1935:

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Keine Verschiebung der Saarabstimmung?

Genf steht ganz im Zeichen der Saarentscheidung. Gestern fezte die Delegation der deutschen Freiheitsfront des Saar : gebietes ihre Besuche bei den Ratsmitgliedern fort. Sie wurde von einer ganzen Reihe der Delegierten empfangen, unter anderem vom ständigen Vertreter Italiens im Rat und in der Abrüstungskonferenz du Dianchi und vom polnischen Außenminister und Ratspräsidenten Be d. Wie die Volksftimme" meldet, erklärten sämtliche Ratsmit: glieder, daß sie eine Abstimmung unter Terror und mit terroristischer Vorbereitung nicht zulassen würden. Die Feftſegung des Tages der Ab: stimmung und die für die Abstimmung vorgesehenen Be­dingungen seien voneinander abhängig. Man fönne nicht cher ein Datum des Plebiszits festlegen, bis die absolute Gewährung und Sicherung einer freien, unbeeinflußten und geheimen Abstimmung sich als möglich erwiesen habe. Die große und vorläufig entscheidende Saardebatte soll am Frei­tagnachmittag um 4 Uhr beginnen. Außer der Erörterung ciner technischen Kommission zum Studium der Abrüstungs­frage unter Heranziehung entsprechender Experten ziehen.

Die Naziblätter und die gleichgeschaltete Presse behaupten nach wie vor, daß man in Genf nicht daran denke, den Ab­ftimmungstag entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages hinauszuschieben. Auch der autonomistische " Generalanzeiger für das Saargebiet" berichtet, daß jetzt in Ratsfreisen allgemein die Ansicht herrsche, daß das Ab= stimmungsdatum und die Aufrichtigkeit der Wahl eine einzige zusammengehörige Frage bildet. Eine Verschiebung der Wahl um 5 bis 10 Jahre fomme nicht in Frage, wenn die Wahl demnach in einem Jahre stattfinden solle, so müßten Mittel und Wege gefunden werden, um eine freie und geheime Abstimmung zu sichern. Aus eigenem fügt der Generalanzeiger" hinzu, man müsse vom Bölkerbund verlangen. daß er jeden Versuch durch Ber : Schiebung des Abstimmungstermins das Saarstatut zu durch­lichern, zurückweisen werde. Man müsse durch weitgehende Sicherungsmaßnahmen, bei der Beamtenschaft, bei der Polizei und den Richtern alle unzuverlässigen Elemente ausschalten. Wenn es nicht anders gehe, solle man Polizei aus der jaarländischen Arbeitnehmerschaft nehmen.

England und Frankreich einig- Sagt der ,, Matin"

Paris , 19. Jan. Der Sonderkorrespondent des Matin" in Genf will berichten können, daß Frankreich und England fich hinsichtlich der Behandlung der Saarfrage geeinigt hätten. Die Volksabstimmung werde sicher stattfinden und sogar Deutschland sich ihrer Abhaltung offen anschließen und damit auf seine zweiseitigen Ruhhandelshoffnungen" ver­zichten. Die Saar werde kein Austauschobjekt mehr sein. Paul- Boncour habe in seinen gestrigen Ausführungen zur Danziger Angelegenheit verallgemeinernd gesagt: Ich zolle dem Bericht Sir John Simons Anerkennung; die Grund= sätze dieses Berichtes betreffen aber nicht nur die Freie Stadt Danzig, sondern auch die anderen unter Völkerbunds­kontrolle stehenden Gebiete." Nur Eingeweihte hätten, so führt der Matin"-Korrespondent hier an, sogleich begriffen, daß eine englisch französische Einigung hin­sichtlich der Saar erzielt worden sei und daß diese Einigung sehr bald in bestimmten Weisungen zum Aus­druck kommen werde.

Der in Genf befindliche Außenpolitiker des Petit Pa­risien" will die wahrscheinliche Zusammensetzung der Sa ar

Drei Todesurteile!

Das Sondergericht in Hamburg verurteilte die Arbeiter Fischer, Dettner und Helbig zum Tode, 20 weitere Anti­faschisten erhielten Zuchthaus von 4 bis 12 Jahren. Die Prozeßkomödie zeigte klar, daß der Zusammenstoß vom 26. Februar 1933, der der Anflage zugrunde lag, von Nazis provoziert worden war. Von wessen Kugel ein jugend­licher Hitlerbandit dabei getroffen wurde, war nicht festzu­stellen, trotzdem man mit den bekannten Foltermethoden Ge­ständnisse zu erpressen suchte.

Die Räuber

abstimmungskommission angeben können, nämlich außer dem Vorsitzenden Baron Aloisi( Italien ) die Ver­treter zweier außereuropäischen Länder( Australien und Argentinien ) und zweier neutraler europäischer Staaten ( Spanien und zweifelsohne Dänemark ).

Das wünscht die Saar !

Die Welt muß aufhören, uns zu unterdrücken" M. B. Genf , 17. Januar 1934.

,, Von den andern Völkern wollen wir er. warten, daß sie uns nach unserer Fasson selig werden lassen," sagte Herr Hitler in seiner ersten für die Oeffentlichkeit bestimmten Rede des Jahres 1934. Es war in Lemgo am vergangenen Sonntag bei der Erinnerungsfeier an seinen lippischen Wahlsieg am 15. Januar 1933.

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Nun wohl, wenn Herr Hitler glaubt, das von der übrigen Welt verlangen zu können, muß er das gleiche zu geben bereit sein zu geben bereit sein so z. B. im Falle der Saar ! Die Saar wünscht von Herrn Hitler nichts anderes, als daß er sie nach ihrer Fasson selig werden läßt". Das bedeutet zunächst, daß er die ihr vertraglich gestellte Aufgabe, die sie in aller Frei­heit und vollkommen unbeeinflußt erfüllen soll, nicht mit unerlaubten und unfären Mitteln zu beeinträch­tigen und zu verfälschen trachtet. In welch tollem Um fange und mit welch unerhörten Methoden das aber an­dauernd und in steigendem Maße seinerseits geschieht, darüber hat die gründliche Antwort der Regierungs­kommission auf die Denkschrift der sogenannten deut­schen Front" restlose Klarheit geschaffen. Kein Wider, daß diese Stellungnahme der Regierungskommission hier die allergrößte Beachtung findet und stärksten Eindruck macht.

Im übrigen aber sorgen Hitlers Schreiberlinge schon selbst dafür, daß man sich hier absolut im klaren darüber ist, was von seinen außenpolitischen Magimen wie der eingangs erwähnten zu halten ist. Ausgerechnet Kirch­ner hat ausgerechnet in der Frankfurter 3ei tung" vom Dienstag in einem groß aufgemachten Leit­artikel der ersten Seite den neuen Beweis dafür geliefert, wie sehr Herr Hitler daran denkt, die Saarländer nach ihrer Fasson selig werden zu lassen: Mit nackten und dürren Worten heißt es da; daß alle Saarländer , die nicht für Hitler sind,

selbst im Falle einer Amnestie nach der Wieder­vereinigung des Saargebiets mit Deutschland keine Aussicht auf Schonung durch eine nationale Regierung haben könnten".(!!!)

Und da wundern sich dann diese Leute noch, wenn auf der gleichen Seite der gleichen Zeitung Wolff von Dewall aus London melden muß, daß die recht intensive Weise der Beschäftigung dereng

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Pfarrer eingesperrt

Weil er Baldur von Schirach ,, verleumdet"

Der Waldenburger Pfarrer Weichenheim ist, wie die Justizpressestelle Breslau mitteilt, vor einigen Tagen wegen Berleumdung des Reichsjugendführers Bal­ dur von Schirach in Schußhaft genommen worden. Dieser Geistliche habe, so sagt die Mitteilung, die unglaub­liche Behauptung aufgestellt, der Reichsjugendführer sei ein Jude und heiße eigentlich Baruch Meyer.

Zu Befehl!

bis ,, Soldat Göring hat recht"

Otto Wels , Alfred Kerr , Arnold Zweig bestohlen Berlin , 18. Jan. Das Geheime Staatspolizeiamt hat auf Grund des Gesetzes über die Einziehung staats- und volfs­feindlichen Vermögens die Einziehung einer Reihe von Bermögeswerten geflüchteter Marristen und marristischer Organisationen verfügt. U. a. ist auch die Einrichtung des

früheren SPD. - Führers Otto Wels eingezogen worden.

Ferner wurden eingezogen Einrichtungsgegenstände des be­rüchtigten Kritikers Alfred Kerr , des Vorsitzenden des ehe­

maligen Rotfrontkämpferbundes Willi Loew, der früheren

sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Frau Wurm und des jüdischen Schriftstellers Arnold Zweig . Unter den neuerdings eingezogenen beschlagnahmten marristischen Büchern befinden sich auch 50 Eremplare des Buches von Erich Maria Remarque Der Weg zurück". Ferner teilt der Reichsanzeiger" folgende Einziehungen" mit: die Forderung des Redakteurs Friedrich Stampfer auf Rahlung des Rüdfaufwertes seiner Ver­sicherung bei der Volksfürsorge in Hamburg ; vier Wechsel über je 1000 Mart des Schriftstellers Seinrich Mann bei der Depositenfasse der Dresdner Bank; Einrichtungs­gegenstände und Bibliothek des Schriftstellers Arnold 3 weig.

So die hitleramtliche Meldung. Man stiehlt und beschimpft die Bestohlenen, um sich ein moralisches Mäntelchen umzu­hängen. Hinter seinen Löchern grinsen Gewalt und Gemeinheit.

Himmler auch in Sachsen

Dresden , 18. Jan. Der sächsische Reichsstatthalter hat auf Vorschlag des Gesamtministeriums den Reichsführer der SS. Heinrich Himmler zum Kommandeur der sächsischen politischen Polizei ernannt.

Der Völkische Beobachter" fommt nochmals auf den Urteilsspruch im Reichstagsbrandprozeß zurück: Der Jurist. muß in Situationsschau und Urteilsentschluß wie ein Soldat denken lernen. Mit freiem klarem Blick zeichnete der Soldat den großen Zusammenhang. der diesen Prozeß wirklich ent­

scheidenden Tatsachen."

Der Soldat ist Göring . Was er mit den Freigesprochenen

lischen Presse mit der Saarfrage, die seit einigen Tagen eingelegt hat, leider fast durchweg unfreundlich für Deutschland ist"! Die Stimmung in Genf darf man sogar als sehr ernst bezeichnen, da hier der Terror der Nazis undine hitleramtlichen Hintergründe noch besser bekannt sind, als über dem Kanal. Es wird bereits von einem 3-4000 Mann starken internationalen

Polizeikorps für die Saar gesprochen und man scheint es gründlich satt zu haben, sich an allen möglichen Enden und Ecken Europas auf dem Wege über den Naziterror ein Feuerchen anstecken zu lassen. Die Welt muß aufhören, uns zu unters drücken," sagte Herr Hitler in Lemgo während er Verfolgung, Tod und Untergang den Saarländern an Verfolgung, Tod und Untergang den Saarländern an droht, die von ihrem ihnen vertraglich verbrieften und international geschützten Rechte den Gebrauch machen, den ihnen( um mit Herrn Hitlers Worten zu reden) Ehre, Freiheit und gleiches Red, t" gebieten. und das geschieht gegenüber einem Vertrage, den Herr Hitler selbst mit seiner Unterzeichnung des Viermächte­paktes nochmals ausdrücklich bestätigt und unter­schrieben hat!

Gemaßregelte Nazis

Blick in saarländische Zustände

Die Nazi- Parteileitung des Saargebietes erläßt folgende Bekanntmachung:

Der in Nummer 1 des 2. Jahrganges des Vorposten" vom dessen Inhalt die schärfite Verurteilung seitens der Landes­13. Januar 1934 erschienene Artikel von Helmut Bohlmann, führung findet und der meinen zur Aufrechterhaltung der Disziplin getroffenen Anordnungen zuwiderläuft, gibt mir Beranlassung zu folgenden Anordnungen:

1. Der Hitlerjugendführer des Saargebietes Fris Lorenz,

2. der Pressewart der Hitlerjugend des Saargebietes Hans Blau,

3. der verantwortliche Schriftleiter des Vorposten" Theo Schlemmer

werden mit sofortiger Wirkung von ihrem Amte suspendiert. Die aus den Verträgen des Hitlerjugendführers mit seinen bereit zu übernehmen. Vertragspartnern übernommenen Verpflichtungen bin ich Heil Hitler!

gez. Spaniol, Preußischer Staatsrat und Landesführer der NSDAP . Saargebiet.

Das Mitglied des Vereins der Saarprese Helmut wegen Verstoßes gegen die Berufsehre aus dem Verein der Bohlmann aus Saarbrücken ist mit sofortiger Wirkung Saarpresse ausgeschlossen. Damit erlischt gleichzeitig seine Mitgliedschaft beim Reichsverband der Deutschen Presse

.

Saarbrücken , den 18. Januar 1934.

Verein der Saarpreise: gez. Dr. König, 1. Vorsitzender.

Deutsches Rechtsbildchen

Das Ende eines Rechtsanwalts

Duisburg , 17. Jan.( Inpreß.) Der Hamborner Rechts­anwalt Brüggemann, der in der vergangenen Woche den Bezirksführer des NS. - Juristenbundes, Rechtsanwalt Dr. Winkler, im Gerichtssaal während einer Verhandlung be­leidigt hatte und sofort verhaftet worden war, hat im Termin des anberaumten Schnellverfahrens folgende Erklärung ab­gegeben: Hiermit erfläre ich, daß ich die gegen Rechts­anwalt und Notar und gleichzeitigen Bezirksführer des Nationalsozialistischen Deutschen Juristenbundes Dr. Winkler ausgesprochene schwere Beleidigung mit dem Ausdrud tiefsten Bedauerns zurücknehme. Ich bitte Herrn Dr Winkler um Entschuldigung, ich verpflichte mich als Sühne 10 000 Mark an das Winterhilfswerk der NSDAP . zu zahlen und mich aus der An­waltsliste des Landgerichtsbezirks Duis­burg Hamborn unverzüglich lassen. Ich übernehme die gesamten durch das Verfahren entstehenden Lasten."

machen lassen will, hat er im Gerichtssaal hinausgeschrien. Dank des Vaterlandes

Ganz rätselhafter Mord

Der jüdische Oberstabsarzt

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Jüdischer Rechtsanwalt und seine Frau vergiften machte den Strieg als Oberstabsarzt mit, wurde aber troß­sich

Wie der Polizeibericht meldet, wurden in einem Darm= städter Hotel ein 51jähriger jüdischer Rechtsanwalt aus Berlin und seine 48jährige Ehefrau, die sich mit Veronal vergiftet hatten, bewußtlos aufgefunden und sofort in das Stadtkrankenhaus verbracht. Der Mann starb gleich nach der Einlieferung, während die Frau sehr bebentlich dar­niederliegt. Das Motiv zu der Verzweiflungs­tat ist nicht bekannt. Der Rechtsanwalt ist Dr. Fint

aus Berlin .

h. b. Der in Flensburg bekannte und beliebte Augenarzt Dr. Thieme hat vor einigen Tagen Selbstmord verübt. Er dem auf Grund des Arierparagraphen aus der Aerzteschaft ausgeschlossen, weil seine Mutter jüdischer Abstammung war. Als jetzt auch noch seine Tochter, die als Fürsorgerin bei der Stadt Flensburg tätig war, aus dem gleichen Grunde ent­lassen wurde, machte er seinem Leben ein Ende.

Polizei hilft nach

Winterhilfe mit ,, Radiergummi"

In der Tat: es ist unerklärlich, wie ein jüdischer Rechts­anwalt und seine Frau sich so undankbar gegenüber den Straßenlotterien und Eintopfsonntagen haben nicht ausge­Segnungen des dritten Reiches" erweisen können.

Briefzensur offiziell

( Inpreß.) Politiken " berichtet aus Hamburg , daß die Hamburger Post bekanntmache, sie habe zur Beschleunigung der Postabfertigung" zwei Abteilungen eingerichtet, in denen Briefe für das Ausland zur Kontrolle vorgelegt werden können. Dadurch werde die Versendung ins Ausland wesent­lich beschleunigt.

( Inpreß.) Die Sammlungen für die Essener Winterhilfe: mit Monatsplaketten, Neujahrsabzeichen, Spizenrosetten, reicht. Jetzt ist die Polizei, mit Radiergummi" bewaffnet, in Aktion getreten. Die Essener National- Zeitung" schreibt darüber: Ja, sie verstehen es, die schneidigen Polizisten. Gestern hat mans schon allerorten erlebt, wie sie rangehen an die wohlbehüteten Geldbörsen. Es war eine Freude mit­zuerleben, wie die Gaben in die Büchsen flossen, reichlich und ohne Unterbrechung. Wer wollte auch," betont das Blatt, der Bitte widerstehen, wird sie so freundlich und ernst mah­nend vorgebracht, wie es unsere Polizisten taten?... Es muß gehn, weil es gehen muß..."

Jim