Das Neueste
dub. Stettin, 12. Jan. Zu dem Mord in der SannierStraße erfahren wir noch, daß der in das Krankenhaus befinnungslos eingelieferte jüngere Bruder des getöteten Hugo Froft eine große Menge Veronal genommen hat. Außerdem hat er eine tiefe Schnittwunde in der rechten Hand. Er ist immer noch besinnungslos, so daß an seinem Aufkommen ge= zweifelt wird. Es dürfte demnach die Vermutung zutreffen, daß der jüngere Bruder den älteren erschlagen hat.
Am Geburtshaus des Ministerpräsidenten und Reichs: ministers Hermann Göring wird am Sonntag eine Gedenk: tafel enthüllt. Was soll dieser Unfug? Das Volk wird diesen blutigen Verbrecher gut im Gedächtnis behalten. Viel, viel länger als diese Gedenktafel das Haus verunzieren wird.
In Feldmoching bei München wurde am Donnerstag in ihrer Wohnung die Ehefrau Anna Wagner mit Gas vergiftet tot aufgefunden. Im Nebenzimmer lag gleichfalls tot ihr Vater vor dem Bett. Neben der Frau lag verendet ein Schäferhund. Der Greis hat offenbar versucht, ins Freie zu gelangen, ist aber dann kraftlos zu Boden gesunken.
Ein Militärauto aus Casablanca wurde auf der Strecke Casablanca- Mazagan infolge Reifenbruchs gegen einen Personenautobus geschleudert. Bei dem Zujammenprall find die Jusaffen des verunglückten Wagens, ein Oberst, ein Hauptmann und die am Steuer sitzende Ordon: nanz, schwer verletzt worden.
In Auch( Departement Gers ) wurde bei Tagesanbruch der Russe Juruscheff durch Fallbeil hingerichtet, der von dem Geschworenengericht von Gers im Oktober 1933 wegen Mordes an einem Dienstboten und wegen zweier Brandstiftungen zum Tode verurteilt worden war.
Auf dem Pariser Nordbahnhof kam es Freitag früh zu Ausschreitungen von Reisenden, die über die starke Beripätung eines Vorortzuges erzürnt, cine stürmische Kundgebung veranstalteten. Der Vorortzug aus Beaumont, der vornehmlich von Büroangestellten benutzt wird, hatte 14 Minuten Verspätung, bei einer Fahrzeit für die Gesamtstrecke von eineinhalb Stunden. Die sechs an= wesenden Polizisten, die den Verkehr in der großen Halle aufrechterhalten wollten, wurden abgedrängt und dann mis:
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handelt. Ein Unteroffizier und drei Polizisten wurden verlegt. Vier Reisende wurden verhaftet. Ein Polizist mußte ins Krankenhaus übergeführt werden.
In Calais fanden erneut Arbeitslosenkund: gebungen statt, die zu Zusammenstößen mit der Polizei führten. Zwei Demonstranten find festgenommen worden. Der Pariser Gemeinderat hat beschlossen, den verstorbenen Staatsmann und Wissenschaftler Paul Painleve dadurch zu ehren, daß der Plaz vor der Sorbonne fünftig den Namen „ Square Paul Painleve" tragen wird.
In der Gegend von Nancy find Wölfe aufgetaucht. Am Freitag wurde ein Radfahrer, als er eine Schonung passierte, von zwei dieser Bestien eine Strecke weit verfolgt. Die Ehefrau des Hochstaplers Stavisky wurde gestern einem vierstündigen polizeilichen Verhör unterzogen. „ Echo de Paris" gibt das Gerücht wieder, daß Frau Stavisky
Nazi- Mißbrauch mit einem Toten
Das Schwurgericht bringt die Wahrheit an den Tag
Saarbrücken , den 13. Januar 1984.
Es war am 25. September 1933. Auf Befehl der NaziOberleitung wurde alles, was im näheren und weiteren Umfreise zur. braunen Armee des Saargebietes gehörte, nach Neunkirchen beordert. Spaniol gab den diktatorischen Befehl an alle Bürgermeistereien des Saargebietes, halbmast au flaggen. In Neunkirchen formierte sich ein riesiger Demonstrationszug zu einem Grabe. Was war geschehen?„ Der Besten einer" der Saarnazis, wie Spaniol sagte, war einem„ feigen und heimtückischen Ueberfall roter, margistischer Untermenschen zum Opfer gefallen". Alle Zeitungen waren voll davon. Durch die ganze Welt gingen Sensationsmeldungen von einem Morde. Der Sozialdemo frat Lang in Neunkirchen soll es gewesen sein, der zu nächtlicher Stunde den tapferen braunen Kämpen Hemmer durch einen Schuß meuchlerisch niederstreckte. Lang selber sei an Ort und Stelle bereits durch Schüsse von Landjägern bestraft worden, die ihn schwer verwundeten.
Jetzt wurde dieser Fall, der von einer maßlosen Hezdemagogie ausgebeutet wurde, vor dem Saarbrücker Schwurgerich, verhandelt. Lang stand unter der Anklage des Totschlags. Schon der erste Tag führte zum Zusammenbruch des ganzen nationalsozialistischen Rummels, der mit einem Toten ge= trieben wurde. Die Zeugen schilderten den„ Horst Wessel " des Saargebiets, der vor einem halben Jahre noch im fommunistischen Lager stand, als einen üblen und schlecht be= leumdeten Trunkenbold. Seiner Frau wollte er die Möbel: tüde verkaufen, um fie in Schnaps umzusetzen. Lang erfuhr demgegenüber eine gänzlich andere Beurteilung durch die Zengen, Ein anständiger Mensch, im Kriege schwer vers wundet, für sein ganzes Leben zum Krüppel gemacht.
,, Wer mit ihm Streit bekommt, muß eine Bestie von einem Menschen sein,"
hat ein Zeuge von ihm gesagt. Wie wenig streitsüchtig Lang mar, bezeugt ein Vorfall aus dem Beginn des Abends. Er schlug den Gesang eines gemeinsamen Liedes vor und man einigte sich darauf, um politischen Händeln zu entgehen, das
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alte Volkslied, In einem schönen Wiesengrunde" anzustimmen...
Die Beweisaufnahme enthüllte mit aller Deutlichkeit, daß es sich um eine der vielen Wirtshausstreitigkeiten handelte, die im Saargebiet infolge der dauernden Herausforde rungen der Nationalsozialisten an der Tagesordnung sind. Sie ergab unzweidentig, daß Lang zuerst gereizt worden war, und daß sich eine Schlägerei angeschlossen hatte, die durch den verhängnisvollen Schuß beendet wurde.
Die große Sensation des Tages aber war die Verneh mung eines bisher überhaupt nicht gehörten Augenzeugen, eines parteilojen Invaliden. Er sagte unter Eid ans, Lang mit seinem Humpelbein sei von einem größeren schlankeren Manne von hinten überfallen worden. Das fonnte fein anderer als Hemmer sein. Diese überraschende Aussage führte dazu, daß der Gerichtshof
abends gegen 6 Uhr die Berhandlung plötzlich abbrach und richtshof mit den in Frage kommenden Zeugen und mit
eine Ortsbesichtigung beschloß. Der ganze Ge
dem Angeklagten sowie seinem Verteidiger Dr. Sender fuhren nach Neunkirchen .
Wir wollen der Entscheidung der Geschworenen und des Gerichts nicht vorgreifen. Sie werden auch darüber zu besinden haben, ob sich Lang in Notwehr befand. Aber schon heute ist enthüllt, daß die saarländischen Nationalsozialisten unter Führung ihres Herrn Spaniol ihre große Reflame mit einem gänzlich untauglichen Objekt inszeniert haben.
Der Lokalfermin in Neunkirchen hat die Vermutung eines Notwehraktes auf Grund der Aussagen des einzigen Augenzeugen durchaus bestätigt. Selbstverständlich war die Sicht in dem regnerischen Januar= wetter nicht die gleiche wie an jenem hellen Septemberabend. Man konnte aber vom Schlafzimmerfenster des Zeugen die Umgebung beobachten und menschliche Gestalten genau er= fennen
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über den Verkehr ihres Mannes eingehende Angaben gemacht habe, die mehrere Politiker und Finanzlente, deren Namen bisher nicht gefallen seien, kompro mittierten.
Der argentinische Außenminister Lamas er: flärte am Freitag, daß Argentinien auf die Bitte anderer Regierungen seine Bemühungen wieder aufnehme, den Frieden im Gran Chaco Krieg zwischen Para guay und Bolivien herbeizuführen. Argentinien werde diese Bemühungen mit voller Unparteilichkeit durchführen.
In einer Sigung des christlich sozialen Partei: vorstandes in Wien herrschte allgemein der Eindruck, daß die letzte Entwicklung die gesamte chriftlich= soziale Bewegung gefährdet habe.
Der rumänische Ministerpräsident Tataresen erklärte einem Sonderberichterstatter des" Petit Parifien", daß er gegen die Eiserne Garde mit aller Strenge vorgehen werde. Der studentischen Jugend werde fünftig die Zugehörigkeit zu politischen Vereinigungen untersagt werden. Daß das Bündnis mit Frankreich das A und O der rumänischen Außenpolitik bleibe, bekräftigte der Minister: präsident aufs neue.
Aus Anlaß des Wiedererscheinens einer faschistischent Zeitschrift, die gestern abend in Madrid auf der Straße verkauft wurde, gab es zahlreiche Zusammenstöße zwischen Faschisten und Marristen. Ein Student wurde erschossen, mehrere Personen verlegt.
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bekommt drei Bürgermeister
Der Aufbruch der Pöstchenjäger
Die„ Pirmasenser Zeitung" vom 4. Januar 1934 schreibt: „ Luban wird Berufsbürgermeister. In seiner legten Sibung hat der Stadtrat den Beschluß gefaßt, die Stelle des bisherigen ehrenamtlichen dritten Bürgermeisters durch einen Berufsbürgermeister zu ersetzen. In der darauf vorgenommenen Wahl wurde Friedrich Luban zum dritten berufsmäßigen Bürgermeister der Stadt Pirmasens be stimmt und zwar mit allen abgegebenen Stimmen."
Vor 9 Monaten wurde noch die Ausgabe für einen 3. Ehrenbürgermeister, der eine fleine Aufwandsentschädigung bezog, für überflüssig erklärt und mit Erfolg die Abschaffung beantragt. Ein Bürgermeister wurde für genügend bezeichnet.
Nach der Ueberwindung des Parteibuchbeamtentums", das angeblich früher bestanden haben soll, müssen nun zur Bekräftigung der neuen Sparmethode gleich 3 Pgs. zu beamteten Bürgermeistern gemacht werden. Hoch die Pöstchenrevolution!
Gas explodiert
Wohnhaus begräbt vier Personen
dnb. Essen, 12. Jan. Am Freitag, furz vor 9 Uhr, ers eignete sich in der Königstraße in Plettenberg eine Gass explosion, die so heftig war, daß ein Wohnhaus zusammen: stürzte und sofort in Flammen aufging. Vier Hausbewohner wurden unter den Trümmern begraben. An den Bergungsarbeiten beteiligen sich neben der Feuerwehr auch SA.: und SS.- Abteilungen. Bisher ist es gelungen, eine ichwerverlette Frau zu bergen und ins Krankenhaus zu bringen. Die drei übrigen Personen befinden sich noch unter den Trümmern. Die Explosion dürfte, soweit sich bisher übersehen läßt, auf das Undichtwerden der in unmittelbarer Nähe an dem Hause vorbeiführenden Ferngasleitung zurückzuführen sein. Das Gas scheint durch die Erde in das Haus gedrungen zu sein und sich dann entzündet zu haben. Eine Explosion der Ferngasleitung selbst ist nicht erfolgt und, wie versichert wird, auch technisch unmöglich.
Zwei Tode geborgen