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1916

Fretheil

Einzige unabhängige& Dentichlands

Nummer 112. Jahrgang Saarbrücken , Sonntag Montag, 14./15. Jan. 1934 Chefredakteur: M. Braun

Aus dem Inhalt

Komplott in Oesterreich Um Europas Schicksal

Seite 2

Naziführer Emigrant spricht Seite 3

Rohmaterial für Rüstungen

Seite 5

Dec saarländische Horst Wessel Seite 8

Geheimnis um Lubbes Leichnam

336 mi fest

Die Reichsregierung weigert sich, die Leiche nach Holland herauszugeben

Havas meldet:

Paris , 13. Januar 1934.

Die Verwaltung des Leichenbestattungsinstituts, die mit der Ueberführung der Leiche van der Lubbes nach Holland beauftragt worden ist, hat folgende Depesche vom Reichsgericht erhalten:

" Die Leiche van der Lubbes kann bis zum 18. mittags auf dem Anatomischen Institut in Leipzig abgeholt werden, um ohne Zeremonien in Leipzig bestattet zu werden. Die Ueberführung der Leiche nach Leyden wird nicht gestattet."

Man weiß nicht, ob die holländische Regierung in dieser Angelegenheit in Berlin Schritte unternehmen wird.

D. F. Dieser Bescheid des Reichsgerichts kann bei dem hoch­politischen Charakter der Angelegenheit nicht ohne Wissen der Reichsregierung erfolgt sein. Da die holländische Regie­rung in einem amtlichen Schritt der deutschen Regierung die Begnadigung van der Lubbes nahegelegt hatte, war die Frage seiner Hinrichtung zu einer Angelegenheit der holländisch deutschen Beziehungen geworden. Das Reichsgericht wird die neue Provokation der öffentlichen Meinung in Holland , die in der Verweigerung der Ueberführung des Leichnams in die Heimat van der Lubbes liegt, nicht ohne Rückfrage bei der Reichsregierung gewagt haben.

Das große Geheimnis um van der Lubbe, das die Unter­suchung und den Prozeß beherrschte, hat sich in den Wochen nach dem Urteil bis zur Hinrichtung fortgeseßi. Geheimnis­voll wurden alle Vorbereitungen getroffen. Geheimnisvoll wurde der holländische Schritt zur Rettung des Lebens van der Lubbes behandelt. Geheimnisvoll blieb die Entscheidung des Reichspräsidenten über Leben und Tod des Herostraten. Geheimnisvoll war die Umwandlung des Todes durch den Galgen in den Tod auf dem Schafott. Geheimnisvoll die Schnelligkeit, mit der zur Hinrichtung getrieben wurde, und geheimnisvoll soll nun der Leichnam van der Lubbes in Leipzig der Erde übergeben werden.

Oder ist das Geheimnis gar nicht so groß? Uns scheint, daß gerade diese Geheimnistuerei eine neue schwere Be­lastung für die wirklichen Brandstifter, für die deutschen Regierungsorgane und für das Reichsgericht ist.

Man muß sich erinnern: in der Kriminalgeschichte gibt es feinen zweiten Angeklagten wie diesen van der Lubbe. Nach den Behauptungen der Anklage muß er am Tage des Reichs­tagsbrandes von einer bewundernswerten Vitalität ge­wesen sein. Nach tagelangem Herumirren, nach vielen Straßendiskussionen, nach großen Märschen bei schlechter Ernährung, soll er am späten Abend die Fassade des Reichs­tages erstiegen und innerhalb 15-20 Minuten mit größter Willensanspannung und Geistesgegenwart zahllose Brand­

herde gelegt haben. Er soll in der Voruntersuchung, obwohl er die deutsche Sprache nur kümmerlich beherrschte, flare Vorträge über seine fommunistische Ueberzeugung gehalten haben, und derselbe Angeklagte kam dann, geknickt und zu­sammengefunken, fahlen Gesichtes und verworrenen Geistes, ein Häuflein von Schwäche und Unglück, in den Gerichtssaal. Monatelang war er apathisch. Nur eine Frage interessierte ihn: Wann geht es zu Ende? Plötzlich wachte er für zwei Tage auf, redete und diskutierte, um dann wieder in sein willenloses Dämmern zu versinken.

Ein Simulant? Alle Wissenschaftler, die sich mit dem Problem beschäftigten, verneinen es. Immer wieder wurde verlangt, van der Lubbe solle durch unabhängige und ausländische Gelehrte untersucht werden. Das Reichsgericht verweigerte die Genehmigung. Es geschah aber etwas anderes. Irgendein schwedischer Scharlatan, ein frimi­nalistischer Schriftsteller namens Södermann, durfte den An­geflagten untersuchen". Das Ergebnis wurde groß aufge­macht in die Presse gegeben. Erst allmählich stellte sich heraus, daß dieser Södermann überhaupt kein Mediziner ist. Es war also eine Täuschung der Weltöffentlichkeit versucht worden.

Von diesen Tatsachen aus muß die Frage gestellt werden, warum den holländischen Familienangehörigen die Ueber­führung des Leichnams verweigert wird. Im allgemeinen wird den Familien der Hingerichteten die Bestattung dort erlaubt, wo sie es wünschen. Warum nicht in diesem Falle? Offenbar fürchtet das Reichsgericht, daß an dem toten van der Lubbe in Holland noch die genaue ärztliche Unter­suchung vorgenommen wird, die man an dem lebenden van der Lubbe verboten hat. Wir vermuten, daß es möglich wäre auch noch an dem ausgebluteten und inzwischen in der Leipziger Anatomie behandelten Leichnam, dem wahrschein lich nun wichtige Organe fehlen, Untersuchungen vorzu­nehmen, die erkennen lassen, ob mit irgendwelchen Drogen der rätselhafte Zustand herbeigeführt und aufrechterhalten

Ein Drittel aller Pfarrer gegen Müller

Kirchenspaltung kaum noch zu vermeiden

Mit der Herrlichkeit des Reichsbischofs Müller geht es rapide zu Ende. Man rechnet mit seinem Rücktritt. Von Hitler wird er nicht mehr empfangen, sein Glaubensfreund Hindenburg will nichts mehr von ihm wissen. Ein Ge­scheiterter zwischen mehreren Stühlen, verlassen von denen, auf deren Beistand er noch vor kurzem rechnete.

Sein Versuch, durch eine zum Gesetz erhobene Verordnung die unbotmäßigen Pfarrer niederzuzwingen, hat den Kon= flift auf die Spize getrieben. Heute haben wir den Wortlaut der Erklärung in Händen, die am vergangenen Sonntag von zahlreichen Kanzeln gegen den Reichsbischof verlesen wurde. Sie lautet:

Eine Verordnung von weittragenden Folgen, die soeben der Reichsbischof erlassen hat, nötigt uns im Blick auf die Wahrhaftigkeit und den echten Frieden in unserer Kirche zu einer Erklärung vor Gott und dieser christlichen Ge­meinde.

Seitdem die Kirchenwahlen im Sommer des vergangenen Jahres eine neue kirchliche Führung gebracht haben, herrscht in unserer Kirche Unfrieden und eine immer größere Zers spaltung und Zerrissenheit. Selbst treue Glieder der Kirche fühlen sich heimatlos in thr und gehen mit dem Gedanken um, unserer Kirche den Rücken zu fehren.

3ur Zeit gibt es in der Deutschen Evangelischen Kirche fein geordnetes Geistliches Ministerium. Ein großer Teil der Führer der Deutschen Landeskirchen hat erklärt, daß auch die gegenwärtige Nationalsynode das Vertrauen des Kirchen­

volfes nicht besize. So ist nur noch der Reichsbischof ver­fassungsmäßig zur Führung der Deutschen Evangelischen Kirche imstande. Innerhalb der Kirche hat eine große Be­wegung öffentlich Daseinsrecht gefordert, die unevangelische, ja, heidnische Glaubensmeinungen

zur Grundlage der Kirche machen will. Die biblische Grund­lage und die Bekenntnisse unserer Väter, obwohl immer wie­der in Worten anerkannt, drohen unter dieser äußeren und inneren Verwirrung unserer Kirche verloren zu geben. Ein großer Teil der Führer der außerpreußischen Kirchen, ein sehr großer Teil der evangelischen Pfarrerschaft Deutsch­ lands , eine ungezählte Menge gläubiger und treuer Kirchen­glieder fordern mit wachsendem Ernst und Nachdruck dazu auf, Lehre, Leben und Führung der Kirche wieder den Be­fenntnissen gemäß zu gestalten. An durchgreifenden Taten und Maßnahmen zur Erfüllung dieser Forderungen hat es der Reichsbischof fehlen lassen. Die Vorschläge der Landes­firchenführer, an die er für die Berufung des Geistlichen Ministeriums durch die Kirchenverfassung gebunden ist, hat er übergangen.

In den letzten Tagen hat er zwar, wie seit Wochen, er­neut die Zusage gegeben, die Ernennungen zum Geistlichen Ministerium vorzunehmen. Es schien, daß eine Lösung dieser Frage nahe bevorstände. Die Reichskirchenregierung hat am 22. Dezember geschrieben, daß eine Aussprache mit führenden Männern der Kirche stattgefunden hat, in welcher Einmütig­teit darüber herrschte, daß möglichst bald ein vollzähliges

worden ist, in dem sich Lubbe während des Prozesses be: fand.

Diese Untersuchung soll verhindert und muß nun erst recht erzwungen werden. Neben die Forderung der Freiheit für die Freigesprochenen, die unter schamloser Rechts­verlegung eingesperrt bleiben, muß nun die Forderung nach der Auslieferung des Leichnams von van der Lubbe treten. Seniation und nicht um Interessen für einen Verbrecher, Es geht hier nicht um Familiensentimentalität, nicht um sondern um die Erforschung der Wahrheit.

Van der Lubbe ist der eigentliche Gründer des dritten Reichs". Dieser arme, stromernde, holländische Junge ift von raffinierten und verbrecherischen politischen Macht: strebern mißbraucht worden, um durch die Brandstiftung im Reichstagsgebäude ein Fanal für den nationalsozia: listischen Terror gegen alle Sozialisten, Republikaner und Kommunisten zu entfachen.

Man hat die eigentlichen Täter entwischen lassen und nur den harmlofen Narren gefaßt. Man hat diesen kläglichen Land­streicher dann durch irgendwelche Arzneien für den Prozeß präpariert, hat den willenlos Geständigen verurteilt, hat ihn schließlich legal ermordet und hat nun Furcht, daß noch der tote van der Lubbe einen Zipfel des großen Geheim­nisses um das Verbrechen am deutschen Volke lüften könnte. Die amtlichen Meldungen über die Vorgänge bei Lubbes Ermordung haben verbreitet, daß er keinerlei Briefe ge­schrieben und abgelehnt habe, Besuche zu empfangen. Das wird von Eingeweihten bestritten. Es wird behauptet, van der Lubbe habe Briefe hinterlassen, die unterschlagen worden seien. Ferner wird behauptet, er sei gar nicht be­fragt worden, ob er einen Geistlichen empfangen wolle. Auch hätte es wohl nahegelegen, daß man einen Vertreter dre hol­ländischen Gesandtschaft in den letzten Stunden zu dem An­geflagten gelassen hätte, da doch die holländische Regierung sich für seine Begnadigung eingesetzt hatte. Van der Lubbe soll, wie an den meisten Prozeßtagen, willenlos und betäubt gewesen sein, als er seinen leßten Gang" antrat.

Man hat einen unliebsamen Zeugen des Reichstagsbrandes gewaltsam beseitigt. Es muß verhindert werden, daß nun auch noch der Leichnam verscharrt wird. Die Weltöffentlichkeit muß die Ueberführung der Leiche van der Lubbes nach Hol­ land fordern und von der holländischen Wissenschaft ver­langen, daß sie den Körper dieses rätselhaften Menschen untersucht. Die Reichsregierung fürchtet die Wahrheit. Um­so energischer muß der Kampf für die Enthüllung der Ver­brecherbanden geführt werden, die den Reichstag angezündet haber

und schlagkräftiges Geistliches Ministerium hergestellt würde mit dem Ziel einer wirklichen Ueberwindung der gegenwär­tigen Nöte in unserer Kirche", und daß mit den von den Landeskirchenführern vorgeschlagenen Männern über ihren Eintritt in das Geistliche Ministerium

verhandelt werden würde. Trotz dieser Mitteilung wurde ein weiteres Bemühen des Reichsbischofs um die Befriedung der Kirche nicht erkennbar. Daher traten auch am 4. Januar dieses Jahres die nicht deutschchristlichen Führer der Landes­kirchen in Halle zusammen, um zu beraten, was zu tun sei. Der Reichsbischof ließ ihnen durch seine Berater fundgeben, daß er zwar schwerkrank, aber bereit sei, in Kürze entschei­dende Beschlüsse zu treffen. Dadurch verzögerte er die Ent­scheidung der Landeskirchenführer, bis er ihnen gegen 11 Uhr abends ein Telegramm übersandte, in welchem er sie zum Abwarten seiner weiteren Maßnahmen veranlassen wollte und ihnen und ihren Freunden gegenüber seine innere Glau bensverbundenheit betonte. Das alles aber hat ihn nicht gehindert. am gleichen Tage folgende Verordnung zu er­lassen.

Mit dieser Verordnung nimmt das gegenwärtige Kirchenregiment von Amts wegen den Kampf gegen alle diejenigen auf, die eine Befriedung der Kirche nur in der Rückkehr zur biblischen Grundlage unserer Kirche erblicken und in schwerer Sorge um Wesen, Bestand und Einheit der Kirche nicht schweigen können.

Wir stellen feft: Schrift und Bekenntnis der Kirche sind nach wie vor aufs Ernsteste bedroht. Bischöfe und Träger hoher Aemter in unserer Kirche, die im Widerstand gegen das in die Kirche eindringende Heidenium offenkundig ver­sagt haben, Bischöfe, die von ihren Pfarrern und Kirchenglie­dern öffentlich der Irrlehre angeklagt worden sind, sind un­verändert in ihrem Amt. Bedrohung und Bedrückung derer,