Klage gegen das„ Abendblatt Genfer Saar- Debatte wird lebhaft
Das nach seinem Verbot wieder erschienene„ Saarbrüder Abendblatt" stellt fest:„ Mar Braun flagt nicht!" Demgegen: über erklären wir, daß Max Braun bereits von Genf aus den zuständigen Schiedsmann um Einleitung des gerichtlichen Schiedsvers fahrens gebeten hat und insbesondere versucht hat, den Termin zur Sühneverhandlung sofort nach seiner Rück fehr aus Genf anzuberaumen, damit das gerichtliche Ver: fahren durchgeführt werden fann. Wir wissen schon hente, daß das„ Abendblatt ", dessen Redakteur Hochgrebe in diesen Tagen die Zustellung zum Schiedsmann erhalten wird, weder dies seinen Lesern mitteilen wird, noch seinen Lesern etwas davon sagen wird, wenn die gerichtliche Klage dem verantwortlichen Redakteur zugestellt wird.
Brüche in der deutschen Front" im Saargebiet
Aus verschiedenen Ortschaften des Saargebietes fommen Nachrichten, nach denen die eben erst gegründete„ deutsche Front" von schweren inneren Gegensäßen bedroht ist. In Wiebelskirchen fam es im Turnerheim zwischen Stahlhelmern und Nazis zu heftigen Auseinandersetzungen. Die Nazileitung gibt vertrauliche Rundschreiben heraus, von denen den ehemaligen Parteien der jetzigen deutschen Front" feine. Renntnis gegeben werden darf. Die gestern bereits gemeldeten Entlassungen von maßgebenden nationalsozialistischen Jugendführern durch den Nazileiter Spaniol hat die Verwirrung noch gesteigert. Besonders in katho= lischen Kreisen wächst die Neigung, sich von der „ deutschen Front" zu distanzieren. Dazu tragen die Nachrichten über die sich täglich vermehrenden Pfarrerverhaftungen in Hitlerdeutschland sehr wesentlich bei.
,, Auf der Flucht erschossen"
Der frühere Redakteur der sozialdemokratischen Voltsstimme" in Schmalkalden , Pappenheim , ist bei einem Fluchtversuch aus dem Lager Börgermoor erschossen worden. Mit der Ermordung wehrloser Gefangener macht man heute nicht mehr viel Aufhebens, fie gehört zu den ständigen Gepflogenheiten des dritten Reichs". Niemand wirft die Frage auf, mit welchem Recht Menschen erschossen werden, die sich einer willkürlich über sie verhängten Gefangenschaft durch die Flucht zu entziehen versuchen. Man weiß überdies, daß der sogenannte Fluchtversuch" nichts als eine Redensart ist, um einen verübten Mord nicht eingestehen zu müssen.
Der erschossene Redakteur Pappenheim war, wie der „ Neue Vorwärts"( Karlsbad ) mitteilt, einer der reinsten Idealisten, die je einer politischen Bewegung ge< dient haben. Im engen Wirkungskreise, im Stillen zu arbeiten, alles für die Sache zu tun und nichts für sich zu verlangen, war seine Art. Eine Augenschwäche, die sich in den letzten Jahren immer stärker bemerkbar machte, hatte ihn in einen fast rührend wirkenden Zustand körperlicher Hilflosigkeit versetzt. Trotzdem hat es denen, die als Herren über ihn gesetzt waren, gefallen, ihn zu töten. Sie haben den Hilflosen„ auf der Flucht erschossen" fraft jener Art von „ Legalität“, die das Reichsgericht in Leipzig gegen uns verteidigt.
„ Spanische Phalanx"
Besessene der Gewalt
Im Völkerbundsrat hinter den verschlossenen Türen
Zwei Stunden lang
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M. B. Genf , 19. Jan.( Eig. Drahtber.) Der Rat hat in seiner heutigen öffentlichen Sitzung die Saarfrage in die geheime Sitzung verwiesen, in der er sich über zwei Stunden lang mit dem Saarproblem befaßte. Im wesentlichen besteht Einmütigkeit über die Beschlüsse, die gefaßt werden sollen, nur über die öffentliche Ratsprozedur herrschen noch Meinungsverschiedenheiten. Paul- Boncour wünscht eine deutliche und klare gemeinsame Erklärung des Rates an die Saarbevölkerung zu deren Beruhigung unter Zusicherung des vollen Völkerbundsschußzes, während Sir John Simon die Annahme der Beschlüsse möglichst ohne Debatte und ohne entschiedene Erklärung haben möchte. Der Ratsberichterstatter in der Saarfrage, der Italiener Aloisi, teilte im wesentlichen die Auffaffung Frankreichs , und sein Bericht ist loyal. Die morgige Ratssitzung um 4 Uhr nachmittags wird die Saarfrage erneut behandeln, falls bis dahin eine Einigung erfolgt sein sollte. Andernfalls muß Verlagung auf Montag erfolgen.
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Teil
Paris , 20. Jan. Havas berichtet aus Madrid , d. der Geheiminstruktionen enthüllt worden sei, die die faschistische Vereinigung Spanische Phalang" an ihre Verirauensmänner gerichtet habe. Darin werden die spanischen Phalangen als eine militarisierte Vereinigung mit einer Disziplin bezeichnet. Heute sei, so werde hinsichtlich der Aktion der Vereinigung erklärt, die Gewaltanwendung die Vorgangsweise, die jede Vereinigung wählen müsse, die sich der Regierungsmacht bemächtigen wolle. Drei oder vier Gewaltakte, die unter guten Umständen ausgeführt würden, seien wirksamer und werben mehr Anhänger unter Männern der Tat als 50 Reden. Die Gewaltanwendung in den Städten lasse sich auf zweierlei Arten ausführen. Entweder durch Handstreiche, die überraschend von fleinen Trupps durchgeführt werden sollten, und wobei persönliche Erfolge möglich seien, die auf die Spanier Eindruck machen und werbend wirken. Solche Handstreiche könnten beispielsweise 3erstörung eines Zeitungsfiosts. Ueberfall auf ein Büro zwecks Erlangung von Dokumenten, Ueberfall auf Personen, Sprengung von Versammlungen usw. zum Gegenstand haben. Zur Durchführung des Handstreichs selbst müssen sechs Mann genügen, der Rest der Trupps müsse in Bereitschaft gehalten werden, um den Rückzug zu decken. Die andere Möglichkeit der Gewaltanwendung in den Städten sei der„ Massenkampf". - Soweit gehen die enthüllten Stellen dieser Richtlinien der Spanischen Phalang.
G. Genf, 19. Jan.( Drahtm. unsc: es ständigen Genfer Korrespondenten).
Der Vertreter des mittelamerikanischen Staates Panama , Minister Amador, der Ratsvertreter Chinas , Wellington Koo und der tschechoslowakische Außenminiffer Benesch haben heute die Vertreter der saarländischen Freiheitsfront, den Landesratsabgeordneten Hermann Petry und Mar Braun empfangen. Auch bei diesen Besprechungen ergab sich genau wie bei den früheren Besuchen bei anderen Ratsmitgliedern, daß der Völkerbundsrat nicht daran denke, ein Datum der Abffimmung festzusetzen, bevor er die unerläßlichen Bedingungen des Versailler Vertrages für eine Abstimmung: frei, unbeeinflußt und geheim, für gesichert und erfüllt ansieht.
Für nachmittags 3 Uhr hatte Herr Röchling die Völkerbundsjournalisten im Namen der sogenannten deutschen Front" ins Hotel Richmond eingeladen, um sie, wie es auf dem Anschlag am schwarzen Brett des Pressesaales zu sehen war, über die« Lage an der Saar zu informieren", wobei ich Hermann Röchling in teils kindlichen, teils drohenden Aeußerungen gegen Mar Braun( Mar Braun wird 1935 zu Dorfen nach Nizza gehen müssen!") erging. Wäre die Versammlung nicht in der Mehrheit von deutschen Journalisten und Vertretern der deutschen Kolonie besucht worden, hätte sie segen der sehr schlechten Beteiligung der maßgebenden internationalen Presse abgesagt werden müssen.. Die Delegation der Freiheitsfront" beantragte daraufhin einen gleichen Anschlag am schwarzen Breff mit der Einladung an die Völkerbundsjournalisten für die Zeit direkt nach Ratsschluß. Obgleich diese Veranstaltung wegen der langen Dauer der geheimen Sihung noch während der Beratungen des Rates stattfinden mußte, wodurch eine Reihe von Journalisten am Erscheinen verhindert war, befeiligten sich 47 Journalisten aus insgesamt 21 europäischen und eußereuropäischen Stooten, die die Rede Brauns mit Beifall und Zustimmung( mit Ausnahme natürlich der hier nirgenbroe feb'enden Hiflerspitel) aufnahmen.
..Das Ganze Hait:"
Eine Aufnahme vom letzten Kaiser- Manöver im Jahre 1913, das in Schlesien stattfand. Diese Manöver, an denen der Kaiser stets persönlich teilnahm, boten jedesmal glanzvolle militärische Schauspiele. Das Signal„ Das Ganze Halt!" beendete die Manöver. Am 9. November 1918 hat das Weltgericht für die Hohenzollern „ Das Ganze Halt!" geblasen. In Doorn feiert Wilhelm II. am 27. Januar seinen 75. Geburtstag.
Der Kampf zwischen den feindlichen Brüdern
Wien , 19. Jan.( Insa.) Am Donnerstagvormittag war der italienische Unterstaatssekretär für auswärtige Ange legenheiten, Suvich, zu seinem angekündigten Besuch einges troffen. Trotzdem die Polizei vom frühen Morgen an Abs Sperrungsmaßnahmen traf, gelang es einigen tausend Natio nalsozialisten, in die Umgebung des Südbahnhofes zu ges langen, wo fie einen Spektal losließen, wie man ihn felten erlebt hat.
Der Zug, in dem Suvich eintraf, wurde in einem Vorort geteilt; der erste Teil mit den„ gewöhnlichen" Reisenden fuhr dann voraus, während der zweite Teil mit den italienischen Sonderwagen im Südbahnhof eintraf, als das Bahnhofs: gebände vollständig geräumt war.
Als Suvich den Bahnhof verließ, veranstalteten die Nazis einen Höllenfpektakel, wie ihnen dies von der Leitung der Hitlerpartei in München anempfohlen worden war. Böller trachten und Gasbomben wurden geworfen, welche die Ums gebung des Bahnhofs vollständig vernebelten. Dazwischen wurde im Chor„ Heil Hitler",„ Dollfuß verrede"," Anschluß an sit! Dentichon' melchrten Es entstand eine all
ganze
gemetri Nazte Pakete von papienfreuzen zu streuen Aehnliche Szenen ereigneten sich in den Straßen, die der italienische
Diplomat auf der Fahrt ins Hotel Imperial zu durchs fahren hatte.
Im Berlanfe des Tages wurden 940 Verhaftungen vorge nommen, wozu 400 weitere kommen, die in der Nacht zum Donnerstag bei Polizeirazzien vorgenommen worden
waren.
In den Abendstunden, als Suvich im Hotel Imperial einen Empfang gab, gelang es abermals etwa 8000 Nazis, fich in der Nähe des Hotels, auf der Ringstraße, au sammeln. Plöglich erlosch infolge eines Sabotageattes der Hitlerianer das Licht im gesamten Stadtteil, in dem sich das Hotel be: findet und erst nach einer Stunde konnte der Strom wieder eingeschaltet werden. Die Ringstraße wurde anschließend an diesen Zwischenfall vollständig abgesperrt. Auch an andern Stellen der Stadt demonstrierten die Nazis und hielten Autos von Persönlichkeiten an, die fich zum Empfang im Hotel Imperial begaben. Erst gegen 10 Uhr abends nahmen die Nazi- Demonstrationen ab. Sie haben angekündigt, daß fie am Freitag mit verstärkter Wucht demonstrieren würden. Starhemberg wußte.
Der Heimwehrführer Graf Alberti, der noch vergangene Woche Justizminister werden sollte, und einige andere Heim wehrführer, die in das Komplott mit den Nazis verwickelt
waren, find gestern verhaftet worden und sollen ins Konzen : trationslager von Möllersdorf eingeliefert werden. Sie sollen wegen„ Vorbereitung staatsgefährlicher Unterneh mungen" unter Anklage gestellt werden. Der gesamten öfter: reichischen Presse war untersagt worden, die Erflärungen Albertis, wonach Bundesführer Starhemberg von den Bes Sprechungen mit den Nazis gewußt habe, zu veröffentlichen. Alle Blätter, die trotzdem Anspielungen auf die Mitwisserschaft Starhembergs machten, wurden beschlagnahmt. Da= durch wurde der allgemeine Eindruck, daß außer Alberti andere Persönlichkeiten, nebst Starhemberg auch Leute, die der Regierung sehr nahe stehen, in die Angelegenheit ver: widelt find.
In der gestrigen Sigung des Bundesrates wurde diese Affäre von verschiedener Seite zur Sprache gebracht und offen die Vermutung ausgesprochen, daß die Anschuldi gungen Albertis gegen Starhemberg be= gründet sind.
Nach dem Ausgang der Sigung des Bundesrates hat die Regierung dann auch noch verboten, Verhandlungskerichte aus dem Bundesrat zu veröffentlichen. Allen Zeitungen wurde für den Uebertretungsfall die Konfiskation angedroht.
In Saloniti brangen Mitglieder der Naziorganisation HHH. in einen fleinen jüdischen Buchladen, in dem das Braunbuch verkauft wurde. Sie mißhandelten den Inhaber, zerstörten viele Bücher und zerrissen vor allem sämtliche vorhandenen Fremn'are des Brounbuches
w. 1700 Mit