ans Licht: nächtliche Zusammenkünfte im Hydepark, wo bei Mondschein Pfundbündel den Besitzer wechselten, Word­pläne, Erpresseraktionen. Viel Schmutz wurde auf­gewirbelt. Aber niemand versucht, aus der üblen Ange= legenheit ein politisches Geschäft zu machen.

Sogar die gestrenge sensationsfeindliche Times" ge währt dem Untier Gastfreundschaft. Drei volle Spalten stellte sie neulich für eine Darstellung der verschiedenen stellte sie neulich für eine Darstellung der verschiedenen Augenzeugenberichte einschließlich Zeichnungen zur Verfügung. Täglich fast bringt sie kürzere Berichte von Untieren, die früher einmal gesehen worden sein sollen. Lord Rothermeres Genfationsblatt Daily Mail" schwört auf die Existenz des Monstrums, fie veröffentlicht jetzt fort­laufend Saurierbilder, ja sie hat eine Expedition zum Loch Neß gefandt, ein baran beteiligter Großmildjäger aus Afrika   will bereits eine nilpferdähnliche Fußspur am Ufer entdeckt haben. Wenn Lord Nothermere an das Monstrum glaubt, so muß der andere Presselord, Lord Beaverbrook  , glaubt, so muß der andere Preffeford, Lord Beaverbrook  , Revision im Lahusenprozeß bas Gegenteil tun. Sein Sensationsblatt, Daily Expreß  " führt den Chor der Spötter und gesteht höchstens einen großen Lachs oder im äußersten Fall ein Walroß zu.

Go hat die englische Presse also immer genug Stoff, um ihre umfangreichen Spalten zu füllen, auch wenn es sich bei diesem Stoff nur um Monstren, Revuestars und Brand­stifterbanden handelt.

Bremen  , 4. Jan. Die Verteidigung der Brüder Lahusen hat unter dem 3. Januar 1934 gegen das Bremer Strak fammerurteil vom 29. Desember 1933 beim Reichsgericht das Rechtsmittel der Revision eingelegt. Diesem formellen Aft folgt die Begründung der Revision, wenn die schriftliche Urteilsqusfertigung zugestellt ist. Die Zustellung dürfte etwa in zwei Monaten zu erwarten fein. Das Reichsgericht wird in dieser Sache nicht selbst erkennen, sondern entweder die Revision verwerfen, oder das Urteil aufheben und die Sache zu erneuter Verhandlung zurückverweisen.

Neben dem Monstrum gibt es aber noch andere Sen­fationen. So die Chefcheidung des Revuestars June von ihrem Gatten Lord Inverclyde. Der edle Lord hat sechs Detektive besoldet, um seine schöne Frau in flagranti qu ſchicht, aber zur Scheibung ertappen. Ganz glüchte es nicht, aber zur Scheidung langte es. Darüber berichten nun die Zeitungen in pielen Spalten, selbst der ernsthafte Manchester Guardian" opfert diesem ach so gleichgültigen Zeug eine halbe Seite; opfert diefem ach fo gleichgültigen Zeug eine halbe Seite; 14 Todesurteile in Kabul  und die Bilder des Dreiecks zierten natürlich die Breffe.

Die dritte Sensation ist eine Brandstiftungs- und Korruptionsaffäre. Korruption ist in England verhältnis. mäßig felten. Die geschäftliche Ehrlichkeit ist hier noch nicht so untergraben wie auf dem Kontinent oder gar in Amerika  . Auch der jetzt aufgebeckte Rorruptionsfall be. rührt die staatlichen Behörden nicht. Im Sommer wurde eine Brandstifterbande gefaßt. Angesehene Geschäftsleute,

London  , 4. Jan. Wie Neuter aus Kabul   meldet, hat ein Sondergericht, dem auch einige Mitglieder des afabanischen Kabinetts angehörten, 14 Verionen wegen Beteiligung an dem Mordanichlag gegen Nadir Khan   aum Tode verurteilt. Unter den Verurteilten befinden sich der Vater, der Onfel und einige Freunde des Mörders Abdul Khalit, ferner ein Offizier des Heeres und ein Lehrer der Schule, wo Abdul kablit und feine Mittäter studiert hatten. Der König bat die Todesurteile bereits bestätigt.